Trotz Protesten: Erneut frauenfeindliche Broschüren bei Ahmadiyya-Ausstellung

Citykirche Mönchengladbach Foto: Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de

Wegen Broschüren mit frauenfeindlichen Inhalten geriet eine Ausstellung der Ahmadiyya-Gemeinde 2017 im Düsseldorfer Rathaus zum Skandal. Auch der Düsseldorfer SPD-OB Thomas Geisel, der die Ausstellung gestattet hatte, distanzierte sich daraufhin von dem „vielleicht sogar reaktionären Familien- und Frauenbild“ der Gemeinde. Bei einer am Freitag in der Mönchengladbacher Citykirche eröffneten Ausstellung wurden die Broschüren mit den frauenfeindlichen Inhalten jedoch erneut ausgelegt.

Im Februar 2017 sorgte eine Ausstellung der Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde (AMJ) im Düsseldorfer Rathaus für Schlagzeilen und politische Diskussionen. Die Ausstellung unter dem Motto „Eine Reise durch die islamische Zeit“ geriet zum Skandal, nachdem der Düsseldorfer Anzeiger sowie die Rheinische Post berichtet hatten, dass dort auch Werbematerial mit frauenfeindlichen Inhalten angeboten wurde.

Konkret ging es um die Broschüren „Die Rechte und Pflichten einer Frau im Islam“, „Die islamische Ehe“ oder „Warum trägt die Muslima Schleier oder Kopftuch?“. In diesen Broschüren war unter anderem zu lesen, dass Frauen nicht ohne Einverständnis des Mannes arbeiten gehen sollten. Auch war darin zu lesen, dass eine muslimische Frau Schleier oder Kopftuch trage, um sich vor anderen Männern zu schützen. „Sie verdeutlich damit, dass sie für den Mann auf der Straße nicht Objekt seiner Begierde sein will und er nicht über sie verfügen kann“, hieß es dazu wörtlich.

Auch sollten Frauen, im Gegensatz zu Männern, die mit bis zu vier Frauen gleichzeitig verheiratet sein können, nur einen Mann haben, weil es eine „extreme Belastung“ für die Frau wäre, wenn diese „fortwährend von verschiedenen Männern schwanger würde“. Darstellungen, nach denen es die Pflicht der Frau sei, ihrem Ehemann zu „gehorchen“ und sie nicht gegen ihn „opponieren“ dürfe, waren in den Broschüren ebenfalls zu finden.

SPD-OB spricht von „reaktionärem und fundamentalistischem Frauenbild“

„Ein Frauenbild, das – wie in den angegebenen Textstellen deutlich wird – nicht auf völliger Gleichberechtigung beruht, können wir als Mehrheitsgesellschaft nicht akzeptieren“, kritisierte der Düsseldorfer CDU-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Gutt. Sylvia Pantel, Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Düsseldorfer Frauen Union (FU), ging noch einen Schritt weiter und sprach davon, dass das Frauenbild der AMJ gegen die im Grundgesetz verbriefte Gleichberechtigung von Frau und Mann verstoße. Auch der Düsseldorfer SPD-Oberbürgermeister Thomas Geisel, der die Ausstellung im Rathaus gestattet hatte, distanzierte sich nach Kenntnisnahme der Broschüren von dem „vielleicht sogar reaktionären Familien- und Frauenbild“ der Ahmadiyya-Gemeinde.

„Außer- und vorehelicher sexueller Kontakt strikt untersagt“

Die Gemeinde aber verteidigte die Broschüren: „Der Islam als Religion fordert seit jeher die bedingungslose Gleichwertigkeit von Mann und Frau in einer Art und Weise, wie keine andere Religion es forderte“, schrieb Mohammad Dawood Majoka, Pressesprecher der AMJ, in einem offenen Brief an Rüdiger Gutt. „Die aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate beziehen sich auf fein austarierte, moralische Grenzen in Bezug auf Keuschheit und Scham, die für beide Geschlechter gleichermaßen gelten, sodass wir die Kritik in der einseitigen Lesart zurückweisen. Richtig ist, dass der Islam ähnlich wie andere große Religionen die Zurschaustellung körperlicher Reize sowohl für den Mann als auch für die Frau äußerst kritisch sieht. Der in Ihrem Brief gezeichnete Umkehrschluss eines einladenden Verhaltens steht jeder islamischen Ansicht diametral entgegen und entbehrt jeder Grundlage. Muslimen ist jedweder außer- und vorehelicher sexueller Kontakt strikt untersagt. Das gilt unabhängig vom Geschlecht oder dem Grad der offengelegten Reize oder gar dem Glauben des anderen. Dass ein solch verzerrter Rückschluss erfolgt, erachten wir Muslime als verstörend und demütigend.“

Gemeinde will auch in NRW als Körperschaft anerkannt werden

In Hessen wurde die umstrittene Ahmadiyya-Gemeinde bereits 2013 als Körperschaft des Öffentlichen Rechts (KdÖR) anerkannt, im darauffolgenden Jahr auch in Hamburg. Mit diesem Status ist die laut ihrer Satzung einem derzeit in London lebenden Kalifen unterstehende Ahmadiyya-Gemeinde christlichen Kirchen rechtlich gleichgestellt.

Das Jahrestreffen der Gemeinde im Juli in Karlsruhe geriet in die Schlagzeilen, weil der Ahmadiyya-Imam Iftekhar Ahmed in seiner Rede davon gesprochen hatte, dass die Konzepte der liberalen Moderne nicht mit dem Islam in Einklang zu bringen seien. Der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi bezeichnete das als Kampfansage gegen Aufklärung, Moderne und die westlichen Werte. „Überspitzt kann man sagen: Das ist die Theorie des IS, nur dass der IS Gewalt anwendet“, sagte Ourghi in der WELT. Dass die Ahmadiyya-Gemeinde in Deutschland Ansprechpartner öffentlicher Einrichtungen sei, bezeichnete er als „Skandal“.

Im Januar dieses Jahres beantragte die AMJ, auch in Nordrhein-Westfalen als KdÖR anerkannt zu werden. Für die Entscheidung darüber ist die Staatskanzlei in Düsseldorf zuständig. Wie diese vorletzte Woche auf Nachfrage mitgeteilt hat, ist über diesen Antrag „auch weiterhin nicht entschieden“.

Broschüren auch in Mönchengladbach ausgelegt

Offenbar hat sich am Frauenbild der Ahmadiyya-Gemeinde nichts geändert, denn bei der Eröffnung der bis zum 22. November dauernden Ausstellung „Eine Reise durch die islamische Zeit“ in der Mönchengladbacher Citykirche wurden die Broschüren „Die Rechte und Pflichten einer Frau im Islam“, „Die islamische Ehe“ oder „Warum trägt die Muslima Schleier oder Kopftuch?“ erneut ausgelegt. Eine Überprüfung durch die Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann-Marschall ergab, dass sich am Inhalt der Broschüren seit der Ausstellung in Düsseldorf nichts geändert hat.

„Um die Auseinandersetzungen um das Frauenbild dieser Gemeinde zu verstehen, muss man wissen, dass die Gleichwertigkeit von Frau und Mann, von der die Ahmadiyya-Gemeinde immer spricht, auf das Jenseits bezogen ist. Gleichberechtigung im Diesseits, also das, was wir unter Gleichberechtigung von Frau und Mann verstehen, ist damit nicht gemeint“, erläutert Sigrid Herrmann-Marschall. „Die Ahmadiyya ist eine friedliche, aber ungewöhnlich fundamentalistische Gemeinde. Warum ausgerechnet diese Gemeinde in Deutschland Ansprechpartner öffentlicher Einrichtungen ist, verstehe ich ebenso wenig wie Abdel-Hakim Ourghi.“

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
6 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Arnold Voss
4 Jahre zuvor

Patriarchat und Religion sind immer schon ein enges Bündnis miteinander eingegangen. Traurig, dass so viele gläubige Frauen dabei mitspielen, wenn Gott einer Hälfte der Menschheit erlaubt, die andere zu unterdrücken.

Ruhr Reisen
Ruhr Reisen
4 Jahre zuvor

Was braucht es noch, dass in Deutschland solche Patriarchen auch noch mit Steuergelden bezahlt werden? Wie sicher müssen sich diese Unterdrücker mit ihrem Frauenbild fühlen, wenn sie ihre Manifeste in deutscher Sprache unbehelligt verteilen? Wer solche Einrichtungen finanziert, macht mitschuldig.

Richter
Richter
4 Jahre zuvor

Der Islam war die erste Religion die Frauenrechte eingeführt hat. Die Ahmadiyya lebt es vor. In der Ahmadiyya gibt es mehr Gleichberechtigung als in deutschen Behörden und Unternehmen .

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
4 Jahre zuvor

@1
Entschuldigung, aber die Behauptung im Islam seien zuerst Frauenrechte eingeführt worden, ist falsch. Bereits in der Tora werden z.B. Erbrechte von Frauen geregelt.

Was nicht bedeutete, diese wären immer angemessen berücksichtigt worden. Frauenrechte im Judentum wurden wie fast überall immer wieder in Frage gestellt. Denken Sie bitte aktuell an die im Koran formulierte Pflicht auch Töchter zu bilden und die Realität in bestimmten Strömungen des Islam, insbesondere z.B. in Pakistan. Oder an die Frauenordination, die in Lettland wieder abgeschafft worden ist und in der anglikanischen Kirche von konservativen Kreisen in Zweifel gezogen wird.

Es stimmt allerdings, daß es um die Frauenrechte auf der arabischen Halbinsel zur Zeit des Propheten auch im Vergleich mit anderen Regionen extrem schlecht stand und mit dem Islam erhebliche Fortschritte für Frauen kamen.

Arnold Voss
4 Jahre zuvor

Ja, man kann, was religiöse Frauenrechte betrifft, den Schritt von der Hölle ins Fegefeuer als Fortschritt betrachten.

Werbung