Der Genozid an den Armeniern kommt in die deutschen Kinos. Von unserem Gastautor Ilias Uyar.
Erstmals kommt mit „The Promise – Die Erinnerung bleibt“ ein hochkarätiger Hollywood-Film über den Völkermord an den Armeniern weltweit auf die großen Kinoleinwände.
Am Donnerstag, den 17. August 2017, startet The Promise – Die Erinnerung bleibt“ bundesweit auch in hier in den Kinos. Dass der Film kein gewöhnlicher Hollywood-Streifen ist, liegt an vielen kleinen Besonderheiten. Regie führte Terry George. Terry kennt sich mit der filmischen Auseinandersetzung von Völkermorden bestens aus. Sein Drama „Hotel Ruanda“ zum Genozid der Hutu an der Tutsi-Minderheit war für den Oscar nominiert.
Besetzt wurde der Film mit der Crème de la Crème der Filmbranche: Golden-Globe-Gewinner Oscar Isaac, César-Nominee Charlotte Le Bon und Oscar-Preisträger Christian Bale. „Zu meinem eigenen Erschrecken wusste ich gar nichts über diesen Völkermord. Und war dann noch schockierter, dass ich damit längst nicht der Einzige war. Eigentlich hatte niemand, mit dem ich im Vorfeld des Films sprach, in der Schule oder sonst irgendwo etwas darüber gelernt.“, so Bale zum Thema des Films.
Shitstorm vor Kinostart der Leugner
Noch bevor der Film anlief und sein Publikum erreichte, wurde er angegriffen. Massenweise haben Leugner des Genozids an den Armeniern, zumeist aus der Türkei, eine Kampagne gegen den Film gefahren. Die Türkei leugnet den Genozid an den Armeniern bis heute und versucht mit aggressiven Mitteln, ein Gedenken an die Opfer des Genozids, dem neben 1,5 Millionen Armeniern auch weitere christliche Minderheiten, wie die Aramäer/Assyrer und Pontus-Griechen, zum Opfer fielen, zu verhindern. Im Rahmen eines Shitstorms wurde der Film auf der bekannten Filmdatenbank IMDb 85.000 Mal mit dem schlechtesten Ranking bewertet – noch bevor er offiziell in die Kinos kam.
Damit versuchten Trolle, dem Film noch vor dem Starttermin mit Negativ-Bewertungen zu schaden. Da die Bewertung der IMDb entscheidend bei einer Google-Suche ist, wollte man potentielle Interessenten mit der schlechten Bewertung abschrecken. Das dieser Shitstorm keine Aktion von einigen Wutbürgern, sondern eine koordinierte Arbeit mit entsprechendem Finanzfluss sein muss, liegt auf der Hand. Trotz dieses immensen Sabotageversuchs an dem Film war die mediale Aufmerksamkeit bei der Weltpremiere beeindruckend. Viele Showgrößen und Prominente setzen sich für den Film wiederum über Social Media stark ein. Von Heidi Klum, Leonardo di Caprio über Sylvester Stallone bis Elton John wurde die Intention des Films gewürdigt: „Niemand darf vergessen werden, aber genau das ist während des Genozids an den Armeniern geschehen“, so Elton John.
Die Geschichte des Filmes versetzt den Zuschauer in das Konstantinopel kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges: Die einst so lebendige und multikulturelle Hauptstadt des Osmanischen Reiches droht im Chaos zu versinken – und mit ihr der begabte Medizinstudent Michael (Oscar Isaac). Als die attraktive Künstlerin Ana (Charlotte Le Bon) an der Seite ihres Geliebten, dem amerikanischen Fotojournalisten Chris Myers (Christian Bale), aus Paris eintrifft, verliebt er sich Hals über Kopf in sie. Verbunden durch ihre gemeinsamen armenischen Wurzeln wird zwischen Ana und Michael eine unbeschreibliche Anziehungskraft entfacht, der Beginn einer leidenschaftlichen Liebe. Doch schnell werden sie von der harten Realität des eskalierenden Krieges eingeholt und müssen aufgrund des drohenden Genozids auf der Flucht bald nicht nur füreinander, sondern auch ums nackte Überleben kämpfen.
100 Jahre schweigen. 100 Jahre Leugnung
In „The Promise“ wird auch die Komplizenschaft der kaiserlichen Deutschen gezeigt, die als Verbündete und Waffenbrüder des Osmanischen Reiches Beihilfe zum Völkermord leisteten. Neuere Forschungsergebnisse gehen davon aus, dass deutsche Offiziere im Osmanischen Reich eine weitaus tragendere Rolle bei der Vernichtung der Armenier spielten als bislang angenommen. Das deutsche Kaiserreich war sehr gut über die Vernichtung der Armenier informiert und schritt nicht ein. Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg ordnete an: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zugrunde gehen oder nicht“.
Genozid an den Armeniern ist weiterhin ein Politikum
Wie schnell die Vernichtung der Armenier aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwand zeigt die Haltung Adolf Hitlers, als er 1939 kurz vor dem Überfall auf Polen rhetorisch fragte „Wer spricht heute von der Vernichtung der Armenier?“ In der Bundesrepublik wurde die politische Anerkennung des Genozids in Deutschland durch den türkischen Druck immer wieder torpediert. Erst 2016 wurde der Völkermord an den Armeniern auch als solcher durch den Deutschen Bundestag offiziell anerkannt.
Wie heftig die Reaktionen aus der türkischen Community waren, ist sicherlich vielen noch in Erinnerung. Bundestagsabgeordnete mussten wegen der akuten Bedrohungslage verstärkt durch das BKA geschützt werden, Bundestagspräsident Lammert wurde von der DITIB vom Iftar-Essen ausgeladen, der Duisburger Integrationsrat verabschiedete gar eine Gegenresolution zum Bundestag und noch viele weitere entlarvende Aktionen lieferten türkischen Vereine und Verbände in Deutschland auf Geheiß von Ankara.
Ankara wusste auch geschickt auf Hollywood einzuwirken, um das Thema nicht auf die Agenda zu bringen. Bereits Mel Gibson und Sylvester Stallone versuchten den Armenier-Genozid in Hollywood umzusetzen, scheiterten jedoch aufgrund des Drucks aus Ankara.
„The Promise“ ist auch in dieser Hinsicht eine Besonderheit. Der Film ist ein Projekt des armenisch-amerikanischen Milliardärs und Philanthropen Kirk Kerkorian. Ein Independent-Film sozusagen, da das 90 Millionen US-Dollar teure Historiendrama vollständig von dem 2015 verstorbenen Kerkorian finanziert wurde. Dies macht „The Promise“ zu einem der teuersten unabhängig finanzierten Kinofilme aller Zeiten.
100% der Filmeinnahmen von „The Promise“, der sich die Aufklärung über den Armeniergenozid zum Ziel gesetzt hat, werden an wohltätige Nichtregierungsorganisationen gespendet.
„Am wichtigsten ist mir die Hoffnung, dass The Promise das Publikum über ein Ereignis informiert, das es verdient anerkannt, erinnert und geehrt zu werden.“, so Regisseur Terry George.
Aktuelle Liste der Kinos, die The Promise zeigen finden Sie hier: Anerkennung-Jetzt