Esoterik an Waldorfschulen – Bildung dank „Bildekräften“: Lest Rudolf Steiner!

‘Aus der Akasha-Chronik’, Buchcover Foto: Wikipedia, Lizenz: PD

Die aktuelle Debatte um die Gründung einer „staatlichen Waldorfschule“ in Hamburg wirft die Fragen auf: Soll Anthroposophie zum staatlichen Schulprogramm zählen? Wie esoterisch ist die Waldorfschule? Von unserer Gastautorin Jana Husmann.

Wer sich ein wenig mit Waldorfpädagogik beschäftigt und die Schriften ihres Begründers Rudolf Steiner (1861-1925) studiert, wird leicht über die sprachlichen Besonderheiten stolpern, welche die anthroposophische Rhetorik ausmachen. Das Wort “Bildekräfte” etwa gehört in diese Kategorie, ebenso wie der Begriff des “lebendigen Denkens”, den Steiner seinerzeit vom “toten” abstrakten Denken abzugrenzen suchte. Der heute zentrale Oberbegriff zur Beschreibung von Anthroposophie und Waldorflehre ist “ganzheitlich”. Das klingt irgendwie nach östlicher Weisheit, dem Einklang von Leib und Seele, nach Ausgeglichenheit und Wellness-Oasen. Wer wollte sich nicht gerne “ganzheitlich” fühlen und die Aromen von Weleda im Entspannungsbad genießen?

„Esoterisch“ und „okkultistisch“ hingegen sind Begriffe, die Waldorfschulen bisher eher ungern als Selbstcharakterisierung gelten ließen. Und dies, obwohl die Anthroposophie zweifelsohne den höheren Welten und geistigen Wesenheiten verpflichtet ist, die ihr Begründer Rudolf Steiner als selbsterklärter Hellseher und okkulter Meister beschrieb und verkündete. Doch, so die traditionelle Linie des Bundes der Freien Waldorfschulen, im Unterricht spielten die Inhalte der Anthroposophie keine Rolle. In der aktuellen Debatte um die Zusammenlegung einer öffentlichen Schule und einer Waldorfschule in Hamburg-Wilhelmsburg wird von Waldorfeltern und -schülern so auch immer wieder vehement beteuert, von „Astralleibern“ oder ähnlichem anthroposophischen Vokabular habe man im Unterricht noch nie etwas gehört.

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Waldorfschule in staatlicher Trägerschaft – offener Brief an Senator Ties Rabe, Hamburg

Hamburger Rathaus Foto "o" wie Obacht Lizenz: CC

von Andreas Lichte, Berlin, 3. September 2012

 

an:

Herrn Senator Ties Rabe

Behörde für Schule und Berufsbildung

Hamburger Straße 31

22083 Hamburg

 

Kopie an:

Prof. Dr. Stefan T. Hopmann

Institut für Bildungswissenschaft

Sensengasse 3a

A-1090 Wien

 

Vorab per E-Mail an: Senator Ties Rabe / Prof. Dr. Stefan T. Hopmann 

 

Waldorfschule in staatlicher Trägerschaft – offener Brief

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Ein Schnellschuss zur Hamburg-Wahl

Foto: vorwärts.de

Hamburg hat gewählt. Die SPD hat die Wahl gewonnen, die CDU hat verloren. Sozialdemokraten sprechen vom Rückenwind, den dieser Auftaktsieg ihnen für die folgenden sechs Landtagswahlen gäbe. Konservative betonen die spezifische Situation Hamburgs, die zu diesem Wahlergebnis geführt habe. So weit, so unspektakulär. Auch nach den nächsten Wahlen werden die Sieger allgemein gültige positive Signale erblicken, werden die Verlierer – so die Möglichkeit des Leugnens der Niederlage entfällt – die Besonderheiten des Einzelfalls für ihre schwierige Situation verantwortlich machen. So kennen wir es.

Deshalb ist Claudia Roths stetes Herausstreichen des Hamburgerischen bei dieser Hamburg-Wahl wesentlich aufschlussreicher als ihre Formel vom ersten Wahlziel (Stimmenanteil verbessern), das erreicht worden sei, und dem zweiten Wahlziel (absolute Mehrheit verhindern), das nicht erreicht werden konnte. Es ist nicht zu übersehen, dass die Grünen mit den zwei oder drei hinzugewonnenen Prozentpunkten deutlich hinter dem bundesweiten Umfragehoch zurückgeblieben sind, und dass sie sich mit ihrem Coup, Schwarz-Gelb ohne nachvollziehbare Begründung aufzukündigen, selbst aus der Bürgerschaft herausgekickt haben. Kürzer: die Grünen haben sich verzockt.

Die Christdemokraten hatten keine Chance – weder im Wahlkampf noch bei der Kommentierung des Wahlergebnisses. Wer seinen Stimmenanteil halbiert, kann nichts mehr beschönigen. Ihm bleibt nur, sich auf die örtlichen Besonderheiten zurückzuziehen. Vieles spricht dafür, dass die Konservativen mit dieser Interpretation näher an der Wahrheit liegen als diejenigen Sozialdemokraten, die bereits einen Trend auszumachen glauben machen wollen. Fairerweise ist anzumerken, dass die CDU ihre Hamburger Spezifika lauter in die Mikrofone bringt als die SPD den von ihr erhofften Trend.

Wenn sowohl der beliebte Spitzenmann als auch der ungeliebte Koalitionspartner überraschend von der Fahne gehen, wenn der neue Bürgermeister blass und kein anderer Koalitionär in Sicht ist, dann ist bei einer Wahl nichts zu gewinnen. Dass die CDU in Hamburg ein Desaster erlebt hat, wogegen sich die einzelnen Wahlschlappen der SPD in der zurückliegenden Serie beinah überschaubar darstellen, dürfte den Strategen im Konrad-Adenauer-Haus dennoch zu denken geben. Dass eine konservative Partei an der Regierung den Leuten nicht mit einer Schulreform kommen darf, und dass es sich bei einer Zuwiderhandlung um einen Kardinalfehler handelt, weiß man dort bereits.

Nur: die Volksabstimmung gegen das Reformvorhaben richtete sich nicht nur gegen Schwarz und Grün, sondern auch gegen Rot und Rot. Niemand bezweifelt dieses angeführte eherne Gesetz; eine Erklärung für die erdrutschartigen Verluste bietet der Gesetzesbruch jedoch nicht. Allenfalls ist er als ein Mosaikstück eines allgemeinen Profilverlustes der (Hamburger) CDU zu betrachten. Dennoch: die Konjunktur im (CDU-geführten) Deutschland zieht an, die wirtschaftliche Situation im reichen Hamburg ist günstig. Wird dort die CDU als Regierungspartei dramatisch abgestraft, kann das Merkel nicht kalt lassen.

Dass die SPD die Wahl gewinnen würde, war seit dem Scheitern von Schwarz-Gelb klar. 40 Prozent prognostizierten die Institute seinerzeit. Seither stiegen die Werte kontinuierlich, bis es heute fast 50 Prozent geworden sind. Balsam für die seit Jahren in Wahlen geschundene sozialdemokratische Seele. So ganz dürfte das Wort vom „Trend“ nicht daneben liegen, weil die Ausgangssituationen für die SPD – vielleicht abgesehen von Sachsen-Anhalt – gar nicht schlecht sind. Durch den Hamburger Erdrutschsieg werden sie jedenfalls nicht schlechter. Insofern dürfte „Rückenwind“ hinkommen; „Trend“ gibt als Erklärung für den heutigen Erfolg dagegen nichts her.

Die Wahl gewonnen hat Olaf Scholz, was aus zwei Gründen bemerkenswert ist. Der erste: auch wenn niemand die Kompetenz des Politikers anzweifelt, hat doch sein oft als holzschnittartig empfundenes Auftreten den Verdacht begünstigt, mit ihm seien keine Wahlen zu gewinnen. Dieser Verdacht wurde heute mehr als widerlegt. Die Affäre um Guttenbergs gefälschte Doktorarbeit dürfte Scholz auf den letzten Metern noch reichlich Wähler zugetrieben haben. Wirkt er doch gleichsam als Prototyp eines Anti-Guttenberg. Statt pomadiger Blenderei solides Polit-Handwerk – dargeboten im Stil der guten, alten Zeit. Mitunter verspottet als Scholzomat.

Der zweite Grund für die besondere Aufmerksamkeit, die Scholz´ Sieg verdient: seine Präsentation der SPD als „wirtschaftsfreundlich“. Scholz ist nicht nur einer der Macher der Agenda 2010; er vertritt diese Politik auch nachdrücklich. Im Hamburger Wahlkampf ließ er keine Gelegenheit aus, sich als Sozialdemokrat in der Tradition von Helmut Schmidt und Gerhard Schröder zu verkaufen. Damit hatte er, auch wenn er keineswegs über das Charisma der beiden Alt-Kanzler verfügt, Erfolg. Sehr großen Erfolg – vielleicht nicht trotz, sondern gerade wegen seiner an Langeweile grenzenden Nüchternheit, in der er sich von der Eloquenz Schmidts und Schröders für jeden sichtbar unterscheidet.

Die Hamburg-Wahl wird die politische Konstellation in der Bundesrepublik – nicht nur wegen des Bundesrats – deutlich verändern. Olaf Scholz´ Sieg wird nicht ohne Auswirkungen auf das innerparteiliche Spannungsfeld in der SPD bleiben. Sigmar Gabriel hat heute Abend bereits damit begonnen, den Kurs ein wenig nach rechts zu korrigieren. Der Druck in diese Richtung wird wegen Scholz´ Erfolg wachsen. Das magere Wahlergebnis der Linken gibt den entsprechenden Spielraum. Sechs Komma Nochwas sind für Hamburg ohnehin schon etwas wenig. Angesichts einer desavouierten GAL und einer „wirtschaftsfreundlichen“ SPD kann das Resultat die Linken nur enttäuschen.

Bei den anstehenden Wahlen in Westdeutschland liegt die Fünf-Prozent-Hürde hoch. Bei den Piraten dürften alle wahlpolitischen Träume endgültig geplatzt sein. Gegenwärtig ist keine Chance zu erkennen, dass die Piratenpartei ins Berliner Abgeordnetenhaus einziehen könnte. Dass die FDP mit einer Kandidatin, die sich im Wahlkampf der SPD als Koalitionspartner andient und mit einem ganz anderen Profil als die Westerwelle-Steuersenkungspartei antritt, in die Hamburger Bürgerschaft zurückkehrt, wird zu einem späteren Zeitpunkt gewiss mehr Beachtung finden als so kurz nach der Landtagswahl.