Die Abtaucher – Thomas Schweres Romandebüt

abtaucherDer Kommissar ist nicht nur Gelsenkirchener, Schalke-Fan und muss im Dortmunder Polizeipräsidium arbeiten. Er hat auch ein Knie-Problem, ist möglicherweise tabletten- und / oder alkohol-süchtig,  lebt getrennt von seiner Frau, die sich um das behinderte Enkelkind kümmert. Er wurde selbst mal Opfer eines Verbrechens, dessen Folgen ihn bis heute begleiten.

Der Reporter ist nicht nur pleite, hat Stress mit Staus und Immobilien und seiner geschiedenen Frau. Er hadert mit der Ignoranz seiner Kollegen beim großen TV-Sender.

Der Killer ist nicht nur ein eiskalter Mörder. Er ist ein ehemaliger Elitesoldat, dem in Srebenica sein Glaube an die Menschheit genommen wurde. Er ist hochbegabt und wäre vielleicht mal ein guter Arzt oder Biologe geworden.

Ferner treten auf: Ein zweiter Kommissar, der aussieht wie Atze Schröder, ein journalistischer Bluthund vom Boulevard, eine Kamerafrau, die mit Mitte vierzig den Mann für’s Leben noch nicht gefunden hat, ein beinamputierter Greis, der in einem Altenheim dahinsiecht, sowie Menschen aus dem (gehobenen) Mittelstand, die hinter ihrer bürgerlichen Fassade ein dunkles Geheimnis verstecken und das meist nicht überleben. Das Ganze spielt auch noch überwiegend im Ruhrgebiet. Ach ja, um Giftmüll unter Kohlehalden geht es am Rande auch noch.

Ziemlich viel Elend auf einmal.

Aus diesen Bestandteilen hätte man also einen düsteren, schwermütigen Kriminalroman als Vorlage für den nächsten Tatort aus Dortmund machen können. Es ist das Verdienst des Autors Thomas Schweres, dass es nicht so gekommen ist. Immer wieder muss man beim Lesen schmunzeln, manchmal laut lachen. Selbst der schlimmste Verbrecher, Journalist  oder Polizist hat auch sympathische Züge. Denn die Personen sind realistisch gezeichnet, man meint, sie von nebenan zu kennen. Bei einigen Szenen hat man den Eindruck, der Autor (Thomas Schweres ist seit 30 Jahren Polizei-Reporter) hätte sie so oder ganz ähnlich selbst erlebt. Das liegt an den lebensnahen Dialogen der Protagonisten, an Szenen, die gleichzeitig realistisch und absurd wirken. Geschrieben in einer klaren, (meist) schnörkellosen Sprache, mit viel (Selbst-) Ironie, wie sie den Menschen des Ruhrgebiets eigen ist. Der geschickt gebaute Plot mit mehreren Handlungssträngen treibt die Spannung voran bis zum wahrhaft explosiven Finale. Dabei wird einiges angedeutet und längst nicht alles aufgelöst. Der Autor will uns neugierig machen auf die Fortsetzung der Geschichte. Das ist ihm gelungen.

Thomas Schweres
Kriminalroman
kt., 221 Seiten
EUR 9.99, E-Book EUR 9.99
Grafit

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