Westdeutschland sollte die toxische Beziehung mit Ostdeutschland beenden!

Irgendwann muss man gehen, auch, wenn man es anders gewollt hätte; damit man nicht zugrunde geht. (Symbolbild: Sebastian Bartoschek/ Midjourney)

Es gibt Beziehungen, die schaden vor allem einem der beiden Partner. Toxische – giftige – Beziehungen nennt man sowas mittlerweile, und an vielen Stellen wird benannt, auf welche Warnsignale, sog. Red Flags, man achten solle, um sich rechtzeitig zu lösen, und sich nicht zugrunde zu richten bzw. richten zu lassen. Es ist gut, dass es diese Hinweise gibt, weil das Opfer in solchen Beziehungen oft Gefahr läuft, sich durch die Manipulationen des Anderen fälschlich als der eigentliche Täter zu sehen.

Mit Blick auf Ostdeutschland ist der Westen aber genau in einer solchen toxischen Beziehung gefangen, wahrscheinlich auch deswegen, weil die vorbeschriebene Betrachtungsweise bisher eben primär auf das Verhältnis zweier Menschen, aber nicht auf Organisationen oder gar Staaten angelegt wurde. Dabei ist es für Westdeutschland gerade zu überlebenswichtig, sich vom Osten zu trennen, oder diesen dazu zu zwingen, die Beziehung anders zu leben.

Ein typisches Element einer toxischen Beziehung ist dabei, dass der eine Partner sich auf die Beziehung einlässt und an sie glaubt – sich commitet – während der andere das Spiel von Zustimmung und Ablehnung spielt. Manchmal geht es über die Zeit so weit, dass der toxische Partner letztlich sagt, dass er an dem anderen Partner kein Interesse habe, weil der sich nicht hinreichend bemühe. Das kommt immer wieder: wenn du anders wärest, dann würde ich dich auch mehr wollen, dann wäre unsere Beziehung gut. Der manipulierte Partner merkt dabei nicht, dass er sich immer mehr unter Wert verkauft, und übersieht, dass er auch andere Optionen hätte. Stets steht ein „Wenn du mich nicht hättest, hättest du keinen mehr, und du würdest das nicht schaffen“ im Raum.

All das spielt der Osten Deutschlands mit dem Westen. Für ein kurzes Zeitfenster zeigte der Osten Zuneigung zum Westen, als die Mauer fiel, es Westgeld und -autos und Südfrüchte gab, und die Stasi abgeschafft wurde. Mit Blick auf letztere ließ der Westen es dem Osten im Folgenden durchgehen, dass man so tat, als wären nur „die Anderen“ in der Stasi gewesen, man selbst aber nicht. Das schlechte Gewissen der fehlgeschlagenen Entnazifizierung verknüpft mit dem Wunsch nicht als Sieger aufzutreten, mag maßgeblich gewesen sein. Dank gab es dafür nie.

Seitdem, wie an anderer Stelle aufgezeigt, wendet sich der Osten kontinuierlich vom Westen ab. Die Mär vom „Besserwessi“ vermittelt bis heute dem Westen das Gefühl, dass er dem Osten gegenüber bescheidener auftreten müsse, er nicht betonen dürfe, welche Unmengen Geld in den Osten geflossen sind, wie sehr Weststädte darunter leiden mussten, den Osten aufzubauen. Nur keine Dankbarkeit erwarten, nur den Osten nicht reizen. Dann wird er den Westen wieder mögen; so wie zu Beginn.

Selbst mit den West-Billionen gelang es dem Osten in 34 Jahren nicht, eine wirklich funktionierende Wirtschaft aufzubauen. Die fünf ostdeutschen Bundesländer rangieren im Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt am Ende aller 16 Bundesländer. Safe – wie man sagen kann. Schuld? Der Westen, weil der nicht für Unternehmensansiedlungen sorgt, seine eigenen Firmen lieber für sich behält – so das Narrativ mit dem man weiterhin das schlechte Gewissen hoch hielt und hält. In Polen, Tschechien, Estland und Co mag man sich nur wundern. Aber der Westen Deutschlands schluckt das immer noch.

Und dann: die eingeflogenen Politiker. Westpolitiker, die sich anmaßten, Ostprobleme zu lösen, und dabei die Ostdeutsche Seele nicht verstanden. Unabhängig davon, was denn eine Seele sein soll, und davon, dass ein rechtsextremer Wessi in Thüringen wohl die Volksseele ganz gut versteht, mag man eigentlich darauf hinweisen, dass sich schlicht eine überwältigende Zahl der Politiker in der „DDR“ eben in den Reihen des Regimes befand. Letztlich war es ein Akt der Notwendigkeit, hinreichend demokratische Politiker in den Osten zu motivieren. Diese Abwanderung dann noch vorgeworfen zu bekommen, ist bösartige Manipulation.

Von Gaslighting sprechen wir in toxischen Beziehungen, wenn Behauptungen aufgestellt werden, die schlicht unzutreffend sind, man dem manipulierten Partner damit aber klar macht, dass er zum einen keine realistische Wahrnehmung der Realität hat, und dass er eben diese angeblich zu seinen Nutzen verzerrt. Gaslighting verunsichert, weil es dazu führt, dass man sich selbst nicht mehr vertraut.

Man führe sich in diesem Kontext zweierlei vor Augen.

Der gesamte Osten hat eine Bevölkerung, die in etwa der Bayerns entspricht. Für die anderen 9 Bundesländer war nie besonders spannend, was Bayern so an Meinungen vertrat, und meist wurde eher über die Forderungen aus München gegrinst, und so wirklich haben die Bayern auch nicht erwartet, dass sich ganz Deutschland nach München richte; auch wenn man sich sicherlich nicht dagegen gewehrt hätte. Der Osten hält dies anders. Man möge sich bitte für ihn interessieren, für seine Befindlichkeiten, aber man dürfe diese dann auch nicht einordnen, geschweige denn Begriffe wie „Jammern“ dafür benutzen. Letztlich solle man einfach blind das übernehmen, was der Osten wolle, denn dafür habe man nie einen Blick gehabt. Tatsächlich hatte man das jahrelang, und das toxische Gaslighting ist eben, dass der Westen sich dies ausreden ließ.

Zum anderen wird immer noch die Mär davon verbreitet, der böse Westen habe im Handstreich den Osten übernommen. Das Gegenteil war der Fall. Die alte Bundesrepublik stand 1989/1990 eigentlich ganz gut da, und man hatte es sich seit langen Jahrzehnten ebenso ganz gut in Bonn eingerichtet. Dann gingen im Osten die Menschen auf die Straße, suchten im Ausland Obdach in deutschen Botschaften. Liest man die Berichte von den Problemen in den Aufnahmestellen für Geflüchtete zu jener Zeit, sollte man diese mit Flugblättern über Thüringen und Sachsen zum Zwecke der Bildung der ostdeutschen Volksseele abwerfen. Der Osten wollte dem Westen beitreten. Das, und nichts anderes, war es, was im Osten gewünscht wurde. Man darf sich das im Nachgang nicht anders einreden lassen.

Ebenso sollte man nicht auf falsche Geschichtsnarrative hereinfallen: nein, Ostdeutschland hatte es nicht besonders schwer im 2. Weltkrieg, und nein, Ostdeutschland litt nach 1945 auch nicht mehr als andere Warschauer Pakt-Staaten. Immer wieder mag man dazu mit Menschen in Polen oder Ungarn oder Rumänien sprechen. Und dabei möge man sich immer fragen: wieso sehnen sich eigentlich die Bürger des Ostens Deutschland nach Moskau, die Menschen in Warschau und Kiew aber nicht.

Auch jetzt liegt es nicht am Westen, die Probleme des Ostens zu lösen. So wie man in Stuttgart nicht dafür zuständig ist, die Probleme in NRW zu beheben. Und erst recht ist es nicht die Aufgabe des Westens, nun noch mehr Verständnis für die antiwestliche Haltung und das Jammern von Menschen in Ostdeutschland zu zeigen.

Der Westen hat das alles nicht nötig, und es gibt durchaus juristisch gehbare Wege, durch Grundgesetzänderungen dem Westen wieder die Möglichkeit zum Atmen zu geben, ohne sich auf Schritt und Tritt der Toxizität des Ostens auszusetzen.

Der Westen will in NATO und EU verankert bleiben. Er ist wirtschaftlich stark, er hat – mittlerweile – eine durchaus beachtliche demokratische Tradition, er hat Erfahrungen damit, Ausländer zu integrieren, und Unternehmen in Topform zu bringen. Der Westen braucht den Osten nicht, im Gegenteil, der Osten schadet dem Westen.

In toxischen Beziehungen liegt die Wahrheit nicht „in der Mitte“, es sind nicht „beide Seiten“. Es liegt an der einen Seite.  Sollte sich nun der Westen doch zum Verbleib in Partnerschaft mit dem Osten entscheiden, dann liegt es am Osten, hierfür den Rahmen zu schaffen – und zwar nicht nur über Lippenbekenntnisse, sondern durch echtes Handeln.

Nach über 30 Jahren wird es Zeit.

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