Tönnies wirft auf Schalke hin – Doch warum formte sich der Widerstand gegen ihn erst so spät?

Archiv-Foto: Michael Kamps

Kein Tag ohne Schlagzeilen rund um den FC Schalke 04. Nachdem am Montag die Nachricht die Runde machte, dass der Klub womöglich in Kürze auf eine Millionenschwere Landesbürgschaft zurückgreifen muss um seine finanzielle Zukunft abzusichern, erreichte am heutigen Dienstag ein Statement des Vereins die Fans, auf das viele von ihnen mit großer Erleichterung reagiert haben werden:

„19 Jahre lang war Clemens Tönnies Vorsitzender des Schalker Aufsichtsrats: Am Dienstag (30.6.) teilte der 64-jährige Unternehmer dem Verein mit, dass er mit sofortiger Wirkung von diesem Amt zurücktritt und das Gremium verlässt“, hieß es da plötzlich auf der Vereinshomepage.

Die üblichen Lobeshymen begleiteten im Folgenden den Mann, der für viele im Umfeld zuletzt zu einer großen Belastung geworden war. Rassismus-Vorwürfe im vergangenen Herbst, nun die unrühmlichen Vorgänge rund um seinen Schlachthof, der in Zeiten der Corona-Pandemie für viele zum Symbolbild der Krise geworden war. Sowohl auf Schalke als auch in Sachen COVID-19.

Jetzt hat Tönnies zumindest in Sachen Königsblau die (ersten) Konsequenzen aus der massiven Kritik an seiner Person gezogen. Der Druck war wohl schlicht zu groß geworden. Und das führt uns direkt zu der Frage: Warum kippte die Stimmung im Umfeld des Bundesligisten erst so spät gegen Tönnies?

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Die Empörung über die Zustände in Schlachthöfen und im Gesundheitswesen ist verlogen!

Glückliche Schweine? Häufig sucht man sie vergeblich. Foto: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei

Es ist schon merkwürdig, was da gerade abläuft. In Zeiten der Corona-Pandemie werden plötzlich Themen nach oben gespült, die es schon seit Jahren zu kritisieren gilt, von denen bisher aber kaum jemand etwas wissen wollte.

Schlimmer noch: Es fordern in diesen Tagen ausgerechnet Leute plötzlich ein Umdenken, die selber maßgeblich mit für die Existenz dieser fragwürdigen Zustände verantwortlich sind bzw. waren.

Irrer geht es kaum!

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Gibt es für den FC Bayern München eigene Handspielregeln?

Schalke gegen Bayern am 24. August 2019. Foto(s): Michael Kamps

Es war ein Bundesligaspiel, das schon im Vorfeld sehr viele mögliche Geschichten lieferte. Das erste Heimspiel des FC Schalke 04 nach dem Tönnies-Skandal, der von vielen Medien extrem gehypte erste Auftritt von Philippe Coutinho mit seinem neuen Team, die Sieglos-Serie der Königsblauen gegen den Gast von der Isar, das Torhüter-Duell Manuel Neuer gegen Alexander Nübel. Doch die Aufmerksamkeit der Massen richtete sich nach dem glatten 0:3 der Gelsenkirchener Profikicker gegen den FC Bayern München leider einmal mehr auf den Schiedsrichter und einen möglichen Bayern-Vorteil.

Dabei war der Sieg der Münchener bei den Königsblauen hochverdient und im Kern unstrittig. Das 0:3 spiegelte den Spielverlauf allerdings so gar nicht wieder. Vor allem die Tatsache, dass die Schalker auch nach dem zweiten Saisonspiel noch immer ohne eigenes Tor dastehen, die ist nach dem Spiel vom Samstag eigentlich kaum zu glauben.

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Ich bleibe Schalker, und Tönnies wird gehen.

A portrait of the artist as a young man (Foto:privat)

Zeiten enden. Immer und fortgesetzt. Nächste Woche werde ich vierzig. Ich blicke im Moment viel und fortwährend zurück, versuche zu sehen, was ich hatte, was sich änderte, was blieb, und wie es werden soll. Viele Menschen habe ich kennengelernt; die meisten davon waren nur vorübergehend in meinem Leben – die meisten gingen im Guten, bei einigen wenigen bin ich bis heute enttäuscht oder verletzt. Alles fließt. Nicht bleibt. Was normalerweise Glückskeksspruch ist, erfüllt mich derzeit. Eines aber stand für mich immer außer Frage: Schalke. Stand.

Es war für mich eine mehr oder minder natürliche und gleichwohl lebensdefinierende Sache, bereits als Kind ein Schalker zu werden. Ja, ich kam aus einem polnisch-schlesisch-katholischen Elternhaus, ja, ich war Messdiener und ja, ich war lange Zeit ein aktiver Gläubiger. Doch zweifelte ich immer wieder an meinem Glauben, und habe mittlerweile zu einer Art agnostischem Agreement mit Gott gefunden, ob er jetzt will oder nicht. Ich zweifelte aber nie daran, ein Schalker zu sein.

Mein Opa kam 1972 nach Deutschland, zusammen mit Oma, und meinem Vater und meinem Onkel. Er erzählte mir immer und immer wieder, wie er im Ruhrgebiet am Bahnhof ankam, und das blau-weiße Treiben nicht so recht einordnen konnte, aber hin und weg war, und zuerst kurz dachte, das diente der Begrüßung der Heimatvertriebenen – auf diesen Status war mein Opa übrigens nie stolz, er nutzte ihn als Terminus Technicus, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden. So im Nachhinein kamen mir Zweifel, ob die Erzählung meines Opas tatsächlich so stimmte, oder ob er sich selbst und mir eine besondere Variante der Realität erzählte. Aber Schalke, das war mir schon früh klar, das ist unser Verein – das ist unsere Identität.

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Schalker-Fanproteste gegen Tönnies wandeln auf schmalem Grat

Foto: Michael Kamps

Die Lage auf Schalke bleibt kurz vor dem Pflichtspielauftakt der ‚Knappen‘ im DFB-Pokal am kommenden Wochenende unruhig. Nach den von vielen als rassistisch empfundenen Äußerungen von Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies in der Vorwoche (wir berichteten), und seiner am gestrigen Mittwoch verkündeten dreimonatigen Auszeit, ebbt die Welle der allgemeinen Empörung über die Abläufe und bisherigen Konsequenzen nicht ab.

Große Teile der Fans hätte sich offensichtlich dann doch eine nennenswertere Strafe für den Fleischfabrikanten Tönnies gewünscht, diese sogar erwartet. Wichtige Fan-Gruppierungen fordern aktuell weitergehende Konsequenzen ein.

Auch für die Ultras Gelsenkirchen sind die bisherigen Konsequenzen nicht weitreichend genug. „Das Ergebnis des Ehrenrates ist für uns in keiner Art und Weise akzeptabel“, hieß es in einer dazu veröffentlichten Stellungnahme.

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Kahn weniger geil?

Oliver Kahn ein Schalker? Vereinsboss Clemens Tönnies geil auf den Titan. Nicht ganz. Den Ruhrbaronen wurde nun folgendes, peinliches Fotodokument zugespielt. Der damalige Bayern-Keeper würgt den Hals von Schalkes Stürmer Sören Larsen (klick).

Zwei Jahre ist das her. Und vor acht Jahren tat Kahn das gleiche (klack) mit einer Eckfahne im HSV-Stadion. Der Anlass dürfte auf Schalke bekannt sein. Und nun? Wird es nun doch nichts mit dem Mega-Deal, dem Titan auf Schalke? Rätselhaft ist Schalke.