Der Streit um verkaufsoffene Sonntage in unseren Innenstädten ist irrelevant!

Foto: Robin Patzwaldt

In weiten Teilen der Wirtschaft scheint noch immer nicht angekommen zu sein, wie weitreichend das Internet unsere Gesellschaft verändert hat und es zukünftig noch tun wird. Da liest man aktuell zum Beispiel von offenkundigen Streitigkeiten rund um verkaufsoffene Sonntage in den Innenstädten unseres Landes.

Zum Hintergrund: Das NRW-Wirtschaftsministerium hatte per Erlass vier verkaufsoffene Sonntage bis Ende des Jahres 2020 erlaubt, um Umsatzeinbußen durch Corona zumindest zum Teil ausgleichen zu können. Die Richter des Oberverwaltungsgerichts in Münster hatten diese Pläne zahlreicher Gemeinden und Städte zuletzt per Eilverfahren gekippt.

Und jetzt wird ganz aufgeregt darüber diskutiert, wie das Ganze gelöst werden kann und soll. Dabei ist das völlig irrelevant.

Continue Reading

Arbeitsmarkt: Warum noch für Arbeitskräfte bezahlen, wenn es auch ohne gehen könnte?

Essen_auf_RaedernWer zuletzt selber schon einmal Erfahrungen auf dem aktuellen Arbeitsmarkt sammeln musste, der hat es vielleicht schon am eigenen Leib mitbekommen: Tariflich entlohnte Tätigkeiten, mit denen man ein geregeltes Leben noch finanziert bekommt, sucht man da inzwischen häufig schlicht vergeblich.
Nachdem zuletzt häufig schon schlecht bezahlte Zeitarbeitsjobs auf dem Stellenmarkt auftauchten, die Diskussionen um Mindestlohn und 1-Euro-Jobs seit Jahren die vorherrschenden Stichworte für viele Jobsuchende geworden sind, droht nun offenbar eine neue Eskalationsstufe für schlecht bezahlte Tätigkeiten.
Einige Arbeitgeber versuchen nun offenbar die Entlohnung für bisher bezahlte Tätigkeiten komplett einzusparen, wie u.a. eine kürzlich verbeitete Stellenanzeige aus dem benachbarten Münsterland untermauert (siehe Foto).

Continue Reading

Ich war beim ersten Mai

Ich habe demonstriert. In Bottrop. Vor der Sparkasse. Wir waren zu 300, vielleicht. Später kamen die Jungs von der Zeche dazu. Auf ihren Motorrädern. Dann waren wir gut 500. Männer, Frauen, Kinder. Kleine Arbeiterbewegung. Aber gut, dass mindestens die da waren.

In der ersten Reihe stand Peer Steinbrück. Der SPD-Finanzminister und Ex-Ministerpräsident. Daneben der Bottroper Oberbürgermeister Peter Noetzel, ein paar Landtagsabgeordnete und sonstige Randpolitiker. Ich weiß nicht, warum der Peer Steinbrück nach Bottrop gekommen ist. Als Signal an die Zechen? Das die nicht dicht gemacht werden? Jedenfalls war auch der Chef der versammelten Zechenbetriebsräte da.

Das letzte Mal habe ich Peer Steinbrück in Bottrop gesehen im Wahlkampf 2005. Da war er bei einem Jugendprojekt im Süden. Der Arche Noah. Peer hat ein Pferd gestreichelt. Dann hat ihn der Gaul angerotzt. Fetter Pferde-Schleim über die Jacke. Der WDR hat die Szene damals nicht gesendet. Es war der Anfang vom Untergang der SPD in NRW.

In den Reden ging es um Mindestlöhne. Die waren heute wichtig. 7,50 Euro die Stunde. Gut, das lohnt sich. Dann ging es um Nazis. Mies, die sind schlecht.

Mir ist aufgefallen, dass die meisten Demonstranten von der Zeche Prosper Haniel kamen. Die Kumpel, die bringen Leute mit, eine Demonstration für die Wahlen. Wer mobilisiert, darf bestimmen.

Dann waren da noch jede Menge Verdi-Leute aus der Stadtverwaltung.

Demonstriert haben also vor allem Leute, die von Steuergelder leben.

Gut, das war jetzt eine unfaire Spitze. Schließlich sind Stadtverwaltung und Pütt die beiden größten Arbeitgeber in Bottrop.

Ansonsten sind noch ein paar duzend von den üblichen Verdächtigen mitgelaufen. Hier ein Häuflein IG-Metall, da ein paar Verrückte von der MLPD. Und ziemlich in der Mitte eine Gruppe vom christlichen Gewerkschaftsbund.

Ich glaube, der Schützenverein Bottrop-Fuhlenbrock war auch gut vertreten. Zumindest hatten die Schützen mehr Mann mitgebracht, als die Linke. Die Jusos standen mit vielleicht einem halben duzend Mann beim Bierwagen und hielten sich sonst im Hintergrund. Ihre Chefin hatte schwarze hochhackige Stiefel. Und rot gefärbte Haare. War es das?

Nein, das war es nicht. Als die Bergleute in ihrem beeindruckenden Motorrad-Korso durch die Stadt fuhren, wendeten sich die Blicke aller von der Blaskapelle zu den Bikes. Die Kumpel hielten an. Stiegen ab. Begannen zu rauchen. Auch ein alter Mann und eine alte Frau waren von den Macht der Maschinen angetan. Beide Mitte 80 etwa. Sie fuhren in ihren Elektrorollstühlen zwischen die Männer. Mitten rein in den Korso. Hinter die Bikes. Niemand hat das gestört.

Foto: Yashar / Schäferchef

Meine Jungs hatten Spaß an der Demo.

Zum Abschied wurde dann das Lied gesungen "Brüder, zur Sonne, zur Freiheit".

1. Brüder, zur Sonne, zur Freiheit,
Brüder zum Lichte empor.
Hell aus dem dunklen Vergangnen
leuchtet die Zukunft hervor.

2. Seht nur den Zug der Millionen
endlos aus Nächtigem quillt,
bis eurer Sehnsucht Verlangen
Himmel und Nacht überschwillt.

3. Brüder, in eins nun die Hände,
Brüder das Sterben verlacht:
Ewig der Sklaverei ein Ende,
heilig die letzte Schlacht.

4. Brechet das Joch der Tyrannen,
die uns so grausam gequält;
Schwenket die blutrote Fahne
über die Arbeiterwelt. "

Nur die letzte Strophe haben die Kumpel nicht gesungen

5. Brüder, ergreift die Gewehre,
auf, zur entscheidenden Schlacht!
Dem Kommunismus zur Ehre,
ihm sei in Zukunft die Macht!


RWE-Vorstand gibt weitreichenden Kündigungsschutz

Für die Beschäftigten des Energieversorger RWE haben die Gewerkschaften Verdi und IGBCE eine Insel der Sicherheit im wilden Ozean der Globalisierung geschaffen. Bei RWE darf nämlich bis Ende 2012 nicht mehr gekündigt werden. Das haben die Betriebsräte und Gewerkschaften mit dem RWE-Vorstand ausgehandelt.

Eine so weitreichende Garantie ist fast ohne Vorbild in Deutschland. Aus einem Papier der Gewerkschaften Verdi und IGBCE, das mir vorliegt, geht hervor, dass sich der Konzern verpflichtet hat, auch im Zuge der Restrukturierung keinen Angestellten rauszuschmeißen. Angeblich habe der RWE-Vorstand unter seinem Chef Jürgen Großmann das Papier kurz vor Hauptversammlung in der vergangenen Woche unterschrieben. Personalvorstand Alwin Fitting sagte dazu: "Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit den Arbeitnehmern die Basis für eine solide Entwicklung legen konnten."

Der Konzern hat sich in der Vereinbarung dazu verpflichtet, die Beschäftigungsgarantie auch auf Tochtergesellschaften auszudehnen, für die bislang „keine oder nur eine kürzere Zusage“ galt. Weiter wird allen Beschäftigten garantiert, dass ihre „Sozialstandards" und "sozialen Leistungen“ nicht angegriffen werden. Sollte es doch zum Stellenabbau kommen, werde der „sozialverträglich“ gestaltet.

Im Zuge der RWE-Reform, die Großmann in Angriff genommen hat, kam es in den letzten Wochen zu Unruhe in der Belegschaft. So hatte der Manager die Tochter für erneuerbare Energien, die RWE Innogy, gegründet, ohne vorab den Aufsichtsrat oder die Betriebsräte zu informieren. Zudem sorgte die angekündigte Zerschlagung der Dienstleistungstochter RWE Systems und die Aufgabenanalyse in der Vertriebstochter RWE Energy für Aufregung. Auch hier fühlten sich die Arbeitnehmervertreter nicht ausreichend informiert. Sie befürchteten, dass es zu einem Abbau von Stellen, der Verlagerung von Standorten und zu betriebsbedingten Kündigungen kommen könnte.

Mit der nun vorgelegten Vereinbarung soll diesen Sorgen die Spitze genommen werden. Der RWE-Vorstand garantiert, dass in allen Geschäftsbereichen, die neu aufgebaut werden, die Mitbestimmung aufrechterhalten wird. Auch Angestellte neu gegründeter Firmen sollen wie die angestammte RWE-Belegschaft behandelt werden. Weiter heißt es in dem Papier: „Die Betriebsräte werden frühzeitig in die Planung und Umsetzung des Umstrukturierungsprozesses, insbesondere der Personalplanung eingebunden.“ Auch die Verlagerung von Standorten werde mit den Betriebsräten „erörtert“.

Der Vorstand verpflichtet sich, weitgehend auf die Beschäftigung von Leiharbeitern oder Fremdfirmen zu verzichten. Im Gegenteil. „Bisher extern vergebene Aufgaben werden (…) im Fall eines eventuellen Personalanpassungsbedarfs auf ihre Insourcing-Tauglichkeit überprüft.“

Werbung