Was für eine Tragödie?! Was für ein Irrsinn?! Die Türkei überfällt den Norden Syriens. Ihr Ziel die Kurden und Yesiden zu vertreiben. Die PYD/YPG, die den IS besiegte und die Yesiden beschützte, wurde von ihren amerikanischen Verbündeten im Stich gelassen. Die Nachrichten werden stündlich grausamer und offenbaren die seit Generationen bekannten, nicht gebannten Folgen moderner Kriegsführung. Das Neuste sind Meldungen, dass Russland und die Assad-Milizen in dieses Gebiet vorstoßen. Pest und Cholera… Von unserem Gastautor Kaya Gercek.
Am Samstag wurde in Köln zur Demonstration aufgerufen. 10.000 von überwiegend kurdisch-stämmigen Demonstranten kamen zur Deutzer Werft. Fast ein jeder mit einer Fahne versehen, teilweise uniformiert. Die Kurden hatten es in ihrer über 2000jährigen Geschichte nie leicht. Fast immer war da einer, der es ihnen nicht gönnte. Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches teilten die kolonialistischen Briten und Franzosen, die Region unter sich auf. Bis heute wird um sie wegen der Rohstoff- und Ölreserven gerungen. Nach der kurzen Zeit der relativen Autonomie sind nun türkische Truppen völkerrechtswidrig einmarschiert und verfolgen im wesentlichen ihre islamistische Vertreibungspolitik. Dass sich dagegen Protest formieren muss, steht außer Frage.
Yasmin (23 J.) traf ich in der Bahn. Sie ist hier geboren, ist Deutsche. Ihre Familie stammt aus syrisch Kurdistan. Yasmin hat gestern mit ihrem Cousin in Kurdistan telefoniert. Er berichtete, dass das 10 Minuten entfernte Nachbardorf von türkischen Kampfjets bombardiert wurde. Wieviel Tote und Verletzte es gab, wusste sie nicht. Yasmin flehte ihren Cousin an, mit der Familie zu fliehen. An der Ampel sahen wir auf der gegenüberliegenden Seite mehrere junge Kurden, einer in Uniform mit Fahne. Ein befremdlicher Eindruck.
Nach dem die Einsatzwagen und Polizeistaffeln passiert waren, erblickte ich das Fahnenmeer. Gelb, rot, grün – die kurdischen Farben. Es gab viele, zuviele zu sehen. Ich sollte noch schnell Vexillogie studieren, dachte ich. Zwischen den Parteifahnen und Origanisationsfahnen wehte die alte sowjetische Fahne. Eine einzige DKP-Fahne sah ich. Fahnen der Linksjungend – solid, eine anarchistische Fahne, eine blaue Friedenstaubenfahne, viele MLPD-Fahnen und noch und nöcher…
Nun ist bekannt, dass die bekannteste kurdische Organisation der türkischen Kurden in Deutschland verboten ist. Wie immer bei Organisationsverboten, finden sich bald Auffang- und Sammlungsorgnisationen. Auch diese waren vertreten. Das ganze kurdische Spektrum in Köln fand sich ein. Beriwan Aymaz, grüne Landtagsabgeordnete aus Köln, war mit einer grünen Fahnen der Grünen dazugekommen. Eine einzige schwarz, rot, goldene Fahne sah ich im gelb, rot, grünen Gewimmel.
Nun habe ich es mit Fahnen so gar nicht, es gibt kein Land auf das ich schwöre. Hier aber hatte ein jeder eine Fahne oder einen Wimpel in der Hand. Verständlich irgendwie, aber irgendwie auch nicht. Was haben die MLPD-Fahnen und die palästinensische Fahne dort zu suchen? Die MLPDler waren sogar mit einem eigenen Lautsprecherwagen zugegen. Sie boten sich eine lautsprecherverstärkte Redeschlacht mit dem Lautsprecherwagen der Veranstalter. Nun gut, die einen sprachen Kurdisch, die anderen Deutsch. Diese Anbiederei der pseudostalinistischen Politsekte wurde von den anwesenden Kurden hingenommen. Einige ließen sich in ihrem Zorn und ihrer Wut dazu hinreißen, selbst ans MLPD-Mikrophon zu gehen und die um sie versammelten anzufeuern. Die Unterwanderungstaktik der Poltitsekte schien aufzugehen. Anders wurde es mir, als ich das Transparent der Linksjugend sah, deren Kader zudem noch eine palästinensische Fahne mitführten: „Palästina, Kurdistan, Intifada, Serhildan“. Letzteres steht für kurdische Aufstände in der Türkei.
Nun werden die Palästinenser ihren vermeintlichen kurdischen Schwestern und Brüdern nicht zur Hilfe eilen. Sie sind gerade damit beschäftigt, fast täglich Raketen auf Israel abzuschießen oder einfache Bürger Israels abzumurksen. Einzig Isreal wäre ein ernstzunehmender Verbündeter. Gegen die Türkei, gegen Assad-Russland, gegen die arabischen Staaten. Schaut man sich PLO und Hammas genau an, scheinen die Kurden die Nähe von Organisationen zu suchen, die man getrost als anti-semitisch bezeichnen muss. Ob den meisten das wirklich bewusst ist, bezweifle ich. Die langjährige politische Nähe einiger teilnehmender kurdischen Organisationen dürfte eher der Grund sein. Die Schnittmengen dürften daher kommen. Interessant war für mich, dass kaum deutsche Kundgebungsteilnehmer zu sehen waren. Bis auf die üblichen von der MLPD oder Linksjugend, aber auch der Interventionistischen Linken (man hielt respektvoll Abstand), ward keiner gesehen. Ich hätte mir mehr Solidarität von deutscher Seite gewünscht. Jedoch verkenne ich nicht, dass es schwer sein dürfte sich angesichts der herzlichen Aufnahme der MLPDler dazuzugesellen. Für viele Deutsche wird das übertriebene Zeigen von Fahnen und Zeichen, die Gewissheit, dass Anhänger einer in Deutschland verbotenen Organisation dort die organisatorischen Fäden ziehen und dass man Anti-Semiten auf der Kundgebung gewähren lässt, einen abschreckenden Effekt haben.
Ich bin nach diesen Eindrücken geneigt zu fragen: Haben die Kurden Freunde auf der Welt? Antwort: Ja – seid aber behutsamer bei der Auswahl eurer Freunde. An dieser Stelle grüße ich meine amerikanischen Freunde…
ihre Auffassungen und Eindrücke sind mir zu radikal, vermutlich auch zu einseitig, schade!