Hierzulande ärgern sich Sportfans zunehmend über die um sich greifende Langeweile, die die Profi-Sportligen, zumindest an ihren Spitzen erfasst. In vielen Fällen ist die Anzahl der Kandidaten auf die jeweilige Meisterschaft in den vergangenen Jahren extrem überschaubar geworden. In der Fußball-Bundesliga zum Beispiel feierte der FC Bayern München gerade seine zehnte (!!) Meisterschaft in Serie.
Auch in Spanien, Italien und/oder England ist die Anzahl der Titelaspiranten zuletzt arg überschaubar geworden. Die Möglichkeit vom Tabellenende an die Spitze zu kommen, ja vielleicht sogar Meister zu werden, ist in vielen Ligen schon fast gar nicht mehr vorhanden. Ein Top-Team neu zu entwickeln, dauert in fast jedem Fall schier unzählige Jahre.
Dass es auch anders geht, das hat in diesen Tagen die nordamerikanische Eishockeyliga NHL einmal wieder frisch bewiesen.
Seit rund einer Woche sind die Entscheidungen im hiesigen Profifußball nun gefallen. Die Bayern sind mal wieder Meister geworden, RB Leipzig holte den DFB-Pokal, Fürth und Bielefeld sind aus der Bundesliga abgestiegen. Doch seien wir mal ehrlich, es waren die Aufsteiger, die uns in diesem Jahr besonders begeistert haben.
Der FC Schalke 04 und der SV Werder Bremen kehrten ins Fußball-Oberhaus zurück, und der 1. FC Kaiserslautern stieg als Sieger der Relegation gegen Dynamo Dresden eine Etage tiefer in die 2. Liga auf. Die Bilder der feiernden Fans mag man im Detail kritisieren, schlugen viele doch deutlich über die Stränge (Pyro, Randale etc.), doch lieferten die Fans dieser Teams in der Masse die großen Fußballemotionen, die der FC Bayern und RB Leipzig eben nicht liefern konnten.
Was wäre es doch schön, wenn wir solch große Emotionen demnächst auch wieder einmal bei der nationalen Titelvergabe beobachten könnten. Mit dem Dauersieger aus München und dem Dosen-Klub aus Leipzig wird das aber wohl nicht gelingen. Es muss ein Wandel her. Das haben die Bilder der vergangenen rund zwei Wochen noch einmal eindrucksvoll gezeigt.
Nach übereinstimmenden Medienberichten steht der FC Schalke 04 kurz davor für seine Profis in Zukunft eine feste Gehaltsobergrenze von 2,5 Mio. Euro pro Saison einzuführen. Ein zunächst von der ‚Süddeutschen Zeitung‘ verbreiteter Bericht, wird nun auf immer mehr Portalen entsprechend bestätigt.
Das klingt im Kern natürlich zunächst einmal sehr spannend. Zum einen ist es sympathisch, insbesondere in wirtschaftlich harten Zeiten wie diesen, so einer Forderung von Teilen der aufgebrachten Anhängerschaft zu entsprechen, den Kommerz zurückzuschrauben, die Entfremdung zwischen Klub und Fans durch solche Vorgaben wieder etwas zurückfahren zu wollen. Womit ginge das besser als mit einer neuen, finanziellen Bescheidenheit?
Zum anderen ist es ja auch ein schon länger öffentlich kursierender Gedanke in der Fußballwelt sich mit einer Art ‚Salary Cap‘ gegen die ausufernden Kosten zu stemmen und zugleich den Wettbewerb nach nordamerikanischem Vorbild etwas zu regulieren.
Das Problem ist nur: Das würde den Schalkern so nicht gelingen.
Bayern München vor Borussia Dortmund, RB Leipzig, Borussia Mönchengladbach und Bayer 04 Leverkusen. Die ersten Fünf in der Abschlusstabelle der Fußball-Bundesliga sind nach der Saison 2019/20 exakt die gleichen Teams, die sich auch schon nach der Spielzeit 2018/19 auf den ersten Rängen der Liga befunden hatten. Lediglich Mönchengladbach und Leverkusen haben in der am Samstag zu Ende gegangenen Runde im Vergleich zur Vorsaison diesmal die Plätze getauscht.
Was auf den ersten Blick vielleicht noch positiv gesehen für die hohe Konstanz und Verlässlichkeit dieser Mannschaften spricht, ist in Wahrheit eine schlechte Nachricht für die DFL. Denn ein näherer Blick auf die Tabelle zeigt ganz klar, dass die vielbeschworene Schere innerhalb der Liga immer weiter auseinandergeht. Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die auf Dauer nicht gut für den Unterhaltungswert und das Gesamtprodukt Bundesliga sein kann.
Der sehr geschätzte Kollege Pit Gottschalk kommentiert heute in seinem täglichen Fußballnewsletter ‚Fever Pit’ch‘ eine Reise von gut einem Dutzend Bundesliga-Manager in das Silicon Valley. In Nordkalifornien haben sich hochrangige Fußballfunktionäre aus diesem Lande fortgebildet.
Unter ihnen waren demnach u.a. Stefan Reuter (FC Augsburg), Fredi Bobic (Eintracht Frankfurt), Max Eberl (Gladbach), Simon Rolfes (Leverkusen), Sebastian Kehl (Borussia Dortmund) und auch Markus Krösche (RB Leipzig).
Die von Oliver Bierhoff organisierte Reise beschäftigte sich mit Fragen der Digitalisierung. Die Teilnehmer informierten sich, was ‚Vereine‘ in Nordamerika auf diesem Bereich den hiesigen Organisationen voraushaben, was die Klubs in diesem Bereich noch ‚lernen‘ können. Das war sicherlich eine ganze Menge. Zumindest bei einem Großteil der Klubs.
Gottschalk kommt in seinem Text zu dem Schluss, dass die Nichtteilnehmer (immerhin rund 2/3 der 36 in der DFL vertretenen Profivereine) einen großen Fehler gemacht hätten, da sie diesen seiner Meinung nach sehr wichtigen Bereich nicht als bedeutend genug erkannt hätten. Provokant fragt der ehemalige WAZ-Sportchef „Was kann wichtiger sein als Zukunftsfragen des eigenen Vereins?“
Grundsätzlich mag er damit recht haben. Und doch habe ich mich an dieser Stelle sofort zwei Dinge gefragt
Im US-Sport gab es in dieser Woche zwei neue Champions. In der NHL sicherten sich in der Nacht auf Donnerstag die St. Louis Blues durch einen 4:3-Erfolg in der ‚Best of 7‘-Serie gegen die Boston Bruins den begehrten Stanley Cup, dürfen sich damit als beste Eishockeymannschaft Nordamerikas des Jahres 2019 ansehen. Und heute Nacht finalisierten dann die Toronto Raptors aus der Basketballliga NBA ihr 4:2 gegen den dortigen Titelverteidiger, die Golden State Warriors.
Auffällig ist, dass beide Teams jeweils erstmals in ihrer Geschichte zu Meisterehren gelangten. Eine Art von Premiere, wie sie in vielen unserer heimischen Profi-Sportligen inzwischen viel zu selten geworden ist.
Sich immer weiter öffnende Scheren zwischen ‚Arm‘ und ‚Reich‘ verhindern bei uns inzwischen vielfach solche sportlichen Emporkömmlinge. Die Platzhirsche wie der FC Bayern München im Fußball haben sich inzwischen eine zu deutliche wirtschaftliche Überlegenheit erarbeitet.
Dieses auf Dauer nervige Phänomen ist keinesfalls auf Deutschland beschränkt. Auch in anderen Ländern Europas sind Überraschungs- und Premieren-Meister eine seltene Spezies geworden. Ausnahmen wie vor wenigen Jahren der Leicester City in England, der nach der Spielzeit 2015/16 völlig überraschend den Titel in der Premier League gewann, taugen dann gleich zum sportlichen Wunder.
Was also haben uns die US-Sportligen da voraus? Die Antwort ist relativ einfach: Ein sogenanntes ‚Salary Cap‘-System!
Während die Fußball-Bundesliga hierzulande bereits weit vor ihrem offiziellen Ende im Mai an der Spitze entschieden zu sein scheint, gibt es auch Beispiele im Weltsport, wo eine Vorhersage des nächsten Titelträgers nahezu unmöglich erscheint.
Zu diesen gehört zweifelsohne auch die nordamerikanische Profieishockeyliga NHL (National Hockey League). Dort beginnen am Mittwoch die Playoffs, die KO-Spiele. Der Sieger im Wettbewerb um den begehrten ‚Stanley Cup‘ wird erst in rund zwei Monaten gekürt. Und welches von den 16 Teams der Liga, die derzeit in die Playoffs starten, den begehrten Silberling am Ende dann tatsächlich einmal erringen wird, das kann man nur sehr schwer prognostizieren.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Natürlich trägt ein Playoff-System nach dem Ende der Hauptrunde schon von sich aus dazu bei, dass eine Überraschung das Ausscheiden eines der Favoriten begünstigt. Zum anderen ist es aber u.a. auch das System eines ‚Salary Cap‘, welches zur Ausgeglichenheit einer Liga beiträgt.
Dieses sorgt dafür, dass alle 30 Teams der Liga innerhalb gewisser Personalkosten für ihre Mannschaften bleiben müssen. Es gibt einen Mindesthaushalt für den Teamkader, und natürlich auch eine entsprechende Obergrenze. Innerhalb dieser Beschränkungen gilt es nun für die Clubs bzw. Franchises mit möglichst viel Geschick eine Mannschaft zusammenzustellen, die richtige Mischung aus Führungsspielern und Talenten, aus Jung und Alt zu finden.
Die nordamerikanische Profi-Eishockey-Liga `NHL‘ (National Hockey League) sorgt aktuell auch hierzulande mal wieder für einige Schlagzeilen in der Sportszene. Ab der übernächsten Saison wird dort die bisher aus 30 Franchises (‚Clubs‘) bestehende Liga nämlich ein 31. Team in ihr eigentlich geschlossenes System aufnehmen. Die Stadt Las Vegas erhält für eine Zahlung von kolportierten 500 Mio. US-Dollar, welche unter allen anderen Teams aufgeteilt werden wird, ein Startrecht in der besten Eishockey Liga der Welt.
Sicherlich so nichts, was sich ganz einfach und problemlos in das europäische Sportgeschehen übertragen ließe. Sportfans hierzulande sind traditionell mehrheitlich noch immer strikte Anhänger von Auf- und Abstieg. Und auch die Deutsche Eishockeyliga (DEL) hat zuletzt schon eher schlechte Erfahrungen mit einem in sich geschlossenen Ligasystem gemacht.
Ein anderer in diesem Zusammenhang nun bekanntgewordener Fakt verdient allerdings auch hierzulande eigentlich einmal mehr tatsächlich etwas mehr Beachtung: Der sogenannte ‚Salary Cap‘ wurde, wie in diesem Zusammenhang bekannt wurde, bereits für die nächste, im kommenden Herbst beginnende Spielzeit, in Übersee von bisher 71,4 auf zukünftig 73 Millionen US-Dollar angehoben. Die Untergrenze des ‚Cap‘ liegt demnächst bei 54 Mio. US$.
Was zunächst noch ziemlich beiläufig erscheinen mag, ist bei etwas näherer Betrachtung aber einer der Hauptfaktoren dafür, dass die NHL seit Jahren extrem ausgeglichen und spannend verläuft, seit Jahren schon kein Team mehr seinen Titelgewinn verteidigen konnte, auch Teams aus dem Tabellenkeller häufig binnen weniger Jahre wieder zu echten Titelanwärtern auf den ‚Stanley Cup‘ mutieren können.
Ein äußerst erfolgreiches Regulierungsinstrument also, welches man bei der zunehmenden Dominanz einiger weniger Teams im europäischen Fußball, durchaus einmal für eine wieder deutlich spannendere Zukunft der Ligen in Betracht ziehen und diskutieren sollte.
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