Anfang des Jahres war Sasha Waltz bereits bei der Tanzplattform mit „Kreatur“ zu Gast im Ruhrgebiet. Einer fast einhellig als eher schwächer eingestuften Arbeit der Berliner Choreographin. Nun ist ihre Compagnie mit „Exodos“, das im Radialstem in Berlin uraufgeführt wurde, bei der koproduzierenden Ruhrtriennale in der Jahrhunderthalle. Sasha Waltz ist bekannt für ihre raumfüllenden Arbeiten, die direkten Bezug auf die Architektur nehmen und diese kongenial bespielen. Die Jahrhunderthalle – ein ideales Spielfeld für Waltz, sollte man meinen.
Das hat Pina Bausch nicht verdient
Ein Kommentar
Das Wuppertaler Tanztheater steht am Scheideweg. Zielgenau zum Beginn der Theaterferien startete der zum Ende des Jahres ausscheidende Geschäftsführer Dirk Hesse einen Generalangriff auf die künstlerische Leiterin Adolphe Binder, die erst seit Beginn der Spielzeit im Amt war. Obwohl die Informationen nur spärlich sind, deutet vieles darauf hin, dass Hesse seine Attacke von langer Hand geplant hatte. Binders Spielplan für das kommende Jahr, ausgerechnet jenes, in dem sich der Todestag Pina Bauschs zum zehnten Mal jährt, ließ er platzen, um ihr jetzt vorwerfen zu können, sie habe ihre Arbeit nicht getan. Alle schon lange schwelenden internen Konflikte wurden unter dem Deckel gehalten, um sie jetzt gezielt auspacken zu können. Zu einem Zeitpunkt, da die Tänzer noch auf Gastspiel in Paris sind, der Kulturjournalismus schon auf Theaterferien und Festivalsaison gepolt ist. Ein Vorgehen, das aus der Politik gut bekannt ist, wo unpopuläre Vorhaben gerne schnell durchgewunken werden, während die Wählerschaft angetrunken und mit Grillgut vollgestopft vor den Fernsehern sitzt und dem internationalen Fußball hinterherhechelt.
Uraufführung am Tanztheater Wuppertal: Neues Stück II von Alan Lucien Øyen
Als vor nur drei Wochen Dimitris Papaioannou mit „Seit sie“ die Nach-Pina-Bausch-Ära am Wuppertaler Tanztheater einläutete, hatte der Choreograph vor lauter trickreicher Bilder das Tanzen vergessen. Das machte nun bei der Premiere des noch unbetitelten Neuen Stückes II am 2.6. der junge norwegische Choreograph Alan Lucien Øyen anders.
Zunächst einmal zeigt jedoch das Bühnenbild von Alex Eales, dass es tanzen kann. Der Brite hat mehrere Elemente gebaut, die Teile von Räumen mit Fenstern, Lampen und Türen, abblätternder Wandfarbe und sich lösenden Tapeten zeigen.
Noch einmal: Open (S)Pace von Jeroen Verbruggen
Darf ein Kritiker zweimal über die gleiche Produktion schreiben? Natürlich darf er. Wenn er für verschiedene Medien arbeitet, sowieso. Wenn er sich (aus welchen Gründen auch immer) bei seiner ersten Einschätzung krachend geirrt hat und den Mut aufbringt, seine Eitelkeit mal beiseite zu lassen, wäre es sogar außerordentlich ehrenhaft. In diesem Fall allerdings ist das Medium das gleiche, wie das der ersten Kritik, und es soll auch nichts grundsätzlich revidiert werden. Ist es dann nicht müßig, sich noch einmal zu äußern, wenn doch eigentlich nur die neueste Meldung, i.e. die Kritik, die möglichst direkt am Morgen nach der Premiere schon online ist, etwas gilt?
Im ersten Text gab ich den Hinweis, dass Jeroen Verbruggens Choreographie für das Ballett im Revier so dicht und voller Ideen sei, dass man es mehrmals besuchen müsse, um es erfassen zu können. Diese Vermutung sah ich nun nach meinem zweiten Besuch der Vorstellung am 9.5.
Premiere in Gelsenkirchen: Open (S)Pace von Jeroen Verbruggen
Am Anfang dieser in vieler Hinsicht erstaunlichen Ballett-Performance stand die Idee, den derzeit vielbeschäftigten, dauerkreativen, jungen Choreographen Jeroen Verbruggen zur Zusammenarbeit mit der nicht weniger bemerkenswerten Gelsenkirchener Compagnie zu bewegen. Das Haus machte dem Belgier ein verführerisches Angebot: Eine Produktion im kleinen Haus des Musiktheaters auf der Raumbühne sollte es sein. Ansonsten gab es keine Vorgaben. Carte Blanche für ein Experiment mit einer bestens trainierten, im neoklassischen Stil überlegenen und für andere Bewegungssprachen
Symposium mit wenig Zukunft an der Folkwang
Im Frühjahr diesen Jahres veröffentlichte die vom Kunsthochschulbeirat beauftragte Tanzkommission NRW ihren Abschlussbericht. Ein Jahr lang hatte sie die Tanzausbildung in NRW – an der HfMT Köln und der Folkwanguniversität der Künste in Essen unter die Lupe genommen. Obwohl der Bericht aufgrund methodischer Mängel sowie faktischer Fehler nicht unproblematisch ist und sogar nachgebessert werden musste, enthielt er doch in seiner Grundtendenz richtige Thesen: An der HfMT mangelt es der eigentlich gut und zukunftsfähig strukturierten Tanzausbildung an räumlicher und personeller Ausstattung, an der Folkwang führt eine allzu starke Fixierung auf die Tradition – Jooss, Leeder, Bausch – dazu, dass die Studierenden kaum noch marktgerecht ausgebildet werden. Sowohl etliche Leiter von Tanz-Ensembles wie auch ehemalige Studierende der Folkwang Universität bestätigen diesen Eindruck.
Nun kündigt die Folkwang Universität für den 13. bis 15. Oktober ein Symposium „Folkwang Tanz“ an.
Tanz-Uraufführung auf PACT Zollverein: Sleep Technique von Dewey Dell
Eine sanfte Bodenwelle in der Mitte der Bühne, ein flacher Durchgang in der Rückwand, durch den archaische Gestalten hervorkriechen, sich langsam, unsicher, schemenhaft und wie wirbellose Wesen auf der nur vom unscharfen flackernden Licht des Beamers matt erleuchteten Bühne bewegen, sich in einem quälenden Stadium der Entwicklung befinden als würden sie sich verpuppen und ihre niedere Vorexistenz abzustreifen versuchen, manchmal in exzessive mechanisch immer und immer wiederholte Bewegung verfallen. Die Compagnie Dewey Dell zeigte am 3.3. auf PACT Zollverein „Sleep Technique“ als Uraufführung.
Die junge Compagnie ist zum ersten Mal auf PACT Zollverein zu Gast. Drei ihrer Mitglieder heißen Castellucci mit Nachnamen und sind die Kinder des Regisseurs Romeo Castellucci,