Die Oberbürgermeister im Ruhrgebiet forderten im März in einem Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die Einzelfallprüfung bei Flüchtlingen aufzugeben. Der Erlass, der aus humanitären Gründen das Auseinanderreissen von Familien und das Abschieben kranker Menschen verhindert, soll nach dem Wunsch der OBs aufgegeben werden. Die Bochumer Linken stellten letzte Woche einen Dringlichkeitsantrag im Rat, um sich gemeinsam gegen die Forderungen auszusprechen. Sie scheiterten damit. Der Vorstoss der Ruhrgebiets-Oberbürgermeister für leichtere Abschiebungen im Zack-Zack-Modus hat für breite Empörung gesorgt. Auch in den eigenen Reihen.
Die Dortmunder Jusos übten am Montag ebenfalls scharfe Kritik an dem Brandbrief, den auch der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau unterzeichnet hatte. Sie seien erschüttert über das Schreiben, so Maximilian Schulz, Vorsitzender der Dortmunder Jusos: „Einzelfallprüfungen sind wichtig, um die Situation der Geflohenen differenziert beurteilen zu können“. Nur durch die genaue Überprüfung könne man die Notsituation verfolgter Minderheiten nachvollziehen. Eine humanitäre Asylpolitik war auch beim letzten Unterbezirksparteitag ein Thema. Die Jugendorganisation der SPD ist empört: „Das ist keine sozialdemokratische Flüchtlingspolitik!“
Neben Ullrich Sierau unterzeichneten auch die SPD-Bürgermeister Ottilie Scholz (Bochum), Frank Baranowski (Gelsenkirchen), Reinhard Paß (Essen) und Sören Link (Duisburg) den Brief, mit der Forderung die ministeriellen Erlasse aufzugeben. Die Anordnungen aus dem Innenministerium sollen vor allem die Angehörige der Volksgruppe der Roma schützen. Sie waren in der Vergangenheit in ihren Heimatländern zum Teil progromartigen Ausschreitungen ausgesetzt. Der Erlass gilt besonders für schutzbedürftige Gruppen – Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Kranke und Pflegebedürftige.