Tradition schlägt Moderne: Warum die 2. Liga der Bundesliga die Show stiehlt

Zweitligafußball auf Schalke zieht die Massen an. Foto: Michael Kamps

Da konnten die Kommentatoren der Sky-Bundesliga-Konferenz am Samstagnachmittag die Werbetrommel für ihre Sendung schlagen, wie sie wollten, eine Tatsache blieb unverkennbar: Obwohl der Nachmittag auf dem Sender mit dem direkten Duell RB Leipzig gegen Bayer 04 Leverkusen (2:2), dem Auftritt des FC Bayern München beim SC Freiburg (2:1) und dem Spiel des kriselnden BVB gegen den SV Werder Bremen (2:2) viele der vermeintlich „Großen“ im aktuellen Profifußball präsentierte, zeigte die 2. Liga am selben Tag, dass sie der Ersten Liga in Sachen Attraktivität und Anziehungskraft inzwischen mindestens ebenbürtig sein kann.

Das Duell der Traditionsklubs Schalke 04 gegen den 1. FC Nürnberg (3:1) am Mittag und vor allem das Kräftemessen der abgestürzten ‚Dinos‘ Hertha BSC und Hamburger SV im Zweitliga-Topspiel am Samstagabend (3:4) brauchten den Vergleich mit der Bundesliga nicht zu scheuen. Im Gegenteil! Viele Fans dürften die Begegnungen im Unterhaus als deutlich spannender empfunden haben als die von den Kollegen beworbene Konkurrenz der Erstliga-Klubs – trotz der dort ausnahmsweise versammelten nationalen Top-Teams aus München, Leverkusen, Leipzig und Dortmund.

Die Entwicklung der beiden Top-Ligen in Deutschland verläuft seit Jahren unterschiedlich. Während sich die Bundesliga mit immer mehr „Plastik“-Teams wie Wolfsburg, Hoffenheim und auch Leverkusen konfrontiert sieht, die mit Leipzig zudem einen neuen Typus von Kunstverein hinzugewonnen hat, kann die 2. Liga mit Traditionsvereinen punkten, die stetig große Fanmassen anziehen.

Betrachtet man die angesetzten Partien der Zweiten Liga, wirken die Begegnungen im Unterhaus oft reizvoller. Viele neutrale Fußballfans bevorzugen es, Teams wie Schalke, Berlin, Köln oder den HSV zu sehen, anstatt beispielsweise ein Duell zwischen Augsburg und Hoffenheim.

Kein Wunder also, dass die Zuschauerzahlen in Liga 2 zuletzt teilweise sogar höher lagen als in der Bundesliga. Da können die Sky-Kollegen noch so sehr die Werbetrommel für ihre Konferenz rühren. Der Funke mag beim Spiel Leipzig gegen Leverkusen einfach nicht bei der großen Masse der Fans überspringen, auch wenn der Fußball dort technisch attraktiv ist. Das traditionsreiche Duell aus Gelsenkirchen und Nürnberg – beileibe kein Spitzenspiel im Fußball-Unterhaus – fesselt die Zuschauer eben doch mehr.

Es ist eine bedenkliche Entwicklung, die sich hier seit Jahren beobachten lässt. Auch bei mir persönlich führte das am gestrigen Samstag dazu, dass ich mich auf die Spiele auf Schalke und in Berlin deutlich mehr freute als auf die angesetzten Erstliga-Duelle des Tages. Vielen von euch dürfte es vermutlich nicht anders gegangen sein. Oder?

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