RTG2: Metropole mit Dorfetat


Himmelstreppe Foto: RTG

Das Ruhrgebiet setzt auf den Tourismus – zumindest ein bisschen, denn die Kulturhauptstadt 2010 steht vor der Tür und wenn es eine realistische Chance für das Revier gibt, ein paar Extrabesucher abzustauben, dann im übernächsten Jahr.
Nun gibt es die merkwürdige Entwicklung, dass die Kommunalpolitiker des Ruhrgebiets und ihre Bauchrednerpuppe RVR-Chef Klink von der Metropole Ruhr schwadronieren, sie aber nicht in der Lage sind, die Institution, die das Ruhrgebiet nach außen vermarkten sollen, vernünftig auszustatten. Die Ruhrgebiet Tourismus GmbH (RTG) verfügt nur über einen Etat von einer guten Million Euro – damit soll sie die, so wird es in allen Sonntagsreden immer wiederholt, viertgrößte europäische Region nach London, Paris und Madrid vermarkten. Ein Witz, vergleicht man diese Summe mit denen anderer deutschen Städte: Das bettelarme Berlin hat für seine Berlin Tourismus Marketing GmbH gut 10 Millionen Euro zur Verfügung, Hamburg ist mit fünf Millionen dabei, aber der Etat gilt als arg knapp und selbst das dröge Hannover, um das selbst CeBit und Hannover-Messe Besucher nach Möglichkeit einen großen Bogen machen, gibt gut drei Millionen Euro für die Förderung des Tourismus aus.
Während die Städte die Ruhrgebiet Tourismus knapp halten – und sich gleichzeitig hinter vorgehaltener Hand darüber beklagen das die ja nichts hinkriegen – investieren sie in ihre eigenen, lokalen Tourismusorganisationen. Nur die sind, wie immer wenn die Städte im Ruhrgebiet einzeln agieren, unterhalb jeder Wahrnehmungsschwelle: In NRW, im Bund und erst Recht in Europa – und daran wird sich auch nicht ändern, wenn einzelne Städte, wie Dortmund, ihre lokalen Tourismusorganisationen ausbauen. Keine einzelne Stadt verfügt über die nötigen Attraktionen um bundesweit auftrumpfen zu können und auch nicht über das Geld, bundesweit vernünftig auftreten zu können. Aber sie versuchen es, verbrennen mit ihrer Kirchturmpolitik das Geld der Steuerzahler. Nicht das ich glaube, das im Tourismus eine große Chance für das Revier liegt- Tourismus wird immer nebenbei laufen, ein paar Jobs bringen, ein paar Besucher, aber immer im überschaubaren Maße. Aber ein paar Events könnte man natürlich, auch außerhalb des Kulturhauptstadtjahrs vernünftig vermarkten, wenn man das Geld dazu hat. Die Cranger Kirmes zieht mehr Besucher am Tag als das Oktoberfest – Menge zieht bei Volksfesten, da lassen sich noch ein paar Busse mehr mit trinkfreudigen Feierkaisern nach Herne locken, Bochum Total ist das größte Open Air Festival des Landes – ausbaufähig. Die Ruhrfestspiele haben Potential und ein wunderschönes Festspielhaus. Mountainbiketouren auf den Halden oder in den Ruhrhöhen – von der Fachzeitschrift Bike gut getestet und am Abend geht es dann nach Rüttenscheid oder ins Bermudadreieck. Organisierte Touren unter Tage – 1000 Meter unter der Erde – das kickt. Und dann die Kulturhauptstadt: Die muss gut vermarktet werden. Das kann keine Stadt alleine. Aber anscheinend will man es auch nicht zusammen. Und wenn alles vorbei ist sagen die Kirchturmpolitiker dann wieder, Zusammenarbeit im Revier bringt ja nix. Lieber Recht haben als gewinnen.

RTG – Firma ohne Geld

Es gibt ein Problem im Regionalverband Ruhr. Und das Problem heißt Ruhrtourismus GmbH (RTG). Wir haben schon mal drüber berichtet. Nun, diese Firma unter öffentlicher Kontrolle frisst seit Jahren Steuergelder. Dabei ist immer noch offen, was eigentlich die RTG machen soll. Die Strategie ist unklar wie ein Fernsehtestbild. Wird sie eine zentrale Station für die Tourismusförderung im Ruhrgebiet? Wenn ja muss sie dick und fett ausgestattet werden und Millionenschwere Werbekampagnen organisieren. Oder wird sie eine schnelle Dienstleisterin für die kommunalen Touri-Chefs von Essen und Dortmund? Falls es das sein soll, dann muss sie mit wenig Geld effektiv arbeiten.

Im Augenblick ist sie weder das eine noch das andere.

Doch genau das soll anders werden. Aus Dokumenten des Regionalverband Ruhr, die dem Autoren vorliegen, geht hervor, dass die neue Geschäftsführung der RTG an einer umfassenden Restrukturierung der Firma bastelt. Die Besucherholer wollen sich im Vorfeld der Kulturhauptstadt kampagnenfähig aufstellen. Tja, guter Plan, aber im Detail, da hapert es gewaltig.

Fangen wir vorne an. Zunächst betreut die RTG vor allem zwei wesentliche Projekte. Einmal die Ruhrtopcard und dann die Extraschicht. Beides Zuschussgeschäfte, die so mittelmäßig sind. Die Ruhrtopkarte haben gerade einmal 42.000 Menschen von 5 Millionen gekauft – trotz dicker Werbung im der WAZ. (Von Erfolg zu sprechen, weil es im Vorjahr noch weniger waren, ist Quatsch. ) Die Extraschicht hat wahrscheinlich jeder schon mal besucht und ein eigenes Bild.

Dazu kommen einige Fahrradwege, die betreut werden, eine Sportbootveranstaltung, die man schon vergessen hat, wenn man die Einladung liest, und das Projekt „Erlebnisraumdesign“.

Hey, das „Erlebnisraumdesign“ ist nach RTG-Aussage das „wichtigste und größte Projekt im Jahr 2008“ Ich wiederhole: „Erlebnisraumdesign“. Schon mal davon gehört?

In diesem Zusammenhang wird der Nebenaspekt ganz interessant, dass die RTG tatsächlich erst seit ein paar Tagen einen hauptamtlichen Chef hat. Vorher war für die Geldgeschichten und die Planungen der Touristiker tatsächlich nur ein Ex-Kulturamtsmann im Nebenjob verantwortlich. Nichts gegen seine Arbeit, aber Nebenjob ist Nebenjob. Und „Erlebnisraumdesign“ als Touriprojekt spricht eigentlich schon für sich über die Wertstellung der Touristiker im Regionalverband, ach was im ganzen Ruhrgebiet.

Aber OK, ich will mich ja nicht polemisch aufregen, vor allem, weil die RTG unter ihrem alten Chef aus den schmalen Möglichkeiten und dem engen Korsett, die der RVR ihr eingeräumt hat, eigentlich was ganz ordentliches gemacht hat. Dass das Ergebnis nachher "Erlebnisraumdesign" heißt, ist halt Pech.

Kommen wir zum Kern der Geschichte: Die RTG macht seit Jahren Miese. Sie war schon ein paar Mal vor der Pleite. Nur dem Willen und der Kraft des alten RTG-Geschäftsführers ist es zu verdanken, dass es die Firma überhaupt noch gibt.

Auch aktuell klappen die Planungen mal wieder nicht. So müssen für das Projekt „Erlebnisraumdesign“ zusätzlich 200.000 Euro eingeplant werden. Der RVR will in 2008 einen Zuschuss von 1,5 Millionen Euro in die RTG pumpen.

Und auch hier wieder miese Aussichten. Die RTG Geschäftsführung muss nämlich bei ihrer aktuellen Kohleplanung einen Vorschuss in Höhe von 350.000 Euro berücksichtigen, den die RTG im vergangenen Jahr eingestrichen hat. Diese Moneten müssen jetzt „zusätzlich erwirtschaftet werden“, wie es in einem RVR-Papier heißt. Man kann es auch anders ausdrücken. Der RTG fehlen jetzt schon hunderttausende Euros, um ihre ohnehin bescheidene Arbeit zu machen, weil das Geld im letzte Jahr verfressen wurde. Die baldige Schieflage ist abzusehen. Der Finanzplan der RTG soll am 6. Februar vorgestellt werden.

Vor diesem Hintergrund laufen nun im vertraulichen Kreis Gespräche mit den Gesellschaftern der RTG. Diese sollen nämlich ihre Anteile für einen Euro an den RVR verkaufen. Der Verband denkt nämlich, wenn er die Musik bezahlt, soll ihm auch die Kapelle gehören. Doch hier rächt sich nun endgültig der Geburtsfehler der Ruhrtouristik.

An der Firma sollten nämlich damals, der früher im NRW herrschenden Wowi-Clement Irsinnslogik folgend, private Gesellschafter beteiligt werden. Die haben jetzt auch Anteile an der RTG und wollen diese auch behalten. Denn: Sie haben dafür Geld bezahlt. Sie haben investiert. Und dem RVR nun für einen Euro eine Beteiligung zu verkaufen? Diese Art von Geschenken macht nur die öffentliche Hand.

Nur zwei Beispiele: Die Centro Management GmbH lässt ausrichten: „Netter Versuch.“ Für einen Euro gebe man die Anteile nicht ab. Und die Geschäftsführerin der Tour de Ruhr, Monika Dombrowsky, bestellt: „Das Thema läuft auf kleiner Flamme.“ Und dann sagt sie einen klaren Satz, den ich an dieser Stelle wiedergeben möchte: „Die Frage ist nicht gestellt und beantwortet, was eigentlich die Aufgabe dieser Gesellschaft ist.“

Für ein paar Projekte brauche ich keine Tourstikfirma. Das ist Unsinn.

Es wäre sinnvoller, wenn sich die RTG um die Grundentwicklung des Tourismus im Pott kümmern würde. Sie müsste Trends erkennen und kommunizieren. Und für die Qualität im Ruhrfremdenverkehr sorgen.

Diese schwammige Aussage klar gemacht: Wenn die RTG sehen würde, dass Haldensurfen eine Trendsportart werden könnte, müsste sie für entsprechende Werbung sorgen, Angebote dazu anregen und überregionale Werbung für die erste deutsche Haldensurfer-WM organisieren.

Ach ja, Mist, ich vergaß: „Erlebnisraumdesign“. Das schöne Geld ist ja schon verballert.

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P.S.

Noch ein paar Sätze zu den Papieren, die ich immer mal erwähne: Ich würde die Dokumente gerne hier hin stellen, wie auch sonst immer, aber dooferweise sind die in Printfassung. Und ich habe keinen tragbaren Scanner. Da ich aber für die Ruhrbarone nur schreibe, wenn ich unterwegs bin und mal ein paar Minuten Zeit habe, kann ich das nicht. Ich versuche das nachzuholen, wenn ich wieder im Büro bin. Solange müsst ihr mir einfach glauben.