Auf Kunst in Kassel folgen Kirchen in Karlsruhe, dorthin beruft Ende August der World Council of Churches, der Ökumenische Weltkirchenrat, seine Vollversammlung ein, die elfte seit seiner Gründung 1948, die erste in Deutschland. In den Kirchen und ihren Theorien, mit denen sie Gott und Welt erklären, markiert das Verhältnis zu den Juden seit jeher die Mitte, das ist in jüdisch informierten Theologien genauso wie in antijüdischen. Daher wie schon im Vorfeld der Documenta die begründete Sorge, dass BDS, die antisemitische Hetzkampagne, abgefeiert werden könnte, ohne auftreten zu müssen. Wird die nächste ‚Judensau‘ durch eine mittelgroße deutsche Stadt getrieben?
Juden, die an Säuen saugen, das Motiv wurde zwischen dem 13. und 16. Jh an den Außenmauern von knapp 50 Kirchen in Mitteleuropa plakatiert. Wie mit solch verhetzenden Motiven im öffentlichen Raum heute umgegangen und, falls überhaupt möglich, Demagogie in Aufklärung umgewandelt werden kann, das Nachdenken darüber verläuft zäh. Dies vor allem macht es für viele Juden so schmerzhaft, es geht, wenn es um sie geht, mal wieder nicht um sie, es nimmt grundsätzlichen Charakter an. Juristisch, theologisch, aber auch, was ein ästhetisches Bewusstsein für Öffentlichkeit angeht. Mitten in diese Diskussion hinein stellte die Documenta, Ausstellung für die Kunst des 21. Jahrhunderts, Juden als Schweine aus.