Jetzt ist es also amtlich: die Telekom hat nicht einen, sondern mindestens fünf Aufsichtsräte bespitzelt. Die Empörung ist groß, denn der Konzern wurde von der Staatsanwaltschaft Bonn vor den Opfer über die neusten Entwicklungen informiert. Diese erfuhren erst von Vorstandschef René Obermann, dass in ihre Privatsphäre eingedrungen wurde.
Für die frühere Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, die die betroffenen Aufsichtsräte juristisch vertritt, ein unverständliches Vorgehen. Die einseitige Informationspolitik der Staatsanwaltschaft sei "völlig inakzeptabel", sagte die SPD-Politikerin mir. Verständlich: Denn die Täter sind eher im Umfeld der Telekom zu suchen – im Fokus stehen Ex-Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel. Warum wird das Unternehmen dann vor den Opfern informiert? Die Telekom schweigt dazu; bei der Staatsanwaltschaft ist niemand erreichbar.
Im Konzern erzählt man sich nun folgende Geschichte: Telekom-Chef Obermann bat die Staatsanwaltschaft, ob er die Aufsichtsräte über die Spitzelattacke informieren könnte. Sein Ziel, er will die Stimmung verbessern. Denn seit dem Streit um die Verlagerung von rund 50.000 Mitarbeiter in konzerninterne Töchter herrscht dicke Luft zwischen Arbeitnehmerbank und Konzernführung. Mit der geplanten Schließung von zwei Drittel aller Callcenter hat sich die Lage nun noch einmal verschärft. Regelmäßig knallt es zwischen den Parteien, wie mir Beteiligte sagten.
Nun schaltet sich die Politik ein und damit kann es brenzlig für die Telekom-Führung werden. Auch wenn der Konzern stets versucht, den Einfluss von Berlin runter zu spielen. Wie die Rauswürfe von Ricke und Ron Sommer gezeigt haben, wichtige Entscheidung werden vom oder im Einklang mit dem Kanzleramt gefällt. Obermann weiß das. Er hat sich seit seinem Amtsantritt im November 2006 um einen guten Draht bemüht und kann auf eine breite Unterstützung in Berlin bauen.
Mit dem Kahlschlag bei den Callcentern bläst dem Vorstand aber plötzlich der Wind ins Gesicht. Mir liegen etliche Brief von Bürgermeistern und Bundespolitikern vor, die scharfe Kritik an den Plänen und auch an Obermann persönlich üben.
Da kommt die Spitzelaffäre ungelegen: Denn ausspioniert wurden die Daten von Aufsichtsräten der Arbeitnehmerbank. Die Arbeitgeberseite blieb unbehelligt oder steht mit Zumwinkel sogar selbst unter Verdacht. Moralisch ist die Konzernführung damit ins Hintertreffen geraten, auch wenn Obermann keine schuldhaftes Verhalten nachgesagt wird. Er muss also bemüht sein, das Thema schnell vergessen zu machen. Da ist es hilfreich, sich als erster im Namen des Unternehmens bei den Betroffenen zu entschuldigen.