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3 FÜR 7 – Drei Interventionsmöglichkeiten für die aktuelle Woche



Gestern im Lokalteil der Regionalzeitung: Populistischer Klassenkampf reinsten Wassers. Ein „Frei“-Bad in Essen soll geschlossen werden, und die Nutzer argwöhnen schon in der Überschrift, das Geld würde stattdessen bestimmt wieder irgendeinem Theater zukommen. Nun arbeiten einige Theatermenschen ja schon seit langem daran, sich durch Anpassung an den Massengeschmack oder Einbeziehung sozialer Aspekte etwas unangreifbarer zu machen, aber das wird in sozialen Brennpunkten wie dem Ruhrgebiet in Zukunft wahrscheinlich nicht genügen. Erst recht wenn ein Blatt wie die WAZ/NRZ das Match „Freibad vs. Theater“ in einer Überschrift überhaupt aufmacht.

Warum nur? Weil die WAZ ja so der Anwalt der „Armen und Schwachen“ ist? Aber was macht ein Freibad sozialer als Kultur? Der hohe Grad an Elendsidylle? Wurde inzwischen locker vergessen, was diese Oase eben genau für ein Korruptionsding und Millionengrab war und ist, im Gegensatz zu vielen gut wirtschaftenden Kulturinstitutionen? Eines ist klar: Umso mehr Größenwahn sich die Kulturelite hier gönnt, desto schärfer schlägt der Backlash zu. Aufpassen, Ruhr2010. Und wehe, wenn nicht! (Aber dann sind die meisten ja wieder weg.) Nun zu: „Peer Gynt“, „Treffen außerirdischer DJs“, „2-3 Straßen“.

Öffentliche Probe und Premiere von „Peer Gynt“ (nach Henrik Ibsen, s. Foto) unter der Regie von Roger Vontobel (zuvor „Das Goldene Vlies“, „Die Orestie“) sind bereits ausverkauft – die Bewohner Essens scheinen sich nach wie vor nicht alle damit abgefunden zu haben, dass mensch doch gleich ins Stadion, den Puff oder die nächste Eckkneipe gehen kann. Und daran hat natürlich auch das Grillo unter Anselm Weber einen verdienstvollen Anteil. Mal schauen, ob die nächste Intendanz dann mehr „abschottet“ – dann können wir uns hier bald fragen, was nach den Zechen, Kirchen und Bädern denn mit all den leer stehenden Theatern passieren soll. Die Disco im Grillo läuft ja eh schon ganz passabel, und der sympathische Fußballverein von nebenan könnte auch mal mehr Geld bekommen – dann mucken seine Anhänger auch nicht auf. Vielleicht ein Thema für die WAZ?

Irgendwo lauern ja immer so ganz gescheit-verwirrte Leute und machen die Studierenden und ihr Umfeld nochmal richtig kirre, wo Luhmann, Chaos-Theorie, Habermas, Judith Butler und Genesis P. Orridge (haha, u.a. natürlich) schon genug für Verwirrung gesorgt haben. So ein Schlitzohr, irgendwo zwischen Anarcho-Songwriting und lebendem Interventionismus angesiedelt, ist Knarf Rellöm. Als irgendwann Chicks On Speed & Co. mit Sun Ra Namedropping angefangen haben, hat er sich direkt den Mantel des Psychedelic Free Jazz Mystikers übergeworfen (und nicht den von Sylvesterboy wie dereinst Schorsch Kamerun aus ähnlichem Umfeld) und so eine Art pseudo-metaphysischen Popart-Trash erfunden, der ihn anders als Tocotronic z.B., aber auch, weit vom üblichen „Glaubt mir, ich bin hier der Star“ weggeführt hat. Aus dieser Position heraus kann man denn auch mal einfach mit Mikro und Plattensammlung in der Goldkante auftauchen und als „King Fehler“ mit dem werten DiscoCaruso aus Essen … eine äh Post-Funpunk-Show abziehen. Inklusive all der handelsüblichen „White Nigger?, links oder nicht?, typisch Pudel, haha“-Doppelbödigkeiten, natürlich. (Bei Unverständnis bitte einfach „Hamburger Schule“ googlen und noch einmal Adorno vs. Habermas nachvollziehen. Buchtipp hier, Restexemplare gibt es bei der Mayerschen in Essen noch in geringer Stückzahl, aber immerhin. Scheint hier nicht allzu trendy zu sein.)

Ein alter Schulkollege des Schreibers dieser Zeilen wohnt nun für genau ein Jahr in Dortmund, und zwar als einer der Bewohner von „2-3 Straßen“. Er wohnt dort mietfrei, schreibt hin und wieder etwas in eine Maschine, und der Künstler Jochen Gertz macht aus diesen Texten wie aus denen vieler anderer Bewohner dann am Ende etwas. Um zum Beginn dieses Textes hier zurück zu kommen: Das kostet wenig, bringt Menschen verschiedenster Art im Rahmen eines Kunstprojektes zusammen und interveniert so an drei „toten Punkten“ der Städte Dortmund, Duisburg und Mülheim. Überhaupt richten sich ja derzeit viele Kameras auf die Problemzonen der hiesigen Städte und tun den Standortpolitikern der Region eben nicht den Gefallen, auf die gewünschte „Heile Welt“-Show 2010 hereinzufallen – die mit dem tollen Tourismus- und Investorenanlock-Effekt, wir erinnern uns vage. Ist das nun eine Schweinerei der Metropolenkonkurrenz oder einfach ganz normaler Katastrophentourismus? Der Schreiber dieser Zeilen wird die „2-3 Straßen“ bzw. eine davon jedenfalls mal im Laufe des Jahres hin und wieder aufsuchen um zu sehen, was Kunst und Menschen in einem schwierigen Stadtteil leisten können – ganz ohne verspätetes Freibadlobbyistenfußvolk. Mal schauen, ob all die mehr oder minder „kreativen“ Mieter und ihre „prekären“ Nachbarn ganz neue „prä-revolutionäre“ Verbindungen eingehen (und wo die Gentrifizierungsdebatte dann ist).

(Erstaunlich viele Anführungszeichen diesmal, Verzeihung. Sind nicht Titel gemeint, so ist es wohl weil die gebräuchlichen Begriffe einfach … mies, aber gebräuchlich sind.)

„Peer Gynt“ u.a. am 27. und 31. Januar im Grillo.
„Treffen außerirdischer DJs“ am Freitag in der Goldkante.
„2-3 Straßen“ noch bis zum 31.12.2010.

Das Musiktheater baut am virtuellen Opernhaus

Das Musiktheater im Revier sucht seinen Weg in die digitale Welt und es sucht auch den Weg zu jungen Zuschauern. Mit dem Experiment „Internetoper“ soll ein Anfang gemacht werden. Damit will man die Dynamik und die Kreativität des Netzes mit der Faszination Oper verbinden. Am Ende könnten dann neue Erzählformen, Interpretationsmöglichkeiten und Bildästhetiken stehen. In der Welt der Theater ist man damit ganz weit vorne, denn so etwas gab es bisher nicht. „Das geht weit über das hinaus was man von einem Opernhaus eigentlich erwartet. Über eine virtuelle Community wird hier ein völlig neues Angebot gemacht“, sagt der Intendant Michael Schulz. „Der Freundeskreis auf Facebook ist bereits groß und wir hoffen auf eine eigene Dynamik im Netz“.

Jeder Mensch ist ein Künstler hieß es schon bei Joseph Beuys. „Bei der Internetoper seid Ihr die Regisseure, Darsteller, Bühnenbildner, Filmkünstler“, heißt es auf www.internetoper.de. Erzählt wird die „Affäre Manon“, die Liebesgeschichte zwischen der jungen, luxusliebenden Manon Lescaut und dem armen Studenten Armand. Die tragische Liebesgeschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt: Giacomo Puccinis Oper „Manon Lescaut“ aus dem Jahr 1893 und Hans Werner Henzes Drama „Boulevard Solitude“ von 1952 bilden die Grundlage. Mit Hilfe der Romanvorlage von Abbé Prévost wurden die Opern zu einer fortlaufenden Geschichte verknüpft und in 50 kurze Episoden aufgeteilt. „Wir wollten keinen Film mach, was es zum Beispiel ja schon an anderen Häusern gibt“, sagt die Chefdramaturgin Anna Melcher. „Nicht meckern, sondern machen. Man kann selber mit einfachen Mitteln etwas in Bilder fassen. Es ist ein wirkliches Experiment und es funktioniert nur, wenn viele Menschen mitmachen“.

Es lassen sich einzelne Episoden auswählen und die Idee soll dann in einem selbstgedrehten Video verwirklicht werden. Das wird dann hochgeladen und so zu einem Bestandteil der Internetoper. Sänger des Musiktheaters im Revier und die Neue Philharmonie Westfalen haben die Musik dazu aufgenommen. Die musikalische Untermalung kann aus einer so genannten „ToolBox“ geladen werden. Es gibt zu jeder Episode eine genaue Anleitung zum Mitmachen und eine kurze Beschreibung der Handlung. Der Intendant kann sich gut vorstellen, dass die Folgen mit einem Handy aufgenommen werden: „Es ist auch ausdrücklich erwünscht mit der Musik zu arbeiten und sie neu zusammenzusetzen“. Damit technisch alles einwandfrei läuft, hat man sich die Hilfe der Hochschule für angewandte Wissenschaft aus Hamburg gesichert. Die Studenten haben einen Trailer gedreht und auf die Internetseite des Projekts gestellt.

Die zerstückelte Internetoper wird bei so manchem Opernfreund zumindest für Stirnrunzeln sorgen. Bei dieser Kundschaft steht Tradition, Festhalten am Original und das Liveerlebnis besonders hoch im Kurs. Mit der Internetoper sollen Menschen angesprochen werden, die den Weg in die klassischen Kulturtempel bisher nicht gefunden haben. Sollte die Affäre Manon im Netz ein Erfolg werden, dann könnten solche Projekte in Gelsenkirchen zum festen Bestandteil des Spielplans werden. Viel spannender wäre natürlich, wenn die Community Einfluss auf das Geschehen auf der realen Bühne und die Programmgestaltung hätte. Erst dann könnte man wohl von einem virtuellen Opernhaus sprechen.

www.internetoper.de

Der rasende Stillstand – Kamerun auf Zweckel

„Westwärts“ von Katja Eichbaum und Schorsch Kamerun und nach Rolf-Dieter Brinkmann ist ein Hybrid aus Installation und Theaterstück, ein persönlich-unpersönliches Werk, ebenso Innehalten wie Agitation. Es gibt ein Orchester, 150 Statisten und eine Schauspielerin. Aber das Raumkonzept von Constanze Kümmel und die Texte sind hier das sine qua non.

Gerade die Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck ist eine dieser typischen unter Denkmalschutz stehenden Hallen die vor allem meist leer stehen. Gut erhalten, mit etwas Grün und Lichtern drum herum. Aber vor allem: bespielbar. Und so stellt ein Triennalen-Regisseur denn gerne mal eine Bühne dort hinein, ob rechts, hinten, vorne, in der Mitte oder links. Das gibt es bei „Westwärts“ aber direkt mal nicht. Stattdessen werden die Zuschauer zu Begehern des Stücks, und zwar in zu 90% durchsichtigen Gängen die sich durch die Halle schlängeln. Hier und da geht es bergauf oder –ab, und einige Male ist der Weg auch nicht vorgegeben: Freies Bewegen möglich, im Rahmen der Rolle als Publikum natürlich.

Man riecht sogar etwas: Erde hier, Essen da. Mal etwas Verbranntes, und dann wieder das allgegenwärtige Plastik. Es gibt Sitzmöglichkeiten auf zwei kleinen und einer großen Tribüne. An der einen kleinen geht der Blick auf das von Carl Oesterhelt geleitete Orchester samt Proklamateurin Sandra Hüller, die Teile aus Rolf-Dieter Brinkmanns „Westwärts“ vorträgt. Das ist durchaus überall zu hören, und viele Monitore zeigen Szenen aus dem Geschehen „auf der anderen Seite des Plastiks“: Menschen die spielen, Vorräte sortieren, Wäsche falten, sich in einem Massenschlafsaal organisieren (lassen), Holzkisten unter die Erde bringen, Puppen waschen, lesen, meditieren, schlafen (Foto: Ursula Kaufmann), sich massieren lassen, essen, trinken, Anpflanzungen und Akteneinträge vornehmen. Gegen Ende begibt sich Sandra Hüller in den Schlafsaal und hält einen langen Monolog, gerichtet an die schweigend zuhörenden Menschen.

Brinkmann sollte gelesen sein, hier etwas Kurzes:

Geschlossenes Bild

Überraschend
die zufällige Anordnung
des Aschenbechers
der Tasse, der
Hand zu einem
geschlossenen Bild.
Keiner kann sagen, hier
wird gelebt.

Und Schorsch Kamerun zum Stück:
„Man soll bloß keine sogenannte böse Überraschung erleben müssen. Im Sinne des natürlichen Wunsches nach Kontrolle des Seins sind wir dafür hoch empfänglich. Ich vermute allerdings, dass es nicht schaden würde wieder viel mehr zuzulassen, weil sich hinter dem verhinderten Unbekannten ja vielleicht eine aufregende Gefahr verbirgt.“

Also schaffen Kamerun und Eichbaum einen Ausnahmezustand im Rahmen einer Art „Stunde Null“, in der die Texte Brinkmanns wie eine lyrische Gebrauchsanleitung zum eigenständigen Leben auf die Statisten wie das Publikum herabprasseln. Das wirkt zusammen mit der neo-klassischen Musik von Oesterhelt oft eindringlich und manchmal recht hypnotisch bis psychedelisch. Eine Schwere hängt in der Luft, nur aufgelöst durch den Druck der Worte und die zutiefst menschlichen Insassen dieses merkwürdigen Lagers. Am Ende ist das Publikum bewegt und mischt sich rasch mit all den Schauspielern zur Rückkehr in den Alltag. Es ist gut anzunehmen dass etwas in allen haften bleibt von diesem Stück das es geschafft hat einiges an Beatnik-Dynamik nach Gladbeck zu transportieren. Eine gute Arbeit. Letzte Vorstellung im Rahmen der Ruhr-Triennale: Samstag, 27. September, ab 19 Uhr.

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3 für 7 – Die Veranstaltungen der Woche

Endlich Herbst! Allerorten packen Menschen ihre Badehosen wieder ein und erinnern sich ihres anderen Selbst als Kultur- und Politikinteressierte. Für die Ruhrbarone bedeutet dies natürlich zum einen Klicks bis zum Abwinken – nicht zuletzt dank dieser hochwertigen wöchentlichen Kolumne – zum anderen die Gelegenheit, sich so richtig ehrenwerten Häusern der Gegend gegenüber mal absolut gönnerhaft zu zeigen. Heute der Lichtburg, dem Aalto und dem Landschaftspark.

Deutschlandpremiere eines Kinofilms in Essen. Das bedeutet hier was, und die Filmfreunde und Bunte-Leser scharen sich um den roten Teppich. Ist das so? Nun, jedenfalls gilt das Augenmerk (der Kameras) auch beim Start von „Krabat“ sicher wieder dem anwesenden Schaupielervolk. Kommt Stadlober? Die Thalbach? Und wie hübsch ist eigentlich Paula Katenberg wirklich? So etwas halt. Der Film, der eigentliche Star also, spielt im späten Mittelalter und ist eine Verfilmung des Romans von Ottfried Preußler. Schauplatz ist eine alte Mühle um die herum sich natürlich extreme menschliche Dramen abspielen. Regiesseur Marco Kreuzpaintner setzt auf Atmosphäre und einige Zitate aus der Filmgeschichte und spielt bei aller Historizität die gute alte „Magie“-Karte ohne mit der Wimper zu zucken.

Christoph Schlingensief (Foto: Aino Labernez) reformiert seine Church Of Fear in Duisburg. Premiere war schon, die Kritik erscheint hier am Mittwoch. Also bleibt auf die weiteren Termine (unten) hinzuweisen und zu erzählen, wie der Autor dieser Zeilen von der RuhrTriennale hören durfte dass der Vorzeige-Mülheimer im Vorfeld mehr als dreimal das Gesamtkonzept umgeworfen hat. Dann schließlich suchte er per Anzeige nach „exotisch aussehenden Frauen“ für sein Triennale-Stück „Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“. Aha, soso. Und ansonsten redet er etwas viel über Tod und Religion zur Zeit, oder? Naja, er wird halt auch zuviel danach gefragt. Genau: Christoph Schlingensief ist Nick Cave. 

Nun schnell was Amtliches: Jubiläumskonzert „20 Jahre Aalto-Theater“. Da werden durch den Besuch allein Karmapunkte in Ehrenwertenhausen gemacht auf dass die Beförderung nur eine Frage der Zeit sein kann. Und die Söhne und Töchter spielen Prinz und Prinzessin. Ein wunderbarer „Event“ also, vom Programm her geht es eher „á la casa“ zu mit dem Aalto Ballett Theater, den Philharmonikern, dem Opernchor und Gesangssolisten. Aber seit der „Spiegel“ sein Herz endgültig für das (Anzeigengeld aus dem) Ruhrgebiet entdeckt hat, ist das Opernhaus ja sogar vor Lob wie „Aufstieg in die Champions League der europäischen Opernszene“ nicht sicher. Da freuen sich doch alle, bestimmt auch der RWE.

Im Überblick:
Deutschlandpremiere von „Krabat“ in der Lichtburg: Dienstag, 23. September, 20 Uhr.
“Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“ von Christoph Schlingensief in der Gebläsehalle des Landschaftsparks: Dienstag, 23. September, ab 19.30 Uhr. Weitere Vorstellungen zur selben Uhrzeit: 25., 26. und 28. September.
Jubiläumskonzert „20 Jahre Aalto-Theater“: Donnerstag, 25. September, 19.30 Uhr.

3 für 7 – Ausgehtipps am Dienstag

Aus der unglaublichen Fülle der Veranstaltungen der Woche im Ruhrgebiet auch diesmal drei im Grunde unerlässliche. Wie immer wöchentlich und frisch zum Dienstagmorgen, und auch Mitte September eine ordentliche Haribo-Mischung: Iggy & the Stooges, ein modernes Puppentheater und (noch) ein Ausnahmezustand. Bitte was? Bitte weiterlesen:

Die Stooges waren wer? Genau, zunächst einmal waren das drei amerikanische Komiker. Und dann nannte sich eine Band aus Michigan nach ihnen, zunächst noch als The Psychedelic Stooges. Songs? Z.B. „Search and Destroy“, „I Wanna Be Your Dog“, „No Fun“, „1969“. Und anschließend wurde ihr Sänger Iggy Pop zu einem wichtigen Bezugspunkt von u.a. David Bowie und der Punkbewegung. Songs? Z.B. „The Passenger“, „Lust For Life“, „Candy“, „Louie Louie“. Und nun sind Iggy Pop und die Asheton-Brüder zusammen mit Mike Watt (Minutemen, fIREHOSE) am Bass mit neuem Album in (Bochums) RuhrCongress – das Amphitheater Gelsenkirchen hat mal wieder Pech mit dem Karma, das Konzert wurde verlegt.

Und RuhrTriennale und Zollverein (in Essen) auf einen Streich beglückend: Die große Figurenkunst (in englischer Sprache) des Stuffed Puppet Theatre. Bis jetzt kommen die Inszenierungen der Triennale in der Presse ungewöhnlich schlecht weg, vielleicht rettet ein modernes Puppentheater ja die Saison (für die Kollegen). Im Rahmen der FiDeNa (mit vielen weiteren empfehlenswerten Aufführungen an teils „geheimen“ Orten vor allem in Bochum) erzählt „Cuniculus“ die Geschichte einer Reise aus der Unterwelt in das wahre Leben. Untertitel: „Eine Menschwerdung“ – was wohl nicht allzu wörtlich zu nehmen ist, denn Puppe bleibt Puppe. Oder?

Quasi die ultimative Mischung aus obigen Veranstaltungen: Schorsch Kamerun und sein Stück „Westwärts – ein begehbarer Ausnahmezustand“ in der Maschinenhalle (in Gladbeck-Zweckel). Der Autor dieser Zeilen war sogar beim Casting, wurde aber nicht genommen: „Kein Gladbecker“ hieß es. Und nun dürfen halt 100 im engen Sinne Ortsansässige in der Halle spielen, was man tun könnte wenn man sich plötzlich shanghait und eingesperrt wiederfindet während draußen wohl gerade eine Art Putsch passiert ist. Dazu: Texte von Rolf-Dieter Brinkmann, Musik von Carl Oesterhelt (FSK) und eine durchsichtige Röhre durch die das Publikum geleitet wird. Daher auch die drei „Schwünge“ in punkto Einlass, wie direkt im Anschluss zu lesen.

Im Überblick:
Iggy & the Stooges im RuhrCongress: Dienstag, 16. September, ab 20 Uhr.
Premiere von “Cuniculus“ vom Stuffed Puppet Theatre bei PACT Zollverein: Donnerstag, 18. September, ab 20 Uhr. Weitere Vorstellungen zur selben Uhrzeit: 19. und 20. September.
Premiere von “Westwärts“ von Schorsch Kamerun und Katja Eichbaum in der Maschinenhalle: Samstag, 20. September, ab 19, 19.20 und 19.40 Uhr. Weitere Vorstellungen zu denselben Uhrzeiten: 21., 24., 26. und 27. September.

3 FÜR 7 ? Die wöchentlichen Ausgehtipps am Dienstag

Zum zweiten Mal drei Veranstaltungshinweise für alle und keineN – und vor allem: für die kommenden sieben Tage im Ruhrgebiet. Diesmal eine lange und eine kurze Nacht – und (schon wieder) die Ruhrtriennale. Aber der Reihe nach:

Schon wieder Jahrhunderthalle (in Bochum), und noch einmal Ruhrtriennale. Aber die Kapazitäten wollen ja ausgeschöpft sein, und nicht zuletzt geht es um Luc Bondy (Thalia Theater, Berliner Schaubühne, Salzburger Festspiele, Wiener Festwochen). Dieser renommierte Regisseur ist in diesem Jahr mit einer Filmreihe im Casablanca-Theater, einem Soiree, „König Lear“ und „La Seconde Surprise D´Amour“ vertreten. Letztere Inszenierung basiert auf einer Modernisierung des Stoffes von Marivuax, dessen „Triumph der Liebe“ Bondy (Foto von David Baltzer / Zenit) ebenfalls schon auf die Bühne gebracht hat: Zwei Liebende nähern sich nach schweren Verlusterlebnissen einander an, aber „Liebe darf nicht Liebe genannt werden, Eifersucht nicht Eifersucht sein“, wie es so schön im Begleittext heißt. Ganz klar eines der Highlights der Triennale 2008! 

Etwas völlig anderes vielleicht? Stadtentwicklung in Duisburg ist das Thema der 10. Nacht der Architektur, veranstaltet vom Bund Deutscher Architekten und dem Wilhelm-Lehmbruck-Museum. Leider ist der Anmeldetermin für die zweistündige Bustour mittlerweile abgelaufen, aber der Abend im Skulpturenhof des Museums bietet neben einer hochrangigen Gesprächsrunde mit u.a. Dr. Reinhard Seiß, der auch am Beispiel Wien über Stadtentwicklung referiert, die klassische „Nacht im Museum“ sowie Musik, Imbiss und hoffentlich auch viele wertvolle Anregungen. 

Und dann? Nun, eine merkwürdige Dopplung an diesem Samstag, aber Mülheim soll hier auf keinen Fall verschwiegen werden. Ist nämlich weniger nach Stadtpolitik sondern mehr nach Kunst, dann lohnt der Weg zur 7. Mülheimer Museumsnacht. Neun Museen halten ihre Pforten bis kurz vor Mitternacht geöffnet und haben neben den aktuellen Ausstellungen von Lesungen über Installationen, Magie und Jongleure bis hin zu Livemusik ein angenehmes Begleitprogramm parat. Es sind extra Shuttlebusse eingerichtet, und der Preis sei ausnahmsweise auch einmal genannt: 5 Euro pro Person. Das klingt doch nach einem entspannten Abend in Mülheims schönsten Kulturhäusern. Aber nichts gegen Duisburg!

Im Überblick:
Premiere von “La Seconde Surprise D´Amour” in der Jahrhunderthalle: Dienstag, 9. September, ab 20 Uhr. Weitere Vorstellungen zur selben Uhrzeit: 10. und 11. September.
„10. Nacht der Architektur“ im Wilhelm-Lehmbruck-Museum: Samstag, 10. September, ab 18.30 Uhr.
„7. Mülheimer Museumsnacht“, vielleicht begonnen am Rathausmarkt nahe des Hauptbahnhofs: Samstag, 10. September, ab 18 Uhr.

Kulturhauptstadt und Ruhrtrienale ohne Evonik-Müller

Die Kulturarbeit des Kohlemannes Werner Müller ist endlich. Wie endlich, habe ich jetzt erfahren.

Als Evonik noch RAG hieß und 100 Prozent Kulturhauptstadt war / Foto: idruhr

So zieht Müller seinen Mischkonzern RAG / heute Evonik aus dem Sponsoring der RuhrTriennale zurück. Das hat mir eine Evonik-Sprecherin bestätigt. Zudem will der Vorstandschef von Evonik, Werner Müller, den Aufsichtsratsvorsitz der Kulturhauptstadt GmbH aufgeben und sich aus dem Gremium zurückziehen. Auch das bestätigte mir die Evonik-Sprecherin.

In den Monaten zuvor hatte sich Müller und mit ihm die damalige RAG/ heutige Evonik im Rahmen der Diskussion um das Ende des Steinkohlebergbaus einen Namen als bedeutender Kultursponsor im Ruhrgebiet gemacht. Gerade im Umfeld der Kulturhauptstadtbewerbung suchte Müller die Nähe zur Kultur, um sich als Bestandteil der Region Rückhalt zu verschaffen. In der Dikussion damals ging es um den Ausstieg aus den Subventionen. Die CDU wollte die RAG/Evonik zerschlagen, um den Erlös in die Höhe zu treiben und damit die Risiken für die öffentliche Hand zu miminieren. Müller selbst wollte eine Zerschlagung seines Konzerns verhindern. Zudem hatte sich Müller als Chef der RAG-Stiftung ins Spiel gebracht. Die Stiftung besitzt den Konzern RAG/Evonik. Für seine Strategie suchte Müller öffentliche Unterstützung.

Als Grund für den jetzigen Rückzug aus der Ruhrtrienale führte die Konzernsprecherin an: „Im Rahmen unseres Konzernumbaus richten wir unser Sponsoring neu aus und setzen zum Teil neue Schwerpunkte.“ In Zukunft wolle man sich „auf Projekte insbesondere mit internationaler Ausstrahlung“ konzentrieren. Etwa auf die das Projekt „Speed-the-Plow“ mit Kevin Spacey und Jeff Goldblum sowie auf die Ruhrfestspiele mit dem Schwerpunkt Amerika. „Wir bleiben weiter einer der großen Kultur-Sponsoren in Deutschland.“

Auch der Rückzug des Konzernchefs Müller aus dem Aufsichtsrat der Kulturhauptstadt bedeute nicht das Ende des Sponsorings. „Natürlich werden wir uns außerdem auch beim Projekt Kulturhauptstadt sehr stark einbringen“, sagte die Evonik-Sprecherin. Müller höre nur im Aufsichtsrat auf, weil er turnusmäßig als Moderator des Initiativkreises Ruhrgebiet ausscheide. Im Rahmen der Ruhrgala am 30. August übergibt er sein Amt an den E.on Chef Wulf Bernotat. Die Sprecherin sagte: „Die Funktion des Iinitiativkreis-Moderators ist mit der des Aufsichtsratsvorsitzenden der Kulturhauptstadt verknüpft.“

Ich bin gespannt, was wird. Intern ist die Kulturhauptstadt-Mannschaft über den Ausstieg von Müller überrascht, auch wenn die Übernahme des Vorsitzes durch Bernotat als normal gewertet wird.

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