Ruhrgebietsküche: So kocht man im Pott

Es ist nicht leicht mit der Küche: Nicht jeder ist dafür geboren. Kochtechnisch habe ich mich in drei Jahren von reiner Dosennahrung hochgearbeitet und kriege inzwischen Spinat, Pasta mit Sauce Bolognese und Reis nahezu stressfrei zubereitet. Schwäbische Spezialitäten, auf die ich nicht verzichten kann, importiere ich aus dem Ländle. Spätzle schabe ich – ein Spätzlebrett und ein dazugehöriger Schaber sind, neben Kochtopf und Bratpfanne, die einzigen Utensilien die ich jemals für den Küchenbereich erworben habe – selbst. Vom Kauf eines Thermomix habe ich abgesehen, weil die Wunschvorstellung, irgendwas da reinschmeißen und dann kommt da automatisch das Richtige raus, nicht mit der Realität dieses Utensils in Einklang zu bringen war. Auf den Punkt gebracht: Ich bin ein Hobbykoch mit einem extrem übersichtlichen Know-how an Rezepten. Und kochtechnisch wirklich absolut untalentiert.

In meiner Stammbuchhandlung bin ich nun auf, das bereits im Mai 2018 erschienene Buch, Ruhrgebietsküche gestolpert. Jetzt vor Weihnachten, es wird ja wieder gewichtelt und Geschenke für kleines Geld sind im Schwange, ein Geheimtipp für Menschen im Revier.

Ruhrgebietsküche - Spezialitäten aus dem Revier; Foto: Peter Ansmann
Ruhrgebietsküche – Spezialitäten aus dem Revier; Foto: Peter Ansmann
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Die Rührküche

Stimmt, es gibt den FC Ruhrgebiet – zuletzt haben die Kochexperten in Berlin das Fest des Westens bekocht. Mit molekularer Crossoverküche versuchen sie sich an der Neuerfindung des Ruhrpottmampf und entwerfen Strammer Max von der Wachtel mit Shiitake oder Knusperbonbon von Panhas mit Chiliapfel. Doch das ist nur eine Seite der kulinarischen Medaille im Revier – die andere ist die "Ruhrküche", wie sie jetzt ein Kochbuch pflegt. Mir geht dieses Büchlein sehr zu Herzen – nicht Ruhrküche, Rührküche!

Foto: Ruhrküche, Garant, 2009

Als gäbe es keinen Innenhafen, keine Technologieparks, kein Starbucks, kein Dekubitas, keine Atkins-Diät, kein Bocuse lebt das Altrevier hier wieder auf. Zum Nachtisch reicht man "Beschwipste Apfelsuppe", "Pumpernickelsuppe mit Rosinen" oder das "Errötende Mädchen". Vorher werden allein derbe, fettige, plumpe fleischreiche Speisen gereicht, als würden sich alle Ruhrgebietler noch Unter Tage Schicht für Schicht die Scheiße aus dem Körper malochen. Und bei dem endlosen Klotzen, Wullacken, Mottecken, Beikommen i´m Streb und vor dem Hammer gehört am Abend schon Specksauce auf den Tisch, Dicke Bohnen, Schlabberkappes, Panhas und als Vorspeise die Hafergrützsuppe mit Backpflaumen!

Also, dringende Kaufempfehlung: Seelenfraß aus einem seeligen Ruhrpott. Ruhrküche, Renningen 2009. Schon für 2.99 bei der Mayerschen.