Blackberry Krise: Auch RIM-Standort Bochum in Gefahr?

Über 200 Ingenieure arbeiten heute beim Blackberry-Hersteller Research in Motion in Bochum. Nachdem das Unternehmen Entlassungen angekündigt hat, kommen bei vielen Erinnerungen an das Nokia-Aus 2008 hoch.

Über 200 Ingenieure entwickeln bei RIM in Bochum Smartphones der Marke Blackberry. 2008 begann das kanadische Unternehmen damit, seinen Entwicklungsstandort in Bochum aufzubauen. Die Basis waren ehemalige Nokia-Ingenieure: Fast alle Mitarbeiter der Nokia-Multimediaentwicklung, die in Bochum tätig waren, wurden von RIM angestellt. Nokias Freude darüber hielt sich in Grenzen, denn RIM kam so an intimes Wissen über die Pläne des finnischen Unternehmens und konnte auf ein eingespieltes Team zurückgreifen. Das entwickelte dann auch in Rekordzeit das Modell Bold 9700.

Wie viele Blackberrys noch in Bochum entwickelt werden ist offen. Das Unternehmen hat nach einer zweiten Gewinnwarnung innerhalb von zwei Monaten Entlassungen angekündigt. Bei RIM-Deutschland war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Mitarbeiter in Bochum erfuhren von den geplanten Entlassungen aus den Medien. Ob sie betroffen sein werden, wissen sie nicht. Auch der Chef der Bochumer Wirtschaftsförderung, Heinz-Martin Dirks, hat keine Informationen: „Wir haben gestern noch mit RIM gesprochen und Entlassungen waren kein Thema“

RIM verliert Marktanteile und sieht im Vergleich zu Apple und Android-Handy zunehmend alt aus. Das Playbook, RIMs Antwort auf das iPad, ist auch kein echter Burner. Wenn den Kanadiern, die mit Pagern groß geworden sind, nicht schnell etwas einfällt, wird es mit dem Unternehmen bergab gehen. Für viele Mitarbeiter wäre ein Ende von RIM der zweite Jobverlust innerhalb weniger Jahre. Die Situation bei RIM heute kommt vielen bekannt vor. Auch das Aus für den Nokia-Standort kam damals überraschend. Wie heute wussten die Medien vor den Mitarbeitern bescheid.

Guten Morgen, Herr Rüttgers

Bochum atmet auf; – das ist natürlich Quatsch. In Bochum atmet man weiterhin aus und ein und aus und ein und so weiter. Daran ändern auch neue Nachrichten nichts: Am Morgen hat der GM-Europachef Nick Reilly so etwas wie eine Standortgarantie für das Opelwerk in Bochum abgegeben und die Regierung Jürgen Rüttgers´.

Foto: ruhrbarone

Nicht ganz klar sind die Morgenworte des Managers überliefert. Sagte Reilly nun "Bochum will be an important location in the future"? Oder: "Bochum remains an important part of the resources of General Motors in Europe going forward"? Oder auch: "Bochum wird auch in Zukunft ein wichtiger Standort für General Motors bleiben"? Oder aber: "Das Opelwerk in Bochum bleibt ein wichtiger Standort für den US-Autokonzern in Europa"?

Wie auch immer: Reilly gab den Bochumer Satz nicht in Bochum ab, sondern dort, wo so etwas heute hingehört – in die nordrhein-westfälischen Staatskanzlei neben sich ein etwas übermüdeter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der seinerseits staatliche Hilfen für GM in Deutschland nicht ausschloss. Zwischen den so genannten Opel-Bundesländern und dem Bund werde es dazu eine gemeinsame Haltung geben. Reilly wird das gefreut haben. Rüttgers auch. Bo, äh, Do ut des. Dennoch hält GM am kräftigen Personalabbau fest. Rund 10.000 Stellen in Europa sind bedroht – auch in Bochum, wo ohnehin nur noch 5.200, das sind ein Fünftel der einstigen Opel-Belegschaft beschäftigt sind. Und jetzt alle: In Bochum atmet man ein und aus und ein und aus…

Erstaunlich ist die Rolle von Rüttgers an diesem großen Tag auf dem Weg zur Wiederwahl im Mai. Auch heute machte der Politikfuchs wieder alles richtig. Sonnt sich nicht im Glanz, gibt weiter den besorgten Bedenkenträger ob der "guten Nachricht". Mehr nicht.

Als er vor ein paar Wochen das Bochumer Werk zur Belegschaftsversammlung besuchte, ging er zu Fuß durchs Tor, Fernsehreporter hatten das seinem Pressesprecher vorgeschlagen, der Bilder wegen. Es regnete und stürmte, Rüttgers schlüpfte in die Lederjacke und hatte auch hier dieses betroffen-energische Gesicht aufgesetzt, vielleicht weil es ihn fröstelte; vielleicht weil es ihm steht. Es hat sich gelohnt: Selbst bei den skeptischen Alt-Opelanern und traurigen Nokia-Opfern, die vorm Werkstor die Versammlung verfolgten, die Angst hatten, dass GM Bochum jetzt ganz den Garaus macht, wurde dem Rheinländer der Einsatz für nordhein-westfälische Arbeitsplätze abgenommen. Über alle Parteigrenzen hinweg, wie es hieß.

Liveschalte zum Werkstor

Heute um 16 Uhr will Jürgen Rüttgers ein Pressestatement am Bochumer Opelwerk 1 abgeben. Der Ministerpräsident ist Gast der Betriebsversammlung der Automobilwerker. Ganz gleich, wie man den Einsatz der Regierenden aus den Opelländern, aus USA und Russland zur Opelrettung beurteilt – in diesem Fall ist der Ort die Nachricht. Die Staatskanzlei hat SMSen herumgeschickt, trommelt die Presse zusammen. Damit Rütte, wie gewünscht, gleich vorm "Werkstor 1" stattfindet – ein Symbolbild. Oder: Wenn Politik Wirklichkeit trifft, lagern dort Übertragungswagen, Reporter, Techniker. Professionelle Schaulustige. Und ich frage mich, ob das sein muss? Wozu das gut ist? Ich frage mich das spätestens seit der Nokiatragödie.

Fotos: ruhrbarone.de

Damals musste ich ein paar Stunden nach der überraschenden Nachricht von der Schließung der Fabrik vors Tor. Sollte ein Fotos machen, Betroffene befragen, Stimmungen einfangen. Und ich habe mich selten so geschämt als Journalist. Hatte doppeltes Mitleid mit den verhuschten Arbeiterinnen. Erinnere mich an Privatfernsehkollegen, die sich mit blendendem Arbeitslicht auf jede/n stürzten, die/der aus dem Werk kam und immer die gleiche (W_)Fragen loswurden: Wie fühlen Sie sich? War das ein Schock? Was machen Sie jetzt? Und wenn sie genug Wut, Trauer, Tränen im Kasten hatten, machten sie wieder dumme Sprüche über die Privatwagen der Mitarbeiter – "sitzen die auch nicht mehr lange drin, höhö". Echt, fies.

Ich habe mich deshalb gefreut, dass ich in den letzten Wochen nicht vorm Opel-Werk stehen musste. Und mir dann diese Frage gestellt: Darf man das, überhaupt? Sollte man die Leute, die "Betroffenen" nicht in Ruhe lassen, die gerade von Kündigung, Schließung, sonst was erfahren? Sollte es nicht ein Echttränenverbot geben im Fernsehen.

Oder muss man gerade dahin, muss die Nachricht ein Bild bekommen? Gewerkschafter sagen, natürlich muss die Presse dahin, im Falle Nokia haben sich die Kollegen explizit bei der Presse bedankt. Ohne Medien, wären sie sang- und klanglos abgewickelt worden.

Ich weiß es nicht, ich weiß nicht, wer mehr davon hat: Sender, Journalisten, Profischaulustige? Oder der Mitarbeiter?

Nokia: Kündigung zu Weihnachten

Haben Sie Ärger mit ihrem Nokia Handy? Seien Sie froh – in Zukunft könnte alles noch schlimmer werden.

Denn nachdem Nokia in diesem Jahr neben der Produktion auch sein Entwicklungscenter mit 400 Ingenieuren in Bochum geschlossen hat ist noch lange nicht Schluß mit dem Abbau der Entwicklerkompetenz: Wie die Vancouver Sun heute meldet, hat Nokia in seinem Forschungszentrum in Vancouver die Hälfte der Ingenieure rausgeworfen. 200 Entwickler bekamn pünktlich zu Weihnachten ihre Kündigung.

Nokia baut damit weitere Forschungskapazitäten ab und setzt auf die sogenannten "Services" – die sind vor allem eine Ansammlung an Online-Diensten, die unter dem Namen Ovi vieles bieten, was andere schon längst haben: Eine Foto-Community, oder einen Musik-Online-Store.  Telefone werden da scheinbar langsam zur Nebensache.    

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Kreative aufgepasst!

  Abbildung: ruhrdiamant.de
 

 

Christa Thoben hat etwas für Euch/ uns. Gesucht wird der Ruhrdiamant, nein, der RuhrDiamant. Es geht unserer Wirtschaftsministerin um . . .

 

"ein wertiges Produkt mit hoher Designqualität, das einen inhaltlichen Bezug zum Ruhrgebiet hat, sich ernst oder humorvoll mit den Besonderheiten dieser Region befasst, sie beschreibt, spiegelt oder erlebbar macht und in Serie hergestellt werden kann. Das Produkt kann aus den Branchen Design, Kunst, Manufaktur, Medien oder Musik kommen; die Wahl des Produkts und des verwendeten Materials ist frei. Die Produkte sollen von der Dimension her von Touristen und Einheimischen mitgenommen werden können, die Maße 80 x 80 cm nicht überschreiten und in den Herstellungskosten (Honorar + Material) möglichst unter 40 € liegen."

Wie wär es denn damit ? . . .  klick

PS: Ruhrdiamanten aufgepasst! Einen Ruhrdiamanten gibt es schon. Nämlich den hier:  klack 
 – ob dieser besonders kurzatmige Künstler allerdings an sein Copyright gedacht hat…? Eher nö.

Firmen ohne Fehl und Tadel

Archiv

Wieder mal typisch. Statt arte guck ich bei Kerner, wie Kollege Hansi Küpper im Flugzeug eine Beinahbruchlandung erlebte. Typisch Fußballfernsehmann wurde Küpper erst "schlecht", als er die entscheidenden Szenen auf Video gesehen hat. Und jetzt kann er sich nicht damit zufrieden geben, dass nur die wechselnden Starkwinde Schuld sein sollen, "damit kann ich mich nicht zufrieden geben," meckerte Fehlersucher Küpper. Die Maschine hätte dort keineswegs landen dürfen. Nun, ich wäre zackfroh, dass ich noch lebe. Außerdem – kennen Sie doch vom Fußball, Herr Küpper! – beginnen die Fehler immer schon viel früher. klick

Jedenfalls verpasste ich auf arte deshalb diese Dokumentation von 2005 mit dem Titel "Firma ohne Fehl und Tadel". Natürlich drehte sich der Beitrag um Nokia. Das Stück wirft interessante Fragen auf:  "Kann ein Unternehmen immer und überall die ethischen Grundsätze umsetzen, die von ihm erwartet werden? Und was passiert, wenn engagierte Mitarbeiter über Missstände berichten? Die Nokia-Unternehmensphilosophie stellt den Menschen in den Mittelpunkt, doch der Grundsatz, wonach die persönliche Entfaltung des Mitarbeiters der Schlüssel zum Erfolg ist, stößt manchmal an seine Grenzen." Manchmal an seine Grenzen – gut gesagt!

Ach ja, im November stellten die finnischen Unternehmensphilosophen ein neues Telefon vor. Der Name: Nokia 8800 Arte für den, Zitat, "stilbewussten Nutzer". Schluck.

(Wiederholung: arte, Freitag, 7. März, 11 Uhr)