Wer die Augen schließt und Myriam-Catharinas sensationelle Stimme hört, fühlt sich unweigerlich zwanzig Jahre zurückversetzt. In die Zeit zu Anfang des Jahrhunderts, als Amy Winehouse‘ gewaltiger und raumfüllender Gesang den R&B und Soul dem Grab der sechziger Jahre entriss und machtvoll in die Jetzt-Zeit katapultierte. Wer erinnert sich nicht an „Back to Back“, dem bahnbrechenden Album des Jahres 2006, das weltweit gleich 60 Platin-Auszeichnungen erhielt.
Alles außer Pop – RIP McCoy Tyner
Es ist einer der faszinierenden Aspekte des Jazz, dass sich wie in keiner anderen Musik die Persönlichkeit des Künstlers in seiner Musik wiederfindet. Je näher man sich mit einem Musiker beschäftigt, desto mehr scheint man seinen Charakter in seinen Stücken zu erkennen und je mehr von seiner Musik man hört, desto besser scheint man den Menschen dahinter kennenzulernen.
Natürlich ist vieles davon Spekulation. Doch ich glaube nicht, dass ich mich irre, wenn ich sage, dass McCoy Tyner ein bescheidener und liebenswerter Mensch war, ein loyaler, ruhiger und doch von tiefer Leidenschaft und gewaltiger Liebe erfüllter Mensch. Liebe zur Musik, vermutlich auch Liebe zu den Menschen.
Bochum kann Jazz!
Bochums Nachtleben ist das beste im ganzen Ruhrgebiet – wenn es um Kneipen und Biergärten geht. Was bislang fehlte, ist ein Jazzkeller. Nun nicht mehr: Seit kurzem gibt es Live Jazz im Schauspielhaus-Keller, mit Nachtbar-Atmosphäre und Niveau.
JAZZ AT THE OFFICE heißen die Abende in der „Oval Office Bar“.
Alles außer Pop – Sun Ra Arkestra live in Mainz
Es gibt nur wenige Bands, deren Leader so charismatisch sind, dass die Band nach dessen Tod einfach weiter existiert. Die Big Bands von Duke Ellington oder Charles Mingus sind Beispiele. Und natürlich das Sun Ra Arkestra. Die Legende, fast schon so etwas wie eine Religionsgemeinschaft zu sein, ist sicher auch ein Image-Trick gewesen. Aber angeblich haben die Mitglieder des Arkestras zeitweise wirklich wie in einer Kommune gelebt. Nach Sun Ras Tod führte zunächst John Gilmore die Band weiter. 1995 ging der Fackelstab weiter an Marshall Allen.
Dieser Vorreiter des Avantgarde-Saxofons und langjährige Mitreisende auf dem interstellaren Raumschiff wird in wenigen Tagen 95.
LARIZA in Dortmund
Als Opener der Jazz-Session am kommenden Montag um 20 Uhr im Domicil in Dortmund tritt die aufstrebende Kölner Jazzformation LARIZA auf:
Tänzelnd. treibend. ruhend. knisternd.
Die Kölner Band LARIZA, bestehend aus sechs jungen Musiker*innen, präsentiert eine Musik, die Erwartungen erfüllt und wieder bricht, die Geschichten erzählt, in denen die Grenze zwischen Traum und Realität zerfließt. Sie vertont Illusionen im Weltall, Fragen über die Ursprünge des Lebens, den Zauber der Natur und Wagnisse menschlichen Zusammenseins.
Frontsängerin und Komponistin Lena-Larissa Senge greift in ihren Texten Themen des alltäglichen Lebens auf, die sie in ihrer Einfachheit wirken lässt und ins Absurde entführt. Was daraus musikalisch entsteht, ist eine Form des progressiven Jazz, der durch verschiedene Elemente aus Neo-Soul, Folklore und Popmusik beeinflusst ist. In den schrägen und zarten Klangwogen schmunzelt ein Geist, der zwischen den Extremen balanciert und gleichzeitig nach Einheit strebt. Mit einer intuitiven Neugier, die alles bis auf den Grund durchdringen möchte, führt die Musik das Publikum an unbekannte Orte und lässt auf jeder Reise Raum für Fantasie.
Auf der Sakura Tour wagt sich die Band erneut in unbefahrene Gewässer vor. Neben den Songs ihrer zuletzt online erschienen EP Native Tribes, präsentiert LARIZA neue Songs, darunter Sakura – ein Song über das Erwachen und die schöpfende Kraft des Neubeginns.
Alles außer Pop – Die Alben des Jahres 2018
Die besten Alben des Jahres 2018, unsortiert.
Carla Bozulich – Quieter
Zwischen traurigem Cello, warmem Gesang und düsterer Elektronik musiziert diese Veteranin des Untergrunds. Marc Ribot ist auch dabei.
Alles außer Pop – Pranke, ach nöö
Man könnte natürlich auch einfach unaufgeregten Dream-Pop machen, wenn man so was mag. Aber Berlins Pranke möchten mehr und deshalb müssen sogenannte Mathrock-Einflüsse rein und weil es eben doch für alles andere als Popmusik zu gutmütig ist, nennen die beiden Herren ihre Musik “Experimental-Pop”.
Alles außer Pop – Zufallsplatte
In loser Folge bespreche ich hier eine Platte aus meiner Sammlung, die ich blind ziehe und mir anhöre. Manche kenne ich gut, manche habe noch kaum gehört. Augen zu, mit dem Finger über das Plattenregal gewedelt und irgendwo draufgetippt.
Alles außer Pop – Coltrane kocht mit Wasser (aber lecker)
Es ist zwar erfreulich, aber keine umwerfende Überraschung, wenn ein neues Coltrane-Album herauskommt. Selbst bei Musikern, die eine kürzere Schaffensphase hatten, erscheinen postum immer wieder neue Platten und Coltrane hat wahrscheinlich mehr musiziert als jeder andere Mensch. Er soll ja sogar in den Pausen zwischen zwei Auftritten in der Garderobe weiter geprobt haben.
Alles außer Pop – Sind Schallplatten Lebewesen?
Na klar. Platten sind Individuen, mit einer Geschichte, einem Charakter, Stärken und Schwächen. Das gilt ganz besonders für gebrauchte Platten. Ich habe zwei große Strömungen in meiner Sammlung: Neues Vinyl mit Gitarrenmusik und gebrauchte Jazz-Platten. Natürlich gibt es auch Ausreißer. Aber zumeist kaufe ich Musik aus dem Metal-, Hardcore- und Etcetera-Bereich frisch beim Mailorder. Ich bin sowieso kein systematischer Sammler, der unbedingt alte Lücken füllen muss und dafür bei Discogs und Ebay Archäologe spielt. Aber neben den neuen Gitarrenalben kaufe ich Jazzplatten und da am liebsten Second-Hand.