Das Duell: Wer Veränderungen für dieses Land will, der war hier falsch!

Foto: Robin Patzwaldt

In diesem Land ist aktuell vieles verbesserungswürdig. Es gibt zahlreiche Probleme, auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Angefangen beim Arbeitsmarkt bis hin zur Flüchtlingspolitik. Eigentlich eine durchaus gute Grundlage für einen Herausforderer um die Kanzlerschaft. Sollte man zumindest meinen.

Doch Martin Schulz vermochte die Situation im TV-Duell nicht ansatzweise für sich zu nutzen. Zu viel Einvernehmen mit der Amtsinhaberin, zu wenig eigene Aktionen, zu wenig Aggressivität und Angriffslust.

Und wie bei einem Titelkampf im Boxen kann der Herausforderer den Titelträger eben nicht entthronen, wenn er sich nicht klar und deutlich von diesem positiv absetzt.

Eigentlich eine klare Sache. Und so verwundert es eben auch nicht, dass Merkel am Ende in den Augen die Nase deutlich vorne hatte, ihre Kanzlerschaft, wenn kein Wunder geschieht, um weitere Jahre wird verlängern können. Schulz hat seine Chance vertan.

Dafür gibt es sicherlich unterschiedliche Gründe.

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Das Duell: Bloß nicht so weiter!

Stefan Laurin hat Recht, das TV-Duell war eines: langweilig. Aber da hört auch schon fast meine Zustimmung mit ihm und seinem „Weitermachen!“ auf. Ich wünsche mir wieder Politik und Kontroverse – beides ist von einer Fortsetzung des GroKodils nicht zu erwarten.

Schulz war gewohnt einschläfernd und pseudo, pseudo-lustig, pseudo-angriffslustig, pseudo-volksnah, pseudo-dankbar. Er besitzt den Charme eines Finanzbeamten nach zwei Pils und einem Korn, und man ist dankbar, dass es nicht mehr ist, weil der dann immer so nah kommt und erzählt, was er alles dem Heiko und dem Sigmar sagen könnte. Schulz liest Sachen, Schulz telefoniert, Schulz geht auf Friedhöfe. Für die Kanzlerschaft ist das alles zu wenig, und Frageeinleitungen mit „Wenn Sie Kanzler wären,…“ hörten sich stets wie Hohn an. Schulz hat keine Machtoption, genauer: keine Kanzlerschaftsoption. Die SPD hat es verpaßt, die bestehende Möglichkeit mit der LINKEN und den GRÜNEN im Bundestag auszuprobieren, oder den Wählern links der Mitte klar zu machen, dass sie bereit wäre, diese Chance zu ergreifen, sollte sie sich bieten. Somit bleibt dann eben nur das GroKodil – und Schulz hofft auf eine Präsidentschaft nach Steinmeier.

Merkel war präsidial, und schafft es nun seit über einer Dekade damit durchzukommen. Sie hat keine Visionen, und ihre Anhänger lieben diesen einschläfernden Stil, und verwechseln ihn mit Pragmatismus. Auch Merkel ruft Leute an, auch Merkel hat Sachen gelesen, auch Merkel finde ersaufende Flüchtlinge und Erdogan (nicht-ersaufend) doof. Sowas nennt man dann derzeit schon Positionierung. Merkels CDU als politische Partei mit einer eigenen Dynamik gibt es nicht, und die oft etwas übergewichtigen Jungs von der Jungen Union freuen sich darüber. Es könnte ein Tucholsky-Gedicht sein, es ist die politikgewordene Realsatire. Es ist die Abwesenheit von strategischen Zielen und politischen Utopien. Und es ist eine Union, die in jedem Fall die Kanzlerin stellen wird, egal mit wem. Die Frage nach schwarz-grün war da für Merkel von der selben Qualität wie für Schulz die Frage was er täte, wenn er Kanzler wäre.

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It´s the end of the left as we know it

Der Trump-Sieg leitet einen Zeitenwende ein
Der Trump-Sieg leitet eine Zeitenwende ein


Donald Trumps Sieg über Hillary Clinton bedeutet auch das Ende der aus der Neuen Linken hervorgegangen politischen Bewegungen, die sich in den 60er und 70er Jahren gebildet hatten. Die postmaterialistische und auf Identitätspolitik fixierte Linke hat der Bedrohung von rechts wenig entgegenzusetzen.

Die Wahl Trumps markiert aus vielen Gründen eine Zeitenwende: Die USA wollen nicht mehr Führungsmacht des Westens sein und vor allem die Kosten, die damit verbunden waren, nicht mehr tragen. Trump ist bereit, Syrien, die Ukraine und vielleicht auch das Baltikum zu opfern, um die für seine innenpolitischen Pläne nötigen wirtschaftlichen Freiräume zu erhalten. Für Trump sind die USA nicht die ideelle Führungsmacht des Westens. Ihm sind Menschen und Staaten, die sich den westlichen Werten verpflichtet fühlen, egal, ein Putin ist für ihn ebenso ein Partner wie Bundeskanzlerin Merkel oder Präsident Hollande. Für die Demokratien, die sich unter dem Schutz der USA entwickelt haben, und zu ihnen zählen die Staaten Osteuropas, Taiwan und Korea, ist das eine ebenso schlechte Nachricht wie für alle Oppositionsgruppen in der Welt, die für ein Leben in Demokratie und Freiheit kämpfen. Macht Trump seine Ankündigungen wahr, könnte der Westen als Wertegemeinschaft zerbrechen – ob das geschieht, hängt auch davon ab, ob andere Staaten und Gesellschaften bereit sind, das zivilisatorische Projekt, das er darstellt, auch in einer Phase US-Amerikanischer Abstinenz weiter zu führen.

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Antilopen Gang im Interview: „Deutschland kümmert sich auch sehr gut darum, dass es sich abschottet“

Foto: Richard Diesing
Foto: Richard Diesing

Die Antilopen sind wieder da. Seit unserem letzten Interview  ist viel passiert. Wir haben uns mit der Gang in Essen getroffen und mal wieder ein bisschen geplaudert. 

Ihr habt den Amadeu Antonio Preis verliehen bekommen. Es hieß in der Laudatio, ihr würdet „ironisch-bissig auf rechtsextreme und antisemitische Tendenzen“ reagieren. Findet ihr euch in dieser Beschreibung wieder?
Koljah: Also dass wir auf rechtsextreme und antisemitische Tendenzen reagieren stimmt sicherlich. Aber „Ironisch-bissig“ klingt ein bisschen wie die Beurteilung eines frechen Schülers, der auch mal etwas Vorlaut ist, trotzdem aber der Lehrerliebling ist. Vielleicht sind wir das auch für manche Leute. Ich finde aber, wir sind, wenn wir uns zu solchen Themen positionieren, gar

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Olympia: Gauck und Merkel wohl nicht in Sotschi mit dabei – Und das ist auch gut so!

Olympische Ringe. Quelle: Wikipedia; Lizenz: gemeinfrei
Olympische Ringe. Quelle: Wikipedia; Lizenz: gemeinfrei

Eine Diskussion aus dem Umfeld der Sportpolitik, welche in den letzten Tagen durch die Republik gewandert ist, möchte ich hier heute, so kurz vor den Feiertagen, auch hier bei den Ruhrbaronen noch einmal kurz ansprechen.

Nachdem vor wenigen Tagen bereits der Bundespräsident Joachim Gauck einen Besuch bei den Olympischen Winterspielen im Russischen Sotschi (vom 07. Bis 23. Februar 2014) abgesagt hatte, berichtet das Nachrichtenmagazin ‚Focus‘ aktuell davon, dass auch Bundeskanzlerin Angela Merkel von einem Besuch des Sporthighlights des Winters absieht.

Stattdessen soll im kommenden Februar ‚lediglich‘ der für den Sport zuständige Innenminister Thomas de Maiziere in die russische Schwarzmeerstadt reisen.

Die bisherigen Reaktionen auf diese Pläne sind bunt gemischt.

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Fragen wir doch mal die Chefs der Alten Herren…Wir brauchen Hilfe beim Thema Burschenschaften

Auf ihrem bis Sonntag in Eisenach stattfindenden Burschentag diskutiert die Deutsche Burschenschaft auch die Einführung eines sogenannten Arierparagraphen. Wir haben da eine Idee: Wir würden gerne die Chefs der „Alten Herren“ der Burschenschaften fragen, ob sie künftig auch ihre Personalpolitik nach diesem Arierparagraphen ausrichten wollen. Und dafür brauchen wir Eure Hilfe.

In einer Burschenschaft zu sein ist eine praktische Sache: Man kann billig wohnen, sich neben dem Studium der Vernichtung der Gehirnzellen widmen und Karriere-Kontakte aufbauen. Aie Alten Herren, die im Job stehenden Burschenschaftler sorgen schon dafür, dass man einen netten Job bekommt. Vorausgesetzt, man ist deutschen Blutes – denn genau diese Frage wird auf dem Burschentag in Eisenach diskutiert: Dürfen Nichtdeutsche, Nichteuropäer Mitglied der Deutschen Burenschaft werden?

Angestossen hat die Diskussion Hans Merkel, der auch sonst interessante Sachen sagt. Zum Beispiel in diesem Jahr vor dem Langemarck-Denkmal der Burschenschaften:

Langemarck steht für uns vielmehr als Sinnbild für die Schrecken des Krieges

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SPD: Oliver Kaczmarek – Kanzler für Deutschland

Oliver Kaczmarek Foto: SPD Fraktion

Gabriel? Steinbrück? Steinmeier? Oder doch lieber Müntefering? Die SPD sucht nach einem Kanzlerkandidaten. Die Ruhrbarone haben ihn gefunden. Sein Name: Oliver Kaczmarek. Aus Unna.

Welche Eigenschaften braucht ein Kanzlerkandidat? Er muss das Siegen gewohnt sein. Regierungserfahrung ist von Vorteil.  Angst vor der Zukunft? Merkeliges Zaudern? Deutschland braucht jemanden, der weiß wo er hinwill. Und der die Zukunft kennt. Viele Anforderungen – und ein Mann erfüllt sie alle: Oliver Kaczmarek!

Kaczmarek ist ein Siegertyp, holte seinen Wahlkreis Unna I lässig und direkt. Als gelernter Oberregierungsrat  ist ihm der Umgang mit der Macht  so selbstverständlich wie das öffnen einer Dose Bier.

„Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ – das ist die Enquetekommission, in der Kaczmarek Mitglied ist. Ein Thinktank in dem die Konzepte für Übermorgen ausbaldowert werden. Kaczmarek wartet nur

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Wird Wulff der nächste Heitmann?

Merkel weht der Wind seit der Wulff-Präsentation ins Gesicht. Ihr geht die Düse, denn sie hat schon einmal miterlebt, wie ein Kanzler mit seinem Vorschlag für einen Bundespräsidenten scheiterte.

Für Helmut Kohl war die Sache klar. Nach dem ungemein populären und ihm in vielerlei Hinsicht  überlegenen Richard von Weizsäcker wollte der Kanzler auf Nummer sicher gehen. Zum Weizsäcker Nachfolger wollte er jemanden küren lassen, der den Schein der Pfälzer Sonne nicht trüben würde. Der Mann hieß Steffen Heitmann, war Justizminister in Sachsen und wurde 1993 der Öffentlichkeit präsentiert.

CDU und FDP verfügten damals über ein ordentliche Mehrheit in der Bundesversammlung und die SPD sah sich unter Rudolf Scharping auf dem Tiefpunkt angekommen. Eine, wie man heute weiß, optimistische Einschätzung.

Doch dann gab Heitmann der Süddeutschen Zeitung ein Interview. Heitmann sagte Sätze wie: „Eine multikulturelle Gesellschaft kann man nicht verordnen, sie kann allenfalls wachsen.“  oder  „Ich glaube, daß der organisierte Tod von Millionen Juden in Gaskammern tatsächlich einmalig ist – so wie es viele historisch einmalige Vorgänge gibt.“

Das führte zu einem Aufschrei in den Medien. Kohl versuchte die Situation auszusitzen. Aber der Protest gegen Heitmann wurde immer lauter. Die FDP ließ Kohl hängen. Die SPD nominierte Johannes Rau. Der schien auch für die FDP wählbar zu sein. Kohl reagierte: Heitmann verzichtete auf seine Kandidatur. Roman Herzog wurde nominiert und gewann, mit den Stimmen der Liberalen, im dritten Wahlgang gegen Rau.

Merkel hat diese Niederlage Kohl aus nächster Nähe miterlebt. Damals war sie noch sein „Mädchen“ und saß als Ministerin für Frauen und Jugend am Kabinettstisch.

Eine solch Niederlage könnte ihr nun ebenfalls drohen. Nicht weil Wulff so ein fürcherlicher Kandidat wäre, sondern weil Gauck so viele Unterstützung erfährt. „Man erträgt den Gedanken an Christian Wulff nur dann, wenn man den Gedanken an Joachim Gauck verdrängt“ schreibt Nils Minkmar heute in der FAZ und die bezeichnet Gauck als idealen Bundespräsidenten. Das sehen viele so in diesen Tagen.

Die nächsten Wochen werden bitter für Merkel und für Wulff. Kann sein, das Wulff nicht durchhält. Wer möchte schon gegen den Willen von sehr vielen Menschen Bundespräsident werden? Ein Amt haben, dessen Autorität sich aus der Akzeptanz der Menschen speist und nicht aus der realen Macht?

Nachdem Heitmann seine Kandidatur zurückgezogen hatte, blieb er übrigens bis 2000 Justizminster in Sachsen. Er trat erst nach einem Skandal zurück. Warum sollte Wulff nicht versuchen einen ähnlichen Weg zu gehen? Vieles Optionen, auch der Wechsel in die Wirtschaft, sind attraktiver als ein unbeliebter Bundespräsident zu werden. Für Wulff würde das Leben weiter gehen. Schwierig würde es für  „Mutti“…

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Schwarz-Grün kommt trotzdem näher

Klar, die ganze Aufregung der letzten Stunden kreist um den einen Sitz, der Rot-Grün letztendlich doch fehlt. Vielleicht bremst er tatsächlich das gestrige Retrogetue. Merkel zieht weiter wirkungsvoll ihre Strippen, und nur wenige merkens.

Rüttgers ist aus dem Verkehr gezogen, wahrscheinlich hat er einen Anruf aus Berlin bekommen, wie einst der abgetretene Kölner CDU-OB-Schramma („U-Bahnen in dichtbesiedelten Gebieten nicht mehr verantwortbar“) keinen Anschluss ins Ministerpräsidentenbüro bekam. Egal ob nun Laschet oder Röttgen inthronisiert werden (mein Tipp: Röttgen ist cleverer und verzichtet auf dieses Bausoldatentum), beide werden den Berliner Auftrag, weitere schwarz-grüne Fäden zu spinnen, weiterverfolgen.

Merkel sind gestern mehrere Steine vom Herzen gepurzelt:

1. Die FDP ist auf ihre tatsächliche Einflussgröße reduziert und bei Bedarf jederzeit auswechselbar. Merkel hat die Ausrede, sie würde ja gerne so viele schöne neoliberale Sachen, aber leider, leider, der Bundesrat ….. usw.

2. Wenn das Sektentum in der FDP zu weit um sich greift, hat Merkel die freie Wahl zwischen SPD und Grünen. Mein Tipp: vor der Bundestagswahl wäre die SPD billiger zu haben (staatspolitische Verwantwortung, wichtiges Steinmeier-Gesicht usw.). Nach der nächsten Bundestagswahl: kann man jetzt noch nicht wissen.

Die Grünen jubeln. ABER:

1. Das NRW-Ergebnis wirkt großartig, „verdoppelt“, aber von niedriger Ausgangsposition. Die Bundesumfragen, die bei allen Instituten um 14-16% liegen und auch schon auf 18 waren, wurden in NRW weit verfehlt. Viele Rot-grüne WechselwählerInnen sind zur SPD zurückgegangen. Dass sie jetzt vielleicht eine Große Koalition kriegen, haben sie natürlich nicht gewollt. Werden sies jemals lernen?

2. Dafür haben die Grünen etliche Schwarze mit ihrer Zweitstimme eingefangen. Ich kenne zwei über 70-jährige Männer persönlich, die erstmals dabei waren. So findet bereits ein WählerInnen-Austausch bei den Grünen statt, der Merkel sehr recht sein kann.

Folgender Gefahr für die CDU muss Merkel ins Auge sehen und hat noch keine Lösung: Der Kern der CDU schmilzt dahin, wie es die SPD schon hinter sich hat. Die sicherheitsbedürftigen, konservativen Katholiken lernen in diesen Wochen, dass auch eine Schwarz-Gelbe Wunschkoalition nicht die Sicherheit schafft, für deren Verlust sie so gerne Rot-Grün verantwortlich gemacht haben, siehe die Griechenland- und Euro-Krise. Sie sind am Sonntag zuhause geblieben, sie verstehen die Welt nicht mehr, auch ein Bildungsproblem. Merkel wird sie nur mit Roland-Koch-Strategien zurückgewinnen können, mit denen sie die schwarz-grünen Fäden durchtrennen würde. Ausserdem würde sie sich international und geopolitisch damit desavouieren. Diesbezüglich hat sie jetzt schon in EU und Eurozone zuviel Schaden angerichtet. Sie hats eben auch nicht leicht. Aber sie lernt.

Immerhin: Freitag im Bundestag zur Griechenland-„Hilfe“ haben Regierung und Grüne zusammen gestimmt. Sowas vergisst die Kanzlerin nicht.

Ist Merkel allen Kerlen über und auf dem Weg in die schwarzgrüne Republik?

Angela Merkel Foto: CDU/Foto: Andreas Herzau by Katinka Krieger Repräsentanz

Ich glaube ja, und wünsche mir das nicht. Dies vorausschickend frage ich mich, warum die Kerle diese Frau nicht verstehen. Warum verstehen die Journalisten sie nicht? Warum bleiben ihre potenziellen Rivalen als Opfer am Wegesrand zurück?
Kann sich noch jemand an den Andenpakt erinnern?

Das waren die Jungs, die Merkel die Hausfrauenarbeit nach Kohls Parteispendenaffäre und Wahlniederlage machen lassen wollten, um dann, wenn die Zeit reif sei, den Laden zu übernehmen. Den Laden CDU. Die Kerle, wie hiessen sie noch? Dieser aus dem Südwesten, der jetzt mit dem schlechten Englisch zur EU gegangen ist, weggebissen von den Haien im eigenen Laden. Dann dieser grinsende Schwiegersohn aus Hannover, der in den Machtkämpfen bei VW quasi aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden ist. Und dieser pickelige Krawallbruder aus Hessen, der zuletzt dem Ansehen seiner Partei bei einem Machtkampf im ZDF so nachhaltig geschadet hat, dass er für kein öffentliches Amt mehr infrage kommen wird. Und zuguterletzt, der Mofa-Rowdy aus dem Sauerland, der jetzt lieber richtiges Geld verdient, als als schlechtbezahlter Parlamentarier in Berlin zu vergreisen.

Interessant aber auch, mit wem sich Merkel umgibt, und was aus diesen Leuten wird. Respektvoll aber auch denunzierend war lange von ihrem Girlscamp die Rede. Ihre Büroleiterin Beate Baumann, ihre Medienberaterin Eva Christiansen, ihre zeitweilige Staatsministerin Hildegard Müller, die mittlerweile auf einen besserdotierten Lobbyistinnenjob umgestiegen ist. Ihr Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, den sie aus Stoibers Mannschaft übernommen hat, auf den der kundigste Hauptstadtbeobachter Günter Bannas Lobeshymnen veröffentlicht, und der nun mit den Stimmen der SPD Intendant des Bayrischen Staatsrundfunks werden soll. Und da ist der bisherige Kanzleramtschef Thomas de Maiziere, der jetzt als Innenminister mit ganz neuen Seiten reüssiert, z.B. dass er sich für Netzpolitik nicht nur unter polizeilichen Gesichtspunkten interessiert (und der übrigens bemerkenswert ungeschoren von der ganzen „Sachsensumpf“- und Landesbanksaffären-Debatte blieb, in der seine sächsischen CDU-Adlaten nach Kräften eine schlechte Figur abzugeben versuchten; nur er blieb fleckenfrei, sauber und rein). Diesen Figuren ist gemeinsam, dass sie extrem loyal für die Kanzlerin arbeiteten. Es gehörte zu ihren Leistungen, nicht selbst in den Medien aufzutauchen, sondern für das Bild ihrer Chefin zu arbeiten. Eine Leistung, zu der auch Roland Pofalla als Parteigeneralsekretär beitrug, er allerdings in einer anderen Rolle, nämlich der des Punchingball für Journalisten und Kabarettisten. Solche Leute werden von Merkel belohnt. Pofalla ist jetzt Kanzleramtschef.

Viele Kerle unter den Journalisten verstehen sie nicht. So behauptete Stefan Braun in der Süddeutschen, unter Merkel sei die CDU „ein Lernverein ohne enge und gefühlte Bindung.“ Die CDU ächze bei jeder Veränderung, „weil diese Veränderung nicht durch eine leidenschaftliche Debatte und eine klare Entscheidung endgültig verinnerlicht worden ist. So gewinnt die CDU nicht an neuem Zusammenhalt und verliert zugleich ihre alte Grundierung.“ So hätten Journalisten gerne den öffentlichen Diskurs: „leidenschaftlich“ und dann „mit klaren Entscheidungen“. Politik ist aber kein Pokalfinale, sehr wohl aber ein Mannschaftsspiel, und, so kurzlebig sie auch oft agiert, mit einem längeren Prozesshorizont, als nur eine Ligasaison. Wer langfristig oben stehen will, muss Prozesse verstehen, im richtigen Moment richtig steuern, aber auch mal laufen lassen können. Das hat zumindest Zeit-Redakteur Bernd Ulrich, mit dem ich nur wenige Meinungen teile, richtig verstanden (hier). Er missversteht jedoch, Merkel würde ihr Personal danach aussuchen, bestimmte Sachprobleme zu lösen. Besonders witzig die angebliche Aufgabe Frau von der Leyens, uns zeugungs- und gebärfreudiger zu machen – so blöd wie Ulrich ist Merkel nicht.

Die Aufgabe der CDU-MinisterInnenriege ist nicht eine bestimmte Politikkonzeption durchzusetzen, sondern das Bild des CDU-Personals in der Öffentlichkeit wirksam zu korrigieren. Ohne jede Feminismusstrategie wird der Frauenanteil vergrößert. Statt des hässlichen Wadenbeissers Koch werden gutaussehende Kerle und Mädels befördert, die neben der Loyalität zur Chefin Interesse an neuen gesellschaftlichen Fragen haben, statt nur alte Schlachten, die das Publikum seit Jahren anwidern, zu schlagen. Die, ähnlich wie in den 80ern Heiner Geißler, das Schrödersche „Gedöns“ für soziale Zukunftsfragen halten, und der SPD so weitere Themenkompetenzen wegnehmen, so unauffällig, dass die – blöd genug – es erst bemerkt, wenn es schon geschehen ist. Röttgen ist so ein Fall und de Maiziere auch.

In urbanen Zentren ist die CDU nur noch bei den über 60-jährigen stärkste Partei. Da das aber viele sind und die jungen nur wenige, reicht das für – relative – Wahlsiege. Darum werden auch weitere reaktionäre Gespenster durch die Arena getrieben, seien es Vertriebene oder Zensursula. Sie mobilisieren diese pflichtbewußte Generation zu den Wahlurnen. Gleichzeitig werden die Konkurrenzparteien zielgerichtet demobilisiert. Das entscheidende weibliche Wählerinnenquentchen erringt Merkel allein dadurch, dass sie nicht nur eine Frau ist, sondern ständig von männlichen Wölfen umkreist wird, die sie erfolgreich immer wieder abwehrt – ein klassisch-modernes weibliches Rollenmodell, zeitgerechter geht es kaum. Weder SPD noch Linkspartei machen sich bisher auch nur den geringsten analytischen Begriff davon und führen intern ihre alten Männerkämpfe. Die Grünen dagegen werden davon magisch angezogen. Sie können bei der traditionellen Linken keine moderne Strategie erkennen, mit der was zu gewinnen ist. Da sie selbst eine Gewinnerstraße gefunden haben, demografisch begünstigt, gesellschaftlich verankert als moderne Manager in prosperierenden urbanen Zentren wie Freiburg, Tübingen, Hamburg, werden sie zueinander finden. Eine Partei mit „Zusammenhalt und alter Grundierung“ (Braun/SZ) brauchen nur noch aus der Zeit gefallene TraditionalistInnen – auch das wird sich demografisch erledigen.
Ich bin übrigens selbst einer.