PFT – Das Problem des Umweltministers – Fortsetzung 2

Die Berichterstattung der Ruhrbarone.de über den PFT-Skandal in der Ruhr (hier und hier) ist in den Focus des NRW-Umweltministers Eckhard Uhlenberg (CDU) geraten. In seiner Rede zum Sachstand der PFT-Probleme an der Ruhr griff Uhlenberg im NRW-Landtag die Ruhrbarone direkt an: Die beiden Geschichten von mir seien von einer für einen Journalisten "unübliche Voreingenommenheit" und von "fehlender persönliche Distanz zum Gegenstand der Berichterstattung" geprägt. Gut: Irgendwie geht es bei einem Blog ja auch darum, das persönliche mitzuberichten. Aber egal, über so etwas rege ich mich nicht auf. Wer austeilt, muss auch einstecken.

Spannend ist aber, dass der Minister in den Fluren des Landtags streuen läßt, er bereite eine Klage vor. Ich weiß nicht genau, wen er verklagen will. Wahrscheinlich auch mich, wenn er die Ruhrbarone explizit in seiner Rede erwähnt. Wie dem auch sei, ich möchte an dieser Stelle schon sagen, dass ich mich darauf freue, meine Beweise einem Richter zeigen zu können.

Vor allem drei Punkte hat Uhlenberg angegriffen:

Zunächst habe er die Daten zu Brilon Scharfenberg in der Tabelle Komkas.pdf nicht unterdrückt.

Tja, wie jeder in der Tabelle komkas.pdf sehen kann, hat er das aber getan. Da stehen anstelle von Daten Sternchen. Die Daten selbst gibt es. Die habe ich vom Ruhrverband und stelle sie hier ein, sobald ich zu Hause bin. Da steht jedenfalls, aus der entsprechenden Kläranlage fließen so rund 6 Gramm Gift am Tag in die Ruhr.

Dann meint Uhlenberg, er habe keine Daten in seinen Tabellen auf Null gesetzt, obwohl dort Daten stehen müssten.

Wie in der Tabelle komkas.pdf ersichtlich ist, hat er die Null-Nummer bei der Reduzierung der Meßdaten für das Klärwerk Werdohl durchgezogen. Da steht bei der Reduktion eine 0 und keine 69 Gramm, wie dort eigentlich stehen müssten.

Und dann behauptet der Minister, ich hätte berichtet, Uhlenberg habe gesagt, insgesamt würden weniger als 500 Gramm PFT am Tag in die Ruhr eingeleitet. Tja, ich finde, das geht aber aus dem folgenden Uhlenberg-Zitat hervor:

All diese Maßnahmen der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen zeigen bereits Wirkung. Wir sind das erste Bundesland, das innerhalb eines Jahres eine deutliche Reduzierung des PFT-Eintrags aus allen relevanten Einleitungen um 35 Prozent erreichen konnte. Insgesamt handelt es sich um Einträge von weniger als 500 Gramm pro Tag, die in die Gewässer eingeleitet werden. Im Interesse der Bürger und der Umwelt wird die Landesregierung ihre Anstrengungen auch im nächsten Jahr fortsetzen.“

Jetzt sagte Uhlenberg, dass heute nur 147 Gramm in die Ruhr fließen würden. Dabei beruft er sich offenbar auf seine Reduzierungen in den Klärwerken, die nur zustande gekommen sind, weil er die Grammzahlen aus den Klärwerken, in denen sich die Lage verschlechtert hat, nicht mitberechnet hat.

Ich rede aber von den Gesamtzahlen in der Ruhr. Und tatsächlich geht aus Unterlagen des Ruhrverbandes hervor, dass im Dezember über 600 Gramm durch die Ruhr geflossen sind. Das kann man hier nachlesen, sobald ich einen Scanner gefunden habe und auf die Seite hier ein Bild hinstellen kann. Weil diese Tabelle habe ich leider nur auf Papier. Und ich bin gerade im Land unterwegs.

Da anscheinend auch der Minister oder seine Mitarbeiter die Ruhrbarone.de verfolgen, an dieser Stelle einen Gruß. Ich freue mich auf den Rechtsstreit.

Ansonsten aber hoffe ich auf Deeskalation. 🙂

 

PFT – Das Problem des Ruhrverbandes – Fortsetzung 1

Es geht weiter mit dem PFT in der Ruhr, diesem Krebserregendem Gift, dass täglich in den wichtigsten Trinkwasserfluss der Region abgeht. Je Woche gut 3,5 Kilo.

Ich habe mittlerweile eine neue Gift-Tabelle vom Ruhrverband bekommen, in der er die Unterschiede erklären will, zu den Daten, die ich von der Bezirksregierung Arnsberg bekommen habe.

Ich habe das Ganze für die Kläranlagen ausgewertet, die mehr als 5 Gramm PFT am Tag in die Ruhr kippen.

Hier ist folgendes Detail interessant. Bei Werdohl und Rahmedetal sind die Werte zum Jahresende laut Ruhrverband wieder angestiegen. In Rahmedetal lagen die Werte laut Ruhrverband wohl seit April 2007 bei über 140 Gramm am Tag.

In den Daten der Bezirksregierung sah der Meßwert am 13. April mit 299 Gramm am Tag noch aus wie ein Ausreißer.

In Werdohl ein ähnliches Bild. Während die Bezirksregierung im Dezember ebenfalls einen starken Anstieg um 60 Gramm feststellte, notierte der Ruhrverband einen Anstieg um 160 Gramm.

Dabei stehen hinter jedem Meßwert Industriebetriebe, die Gift in die Ruhr und ihre Zuflüsse kippen. Rahmedetal und Wedohl liegen an der Lenne, einem dieser landschaftlichen schönen Ruhrzuflüsse.

Und noch etwas fällt auf, während es im Detail Unterschiede gibt, liegen die Meßwerte im Großen und Ganzen sehr nah beieinander. Die Gesamtfracht liegt sowohl laut Ruhrverband als auch laut Bezirksregierung Arnsberg bei rund 210 Gramm am Tag. Die Angaben des Ruhrverbands sind hier sogar minimal höher als in den Angaben der Bezirksregierung.

Das ist kein Zufall. Wie ich zwischenzeitlich gelernt habe, rechnet die Bezirksregierung mit den Abwasserdaten der Kläranlagen, die auch für die Berechnung der Abwassergebühren benutzt werden. Das ist ein fein austarierter Mittelwert, der von Gerichten in Prozessen bestätigt wurde. Deswegen unterscheiden sich die Berechnungen in der durchschnittlichen Tagesfracht über den gesamten Zeitraum kaum.

Im Detail aber können die Werte auseinander gehen. Für die Beurteilung von Rahmedetal und Werdohl kann genau das erhebliche Auswirkungen haben. Etwa indem man feststellt, dass die Belastung aus Rahmedetal in der zweiten Hälfte 2007 offenbar höher war als in der ersten Hälfte.

Und das zersiebt natürlich die Aussage von NRW Umweltminister Uhlenberg, der in seiner Datei komkas.pdf behauptet: Die PFT-Belastung in der Ruhr sei in den vergangenen Monaten runtergegangen.

Wie er das geschafft hat, zeige ich hier.

 

Man achte auf den Reduzierungs-Wert von Werdohl. Obwohl es einen Anstieg von 60 Gramm (Bezirksregierung) oder 160 Gramm (Ruhrverband) gab, notiert hier der Minister lediglich eine 0 als Belastungssenkung.

Versteht ihr mich richtig?

Übersetzt gibt der Minister hier folgendes an: Gut, es gab in Werdohl also einen Anstieg, das bedeutet, es gab keine Reduzierung. Also es gab Null Erfolg. Deswegen setze ich in meiner Tabelle komkas.pdf den Wert für Werdohl mal auf Null. Da wird schon keiner fragen.

Nur dank dieser Milchmädchenrechnung kommt Uhlenberg am Ende der Tabelle, im Original auf der Seite 3, auf eine Reduzierung von 68 Gramm. Hätte er in Werdohl die Steigerung um 60 Gramm oder 160 Gramm angebenen, wie man es erwarten müsste, wäre die Aussage der gesamte Tabelle hinüber gewesen.

Das für heute. Es geht weiter.

PFT – Das Problem des Ruhrverbandes – Eine Fallgeschichte

Das Gift PFT ist in der Ruhr. Ich habe darüber recherchiert. Jeden Tag fließt es da rein. Gut ein halbes Kilo. Dann wird es verdünnt. Und sammelt sich weiter. Überall, in den Pflanzen, in den Tieren, in den Menschen.

Wo kommt das Gift her? NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg sagt zum größten Teil aus einem Acker im Sauerland, auf den Kriminelle den Dreck tonnenweise gekippt haben. An dieser Aussage stimmt zumindest der Teil, dass da Kriminelle kiminellen Scheiß gebaut haben.

Aber aus den Daten, die mir vorliegen geht eindeutig hervor, dass vor allem aus den Kläranlagen des Ruhrverbandes und der Möhnetalsperre, die ebenfalls unter der Verantwortung des Ruhrverbandes steht, das Gift in die Ruhr sickert. Täglich. Auch jetzt. Und zwar zusammengerechnet rund 400 Gramm reines Gift.

Ich weiß, PFT im Wasser ist ein Exotenthema im Pott. Aber mir ist das trotzdem wichtig.

Der Ruhrverband will die Kläranlagen nicht nachrüsten. Er sagt, vor allem die Industrie hinter den Kläranlagen wär für den Dreck verantwortlich. Sollen die doch damit aufhören. Doch so einfach ist das schwarze Peter Spiel nicht. Der Ruhrverband ist ein gesetzlicher Sonderverband. Das heißt, die Industriebetriebe sind da Zwangsmitglieder. Sie werden gezwungen Abgaben für ihr Schmutzwasser zu zahlen. Dafür muss der Ruhrverband dann dafür sorgen, dass die Ruhr sauber bleibt. Und kein Dreck aus den kläranlagen kommt. Eine Nachrüstung der Anlagen auf den Stand der Technik ist teuer. Der Ruhrverband hat schon 1 Milliarde Euro Schulden. Mal sehen was passiert. Die politische Debatte wird eine Entscheidung erzwingen.

Hier will ich aber was zu der Recherche erzählen. Wie ich an die Daten gekommen bin. Und wie hinter den Kulissen daran gearbeitet wurde, dass die Informationen nicht öffentlich werden. (Mittlerweile habe ich noch mehr Daten bekommen. Dazu hier mehr.)

Nun, den Verdacht, dass Brilon-Scharfenberg nicht der Hauptverursacher der PFT-Verseuchung an der Ruhr sein konnte, hatte ich ziemlich früh. Die Daten, die ich seit 2006 bei den Kreisen im Sauerland zu den jeweils lokalen PFT-Verseuchungen eingesammelt hatte, passten nicht zu den Aussagen von Uhlenberg. Ich hatte den Eindruck, da soll was vertuscht werden, aber was?

Die Geschichte entwickelte sich. Schließlich, im vergangenen Sommer, kam ich auf die Kläranlagen als einer der Hauptverursacher. Uhlenberg sprach immer wieder von Direkteinleitern, die für die PFT-Verseuchung verantwortlich seien. Doch an der Ruhr gibt es so gut wie keine Direkteinleiter, die mit PFT zu tun haben. Das meiste läuft über den Ruhrverband und bei dem wieder über die Kläranlagen.

Ich musste mir also die Rohdaten der PFT-Messungen an den Kläranlagen besorgen, um den Verdacht zu klären. Meine üblichen Informanten in der Bezirksregierung und im Umweltministerium waren verdammt eingeschüchtert. Uhlenberg und sein Staatssekretär Schink machten Druck auf ihre Mannschaft. Aber ich bekam Hinweise, dass mein Verdacht begründet sei. Ich solle weitermachen. Die Daten lägen alle zusammengefasst bei der Bezirksregierung Arnsberg.

Dort stellte ich einen Antrag auf Auskunft. Ganz normal. Per Email an die Pressestelle. Als Antwort bekam ich zunächst nichts. Dann nach Tagen eine windelweiche Abwicklung. Aus Gründen des Datenschutzes könne man mir nichts sagen. Ich war der Ansicht, dass diese Aussage Quatsch ist.

Wie mir Informanten zutrugen war meine Anfrage an die Bezirksregierung an das Umweltministerium weitergeleitet worden. Dort habe man darauf bestanden, die Daten unter Verschluss zu nehmen und alla Anfrage abzulehnen. Es hieß, es sei so eine Art Maulkorberlass an die Bezirksregierung ausgegeben worden. Nun, diese Behauptung konnte ich nicht erhärten. Aber das folgende legt diese Vermutung nahe.

Ich drohte mir einer Auskunftsklage, wenn ich keine Antworten auf meine Frage zu den PFT-Meßwerten in den Kläranlagen bekommen solte. Wieder tote Hose. Schließlich reichte ich die Klage beim Verwaltungsgericht Arnsberg ein.

Jetzt begann hinter den Kulissen das Geschubse, wie mir Informanten in den Behörden steckten. Zunächst zog offenbar das Umweltministerium den Fall an sich. Hier wurde eine Rechtsanwaltkanzlei in Münster auf den Fall angesetzt, mit dem Ziel, die Daten weiter geheim halten zu dürfen. Der Briefkopf der Kanzlei war vor lauter Proffessoren und Doktoren so lang wie eine Din A 4 Seite. Offenbar nahm das Ministerium die Klage ernst.

Nur dooferweise erklärten die Rechtsanwälte nach der Prüfung der Klage, dass die Daten auf jeden Fall herausgegeben werden müsste. Keine Chance auf Top Secret. Das war Mitte Dezember.

Nun folgte eine Inszenierung. Die leider wohl in die Hose ging.

Zunächst beantragten die Rechtsanwälte, eine Fristverlängerung für die Auskunftsklage. Und zwar auf den 27. Dezember. Also in die Tote Zeit nach Weihnachten. Am 20.Dezember aber stellte Uhlenberg eine Auswertung der Daten ins Internet. Diese Daten waren zunächst in der Masse völlig unübersichtlich. Dann aber auch seltsam zusammengestückelt. Sie schienen zu beweisen, dass Uhlenberg für eine Reduzierung der PFT-Fracht in der Ruhr gesorgt hat. Wirklich wichtig war von der Menge der Daten eigentlich nur eine Tabelle. Und zwar die komkas.pdf.

Hier behauptete Uhlenberg, auf den Punkt gebracht, alles sei OK. Allerdings war die Tabelle wohl frisiert. Bei Brilon Scharfenberg war eine ganze Zahlenreihe gelöscht. Bei Werdohl stand eine Nullemmission. Obwohl vorher die Meßreihen offenbar in die Höhe gegangen sind.

Nun war der Zeitpunkt der Veröffentlichung im Internet und das Verzögern der Klage sicher mit Bedacht genau um Weihnachten gelegt, um die Geschichte versanden zu lassen.

Aber die Klage lief ja noch. Ich nutze das, um mir die Rohdaten bei der Bezirksregierung zu beschaffen, auf deren Grundlage Uhlenberg seine komkas.pdf erstellt hat. Und siehe da. Offenbar hatten Uhlenbergs-Leute ganze Datenreihen weggelassen. Und überall dort, wo sich die Lage, wie in Werdohl verschlechter hatte, waren Nullwerte eingesetzt worden.

Ich meine es geht um Gift. Darf man dann Daten zu aufhübschen, bis sei einem passen. Was passiert mit einem Minister, der monatelang Quatsch erzählt über die wirklichen Ursachen der PFT-Verseuchung in der Ruhr?

Aber auch diese Frage teibt mich jetzt um: Was ist mit dem Ruhrverband? Reicht es einfach aus, dass Gift zu verdünnen? Oder muss das Dreckswasser in den Kläranlagen geklärt werden? Dabei geht es nicht nur um PFT. Das Gift ist nur eine Leitsubstanz. Dahinter kommen weitere Substanzen aus den Kläranlagen, die keiner im Fluss haben will. Wir reden von Medikamenten, von Flammschutzmitteln. Von diesem ganzen Scheißcocktail.

Wusstet Ihr, dass Tiere verweiblichen, wenn sie zu viele Östrogene trinken?

Ich bleibe weiter dran. Ich will es wissen.