Die Europameisterschaft, die nach eigenem Selbstverständnis ja mit ihrer Nachhaltigkeit glänzen will, stand in diesem Zusammenhang schlecht da. Gar nicht zu Unrecht, wie ich finde. Die plötzliche Empörung über diese Phänomene, die erstaunt einen als langfristigen Beobachter des Profifußballs allerdings schon. Schließlich verhalten sich andere Protagonisten der Szene nicht anders. So fliegt der BVB schon seit Jahren vergleichbare Kurzstrecken regelmäßig per Flugzeug. Größere Debatten hat das allerdings bisher nur wenige ausgelöst.
Eigentlich sollte man vielleicht heute doch besser den ‚Mantel des Schweigens‘ über diesen Auftritt des BVB am gestrigen Dienstag im DFB-pokal-Achtelfinale legen. Nach einer scheinbar komfortablen 2:0-Führung in Halbzeit eins verspielten die Dortmunder Profikicker ihren Vorsprung gegen den Zweitligisten SC Paderborn in der Folgezeit wieder, mussten in die Verlängerung und konnten sich dort nur mit Glück durchsetzen.
Starstürmer Erling Haaland zeichnete am Ende für den entscheidenden Treffer zum 3:2 verantwortlich. Die Schwarzgelben stehen damit im Viertelfinale und schon Übermorgen spricht keiner mehr über diesen Kick, der abermals für viel Verdruss im Fanlager der Borussen gesorgt hat. Mundabputzen und einfach weitermachen? Vielleicht besser nicht.
Dass Trainer Lucien Favre und der BVB nicht wirklich gut zusammenpassen, das ist nun keine wirklich neue Erkenntnis. Spätestens seit der Saisonvorbereitung, als die Vereinsverantwortlichen ganz offensiv das Ziel Meisterschaft ausriefen, was Favre nicht wirklich gut zu passen schien (was man auch daran erkennen konnte, dass er in einer Umfrage unter den Trainern den FC Bayern als seinen persönlichen Meisterschaftsfavoriten nannte), war es für jedermann zu sehen. Zumindest dann, wenn man es denn zu sehen bereit war.
Seit dem peinlichen 3:3, nach 0:3-Pausenrückstand, am gestrigen Freitag gegen Aufsteiger und Ligazwerg SC Paderborn, dürfte es jetzt auch der Letzte begriffen haben. Weder Fans noch Mannschaft zeigen derzeit ein Bild, das eine weitere, fruchtbare Zusammenarbeit überhaupt noch möglich erscheinen lässt.
Die Dortmunder präsentierten sich auch zwei Wochen nach der peinlichen 0:4-Klatsche bei den Bayern in unverändert desaströser Verfassung.
Große Selbstzufriedenheit heute rund um den FC Schalke 04. Am Tag nach dem überraschend deutlichen 5:1-Erfolg der Gelsenkirchener beim Aufsteiger SC Paderborn zum Abschluss des vierten Bundesliga-Spieltags der Saison 2019/20, befindet sich jetzt auch der zweite Revierklub im Fußballoberhaus nach vier Spieltagen in der oberen Tabellenhälfte.
Mit nun sieben Zählern liegen die Schalker endlich wieder in Schlagdistanz zu den Europapokalplätzen, haben den Tabellenkeller, mit dem sie in der Vorsaison überraschend lange Bekanntschaft schließen durften, vorerst verlassen.
Diese erfreuliche Tatsache scheint die Selbsteinschätzung des Vereins allerdings, zumindestkurz kurzzeitig, etwas vernebelt zu haben.
Im Düsseldorfer NSU-Untersuchungsausschuss sagte heute Jerzy Montag aus. Montag war im Oktober 2014 vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags, dem Kontrollgremium über die Geheimdienste, als Sonderermittler eingesetzt worden. Er sollte die beinahe 20-jährige Tätigkeit Thomas Richters als V-Mann „Corelli“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz und die Umstände um „Corellis“ Tod untersuchen. Seit Anfang Juni hat er diese Position, mit neuem Auftrag, wieder inne: Er soll eine mögliche Vergiftung des V-Manns prüfen. Der Untersuchungausschuss aus Düsseldorf stellte ihm und der Staatsanwaltschaft Paderborn dafür die Protokolle der Vernehmung des Diabetologen Prof. Werner Scherbaum, der am 2. Juni vor dem NRW-Ausschuss ausgesagt hatte, zur Verfügung. Heute schilderte Jerzy Montag ausführlich das Leben von Corelli und seine Bezüge nach Nordrhein-Westfalen. Die V-Mann Tätigkeit Thomas Richters begann mit einem Besuch bei der Polizei in Bielefeld. Nach seinem Tod ermittelte die selbe Polizei. Von Alexandra Gehrhardt und Sebastian Weiermann
Thomas Richter wurde 1974 in Halle an der Saale geboren, in einem Vorort verbrachte er seine Kindheit und Jugend. Seine Schulbildung sei nicht außerordentlich gewesen, er besuchte das DDR-Gegenstück zur Volksschule und verließ diese ohne Abschluss. Anfang der 1990er Jahre zog Thomas Richter in das von Neonazis besetzte Haus in der Berliner Weitlingstraße (http://telegraph.cc/berliner-hausbesetzerinnen-geschichte-das-neo-nazi-haus-weitlingstrasse-122-in-berlin-lichtenberg/), wo er bundesweite Kontakte in die rechtsextreme Szene knüpfte. Die Weitlingstraße war zu dieser Zeit einer der bedeutendsten Fixpunkte. Kader aus Westdeutschland, von den Hamburgern Michael Kühnen und Christian Worch über den Niedersachsen Thorsten Heise bis zu Meinolf Schönborn und anderen Mitgliedern der „Nationalistischen Front“ (NF) gingen bei den neonazistischen Hausbesetzern ein und aus. Meinolf Schönborn und die NF schienen eine besondere Faszination auf Thomas Richter, der damals keine 18 Jahre alt war, gehabt zu haben. Corelli zog aus Berlin nach Detmold in das Hauptquartier der NF um, die Anfang der 1990er Jahre eine der konsequntesten rechtsextremen Organisationen war. Von ihr gingen Konzepte zur so genannten „Anti-Antifa“ und die Idee von „Nationalen Einsatzkommandos“ aus, die sich um gewalttätige Aktionen gegen politische Gegner kümmern sollten. Die „Nationalistische Front“ wurde 1992 verboten, die Kader arbeiteten allerdings in der Illegalität weiter. Im Haus des NF-Führers Meinolf Schönborn war „Corelli“ der „Junge für alles“, kümmerte sich um Reperaturen im Haus und auch um die Verteilung von Propaganda der illegalen NF.
1993 feierte Thomas Richter seinen 19. Geburtstag in Detmold. Hunderte Gäste seien erschienen, Jerzy Montag nennt sie das „Who is Who“ des damaligen Rechtsextremismus. Unter den Gästen waren auch Jan Werner, dem immer wieder eine Unterstützung des NSU vorgeworfen wird, und zwei Mitglieder der späteren Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“. Sie sollten später das „Dönner-Killer“-Lied aufnehmen. Die Geburtstagsparty von Richter eskalierte, in der Nacht erschienen Hundertschaften der Polizei. Es gab Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Neonazis und das Haus wurde offenbar verwüstet. Meinolf Schönborn war von der Verwüstung offenbar nicht begeistert und forderte von „Corelli“, dass dieser die Schäden „auf Heller und Pfennig“ ersetze. Später gab es einen Zivilprozess in dem sich sowohl Schönborn als auch Thomas Richter von Szeneanwälten vertreten ließen.
Ein kompletter Spieltag in der Wochenmitte, da liefern Liga 1 und 2 fast schon zwangsläufig so viele Geschichten, dass man als Beobachter kaum noch hinterherkommt. Das alles überstrahlende Thema an diesem 24. Spieltag lieferte unbestritten der FC Bayern München. Und das schon im Vorfeld der Begegnung des Rekordmeisters gegen den FSV Mainz 05.
Da kündigt sich, kurz nach seiner Haftentlassung, der erste Besuch des ehemaligen Vereinspräsidenten Uli Hoeneß im heimischen Stadion an, und der nun vorbestrafte Steuersünder darf sich auf den Empfang eines Pop-Stars einstellen. Schon irgendwie recht merkwürdige Zeiten, in denen ein offenbar mit Drogen erwischter Politiker vor den Trümmern seiner Karriere zu stehen scheint, eine millionenschwerer Steuersünder aber direkt nach seiner Haftentlassung mehrheitlich so abgefeiert wird, zumindest eben auch medial. Aber wenden wir uns an dieser Stelle jetzt erst einmal wieder dem Sport zu.
Heute Abend ist es soweit: Auch das ‚Unterhaus‘ der Fußball-Bundesliga kehrt, zwei Wochen nach dem Oberhaus, endlich aus dem mehrwöchigen Winterschlaf zurück. Nur nimmt man das in der Öffentlichkeit eben dann doch vergleichsweise kaum jemand so richtig wahr. Sogar die Geschehnisse in der englischen Premier League scheinen inzwischen bei vielen Sportfans im Lande deutlich mehr beachtet zu werden als das Treiben in ‚Bundesliga 2‘.
Das ist so nicht nur extrem schade, sondern auch total ungerecht. Denn auch dort gibt es ja in den nächsten Wochen und Monaten wieder zahlreiche wunderbare, bunte Geschichten in den 18 Stadien quer durch die Republik mitzuerleben. Von der dort sportlich gebotenen Leistung der Profis einmal ganz abgesehen.
Trainerverpflichtungen bestimmen schlagzeilentechnisch offenbar bisher diese Länderspielpause in der Bundesliga. In der Vorwoche die Vorstellung von Jürgen Klopp in Liverpool, heute Mittag folgt dann die Präsentation von ‚Tiger‘ Stefan Effenberg im ostwestfälischen Paderborn. Zugegeben, das Ereignis ist ein paar Stufen kleiner, doch auch nicht weniger spannend.
Wenn der 47-jährige Ex-Profi nun den Bundesligaabsteiger in der westfälischen Provinz übernimmt, dann ist ihm und seinem Club die Aufmerksamkeit in Fußballdeutschland zumindest sicher.
Viel wurde in den letzten 24 Stunden über Effenberg geschrieben und spekuliert. Passt er in das beschauliche Paderborn? Kann er seine teilweise extrem exzentrische Persönlichkeit soweit drosseln, dass er als echtes Vorbild für eine Mannschaft fungieren kann? Die Meinungen gehen auseinander. Einige sehen ihn am Beginn einer großen Trainerkarriere, andere befürchten ein rasches Scheitern.
Ein Aspekt kam mir in der bisherigen Betrachtung aber noch deutlich zu kurz. Und das ist die Sicht des SC Paderborn. Der Club scheint mir hier als eine Art Paradebeispiel dafür zu dienen, wie sprunghaft Vereinsverantwortliche sein können, wenn es um die Besetzung des Postens ihres Cheftrainers geht.
Eigentlich war die Pressekonferenz bei S04 am gestrigen Nachmittag ja ausschließlich für die Vorstellung des neuen Schalke-Trainers André Breitenreiter angedacht. Doch der Verlauf der knapp einstündigen Veranstaltung in Gelsenkirchen machte jedermann, wohl auch Breitenreiter selbst, mal wieder eines rasch ganz deutlich, dass der FC Schalke 04, gerade auch was die mediale Begleitung und die damit verbundene Unruhe betrifft, eben längst nicht wie jeder andere Bundesligist im Lande ist.
Denn nachdem die ersten Fragen der versammelten Journalisten tatsächlich noch an den Neutrainer selber gingen, drehte sich die Veranstaltung schon relativ rasch im Kern um jemanden, der nun eigentlich gar keine Rolle in Gelsenkirchen mehr spielen sollte, den über die jüngsten Ereignisse der vergangenen Tage noch immer recht verärgert wirkenden und aus seiner Belgischen Heimat lautstark und energisch über Horst Heldt & Co. meckernden und sich heftig beschwerenden Marc Wilmots. Ein Dilemma, welches auch André Breitenreiter nach einigen Minuten auf der gestrigen PK auf Schalke nur noch mit einem leicht gequält wirkenden Lächeln quittieren konnte.
Ob der neue Übungsleiter der Königsblauen da so langsam im Ansatz realisiert hat auf was er sich da eingelassen hat?
Die Fußballwelt hier im Ruhrgebiet scheint derzeit schon emotional zu sein, doch die ‚wahren Dramen‘ in der Bundesliga spielen sich aktuell wohl unbestritten im Tabellenkeller ab. Ungeachtet davon, ob man es mit einem der aktuell noch immer sechs Teams hält, welche aktuell um den Ligaverbleib kämpfen, dieser Faszination kann man sich als Fußballfreund wirklich nur sehr schwer entziehen.
Und das Drama entscheidet sich nun tatsächlich auch erst nachte Woche, am letzten Saisonspieltag. Nicht nur, dass die Entscheidung gestern noch nicht viel, im Gegenteil, der 33. Spieltag tat noch einmal viel dafür, dass sich die Spannung im Abstiegskampf noch einmal deutlich vergrößert hat. Nach drei knappen 2:1-Siegen von Stuttgart (gegen Hamburg), Hannover (in Augsburg) und auch Freiburg (gegen den FC Bayern), hat sich die Lage im Abstiegskampf am Samstag noch einmal kräftig verschärft, plötzlich den zuletzt bereits fast schon als gerettet gefeierten HSV wieder in größte Not gestürzt. Dieser kann nun selbst bei einem eigenen Heimsieg gegen den FC Schalke mal vorausgesetzt in der nächsten Woche, ohne ‚Schützenhilfe‘ der anderen Clubs die Liga nicht mehr halten. Dem ‚Dino‘ droht plötzlich doch wieder die Vertreibung aus dem (Fußball-)Paradies. Aber der Reihe nach. Dass der bisherige Tabellenletzte aus Stuttgart nämlich den HSV gestern mit 2:1 schlug, war nämlich nur ein Teilaspekt eines zumindest im Abstiegskampf äußerst dramatischen Saisonendspurts im Fußballoberhaus.
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