Der Autor dieser Zeilen zweifelt an sich: War er zu oft bei Folkwang und Künstlern in letzter Zeit? Warum behagt ihm eigentlich nicht eine einzige dieser Veranstaltungen an der Ruhr auch in dieser Woche? Wäre es ein besseres Leben, hätte er irgendwann kapituliert, weiterhin zu viel Bier getrunken, den Kopf an irgendeiner Stechuhr abgegeben und sich endlich seinen Fußballverein, seine Partei und vielleicht auch sein Auto, seine Stammkneipe und sein Zeitungs-Abo gesucht? Hmm. Kaum. Ist er ein Schnösel und verdorben für massenwirksame Ruhrie-Blogs und sollte besser schön in eine Nische einpacken gehen? Ein klares Nein! Also gut: Einmal mehr tapfer einer anderen Wahrheit ins Auge blickend und nicht vor Pottboulevard-Standards einknickend drei Themen: Dick Dale, Ständige Vertretung Dortmund, Ubu.
Schon mal durch’s Leben gesurft? Durch’s L.e.b.e.n. jetzt! Also so Schwung mitgenommen, mit den Elementen statt gegen sie fortbewegt? Genau, Surfmusik ist im Grunde die etwas agilere Ambient-Variante, und Marschmusik, gerade technoide, oder HipHop müssen ja nicht zwingend sein. Aber halt auch nicht Dauer-Yoga. Und in dieser Woche ist halt eine DER Legenden (Foto: Promo) da. Der sieht zwar nicht mehr so frisch aus und auch etwas goth-y und redet sogar wie Hamlet mit dem Schädel auf seiner HP. Aber nachgucken, wie sich so ein Mensch gemacht hat und ob der Gitarrensound noch glitzert und durch’s Leben surfen lässt, das ist doch wohl machbar, ohne dass hier gleich „Ein Gott kommt! Fußvolk! Alle hin!“ geschrieen werden muss, oder? Dale will ja auch nicht gewählt werden, ne? Und er ist auch schnell wieder weg, höhö.
*räusper* Längerfristig einrichten hingegen will sich offensichtlich so ein Kreativprojekteprojekt am Hohen Wall in der Post-Pop Popstadt Dortmund. Das sieht dann so aus, dass das lose, aber immer ein wenig auf sich aufmerksam machende Heimatdesign-Projekt mit dem bestimmt ähnlich aufstrebenden Technologiesalon-Projekt aus der ehemaligen Kokser-Rockstadt Hagen Projekte, Diskussionen und so genanntes „Interdisziplinäres“ anbietet. Das klingt für den Autor dieser Zeilen zunächst nach typisch postmodernem Trendhopping zwischen theoretischem Halbwissen und Experimental-Kleinunternehmertum (sowie natürlich Kunst und Zukunftsministerium in alternativ). Aber das macht ja nichts, bestimmt haben diese (ex-)Studierenden und Umfeld viel mehr als nur den Appetit auf wohl designte Lebensentwürfe im Kopf. Und diese Art Netzwerken soll ja sogar gegen Hühneraugen helfen und bringt die Kinder auch mal kurz vom Computer weg, harhar.
Unverständlich ausgedrückt wird sich auch mal wieder im Grillo, und zwar nicht zuletzt weil in vier Sprachen operiert wird beim Ubu. Bei Simon Stevens in der Bühnenbearbeitung von Sebastian Nübling wird dem grausamen und recht freudianischen Emporkömmling gen Ende der Prozess gemacht, das Ganze ein wenig von Macbeth-Anleihen weg in Richtung „Große Diktatoren des 20. Jahrhunderts“ hin gewendet und das alles so zubereitet, dass auch ein recht langes und formal spannendes Stück zumindest einige viele Besucher der öffentlichen Probe letztens schwer fesseln konnte. Also: Besuchen Sie Europas Kulturstätten, solange sie noch stehen! Es wird derzeit mit den Füßen abgestimmt, und Sie wollen doch nicht auf der Seite der Barbarei stehen, oder? Schon zu spät? Sie können gar nicht mehr anders? Alles ist verloren? Oh Graus! Ich glaub, ich hab mir doch die falsche Zielgruppe ausgesucht. Alles verkappte Apokalyptiker hier! *und ab*