Oh no, Mister Baracknowski!

Ist es ein Genfedekt? Ein Virus? Oder stecken die sich gegenseitig mit diesem Bazillus an wie die Krabbelkinder? Sozialdemokraten scheinen jedenfalls eine (Immun-)Schwäche für Barack Obama zu haben. Sie sind dem amerikanischen Präsidenten mit Haut und Haaren verfallen, und zwar seit Monaten. Erst Hubertus Heil, der twitternde Generalsekretär, dann Thorsten "Yeswecan" Schäfer-Gümbel und nun ereilt die Obamanie auch Frank Baranowski, den Oberbürgermeister von Gelsenkirchen.

Eine Baranowski-Fan-Webseite – eigentlich will sie einfach nur zur Wiederwahl des OB von GE mobilisieren – greift so was von tief in die Farbtöpfe des amerikanischen Politdesigns. Ein bisschen cuba libre, etwas dreißiger Jahre New Deal Blässe, dazu ein wenig Frontiere-Style. Außerdem scheint sich die Online-Präsenz an die vielen Gelsenkirchener Exil-Amerikaner zu richten, "vote" heißt es da, nicht wählen.

Fazit: Mehr Ranwanzen an den Politimessias aus Chicago geht nicht. Ich habe mir eine Gänsehaut geschämt. "OB.BA" steht übrigens für Oberbürgermeister Baranowski. Vote, wie gesagt, fürs Wählen. Und das Gesamtwerk ist – natürlich – die peinlichste Website der Woche.

PS: Was hat eigentlich der braune Kringel unter Frank Baranowskis linkem Auge zu bedeuten? Ein Monokel, die Fackel der Freiheit, Pigmentstörungen, hm.

PPS: Hatte ich übersehen, auf Gelsenclan.de wurde das unter dem Titel "Was ist das für ein Quark?" schon aufgespießt. Ein Baranowski-Mitarbeiter meldet sich dort zu Wort, sagt, die Seite habe nichts mit Baranowski oder seiner Online-Agentur "baracuda" zu tun; dafür sind aber schön viele "ba"s im Spiel…  Daraufhin schreibt "Quark", Baranowski sei über die Seite und Inhalte informiert worden, er, Quark, meine das mit dem Wahlaufruf für seinen Oberbürgermeister aber ernst.

 

 

US-Wahl: Die Erlösung

Die Wahl in Amerika ist noch ganz frisch, die Ergebnisse im letzten Bundesstaat Missouri sind noch nicht ausgezählt, da konkretisiert sich immer mehr, was die Welt von Barack Obama will: Die Wirtschaft und den Mittelstand, die Banken und die Hausbesitzer soll er retten, Kriege verhindern oder abschaffen, sogar die Weltwirtschaft umkrempeln. Wer ist hier gefordert ein Staatsmann oder ein  Messias?

Es ist einige Jahre her, als der Sozialpsychologe Erich Fromm in einem Zeitschriften-Interview von der Morbidität der westlichen Welt sprach – und davon, dass irgendwann eine Person mit messianischen Zügen auftreten könnte, die der Welt eine neue Perspektive geben würde. Einer, der der Morbidtät etwas Positives entgegensetzt. Dass so jemand aus der Politik und nicht aus der Religion kommen könnte, war damals kaum vorstellbar.

Barack Obama sitzt zwar zwischen allen Stühlen aber ebenso ist er ein Politiker, der die ganze Welt zu repräsentieren scheint: Jeder fühlt sich von ihm angesprochen, ob schwarz oder weiß, amerikanisch, hispanisch, asiatisch oder afrikanisch. Als möglicher Mittler zwischen den Interessen und Kulturen. Er hat das Aussehen, die Stimme, vermittelt die Zuversicht, die auch Europa gefällt. Er hat das junge Alter, er bringt Hoffnung. Wie ein Übermensch erscheint der Weltpräsident, bedient sich dabei der geballten Medienmacht und nutzt das Internet als Instrument der Massenbegeisterung. Ist er noch Politiker oder schon der Erlöser aus dem Übel, der Messias, von dem Fromm sprach?

Wo steht die Welt, wenn sie einen Präsidenten braucht, der weniger als (Real-)Politiker und mehr als Heilsbringer erscheint?

 

Soccerdad im weißen Haus

Fotos:flickr.com

Sind Demokraten die besseren Fußballer? Doofe Frage. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Fußball ist der demokratische Sport. Fußball ist billig, man braucht wenig mehr als einen Ball und ein bisschen Gelände, jeder kann mitspielen. Die Gruppe muss komplexe Aufgaben lösen, Rückschläge und Erfolge verkraften. Man muss sich an Spielregeln halten und ist gleichzeitig auf der Suche nach dem Spektakel des Spiels. Das "the beautiful game" so beautiful ist, hat ungefähr der gesamte Globus begriffen, bis auf die USA. Vermutlich wird sich auch das unter Barack Obama verändern.

Barack Obama spielt zwar Basketball. Aber anders als der kadettenhafte Football, das verschnarchte Baseball oder das derbe Icehockey ist Basketball die einzige Sportart, die in den Staaten mit Fußball zu vergleichen ist. In den Städten gibt es überall öffentliche Plätze, als Freizeitsport kann das jeder spielen. Wie Fußball ist es kein Sport der Reichen, sondern der Armen, Migranten. Einziger Unterschied, zwei Meter und mehr hilft ungemein.

Obama spielt nicht Fußball. Aber seine Tochter kickt, Mutter Michelle ist Soccer-Mom, auch Obama guckt mal zu – auf mitgebrachten Klappstühlen. Im sommerlichen Grant Park – was hier vor ein paar Tagen geschah, wissen wir. Und mit den Obamas, den Demokraten zieht – wie einst bei Chelsea, Bill und Hillary – auch Fußball wieder ins Weiße Haus. Nur ein weiterer Schritt einer Fußballerisierung der amerikanischen Stadt-Gesellschaft. Besonders die Briten haben daran natürlich ihren Spaß: Sportkolumnist Steven Wells u.a. vom Guardian beobachtet schon länger, wie sich Soccer in den USA breit macht. Jetzt hat er seine Beobachtungen in einer interessanten Betrachtung zusammengefasst.

"Soccer: the Barack Obama of sports" – Fußball, das Obama des Sports.  Besonders schön an dem klugen Beitrag. Wells zieht eine Verbindung zu den angesagten TV-Serien der USA "Mad Men" und "Life on Mars", die in den Sixties und Seventies spielen, beide versuchen sich an einer Rekonstruktion der amerikanische Vergangenheit. Bei Mad Men ist das etwa die hedonistische, aufgekratzte, obereitle Vergangenheit einer Kette rauchenden Werbebranche. Was dem Mann vom Guardian auffällt? Natürlich gibt es keinen Fußball in diesen Bildern, aber es gibt überhaupt wenig Sport. Mit Style, mit Sex, Sprüchen wurde damals geworben, aber niemals nicht mit Sport. Heute wäre so etwas undenkbar: Sport ist Bindemittel. Und Fußball ist das rollende, kommende dicke Ding in den USA. Die Soccer-Moms und Soccer-Girls und Soccer-Dads, nicht die Hockey-Moms, haben die Wahl gewonnen.

Auch der einstige Bush-Herausforderer John Kerry hatte vor vier Jahren darauf gesetzt. Hielt engste Kontakte zu den erfolgreichen US-Nationalspielerinnen, es gibt ungelenke Kopfballbilder von ihm. Das Konzept kam zu früh, galt als zu unamerikanisch in xenophober Terrorangst. Bei den Clintons passte die Frauenfußballliebe – nein, die Tochter heißt trotzdem nicht nach einem Fußballclub! – zu den avantgardistischen Marotten einer lebenslustigen Kleinfamilie. Die Obamas nun repräsentieren nicht nur sportlich das städtische Amerika: Basketball, Fußball und etwas Ballett. Und die dazugehörigen Mütter.

 

  

Ruette: „Wir sollten Obama helfen“

Gestern erhielten wir doch diese SMS von Jürgen Rüttgers, dass unser Ministerpräsident heute sein "Statement" zu den US-Wahlen geben wird. Und zwar schwer bundespräsidential vor der Villa Hammerschmidt. Wir konnten es kaum aushalten, so gespannt waren wir. Euch wird es ja genauso gegangen sein, deshalb hier der besondere Service. Das hat R. heute morgen gesagt: "Barack Obama muss jetzt anpacken, aber darin besteht eine Chance und wir sollten ihm helfen». Natürlich geht Ruette selbst mit gutem Beispiel voran. Wie auf dem Bild zu sehen ist, wird er jetzt Hilfssheriff in New York. Congratulations!

Foto: Mediendatenbank.NRW.de

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Eilige SMS von Ruette

Ich bin ja so gespannt. Denn morgen um 9.45 Uhr tritt unser Ministerpräsident Jürgen Rüttgers vor die Villa Hammerschmidt und die Mikrofone der versammelten Weltpresse, um sein Statement zur Wahl des US-Präsidenten abzugeben. Woher ich das weiß? Habe gerade eine Eil-SMS aus der Staatskanzlei in Düseldorf bekommen. Und in mir kribbelt es vor Neugier, wird er Obama oder McCain gratulieren? Wird er die Freundschaft mit den USA beschwören, gerade hier, an diesem Ort? Weiß er um die Bedeutung seiner Worte an diesem Tag, an dem die ganze Welt wissen will, was Jürgen Rüttgers zum Ausgang der US-Wahlen zu sagen hat? Jetzt glaube ich es auch, Rüttgers wird Bundespräsident. Eines Tages.

Star spangled banner

 

Ich gebe zu, ich finde Barack Obama nicht sehr sympathisch. Wenn der redet, höre ich einen ehrgeizigen, verbissenen Berufspolitiker, sehe ich einen Monoman, der so tut, als grüße er ins Publikum, dabei sieht er nichts im Glanze der Scheinwerfer. Ich denke dann: Würde ich den gut finden, wenn ich Amerikaner wäre? Nö.

Dieser grässliche Kitsch, fast wie Italien, die gediegene Bühne, die Immitation von Fensterflügeln und Intimität vor 80.000 Parteigängern – als ob Barack Obama schon im Garten des White House vor die Kameras treten würde. Hat er wirklich in einem Hotelzimmer ausgeharrt wie eine Jungfrau vor der Trauung, bis er nach Tagen seiner Partei zugeführt wurde? Hat der eigentlich Humor? Und dann ganz scheußlich – er wird sie nicht dahin gestellt haben – vier Flaggen mit Seeadlern die sich leicht im Wind wiegen. Im Wind? Welchem Wind?