Ein Typ mit Tarnfarbe im Gesicht malt ein Plakat. Neben ihm eine Frau mit genervtem Blick. Sprechblase: „Nein, Philipp, es heißt nicht ‚Süchtig nach uns‘ sondern ‚Sucht nach uns‚!“
ZPS: Wo sind die Knochen?
Gegendarstellung von Herrn Dr. Philipp Ruch zum Beitrag „ZPS: Überreste jüdischer Opfer verloren gegangen?“ vom 07.12.2019
Gegendarstellung
Auf www.ruhrbarone.de veröffentlichten Sie in dem Artikel mit der Überschrift „ZPS: Überreste jüdischer Opfer verloren gegangen?“ vom 07.12.2019 das Foto eines Knochenfragments und schreiben dazu:
„Foto eines Knochens, den das ZPS einem Laborbericht zufolge mit FedEx an ein Labor schickte, der dort aber dem Laborbericht zufolge nicht ankam. (…) Einem Laborbericht zufolge (…), versandte das ZPS die Überreste von Nazi-Opfern(…) Ein Teil davon kam wohl nicht an.“
Hierzu stelle ich fest:
Das auf dem Foto abgebildete Knochenfragment ist nie von dem ZPS an das Labor geschickt worden.
Der durch die Überschrift des Artikels und vorzitierten Passagen zum Ausdruck gekommene Verdacht, es seien Überreste von Opfern verloren gegangen, ist falsch.
Berlin, 20.12.2019
Dr. Philipp Ruch
[Update (20.12.2019): Die ursprüngliche Fassung dieses Artikels war aufgrund einer missverständlichen Formulierung und der offenen Frage in der Überschrift geeignet, den Eindruck zu erwecken, das ZPS habe ein mutmaßliches Knochenfragment versandt, das dem vom ZPS beauftragten Labor „Alecto Forensic Services Ltd.“ nicht zugegangen sei.
Dieser Eindruck ist irreführend.
Aus dem Wortlaut des Gutachtens geht lediglich hervor, das Knochenfragment habe das Institut nicht erreicht. Der Ruhrbarone-Redaktion ist nicht bekannt, ob das abgebildete Knochenfragment überhaupt durch das ZPS oder anderweitig versendet worden ist oder nicht. Eine Fotogfrafie des Knochenfragments war Teil einer Email, die vom ZPS an das Institut versendet worden war. Aus diesem Grund wurde in dem Gutachten vermerkt, dass ein der Fotografie entsprechendes Knochenfragment nicht eingegangen sei.
Da es sich bei dem abgebildeten Gegenstand nach Angaben des ZPS mutmaßlich um die Überreste eines Opfers des Nazi-Regimes handelt, sehen wir ein Interesse der Öffentlichkeit am Verbleib des Knochenstücks.
Wir haben daher am heutigen Tag eine Anfrage an das ZPS versendet, in der wir uns über das Schicksal des Knochenfragments erkundigen. Eine Stellungnahme des ZPS werden wir an dieser Stelle und ggf. gesondert veröffentlichen.]
Die vollkommene Enthemmung des Zentrums für politische Schönheit
Das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) fällt oft und gerne durch besonders kontroverse Aktionen auf. Wenig überraschend sind dem Kollektiv dabei Dinge wie Pietät und die Würde der Naziopfer vollkommen egal, wenn man sich nur im Duktus der eigenen moralischen Überheblichkeit wälzen kann und so haben sie es nun geschafft sich selbst noch weiter zu unterbieten.
ZPS: Soko-Chemnitz und stumpfe Selbstinszenierung
In seiner neuen Aktion „SOKO-Chemnitz“ ruft das Zentrum für politische Schönheit dazu auf, die Teilnehmer der Ausschreitungen von Chemnitz zu identifizieren und auch beim Arbeitgeber zu melden. Und wie so oft ist diese Aktion nicht frei von (durchaus berechtigter) Kritik.
Hallo Herr Erdogan, können wir Philipp Ruch gegen Deniz Yücel tauschen?
Wenn überflüssige „Aktionskünstler“ ganz große Widerstandskämpfer gegen Diktatoren sein wollen: Warum sollten sie dann nicht dort in den Zellen landen, die leider noch von engagierten Journalisten belegt sind. Ein bescheidener Vorschlag zur Lösung gleich mehrerer Probleme.
Premiere in Dortmund: 2099 – Die große Behauptung
Bisher wurde darüber gestritten, ob die Aktionen des Zentrums für politische Schönheit eher Kunst oder Politaktivismus sind, oder vielleicht auch politische Aktionskunst. Nun wagen sie sich in Dortmund auf die Theaterbühne und machen ein richtiges Theaterstück. Und – scheitern mit 2099 kläglich. Das Schlimmste: Das Zentrum hätte es lange vor der Premiere am 19.9. wissen können, denn es gibt gute Gründe, warum das Konzept nicht aufgehen konnte.
Warum Raja sterben soll
Sie haben die Kindertransporte wieder eingeführt und Gräber für Flüchtlinge vor dem Reichstag ausgehoben. Jetzt mischt das Zentrum für Politische Schönheit die Stadt Dortmund auf – mit Kanonen auf Leopardenbabys und geklauten Affen. Ein Kommentar.
Tiere, Titten, Tote, Deutschland, Kinder – das ist der Leitspruch eines jeden aufmerksamkeitsgeilen Journalisten. Mit Kindern hat es das Zentrum für Politische Schönheit aus Berlin bereits versucht, die Toten sind längst in der Hauptstadt angekommen und um Deutschland geht es sowieso zwecks Location immer. Hauptthema der Aktionskunst sind die EU-Außengrenzen und die Menschen, die wegen ihnen ums Leben kommen. Die Reaktionen setzen sich immer wieder aus Empörung, Jubel und vor allem einem riesigen Medienecho zusammen.
Man muss nicht finden, dass das Kunst ist. Man soll darüber sogar streiten. Man kann finden, dass diese Menschen nichts sind als ein paar Berliner Hipsterkinder mit Größenwahn und Dreck im Gesicht, die zu viel Terz um ihre eigene Subversivität machen. Aber man sollte vorher für einen angemessenen Zeitraum innehalten und der eigenen Kapazität entsprechend darüber nachdenken, was diese Leute da tun und was es auslöst.
In Dortmund hat am Samstag das Stück 2099 Premiere, inszeniert vom besagten Zentrum für Politische Schönheit. Kurzbeschreibung: irgendwelche Philosophen reisen in der Zeit zurück um uns Bescheid zu sagen, wie scheiße alles wird, wenn wir so weitermachen. Das klingt erstmal nach einem durchschnittlich vorhersehbar-postmodernen Theaterabend, bei dem sich das linksliberale Bildungsbürgertum gehörig läutern lassen kann und anschließend kopfschüttelnd nach Hause geht. Achja, und mit Nazithematik, deshalb Dortmund – wie gewitzt.
Am Theater freute man sich über Besuch von weit her und verkaufte munter Tickets. Selbst die Ankündigung der Künstler, sie wollten das süße Leopardenbaby Raja töten, nahm man mit einem diskursiven Augenzwinkern und einem Stalin-Zitat hin.
Dann wurden drei Zwergaffen und zwei Meerschweinchen aus dem Dortmunder Zoo geklaut. Die angeblichen Täter stellten sich selbst, auf Twitter: die Aktivisten des ZPS.
KATASTROPHE FÜR DORTMUNDER ZOO: Das waren wir! Aber morgen kehren Sie zurück: http://t.co/a8ZnrhVozq .@vogeskay @SchauspielDo
— Politische Schönheit (@politicalbeauty) September 18, 2015
Puh. Das wird Aufschreie geben. Vergossene Tränen. Bürger, die sich bereit erklären, vor den Gehegen Wache zu stehen. Exekutionswünsche, Tierquälereivorwürfe, Teer, Federn, #affengate. So viel negative PR hatte sich das Schauspiel Dortmund dann doch nicht gewünscht. Sie sollen ruhig herkommen und ihre Kunst machen, die Berliner – aber mit Betonung auf ‚ruhig‘. Es wäre vorausschauend gewesen, ein Happening dieser Art zu erwarten. Stattdessen wird das Stück nun abgesagt, oder mittendrin abgebrochen, man wird nicht ganz schlau aus der Erklärung des Schauspielhauses.
Die Affenentführung ist eine Straftat, das ist wahr. Nach deutschem Recht sind viele Dinge eine Straftat, die man vielleicht trotzdem machen sollte. Und solange man nicht weiß, ob es den Affen gut geht, ist über die moralische Verwerflichkeit des Ganzen kaum zu urteilen und auch kein Spruch angebracht, in dem die Worte „Zweck“ und „Mittel“ vorkommen.
Aber wenn die WDR-Lokalzeit-Moderatorin etwas empört und mit ein bisschen Ekel in der Stimme den Schauspiel-Intendanten fragt: „Welche Rolle spielen wir Medien eigentlich bei dieser Inszenierung?“, dann ist das vielleicht eine Grundsatzfrage, die auch außerhalb des Leobabykontextes mal zu stellen wäre. Welche Rolle wollt ihr denn spielen, die ihr heute drei Minuten wertvolle, fucking öffentlich-rechtliche Sendezeit auf eine klamaukige PR-Aktion verschwendet habt? Anstatt nach Geschichten zu suchen, die wirklich Aufmerksamkeit verdienen, hängt man sich lieber an den Aufreger-Zug.
Wenn Petra Rommerskirchen auf der Seite des Theater Dortmund kommentiert: „Vielleicht schicken Sie diese ‚Politische Schönheit‘ nach Syrien, da können die Spinner sich austoben“ weil sie „die Ankündigung, ein Jaguarbaby zu töten“ unerträglich findet, dann sollte man sich fragen, warum nicht mal wieder andere Dinge unerträglich gefunden werden können. Diese Gefühle, diese Empörung und das Nicht-Ertragen werden banal rumkanalisiert und dabei vergessen, wofür sie sich tatsächlich lohnen. Da wäre zum Beispiel – nur ein Vorschlag – das nicht nur angekündigte sondern zudem zigfach durchgeführte Töten von Menschen.
Wenn die Nachricht vom bedrohten Raubkatzenbaby auf Facebook Kommentarschwemmen auslöst – darunter unter anderem der resignierte Satz: „Die Welt versinkt im Chaos“, als gäbe es dafür keine deutlicheren Zeichen – wenn Menschen anbieten, das Leopardenbaby oder gar das ganze Affenhaus vorübergehend bei sich aufzunehmen, dann hat das ZPS genau den ekelhaften Zynismus ans Licht gebracht, den wir alle schon die ganze Zeit vor uns her tragen.
Das können die Berliner Hipsterkinder mit dem Geltungsdrang: uns allen unter die Nase reiben, wie blöd wir sind.