Kein Tag ohne Schlagzeilen rund um den FC Schalke 04. Nachdem am Montag die Nachricht die Runde machte, dass der Klub womöglich in Kürze auf eine Millionenschwere Landesbürgschaft zurückgreifen muss um seine finanzielle Zukunft abzusichern, erreichte am heutigen Dienstag ein Statement des Vereins die Fans, auf das viele von ihnen mit großer Erleichterung reagiert haben werden:
„19 Jahre lang war Clemens Tönnies Vorsitzender des Schalker Aufsichtsrats: Am Dienstag (30.6.) teilte der 64-jährige Unternehmer dem Verein mit, dass er mit sofortiger Wirkung von diesem Amt zurücktritt und das Gremium verlässt“, hieß es da plötzlich auf der Vereinshomepage.
Die üblichen Lobeshymen begleiteten im Folgenden den Mann, der für viele im Umfeld zuletzt zu einer großen Belastung geworden war. Rassismus-Vorwürfe im vergangenen Herbst, nun die unrühmlichen Vorgänge rund um seinen Schlachthof, der in Zeiten der Corona-Pandemie für viele zum Symbolbild der Krise geworden war. Sowohl auf Schalke als auch in Sachen COVID-19.
Jetzt hat Tönnies zumindest in Sachen Königsblau die (ersten) Konsequenzen aus der massiven Kritik an seiner Person gezogen. Der Druck war wohl schlicht zu groß geworden. Und das führt uns direkt zu der Frage: Warum kippte die Stimmung im Umfeld des Bundesligisten erst so spät gegen Tönnies?
„In den vergangenen 26 Jahren bildeten strategische Entscheidungen wie der Bau der VELTINS-Arena sowie die gezielte Förderung der Knappenschmiede nur einige Meilensteine, die mit Clemens Tönnies verbunden sind und bleiben. Zuletzt stellte Tönnies gemeinsam mit dem Aufsichtsrat und dem Vorstand mit der Entscheidung für das Bauprojekt Berger Feld die Weichen für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Vereins“, stellte der Verein klar.
Wer, wie ich, jedoch schon seit Jahrzehnten die Fußball-Bundesliga verfolgt und kein Schalke-Fan ist, der entdeckte jedoch auch schon vor Jahren, dass Tönnies nicht gerade zu den sympathischten Persönlichkeiten im Profifußball zählte.
Sein gigantisches Ego, seine markigen Sprüche, sein häufig an der Grenze zur Peinlichkeit angesiedeltes öffentliches Auftreten. All das störte mich schon seit Jahren. Häufig eckte er damit zudem medial und bei Fans anderer Vereine an. Gestört hat das auf Schalke über Jahre hinweg jedoch offenbar kaum einen. Im Gegenteil. Man war regelrecht stolz auf den ‚Boss‘.
Tönnies war über Jahre hinweg der unumstrittene Chef des Klubs, war mit seiner Art auf Schalke nicht nur willkommen, er wurde sogar lange Zeit außerordentlich geschätzt. Auch gegen sein Geld hatte, soweit ich weiß, lange niemand in Gelsenkirchen etwas einzuwenden.
Die Tatsache, dass er ein riesiges Fleischimperium im Westfälischen aufgebaut hatte, war auch kein gutgehütetes Geheimnis. Also, mir zumindest war das längst bekannt. Und auch die seit Jahren immer wieder hochkochende Kritik an diesen ausbeuterischen Fleischfabriken ist keine Erfindung des Frühsommers 2020.
Dass viele auf Schalke mit dem Tönnies der Saison 2019/20 nicht glücklich waren, kann ich gut verstehen. Wäre er ein Vertreter meines Lieblingsklubs gewesen, wäre ich mit seinem Auftreten und seinem Wirken in den vergangenen Monaten auch höchst unzufrieden gewesen.
Doch die entscheidende Frage ist aus meiner Sicht: Wo war die große Unzufriedenheit mit dem Vereinsvertreter Tönnies, die ich plötzlich in meiner halben Timeline auf Social Media sehe, in den vergangenen 19 Jahren? Tönnies ist schließlich schon seit 2001 Aufsichtsratsboss gewesen.
Und sein beruflicher Hintergrund, sein grundsätzliches Verhalten haben sich seither (zumindest meiner Beobachtung nach) nicht wesentlich verändert. Irgendwie komisch die plötzliche Aufregung darüber, oder? 😉
Robin,
Individueller Widerstand setzt m.E. voraus,
daß "man"
a)
sich mit der Sache, der Person, dem Gegenstand, um den es, um die es geht, intensiv befaßt, daß "man" sich also sachkundig zu machen versucht -ein regelmäßig zeitaufwändiges, oftmals auch kostenträchtiges Unterrfangen;
daß "man"
b.)
fähig und willens ist, sich mit dem gewonnen Wissen, mit den erarbeiteten Erkenntnisse vorurteilsfrei und weitestgehend objektiv auseinanderzusetzen -losgelöst von subjektiv Wünschenswertem und
daß "man"
c,)
dann -erst dann – über denkbare Handlungsschritte nachdenkt, u.a. in Abwägung der Konsequenzen von Handeln oder Nichthandeln und
daß "man"
d.)
erwägt, welcher personeller, finanzieller, sachlicher Mittel es bedarf, damit das erforderlich erscheinende Handeln zum Erfolg führen kann.
Daran mangelt(e) es
in Sachen Tönnis S04,
in Sachen Tönnis Großschlächterei,
in Sachen Massentierhaltung,
in Sachen Klimakatastrophe,
in Sachen schulische Bildung in Deutschland,
in Sachen Corona-Pandemie und ihre Folgen………….
Und "daran" mangelt es in der Regel jeweils solange, bis die Folgen des Tuns/des Nichttuns unübersehbare, oftmals dramatische, dann und wann katastrophale Auswirkungen mit sich bringen -mit sich zu bringen scheinen.
Das galt und gilt -im kleinen-z.T. heute noch für die Tönnis-Fans von So4. Das gilt z.T -im großen- heute noch für die Trump-Fans in Sachen Corona-Katastrophe. Das gilt weiterhin weltweit für die Menschheit insgesamt bezüglich der Klimakatastrophe und deren Folgen, die m.E.für die Menschheit insgesamt dramatischer sein werden als die Corona-Pandemie .
Widerstand gegen Tönnies
Warum erst jetzt?
Weil "man" nicht willens war, daß zu tun, was ich vorstehend umschrieben habe. Das gilt bezüglich seines Wirkens für S04 genauso wie für sein Wirken als Unternehmer in der sog. Fleisch "groß"
industrie.
Robin,
wenn zudem medial landauf-landab, vor allem in den a-sozialen Netzwerken-, mit Beschwichtigungen, mir Relativierungen, mit Halbwahrheiten, mit Unwahrheiten "Meinungsmache" betrieben wird und sich "die" Politik dementsprechend an Umfragen und weniger an sachbezogenen Fakten orientiert, so wie ich das vorstehend mit den Schritten a.- d. zu umschreiben versucht habe, dann wird eben ein Tönnies als "Schlachtbaron", als "Schalke-Chef" in seinem Tun oder Unterlassen nicht nur geduldet, er wird sogar als "erfolgreicher Macher" hochgelobt und hochgeachtet.
Widerstand gegen ihn?
Es scheint mir geradezu erbärmlich zu sein, daß hier und heute , landauf-landab Tönnis als Unternehmer, als S0 4 Boss verteufelt wird, und zwar vorne weg von all denen, die ihn "bis gestern" gehuldigt haben als große und erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeit aus Ost-Westfalen-Lippe als einen der "großen Bosse" im deutschen Fußballgeschäft und als "unverzichtbare/unersetzbare
höchste Instanz bei S04".
Robin,
Du hast gemerkt, daß ich beim Verfassen dieses Textes primär gar nicht Deiner Intention gemäß den "Widerstand gegen den S04-Boss Tönnies" im Kopfe hatte, sondern allgemein den Widerstand/den Aufstand , die Zivilcourage des Individuums gegen Zustände in Gesellschaft und Staat, , die "bei Licht besehen" jedermann erschreckend, bedrohlich, gefährlich erscheinen könnten -hier und jetzt , morgen und übermorgen.
Ich bin da ganz bei Dir, Walter! Vieles sehe ich ähnlich. 🙂 Leider haben viele auf Schalke offensichtlich erst angefangen kritisch über Tönnies nachzudenken, als die aktuelle 'Welle' einsetzte. Das ist bedauerlich und zugleich bedenklich, wenn man es etwas grundsätzlicher betrachtet.
Ich weiß ja nicht welchen Messwerte der Autor für seine Hetze gegen die blau weiße Vereinsfamilie zu Grunde legt, aber zumindest in meinem (Nordkurven-)Umfeld hatte CT nie ein gutes Standing, Proteste gegen seine Person sind seit Jahren präsent und gut dokumentiert, aber das ist natürlich aus journalistischer Sicht uninteressant, da nicht reißerisch verwertbar 😉
@N Blauer: "in meinem (Nordkurven-)Umfeld"
Darin liegt genau der Denkfehler! 'Die Nordkurve' (und es war ja wohl nicht mal die gesamte) ist eben nicht entscheidend. Tönnies wurde wiederholt gewählt, hatte also über viele Jahre das Vertrauen und die Zustimmung der Mehrheit.
[…] den Gerüchten um eine womöglich angedachte Landesbürgschaft am Montag und dem vieldiskutierten Rücktritt vom bisherigen Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies am Dienstag, stellten sich heute Trainer David Wagner sowie die Vorstände Jochen Schneider und Alexander Jobst […]
Robin,
Kritik an Tönnies, Kritik gegenüber seinen Anhängern bei S04 -die gibt es ja immer noch- und gelegentliche "Sticheleien" von mir gegenüber meinen Freunden, die Fans von S04 sind, stehen nicht in Widerspruch zu meinem Wunsch, daß S04 die aktuellen Probleme, die personellen und vor allem die finanziellen lösen bzw. überwinden kann, also weiterhin und dauerhaft ein gewichtiger Ruhrgebietskonkurrent für "meinen" BVB bleibt. Ich weiß, daß Du das genauso siehst.
Warten wir 'mal ab, was kurzfristig "auf Schalke" passieren wird und ob und wie der Verein auch mittel-/langfristig wieder "in die Spur" kommt. Jedenfalls dazu von mir "Glück auf".
Bürgerschaft des Landes für S04?
Ich habe dazu keine eindeutige Meinung, jedoch große Zweifel, ob e "grundsätzlich" zu den Aufgaben des Staates -hier des Landes NRW gehört-, für die Finanzgeschäfte eines Bundesliga-Profi-Vereines zu bürgen.
[…] Ende setzte sich die Meinung durch, dass es in Gelsenkirchen ohne den umstrittenen Fleischfabrikanten eine bessere Zukunft geben […]