15-jährige Ehefrauen und die offene Gesellschaft

 

Protest gegen Frühehen. v.l.n.r.: Myria Böhmecke, Monika Michell (Referentinnen zu Gewalt im Namen der Ehre bei TERRE DES FEMMES), Marina Walz-Hildenbrand (Rechtsanwältin), MDn Kienemund (Abteilungsleiterin "Bürgerliches Recht"), Maja Wegener (Fachbereichsleiterin TERRE DES FEMMES), Dr. Wichard (Unterabteilungsleiter "Familienrecht"), Dr. Meyer (Referatsleiter "Familienrecht, Erbrecht"), Dr. Vollmer (Referentin von Dr. Meyer). Foto: © TERRE DES FEMMES
Protest gegen Frühehen. v.l.n.r.: Myria Böhmecke, Monika Michell (Referentinnen zu Gewalt im Namen der Ehre bei TERRE DES FEMMES), Marina Walz-Hildenbrand (Rechtsanwältin), MDn Kienemund (Abteilungsleiterin „Bürgerliches Recht“), Maja Wegener (Fachbereichsleiterin TERRE DES FEMMES), Dr. Wichard (Unterabteilungsleiter „Familienrecht“), Dr. Meyer (Referatsleiter „Familienrecht, Erbrecht“), Dr. Vollmer (Referentin von Dr. Meyer). Foto: © TERRE DES FEMMES

 

Am Freitag veröffentliche das Oberlandesgericht Bamberg einen Beschluss, durch den dem Jugendamt das Aufenthaltsbestimmungsrecht über eine junge, geflohene Syrerin aberkannt wurde. Die heute 15-jährige Alia soll zurück in die Obhut ihres 21-jährigen Ehemannes Amir dürfen. Die Ehe wurde für rechtmäßig erklärt. Zwar gedenkt das örtliche Jugendamt, weiter um das Mädchen kämpfen und erfährt hierbei auch Unterstützung aus der Politik, dennoch zeigt der Fall überdeutlich, wo die Schwächen in deutscher Asylpolitik und Willkommenskultur liegen.

Der Gleichheitssatz ist bereits eine Idee aus dem antiken Griechenland. Die Toleranz von abweichenden Lebensentwürfen ist ein viel jüngerer Gedanke und vielleicht gerade deswegen zur Zeit mehr en vogue: Der viel diskutierte Fall Alias und Amirs (die eigentlich anders heißen) wird oftmals damit bagatellisiert, dass es sich vielleicht um wahre Liebe und eine freie Entscheidung handeln könnte. Und in Deutschland ist es noch immer vorgesehen, dass für die Anerkennung einer Ehe die rechtlichen Bestimmungen im Herkunftsland über die Gültigkeit bestimmen, nicht die hiesigen. Die Gleichheit vor Gericht, jedoch auch die Gleichheit in der Gesellschaft, wird mit diesem Kulturrelativismus aufgehoben. Obwohl die Justizministerkonferenz demnächst darüber diskutieren wird, ob eine Ehemündigkeit erst ab 18 für alle in Deutschland lebenden Kinder und Jugendliche eingeführt werden soll, wird dieser Schritt, selbst wenn man ihn tut, viel zu wenig und viel zu spät sein: Andere Pärchen dieser Art, werden über ihre Ehe gar nicht erst informieren und sie heimlich fortsetzen. Trotz des bewilligten Asylantrages kann man in solchen Fällen maximal dem halben Ehepaar zu einer gelungenen Flucht gratulieren: Gleichberechtigte Liebe und freie Entscheidungen sind im Nahen Osten keine etablierten Konzepte für die Ehe; vor syrischen Zuständen flieht man nicht ohne Grund.

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„Untätigkeit hat ISIS nach Paris gebracht“

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Antiterror-Experte Yoram Schweitzer in Berlin. Foto: Til Biermann

Yoram Schweitzer (59), Top-Antiterror-Experte aus Israel, ist nach Berlin gekommen, um über Sicherheit zu reden. Der Termin war geplant, bevor Terroristen in Paris 132 Menschen ermordeten. Schweitzer über die Folgen der Anschläge und die Strategie gegen ISIS. Er warnt vor Stimmungsmache gegen Flüchtlinge:

Es gibt das Bild von Juden als Kanarienvögel in der Kohlenmine. Wenn Juden angegriffen werden, der Kanarienvogel an Luftmangel stirbt, wird es irgendwann auch die anderen Menschen erwischen. Was sagen Sie dazu in Bezug auf Paris?

Unglücklicherweise erlebt Israel vieles, das später auch woanders auf der Welt passiert. Was wir in Israel in den letzten Monaten gesehen haben, Messerattacken und Angriffe mit Fahrzeugen, könnte auch bald in Europa passieren. Oder wenn Sie schauen, was im Gaza-Streifen geschah, dass Zivilisten als menschliche Schutzschilde gegen Israel benutzt werden. Auch das werden wir in Rakka und Mossul sehen, wenn die internationale Koalition dort angreift.

In Israel sind die Reaktionen auf Terror-Angriffe oft sehr schnell. Glauben Sie Europa kann eine ähnliche Effizienz erreichen?

Wenn wir mehr Gewalt auf den Straßen Europas erleben, ja. Ich glaube, in Paris wird sehr viel mehr Sicherheits-Personal auf den Straßen sein, wie es in Israel der Fall ist. Man muss aber aufpassen, nicht in Alarmismus zu verfallen und das alltägliche Leben unmöglich zu machen, denn das ist das Ziel der Terroristen.

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Help Kobanê

Kinder in Kobanê | Foto: Privat
Kinder in Kobanê | Foto: Privat

Vor einem Jahr – am 15. September 2014 – fiel der IS/ISIS in den vorwiegend von Kurden bewohnten Kanton Kobanê in Nordsyrien – kurdisch: Rojava – ein. Knapp zwei Wochen später, am 28. September, begann der IS-Angriff auf das Stadtgebiet von Kobanê. Trotz des erbitterten Widerstandes der kurdischen Selbstverteidigungskräfte (YPG/YPJ) konnte der IS in den folgenden Wochen große Teile der Stadt unter seine Kontrolle bringen. Der IS war den Kurden zahlenmäßig und militärtechnisch überlegen. Doch sowohl der IS als auch die internationale Öffentlichkeit hatten den Widerstandswillen der Kurden unterschätzt.

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Wer sind die Yeziden? – Telim Tolan vom Zentralrat der Yeziden in Deutschland im Gespräch

Demonstration gegen IS am Dienstag in Dortmund.
Demonstration gegen IS am Dienstag in Dortmund.

Am Dienstag berichteten wir über eine yezidische Demonstration in Dortmund, bei der es kurzzeitig zu Angriffen auf einen Islamisten kam, nachdem dieser die Demonstranten wüst beschimpf, und die Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) gelobt hatte. Gestern eskalierte in Herford die Lage, dort hatten einige Salafisten Yeziden unter anderem mit einer Machete attackiert. Am Abend gab es eine wütende Demonstration der Yeziden. (Die Kollegen vom WDR berichten.)

Doch wer sind eigentlich die Yeziden? Warum werden sie vom „Islamischen Staat“ verfolgt? Und in welcher Form sind Yeziden in Deutschland präsent? Viele Fragen zu einer mit geschätzt einer Million Angehörigen weltweit doch sehr kleinen Religionsgemeinschaft. Wir haben mit Telim Tolan, dem Vorsitenden des Zentralrats der Yeziden in Deutschland, gesprochen.

 

Ruhrbarone: Wer sind die Yeziden?

Telim Tolan: Wir sind eine Religion, die 2000 Jahre zurück reicht, monotheistisch und waren lange Zeit die Religion aller Kurden. Durch die Zwangsislamisierung sind heute aber 80 Prozent der Kurden Muslime.

Ruhrbarone: Von wem wurden Yeziden in der Geschichte bedroht?

Telim Tolan: Die Yeziden werden von fanatischen Moslems nicht als Religion anerkannt. Bei ihnen gilt das Gebot, dass wir konvertieren oder man uns tot schlägt. Solche Vorfälle gab es immer wieder in der Geschichte. Wichtig ist es dabei aber zu betonen, dass es sich um Fanatiker handelt die uns bedrohen, nicht um alle Muslime!

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