Ist Duisburg eine Rassistenstadt? Parlamentarisch besehen spricht manches dafür:
Seit der letzten Kommunalwahl sitzt die NPD mit einer Stimme im Stadtrat, in einem gerade vor dem Landgericht begonnen habenden Prozess sollen hiesige Parteikader laut Anklage gar mit dem Impetus einer Terrorzelle in missglückten Anschlägen gegen Flüchtlingswohnheime vorgegangen sein.
Pro NRW sitzt im Stadtrat, daraus spalteten sich Republikaner ab.
Die AfD sitzt im Stadtrat, daraus spalteten sich Identitäre ab.
Und dann gibt es noch das gemeine Volk: Ein sozialdemokratischer Stadtteilbürgermeister wurde im März mit Eiern beworfen, weil er in seinem Kiez die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft verteidigte.
Auch in Duisburg-Neumühl kam es im letzten Herbst zu rechtsradikal angefauchten wutbürgerlichen Hetzereien. Wiederum ging es um eine geplante Flüchtlingsunterkunft.
Darum geht es immer noch.
Deswegen ruft der Duisburger Flüchtlingsrat, ein korporatistisches Gremium von Flüchtlingsinitiativen, von Antifa bis Kirchens, zum Tag der Befreiung, am Freitag, dem 8. Mai zu einer Demonstration in Neumühl auf.
Gegen eine Demo von Pro NRW, die dort abgehalten werden soll.
Im Aufruf des Flüchtlingsrates heisst es:
Am 8. Mai wird die Partei ProNRW mit einer Abschlusskundgebung in Duisburg ihre „Frühlingsoffensive gegen Asylmissbrauch“ beenden. Nicht ohne Grund findet diese Kundgebung im Stadtteil Neumühl statt. Bereits 2014 ist es ProNRW dort gelungen gemeinsam mit der NPD gegen den Bau einer Geflüchteten-Unterkunft zu hetzen.
Die rassistischen Hetzer wissen, dass sie im Duisburger Norden auf eine breite Basis bauen können, erlangten sie doch bei den letzten Kommunalwahlen einen Stimmenanteil von 10 Prozent. Obwohl es ihnen noch ein Jahr zuvor gelungen war, die Nutzung des ehemaligen Sankt Barbara Hospitals als Notunterkunft zu verhindern, befindet sich dort mittlerweile das Landesasyl.
Eine angemeldete Kundgebung stellt für die Geflüchteten in Neumühl eine unmittelbare Gefahr dar, vor der man nicht die Augen verschließen darf. Allein im Jahre 2014 hat es bundesweit 150 Anschläge auf Geflüchteten-Unterkünfte gegeben, dennoch bedurfte es der Bedrohung eines Lokalpolitikers, damit sich die deutsche Öffentlichkeit in breiten Teilen entsetzt zeigte.
Trotzdem steht die Kleinstpartei ProNRW mit ihrer rassistischen Hetzkampagne in Duisburg nicht alleine. Im Alltag zeigen mitunter sowohl Bürger als auch Politiker den Geflüchteten, dass sie alles andere als willkommen sind. Auch wenn Stadtverwaltung und Lokalpolitik zu „Interkulturelle Gesprächen“ laden und der Integrationsrat der Stadt Resolutionen gegen Pegida beschließt, bedienen sich diese Gremien zum Teil gerne des Bildes vom „Flüchtlingsstrom“; sie spielen damit Zuwanderer und Geflüchtete gegeneinander aus und ProNRW in die Karten.
So baute die Stadt Duisburg 2014 eine Zeltstadt, die letzten Endes doch nicht als Geflüchteten-Unterkunft benötigt wurde und suggerierte damit, „die Kapazitäten seien erschöpft“ (Reinhold Spaniel). Zuletzt fiel der Oberbürgermeister der Stadt auf, als er Zugewanderte aus Rumänien und Bulgarien für Rattenprobleme und Müllberge verantwortlich machte und damit die Vorurteile mancher Bürger auch noch bestätigte.
Auch sonst scheint Sören Link gerne Dinge zu vermischen, wenn er z. B. die Kürzungen für eine Bücherei und die Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten gegeneinander aufrechnet. Wenn Lokalpolitiker Geflüchtete für gewachsene Probleme der Stadt verantwortlich machen, dann spielen sie auch bei noch so augenscheinlichem Engagement für die „Zivilgesellschaft“ den Rassisten in die Hände.
Ein wirkliches Zeichen für Willkommenskultur wäre die Einführung verbindlicher Standards bei der Unterbringung von Geflüchteten. Turnhallen, Container und Baracken zeichnen ein Bild unwürdiger und unmenschlicher Lebensbedingungen für Geflüchtete und sollen nur abschrecken.
Bei der alltäglichen Stimmungsmache gegen Geflüchtete in Duisburg sind organisierte Rechtsextremisten wie ProNRW eher Trittbrettfahrer oder Stichwortgeber. Für die grässlichen Ausbrüche sorgen Anwohner oft selber. Wo immer eine Unterkunft geplant wird, formiert sich lautstarker Protest. Ohne Scham wird in Sozialen Netzen dazu aufgerufen, geplante Unterkünfte in Neuenkamp und Walsum wahlweise zu sprengen oder Menschen zu ermorden.
Am 8. Mai 1945, also vor 70 Jahren, zerfiel das NS-Regime. Eine Demonstration von Rechtsextremen an diesem Tag kann von allen Demokraten nur als Provokation gewertet werden.
Am 8. Mai gehen wir deshalb gegen jede Form des Rassismus und für die menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten auf die Straße auf die Straße.
Hohenzollernplatz / Ecke Alexstrasse. – 17:00 Uhr.