Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Thorsten Hoffmann (CDU) kennt sich aus mit der Nazi-Szene der Stadt. Als Ratsmitglied erlebt er mit Michael Brück mittlerweile den dritten Neonazi im Rat, in seinem Beruf als Polizeibeamter hatte er mit den Dortmunder Rechtsradikalen zu tun und auch seitdem Hoffmann für die Union im Bundestag sitzt, lässt ihn das Thema nicht ruhen. Hoffmann fordert nicht nur die Partei Die Rechte zu verbieten, sobald es möglich ist, sondern will dem Thema auf den Grund gehen. „Wir müssen schauen, was bislang erfolgreich war und was nicht und dann vielleicht unsere Vorgehensweise ändern.“ Heute lud er zu einem Runden Tisch zum Thema Rechtsradikalismus in die Räume des WDR in Dortmund ein. Gekommen waren Steven Hartung, ein Aussteiger aus der Thüringer Nazi-Szene, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange (SPD).
WDR Studioleiter Gerald Baars sagte in einführenden Worten, Dortmund sei keine Nazi-Hochburg, hätte aber eine kreative Nazi-Szene. Dem widersprach Hartung, der Dortmund noch gut aus seiner aktiven Zeit in der Szene kannte: „Dortmund ist eine Nazi-Hochburg, hat die attraktivste Szene in Deutschland und die entsprechende Struktur.“ Auch Innenminister de Maizière sah Dortmund als eines der Nazi-Zentren Deutschlands und beschrieb die Szene als zunehmend gewalttätig: „Es gibt 21.000 Rechtsradikale in Deutschland und die Hälfte von ihnen ist gewaltbereit.“ Ein Grund dafür sei die politische Erfolglosigkeit. Sie führe dazu, dass sich die Szene radikalisiere. Eine größere Gefahr für die Gesellschaft seien allerdings die zunehmend fließenden Übergänge zwischen Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus. „Die Schnittmenge zwischen Rechtspopulisten und Nazis wird größer, die innere Zustimmung nimmt zu. Das muss man sehr Obacht geben.“
Die Polizei und die Sicherheitsdiensten müssten hart gegen Rechtsextremisten vorgehen. Das allerdings genau die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den Verfassungsschützern sowohl auf bundes- als auch auf Landesebene nicht immer optimal laufe, räumte de Maizière angesichts des NSU-Terrors ein: „Wir haben Gesetze verabschiedet, um die Zusammenarbeit des Bundesverfassungsschutzes mit den Polizeien zu verbessern, aber Gesetze alleine reichen nicht, sowas muss gelebt werden.“ Geheimdienste hätten einen Hang, sich abzuschotten, das unterscheide sie von der Polizei, die auch im Bund gut mit der Bereitschafts- und Kriminalpolizei in den Ländern zusammenarbeite. Anders beurteilte Gregor Lange die Lage: In NRW sei die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz gut, seitdem NRW-Innenminister Ralf Jäger dies 2012 angeordnet habe. Lange verwies auch auf Erfolge der Behörden im Kampf gegen die Nazis: So sei es gelungen, zu Weihnachten Nazi-Kundgebungen vor den Wohnungen von Politikern und Journalisten zu verbieten. Und im Verfassungsschutzbericht NRW sei die Nähe der Nazi-Partei Die Rechte zur NSDAP nachgewiesen worden. Lange: „Damit werden sie stigmatisiert.“ Eine eher sportliche Behauptung.
Eine Lösung des Nazi-Problems brachte auch der Runde-Tisch mit de Maizière nicht und das konnte man auch nicht erwarten. Aber dass der Bundesinnenminister nach Dortmund kam zeigte, dass die Dortmunder-Verhältnisse auch in Berlin wahrgenommen werden. Auch die Bundespolitik sieht, dass Dortmund ein Problemfall ist. Das ist gut und wichtig. Nun müssen daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden. Was nichts bringt erklärte Aussteiger Hartung: „Bratwurstessen gegen Rechts nützt gar nichts. Das nehmen die Nazis nicht einmal als Protest gegen sie wahr. Aber als ich einmal auf einem Antikriegstag in Dortmund war und wir nicht marschieren durften und auf einen Parkplatz abgeschoben wurden, war das nervend. Sowas demotiviert.“
Der Innenminister wird eigentlich dafür bezahlt, dass er in seiner Organisation Strukturen schafft, die Probleme identifizieren, angehen und lösen. Das gelingt weder im Bereich der Sicherheit noch in Bereichen wie Asyl, wo es lediglich darum geht, behördliche Strukturen an die Nachfrage auszurichten, die dazu noch wie prognostiziert eintritt.
Was hat der Termine also gebracht?
Die Union hatte mal eine Kompetenz im Bereich der Inneren Sicherheit. Aktuell ist dieser ehemalige Markenkern nicht mehr erkennbar.
Verbote haben in letzter Zeit nicht funktioniert. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass diese das Problem im Bereich des Extremismus löst. Hier hilft eher eine bessere Aufklärungsquote der Polizei. Da sind wir auch gleich im Bereich des Landes-Innenministers, der auch sehr viele Baustellen und eine sehr schlechte Bilanz aufweist.
Wenn ich an die vielen offenen Fälle der letzten Zeit in Dortmund denke und an die langen Verfahrensdauern, muss einfach nur fest gestellt werden, dass es schlecht läuft. Auch wenn sich alle staatlichen Stellen und Organisationen immer wieder für ihr Engagement loben.