Auch wenn im Kreis der Organisatoren und teilnehmenden Künstler mehrere Unterstützer der antisemitischen BDS-Kampagne aktiv sind, stehen die Sponsoren zur Kasseler Kunstshow. Ihnen ist eine Stellungnahme wichtiger als die Wirklichkeit.
Auf der Internetseite der documenta fifteen sind die Sponsoren nicht leicht zu finden. Ihre Logos sind nicht, wie bei vergleichbaren Veranstaltungen üblich, gut platziert. Die Geldgeber aus der Wirtschaft findet man versteckt in der Rubrik „Partner“, nach der man erst in der Site-Map suchen muss. Nur Volkswagen und verschiedene Unternehmen der Sparkassengruppe unterstützen die Documenta. Volkswagen stellt E-Autos und Ladesäulen zur Verfügung. Ob das alles an Unterstützung ist, bleibt offen.
Wenns ums Geld ist man bei dem Wolfsburger Konzern, der ein Werk in Kassel unterhält, ebenso verschwiegen wie die Sparkassler. Die Fragen dieses Blogs dazu blieben unbeantwortet. Der Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V. lässt uns wissen, dass die Kasseler Sparkasse ist seit der ersten Documenta 1955 einer der Unterstützer sei. „Diesem Engagement haben sich im Laufe der Zeit auch andere Verbundpartner unserer Gruppe angeschlossen. Die Sparkassen-Finanzgruppe ist seit 1997 einer der Hauptpartner. Das bedeutet natürlich, dass wir uns auch finanziell für die documenta fifteen engagieren. Aus vertraglichen Gründen ist es uns aber nicht möglich, die genaue Höhe unseres Engagements anzugeben.“
Wenn es um den antisemitischen BDS geht, dessen Ziel die Vernichtung Israels ist und dessen Aktionen zum Teil von Organisatoren und Künstlern der Documenta unterstützt werden, halten sich sowohl VW als auch die verschiedenen Unternehmen der Sparkassengruppe bedeckt. Der Deutscher Sparkassen- und Giroverband lässt uns wissen: „Wir stehen für eine offene und tolerante Gesellschaft, in der Diskriminierung keinen Platz hat. Das betrifft insbesondere auch den interkulturellen Austausch und religiöse Toleranz. Antisemitismus lehnen wir entschieden ab. Für uns ist deshalb sehr wichtig, dass unser Vertragspartner „documenta und Museum Fridericianum gGmbH“ hierzu eine ebenso klare Haltung hat.“
Volkswagen geht sogar noch etwas weiter und verweist nicht nur auf die GmbH hinter der Documenta: „Volkswagen als internationaler Konzern tritt jeder Form von Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung entschlossen entgegen. Alle Verantwortlichen der documenta Leitung haben mehrfach öffentlich ebenso versichert, dass sie im Rahmen der documenta Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung keinerlei Forum geben werden. An dieser klaren Zusage haben wir keinen Zweifel.“
Zum Beschluss des Bundestages, in dem der BDS 2019 als antisemitisch bezeichnet wurde, äußerte sich VW nicht. Der Sparkassen- und Giroverband antwortet kryptisch: Der Deutsche Bundestag hat für die Bundesrepublik Deutschland eine klare Haltung formuliert. Es gibt keine Notwendigkeit, dies seitens der Sparkassen-Finanzgruppe nochmals gesondert zu bewerten.“
Damit machen es sich die Sparkassen und Volkswagen etwas einfach. Man bekäme bei ihnen weder einen Kredit noch einen Leasingvertrag für einen Golf auf die bloße Aussage hin, man sei zahlungskräftig und es bestünde kein Grund, sich Gedanken zu machen. Vernünftigerweise werden sowohl Kredit- als auch Leasingnehmer überprüft. Geht es um Antisemitismus und den BDS ist man lässiger und verlässt sich auf das Wort der Vertragspartner aus Kassel, ihrer Manager, Künstler und Ausstellungsmacher.
Gute Gründe, das nicht zu tun, haben Ruangrupa, das künstlerische Team der documenta fifteen und mehrere anonyme Kuratoren der Documenta in einem in der Berliner Zeitung veröffentlichten Text präsentiert. Dort ist von der „völkerrechtswidrigen israelischen Besatzung“ die Rede, davon und dass man widersprechen müsse, dass „Kritik an israelischem Staatshandeln routinemäßig dämonisiert und mit Antisemitismus gleichgesetzt wird“, womit die Verfasser selbiges behaupten. Die Gleichsetzung von BDS und Antisemitismus sei wissenschaftlich höchst umstritten und daher Gegenstand einer Debatte; „sie ist keine neutrale Gesprächsgrundlage und sollte dementsprechend nicht für die unkritische Kolportierung von Antisemitismusvorwürfen und die Produktion von Diskursausschlüssen benutzt werden.“ In einer Fußnote findet sich die Aussage, die Arbeitsdefinition Antisemitismus sei faktisch ein zu Willkür geradezu einladendes Instrument: „Inzwischen wird sie, teils ohne die kontroversen Beispiele, von zahlreichen Organisationen, von Regierungen bis hin zu Fußballclubs, angewandt.“ Was die Autoren nicht sagen: Es sind 34 demokratische Staaten, die sich hinter sie gestellt haben.
Die BDS-Resolution des Bundestages aus dem Jahr 2019 betrachten die Unterzeichner als Gefährdung von Kunst- und Diskursfreiheit. Das in einem BDS geleiteten Diskurs Israelis zunehmend von Kulturveranstaltungen ausgeschlossen werden, wie Boris Pofalla in einem Artikel in der Welt belegt hat, stört Ruangrupa und die anonymen Kuratoren offenbar nicht.
VW und die Unternehmen der Sparkassengruppe sind keine kleinen Klitschen, denen es nicht zuzumuten ist, sich über die Hintergründe der Empfänger ihrer Sponsorengelder kundig zu machen. Sie sollten diese Arbeit nachholen.