Seit des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden einige Bücher zu diesem Konflikt – der seit Jahren brodelt – und seinen Hintergründen herausgegeben. Im Schatten des aktuellsten Krieges in Europa hat nun auch Norbert Röttgen ein Buch veröffentlicht.
Das überraschende an dem Buch: Es ist nicht nur informativ, sondern auch wesentlich spannender als es der Titel vorab erahnen lässt. Die Hörbuchversion, die Grundlage für diesen Beitrag war, wird von Norbert Röttgen selbst gesprochen. Thema des Buches ist nicht nur Russland und der aktuelle Konflikt in der Ukraine, das außenpolitische Aushängeschild der CDU beschreibt und analysiert viel mehr die aktuelle Lage und geht der Frage nach, wie wir – der Westen – sehenden Auges in diese Krise laufen konnten. Vorab: Eine besondere Leseempfehlung an Menschen, die auf Social Media noch mit Putin-Trollen und russischen Bots diskutieren. Mit Märchen und Fake-News aus dem Kreml, wie z.B. das beliebte „Die NATO hat mit der Osterweiterung Russland zum handeln gezwungen“, räumt Norbert Röttgen auf. Und das gründlich.
Es kommt selten vor, dass ich das Geschehen auf einem Parteitag so intensiv verfolge, wie das am Samstag bei dem der CDU der Fall war. Natürlich war die Frage, wer in Zukunft den Vorsitz der Partei übernehmen würde, der entscheidende Grund dafür.
Zum einen ist es natürlich in den Tagen der Pandemie besonders wichtig, in welche Richtung die CDU geführt wird, zum anderen galt die Entscheidung ja auch als Fingerzeig für die zukünftige Entscheidung in Sachen Kanzlerkandidatur.
Dass NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sich am Ende von den drei Kandidaten durchgesetzt hat, mag man naturgemäß im Nachgang diskutieren.
Die Anderen erhofften sich von ihm in erster Linie eine im Vergleich zu seinem Konkurrenten Friedrich Merz deutlich menschlichere, warmherzigere Führung der Partei. Ihnen galt der Kandidat Merz stets als zu wirtschaftsorientiert und ‚kaltherzig‘.
Der russische Staatspräsident Wladimir Putin präsentiert sich gerne und – zugegeben – erfolgreich als starker und durchsetzungswilliger Macher – der nichts dem Zufall überlasst.
Trotz der offensichtlichen Demokratiedefiziten in seinen Land, auffällig vielen ungeklärten Todesfällen von Kritikern, der Annexion der Krim: Russlands starker Mann und ewiger Präsident hat nach wie vor seine Anhänger und Fans im Westen. Was dabei verwundert und zugleich fast bewundernswert ist: Putin hat es geschafft, in Deutschland eine Querfront gegen den Westen aufzubauen. Und trotz ideologischer Differenzen innerhalb dieser Front: Sie funktioniert. Leider.
Eine Koalition ist zerbrochen. So etwas kommt vor. In Hamburg haben die Grünen den Schwarzen gekündigt. Nun gut, es war ja auch die erste schwarz-grüne Koalition. Denkt man an die ersten rot-grünen Koalitionen zurück und vor allem daran, mit welchem Getöse diese zu platzen pflegten, kommt einem hier das schöne Wort von der „harmonischen Scheidung“ in den Sinn. Kein Wunder, dass Hamburgs Regierungschef – Ahlhaus heißt er –, wie er sagt, „enttäuscht“ ist. Damit ist er absolut glaubwürdig, allerdings auch sehr einsam.
Alle Anderen sind nämlich über das Ende der Hamburger Koalition hocherfreut – über alle Parteigrenzen hinweg. Und auch über alle Landesgrenzen hinweg, sprich: auch Nicht-Hamburger, denen sich das „Ende der schwarz-grünen Gemeinsamkeiten“ eigentlich genauso wenig erschließen dürfte wie unsereinem. Sie melden sich mit Kommentaren zu Wort wie, dass sie es irgendwie gleich gewusst hätten, dass das ja auch gar nicht hätte klappen können mit den beiden – wohl wissend, dass nur die Allerwenigsten sich die Mühe machen werden zu recherchieren, was die gleichen Leute beim Zustandekommen dieser Koalition zum Besten gegeben hatten.
„Das Bündnis passt halt einfach nicht mehr in die Landschaft“, weiß die „taz“, und Jürgen Trittin erinnert sich daran, was man eben so sagt, wenn ein Freund oder eine Freundin eine Partnerschaft beendet, die man ohnehin nur naserümpfend hingenommen hatte: „Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Dass Rote beider Schattierungen irgendetwas Abfälliges zum Thema beisteuern, kann ebenso wenig überraschen wie die Bemerkung des begnadeten FDP-Wirtschaftsministers – allenfalls ihr historisierendes Pathos. O-Ton Brüderle: „Es trennt sich, was nicht zusammengehört.“ Ja, der Brüderle!
Und klar, dass die Schwarzen jetzt mächtig sauer sind. Für CSU-Generalsekretär Dobrindt war ohnehin schon immer klar, dass mit den Grünen „keine verantwortungsvolle Politik“ zu machen sei. Doch jetzt wird auch seitens der CDU ergänzt, dass „Hamburg zeigt, dass es kein hinreichendes Maß an politischen Gemeinsamkeiten zwischen der CDU und den Grünen gibt“. So sagt es der CDU-Innenpolitiker Bosbach, und die Stimmen in seiner Partei werden mehr, die sich gegen eine Zusammenarbeit mit der „Dagegen-Partei“ in Stellung bringen.
Damit ist das Problem da – für Norbert Röttgen. Denn bekanntlich steht der frisch zum CDU-Vorsitzenden von NRW gewählte Bundesumweltminister für die grüne Option der Schwarzen. Auch als stellvertretender CDU-Parteivorsitzender – und jetzt das! Noch vorgestern warnte Röttgen seine Partei vor einer einseitigen Festlegung auf die FDP, da weigerten sich schon die Atomkraftgegner der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, sich mit Röttgen auch nur zu treffen. Und heute der Super-GAU: Alle gegen Schwarz-Grün. Armer Norbert Röttgen.
Wieso eigentlich muss ein Nordrhein-Westfale ausbaden, wenn irgendwelche Grünen aus Hamburg etwas anstellen, wofür es auch eigenen Angaben zufolge „keinen richtigen Grund“ gibt? Was kann Röttgen jetzt noch tun, will er sich nicht mit seiner Rolle als unschuldigem Opfer zufrieden geben? Einfach nur CDU-Landesvorsitzender und Bundesumweltminister zu sein, wird die Frage nach seinem Lebenssinn nicht hinreichend beantworten können.
Doch in jeder Krise steckt auch eine Chance. Röttgen muss den Kopf nicht hängen lassen. Erstens kann er, sollte er nicht mit ihnen können, den Grünen immer noch reichlich Stimmen wegnehmen. Und zweitens fließt bis zur nächsten Bundestags- und NRW-Landtagswahl noch viel Wasser den Rhein runter. Und die Spree. Und was die Elbe betrifft: die Tieferlegung ist sozusagen in trockenen Tüchern. Also: locker bleiben!
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