Der 20. Juni 2020 war kein guter Tag für Gelsenkirchen: Die MLPD hatte geladen: Um den 38. Jahrestag ihrer Gründung und die Aufstellung der Statue von W.I. Lenin vor ihrer Parteizentrale zu feiern.
Die revolutionäre Avantgardepartei der Arbeiterklasse kann die Veranstaltung am gestrigen Samstag als vollen Erfolg verbuchen. Die Stimmung bei den Marxisten-Leninisten war sehr gut. Die Wetterbedingungen in Gelsenkirchen-Horst waren perfekt.
Was besonders bitter ist: Der demokratische Protest gegen die Enthüllung der Statue war sehr übersichtlich. Nur die FDP zeigte hier Flagge.
Die Stadtverwaltung in Gelsenkirchen hat geschlafen. Trotz Widerstandes des Gelsenkirchener Oberbürgermeisters, Frank Baranowski, und der demokratischen Parteien – SPD, CDU, Bündnis90/Grüne, FDP – wird die semiromantische Ruhrmetropole demnächst, wie Ruhrbaron Stefan Laurin es gestern formulierte, zum neuen Leningrad an der Emscher:
In Gelsenkirchen-Horst liegt die Parteizentrale der umtriebigsten marxistisch-leninistischen Avantgardepartei der Arbeiterklasse wo gibt im Universum. Seit vielen Jahren wird von diesem geschichtsträchtigen Ort in Gelsenkirchen, mit eher überschaubaren Erfolgsmeldungen, die große sozialistische Weltrevolution vorangetrieben.
Dort soll, wenn es nach dem Willen der Parteiführung geht, am 14. März 2020 eine Lenin-Statue feierlich eingeweiht werden.
Ein über zwei Meter großer, kommunistischer, Blickfang.
Gußeisern, nicht stählern, wie man vermuten könnte – wenn man die Haltung dieser Partei zu Josef Stalin kennt.
Die Ruhrbarone haben da ein paar Ideen, um das Stadtbild in Gelsenkirchen generell aufzuwerten und im selben Zug das Lenin-Denkmal, wenn es denn realisiert werden sollte, in den Schatten zu stellen. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Moderne, die Postmoderne, der Wandel der Zeiten. Dem großartigen Matthias Beltz verdanken wir hierzu die Einsicht, dass die Leninsche Schlüsselfrage „was tun?“ (Moderne) abgelöst wurde durch das empathische „wie geht’s?“ (Postmoderne). Beltz ist viel zu früh gestorben; selbst einer wie er konnte nie und nimmer ahnen, zu welch grandiosen Weiterentwicklungen in Sachen menschlicher Wärme und so die spätkapitalistische Gesellschaft noch in der Lage sein würde. „Wie geht’s?“ – Mein Gott, wie unpersönlich!
Okay, auch Matthias Beltz war nur ein Kind seiner Zeit. Was hätte er sonst tun sollen, als die Umgangsformen seiner sozialen Außenwelt zu analysieren. Der angeführte Quantensprung vom „Was tun?“ zum „Wie geht´s?“ liegt dreißig Jahre zurück. Mindestens. Beltz hatte seine Erkenntnis bereits Anfang / Mitte der 1980er Jahre der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Wie geht´s?“ – pah! „Wie fühlst Du Dich?“ So muss das heißen! „Wie geht´s?“ heißt ja schließlich nichts Anders als „Wie geht es?“ Wenn man – aus heutiger Sicht – so recht drüber nachdenkt: eine Unverschämtheit.
„Wie fühlst Du Dich?“ – Ja, es hat sich ganz schön was getan in den letzten Jahrzehnten. Heute lässt sich eine solche Frage – gleichsam ein Dokument der Humanität – ganz unbefangen stellen, ohne dass man Angst haben müsste, seinem Mitmenschen zu nahe zu treten. Aber damals? 80er Jahre. Diese ganzen Typen damals; wir brauchen keine Namen zu nennen. Halten wir uns schlicht vor Augen, wen es damals alles noch nicht gab. Zum Beispiel unser aller Lena. Die gab es überhaupt noch nicht. Unvorstellbar.
Oder bei den Politikern. So einen wie unser aller Baron von und zu Guttenberg. Okay, den gab es zwar schon, jedoch nur in Ansätzen und noch nicht als Politiker. Was war das damals bloß für eine öde Zeit! Keine Lena, kein Ken, und „Wie fühlst Du Dich?“ konnte man außerhalb der Sponti-Szene irgendwie auch nicht so ohne weiteres bringen. Ehrlich gesagt: mir ist das damals gar nicht so aufgefallen. Ich musste schon über Beltz´ „wie geht´s?“ lachen. Mein Gott, was waren wir damals alle kaputt! Total gefühllose Knochen. Entsetzlich.
Wie gut, dass wir heute zivilisatorisch einen Riesenschritt weiter sind. Doch seien wir wachsam! Der Prozess der Zivilisation vollzieht sich bekanntlich auf dünnem Eis. Und unter der Oberfläche der Freundlichkeit ist das Alte noch da. Mitunter auch über der Oberfläche, mitunter auch der Alte. Schäuble zum Beispiel, so ein Politiker der 80er Jahre. Übrig geblieben. Wie der schon aus der Wäsche guckt, macht klar, dass er nicht vorhat, noch einmal als Top-Kandidat in einem Wahlkampf vor sein Volk zu treten.
Dem passt das alles nicht. Den braucht man auch gar nicht erst zu fragen: „Wie fühlst Du Dich?“ Ein Blick in sein Gesicht erübrigt jede Frage, und es hätten sich noch eindrucksvollere Bilder finden lassen als dieses Artikelbild hier. Jetzt hat der alte Knötteropa der „Zeit“ ein Interview gegeben und darin das gesagt, was das ZDF freundlicherweise – siehe Artikelbild – in der Sendung „Berlin direkt“ ganz fett auf den Bildschirm gestellt hat: „Gucken Sie sich nur den Zirkus mit Lena auf der einen Seite oder das Phänomen Karl-Theodor zu Guttenberg auf der anderen Seite an.“
Die Leute vom ZDF hatten es sich nicht nehmen lassen, das Phänomen Guttenberg höchstselbst zu fragen, was er denn so von diesem Vergleich halte, den Kabinettskollege Schäuble mal so ganz nebenbei eingeworfen hatte. Ken – ganz cool lächelnd – „fand das einen wunderbaren Vergleich“. Sie können mir ruhig glauben, ansonsten klicken sie sich einfach bei Minute 14:00 in „Berlin direkt“ hier ein. Die Frage ist freilich, ob man Guttenberg glauben kann. „Wunderbarer Vergleich“ – na, sag´ mal! Ken, wie fühlst Du Dich? Originalton Guttenberg – kein Witz, echt passiert: „Ich fühle mich wie Karl Lena Meyer Guttenrut.“
Wie fühlst Du Dich? Der Bundesminister der Verteidigung fühlt sich wie Karl Lena Meyer Guttenrut. Daraus ergibt sich – m.E. zwingend – die Frage: „Wie geht´s?“ An ihn. Und an uns: „Was tun?“
Ist es eine Twitter-Revolution, wie mitunter zu lesen ist, oder doch eher eine Facebook-Revolution, die sich auf Ägyptens Straßen und vor allem auf dem Tahrir-Platz in Kairo ereignet? Und was ist mit Google? In der Stunde der größten Not, nämlich der Abschaltung des Internets durch das Mubarak-Regime, ermöglichte der Konzern den Anhängern der Demokratiebewegung das Twittern per Telefon. Was für eine Revolution ist das überhaupt, die hierzulande gegenwärtig das Medienereignis Nummer 1 ist, aber doch Umfragen zufolge etwas mehr Bundesbürgern Sorge als Freude bereitet? Und wieso kommt es auf einmal, scheinbar urplötzlich, zur Revolution?
Am Internet allein kann es nicht gelegen haben. Schließlich gab es schon Revolutionen, als den Menschen nicht einmal ein Telefon zur Verfügung stand. Andererseits ist nicht zu bestreiten, dass die modernen Kommunikationstechniken – besser gesagt: die heutzutage modernen Kommunikationstechniken – die Mobilisierung der revolutionär gestimmten Massen ganz erheblich erleichtert haben. Doch das Internet löst keine revolutionäre Situation aus – genauso wenig wie die Deutsche Reichsbahn. In der revolutionären Situation jedoch kann diesen Nachrichten- und Verkehrsmitteln eine ganz entscheidende Funktion zukommen.
Was dem Lenin 1917 ein Eisenbahnwaggon war, sind den ägyptischen Revolutionären 2011 Laptop und Handy. Ohne eine revolutionäre Situation sind diese Dinge vollkommen unverdächtig, einfach nur praktisch. In einer revolutionären Situation jedoch kann ihr Vorhandensein über Sieg oder Niederlage entscheiden. Angenommen, Sie wären ein Revolutionär: für sich genommen nützt es Ihnen gar nichts, dass das Internet funktioniert und Sie sich bei Facebook registriert haben. Beides nicht schlecht; aber Sie müssen schon noch ein wenig abwarten, bis sich eine revolutionäre Situation ergibt.
Sie können sie auch nicht künstlich herbeiführen, auch nicht gemeinsam mit einer Partei oder Gruppe. Meinte jedenfalls Lenin und, was Sie auch immer über ihn denken mögen: der Erfolg gab ihm recht. „Eine revolutionäre Situation“, lehrte Lenin, „gibt es dann, wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen“. Oder, wie man sagen könnte: wenn die oben etwas falsch gemacht haben und die unten sich falsche Hoffungen gemacht haben. Eine revolutionäre Situation – dies nur der Vollständigkeit halber – entsteht übrigens nicht, wenn das Volk absolut verarmt, hungert oder gar verhungert. Die Leute haben unter diesen Umständen Anderes zu tun.
Eine revolutionäre Situation entsteht vielmehr dann, wenn nach einer langen Periode relativer Prosperität die tendenzielle ökonomische Aufwärtsentwicklung – „über das gewohnte Maß hinaus“ (Lenin), also in quantitativer wie in zeitlicher Hinsicht – abreißt, die unten sich folglich keinerlei Hoffung mehr darauf machen können, dass sich ihre Lebenssituation zumindest wieder der ihrer Vorgängergenerationen annähern könnte. Und die oben in den dafür notwendigen Reformen eine Gefährdung ihrer Herrschaftsgrundlagen erblicken – sei es zurecht oder zu unrecht – und sie deshalb vermeiden.
Alles weitere ist schnell erzählt. Im Falle, dass der herrschende Repressionsapparat der revolutionären Gewalt nicht Herr werden kann, es also zu einer Revolution kommt, setzt eine Dynamik ein, die Michael Wolffsohn in seinem „Schnellkurs in Revolutionsdynamik“, den gestern der Tagespiegel veröffentlicht hat, in aller Kürze abhandelt: „Schritt eins ist die Befreiung. Beim zweiten Schritt übernehmen die Gemäßigten. Die Erwartungen der Bevölkerung sind riesig und können nicht schnell genug erfüllt, die erhoffte „Ware“ – sprich: Lebensverbesserung – kann nicht sofort „geliefert“ werden. Nun schlägt die Stunde der Radikalen, Schritt drei. Sie übernehmen das Ruder und verdrängen die Gemäßigten. Dagegen bäumen diese sich auf. Vergeblich. Das Radikalen-Regime greift zu Unterdrückung und Terror.“
Aber: so muss es ja nicht kommen. Nicht in Ägypten. Schließlich ist es ja nach 1990 ist Ostdeutschland auch nicht so gekommen. In Russland zwar schon, in den Ländern dazwischen nur ein bisschen. Und, was Wolffsohn völlig zu übersehen scheint: nach jeder Revolution, und erst recht nach jeder echten Revolution, ergibt sich ein starker Trend zum Krieg. Ein Krieg wiederum kann – muss aber nicht – die Tendenz zur Terrorherrschaft in der nachrevolutionären Gesellschaft abmildern.
So weit der kleine Grundkurs für Revolutionäre. Im nächsten Beitrag werde ich der Frage nachgehen, was diese allgemeinen Gesetzmäßigkeiten ganz konkret für den revolutionären Prozess in Ägypten (und den anderen arabischen Ländern) bedeuten.
Wissen Sie, was Kommunismus ist? – Ja richtig: in der Theorie eine tolle Sache; aber die Praxis … Schön und gut; das war aber nicht die Frage. Was das ist, der Kommunismus, hatte ich gefragt. Okay, ich sage es Ihnen. Kommunismus ist nach Lenin Sowjetmacht plus Elektrifizierung. Das hat er selbst gesagt, der Lenin. Sowjetmacht – okay, die kann ich Ihnen auf die Schnelle jetzt nicht im einzelnen erklären. Wir merken uns: mit einer Sowjetmacht haben wir es dann zu tun, wenn etwas so organisiert ist wie die Deutsche Reichsbahn.
Die war nämlich richtig klasse organisiert. Das hat er selbst gesagt, der Lenin. Da konnte man – in diesem Fall: er – sogar eine Revolution mit machen. Und eine Revolution ist eine tolle Sache, wenn da der Kommunismus bei rauskommt – jedenfalls in der Theorie. Also, so ungefähr … Einfacher zu erklären ist freilich der Begriff „Elektrifizierung“. Elektrifizierung heißt, dass irgendwo Strom hinkommt, wo vorher keiner war.
Kommunismus in der Praxis, Sie wissen ja Bescheid: einfach schrecklich. Zwang und Unterdrückung, alle Leute eingesperrt, und wer motzt, kriegt Ärger. Und von wegen: der Kunde ist König! Ihr kriegt gleich „Kunde“! Kleinbürgerliches Konsumentenbewusstsein. So etwas wird im Kommunismus natürlich entschieden bekämpft. Meistens nicht ohne Erfolg: die Leute wollen zwar immer noch eine Marlboro, eine Markenjeans oder einfach nur raus, trauen sich aber nicht, das zu sagen. Muss reichen.
Was Sie hier auf dem Foto sehen, ist ein „Talent“. Ja, der Zug; der heißt so. Wie die Rheinische Post schreibt, werden die DB-„Talente“ von den Fahrgästen sehr gerne gesehen: Im Gegensatz zu den NWB-Fahrzeugen vom Typ „Lint“ mit zwei Türen an jeder Seite gibt es im „Talent“ nämlich drei Türen. Der „Talent“ verkehrtjetzt nämlich endlich wieder im Nahverkehr am linken Niederrhein – auf der Strecke der Regionalbahn Duisburg-Xanten über Moers und Rheinberg. Da freut sich der Niederrheiner; denn eigentlich müsste dort ja der „Lint“ fahren.
Der „Talent“ gehört nämlich der DB-Regio, also der Deutschen Bahn, also Kommunismus, als Servicewüste. Die Bahn ist zwar eine Aktiengesellschaft, aber eben nicht an der Börse. Und je mehr versucht wird, die Bahn börsentauglich, also kundenfreundlicher, zu machen, desto mehr Strecken werden schon jetzt aus dem kommunistischen Zwangsregime entlassen. Denn der Markt weist aus, was bleibt, und was verschwinden muss. Zum Beispiel so eine an und für sich unrentable Strecke links am Niederrhein entlang.
Wenn man den Bahnverkehr dort jedoch marktwirtschaftlich, also dynamisch, organisiert, dann fluppt das auch dort. Im Interesse des Kunden, also des Fahrgastes. Und deshalb fährt da jetzt nicht mehr die DB, sondern die NWB, die NordWestBahn. Privat vor Staat. Der Markt, also seine unsichtbare Hand, regelt das. Deutschlands größtes privates Bahnunternehmen gehört den Osnabrücker Stadtwerken, den Oldenburger Wasserwerken und noch einer Berliner Verkehrsfirma. Wow! Kein Wunder, dass bei solch einer Ballung privaten Unternehmergeistes auch das an und für sich Unrentable auf einmal profitträchtig wird.
Okay, in den Nahverkehrszügen der NWB ist es ein wenig eng. Und einige jammern sowieso immer, Rollstuhlfahrer zum Beispiel sind geradezu bekannt dafür. Mit denen gibt es ständig Ärger. Für jeden Scheiß rennen die zur Presse. Anstatt dass sie einmal dankbar zurückblicken, wie es so vor 20 oder 30 Jahren ausgesehen hatte: wenn man sich ein halbes Jahr vorher angemeldet hatte, bekam man mit etwas Glück einen Platz im Gepäckwagen. Nun ja, das ist halt eine Schattenseite dieses kleinbürgerlichen Konsumentenbewusstseins: diese Undankbarkeit.
Hier, dieser taz-Artikel: mal beschweren sie sich darüber, dass in die neue Regio-S-Bahn nicht hineinkommen. Wenn sie aber doch mal drin sind, ist es auch wieder nicht gut. 80 Zentimeter, so breit ist der Gang, durch den RollstuhlfahrerInnen zu ihren Plätzen gelangen. Links die Außenwand der Toilette, rechts Klappsitze. Sind die besetzt, kommt man mit Rollstuhl erst durch, wenn die Fahrgäste aufstehen. Nervig. Aber so ist Marktwirtschaft: der Kunde ist König, und das heißt: auch die NWB reagiert sofort: Die Nordwestbahn, die die S-Bahn betreibt, hat indes angekündigt, Fahrgäste mit Schildern aufzufordern, RollstuhlfahrerInnen Platz zu machen. Auch das Personal soll geschult werden, „darauf aufmerksam zu machen“.
Jetzt wollen die auch noch klagen und mit diesem Schnickschnack so ein dynamisches Unternehmen in den Ruin treiben. Wie auch immer: Probleme, die am Niederrhein so nicht aktuell sind. Während die NWB jetzt ganz flott ihre Mitarbeiter schult, wird einstweilen gar nicht mit dem NWB-Triebwagen Marke „Lint“ gefahren, sondern mit dem beliebten „Talent“. Der ist zwar – wie gesagt – von der DB, jedoch nicht kommunistisch, weil nicht elektrifiziert. „Lint“ natürlich auch nicht, logisch. Denn die ganze Strecke am linken Niederrhein ist nicht elektrifiziert. Es lebe die Freiheit! In diesem Fall: die Diesellok.
Der „Talent“ kommt deshalb gegenwärtig am linken Niederrhein zum Einsatz, weil sich im August in Geldern – ebenfalls linker Niederrhein – ein Auffahrunfall zugetragen hatte. Nein, nicht mit dem Straßenverkehr, um Himmels willen! Nur NWB-Triebwagen sind zusammengestoßen – nicht nur zwei, sondern gleich drei. Alle kaputt. Das beeinträchtigt freilich auch das dynamischste Privatunternehmen; aber nun ja: Unfälle kommen eben vor. Da kann man nichts machen. Oder gestern: da soll – wie es in der Rheinischen Post laut Zugdurchsage hieß (oder umgekehrt) – „ein Baum“ auf den Gleisen zwischen Alpen und Xanten gelegen haben.
„Ein Baum“ – Respekt! Da muss der Triebwagen tatsächlich eine Menge Talent gehabt haben. Wie dem auch sei: jedenfalls ist wohl irgendetwas am Bremssystem kaputtgegangen, wie ein Fahrgast der betroffenen Regionalbahn berichtet. So etwas kann passieren; also musste der Zug – Sicherheit geht nun einmal vor – erst einmal eine Weile stehen bleiben. Und so einen Bremsschaden repariert man nun einmal nicht so eben im Handumdrehen. In Sicherheitsfragen geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. In der Rheinischen Postist zu lesen: Auf der Strecke der Regionalbahn Duisburg-Xanten mussten 55 Fahrgäste im Regionalzug am Mittwoch vier Stunden lang ausharren, weil das Bremssystem des Triebwagens ausgefallen war.
Um 16:10 Uhr machte sich der Zug in Duisburg auf in Richtung Xanten, wo er um 16:55 Uhr ankommen sollte. Leider hatte sich dann kurz vor dem Ziel, also gegen 16:45 Uhr, das kleine Malheur ereignet. Gegen 21.15 Uhr war laut RP das Bremssystem des Zugs offenbar wieder repariert, der Talent setzte sich endlich Richtung Xanten in Bewegung. Viereinhalb Stunden – da kann man auf der Autobahn in diesen Tagen weiß Gott Schlimmeres erleben. Und da gibt es auch keine Toilette. Das heißt: der „Talent“ hat natürlich Toiletten. Aber wenn ein Zug steht, darf man die selbstverständlich nicht benutzen. Das weiß aber doch jeder! Dass da eine Frau angefangen hat zu weinen, nur weil sie mal musste – tja Gott: das sind die Nerven.
Aber ansonsten blieb alles ruhig. Sehr disziplinierte Fahrgäste. Kein Mensch ist in Panik geraten. Warum auch? Es bestand zu keinem Zeitpunkt für die Passagiere auch nur die geringste Gefahr. Dennoch ist – sicher ist sicher – die freiwillige Feuerwehr Alpen angerückt – mit 50 oder 60 Mann. Gegen 20:00 Uhr – recht flott, die wurde nämlich nicht früher verständigt. Die Feuerwehrleute hatten dann sogleich darüber beraten, ob man den Zug evakuieren solle. Dem hatten die Fachleute der NordWestBahn jedoch einen Riegel vorgeschoben. So etwas hätte ja nur völlig unnötige Gefahren heraufbeschworen. „Wir durften aus Sicherheitsgründen nicht aussteigen. Das wurde uns klar gesagt“, erzählte eine Reisende. Und da es alle erzählen, wird es wohl so stimmen. Ist ja auch klar. Sicherheit geht nun einmal vor.
Freiheit steht halt immer in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Sicherheit. Absolute Freiheit kann es nicht geben, entartet zur Anarchie. Und Kundenfreundlichkeit bedeutet als allererstes, dass man sich um die Sicherheit des Geschäftspartners sorgt. Was nützt einem der schönste Tee, wenn man tot ist. Aha! Und die Niederrheiner hatten das dann auch eingesehen und die Anordnungen, wie es sich gehört, befolgt. Ein bisschen geweint schon, aber kein Pippi gemacht, und vor allem: kein Mensch hatte es gewagt auszusteigen. Freiheit und Verantwortung – das gehört nun einmal zusammen. Und wenn der „Talent“ gestern Abend um Viertel nach Neun nicht weitergefahren wäre, säßen sie da noch heute. Irgendwo am linken Niederrhein in Menzelen-West in Höhe der Schulstraße. Nicht der schlechteste Flecken Erde.
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