Die Bandbreite menschlichen Verhaltens ist unfassbar. Eine der ironischen „Rules of Internet“ lautet sinngemäß: Wenn du es dir vorstellen kannst, gibt es Pornographie darüber. Ich glaube das aufs Wort, auch ohne meinen Browserverlauf zu besudeln. Auch ohne eine psychische Erkrankung machen Menschen ungewöhnliche und unverständliche Dinge. Das Netz ist voll davon. Aber in dem Moment, in dem eine Diagnose auftaucht, tendieren wir dazu, den Menschen nur noch unter diesem Stempel zu betrachten. Bemerkenswerterweise kann die Diagnose sowohl zu einer Abwertung als auch zu einer Überhöhung führen.
Das Greta-Derangement-Syndrom
Wenn Sie an sich oder einem Verwandten oder Bekannten eines der folgenden Symptome erkennen können, liegt die Diagnose eines Greta-Derangement-Syndroms nahe:
– Asperger als Krankheit zu denunzieren, weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels
– antisemitische Stereotypen zu bedienen, indem man Greta mit Soros/Rothschild verbal verbindet, weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels
– Auf einmal den um das Wohl „des Kindes“ besorgten Menschen rauszukehren (sie ist fast siebzehn), weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels
– „Die hat das nur mit einer millionenschweren Marketingkampagne geschafft“, weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels
Klimapolitik und Fridays for future – in Deutschland, Bayern, Ostdeutschland und dem Rest der Welt
Gestern war also der große Klimastreik, in Deutschland, Ostdeutschland, Bayern und dem Rest der Welt – um einmal den Scheinwerfer der üblichen deutschen Betrachtungart nachzuzeichnen. Viele Menschen waren auf der Straße, soweit ich es vernommen habe, nicht in China, nicht in Russland, nicht im Iran – sondern hauptsächlich in Staaten, in denen es eine Zivilgesellschaft gibt, die an politischen Entscheidungsprozessen partizipiert. Ob es Hunderttausende waren, oder wenige oder viele Millionen erscheint mir fast schon nachrangig. In jedem Fall war das gestern ein Zeichen, dass das Thema Klimawandel und -politik (gerade auch aber eben nicht nur) in den westlichen Demokratien ein Thema ist, dass Menschen rund um den Globus wichtig ist und sie verbindet. Es war eine der wenigen öffentlichen Präsentationen kosmopolitischen Denkens. Und ja, das Thema bewegt auch die Autoren dieses Blogs schon länger; und das kontrovers.
Greta kommt nach Hamburg zu #fridaysforfuture
Mich freut, dass Greta Thunberg nach Hamburg kommt, um dort #FridaysForFuture zu unterstützen.
Mich freut, dass junge Menschen für ihre Anliegen auf die Straße gehen, für demokratische, zukunftsorientierte Anliegen. Mich freut, dass sie eine Galiionsfigur haben, die provoziert, aber Diskurs sucht, die klar spricht, ohne gegen Menschen zu hetzen.
Ja, man kann darüber diskutieren, was die richtige Klimapolitik ist.