Leena Ben Mhenni ist eine der Ikonen der Arabellion, des Aufstandes der arabischen Welt gegen die Diktatur. Mit ihrem Blog A Tunisian Girl schrieb sie gegen die Verhältnisse in Tunesien an. Nun wird sie von radikalen Islamisten bedroht.
Leena Ben Mhenni ist eine mutige Frau. Schon lange bevor die Menschen in Tunesien auf die Straße gingen, um gegen die Diktatur von Zine el-Abidine Ben Ali zu protestieren, klärte sie in ihrem Blog A Tunisian Girl über die Zustände in Tunesien auf, berichtete von Polizeiwillkür und geriet so immer wieder in Konflikt mit der Staatsgewalt. Auf den Ruhrbaronen schrieb Leena im Oktober 2010 einen Gastbeitrag über Zensur in Tunesien, ihr Blog gewann den Blog-Award der Deutschen Welle.
Doch ein Jahr nach dem Ende der Diktatur Zine el-Abidine Ben Ali steht Leena wieder unter Druck. Diesmal nicht vom Staat, obwohl sie wieder auf der Straße ist, um gegen die Zustände in Tunesien zu protestieren, sondern von den Salafisten, extrem radikalen Islamisten, die auch in Tunesien viele Anhänger haben. Ich habe Leena gefragt, ob ich ein Facebook-Posting von ihr veröffentlichen darf und sie hat zugestimmt:
The Salafis/Islamists announced that I am on a death list when I answered them by sharing Quraniq verses and the prophet’s sayings to show them how stupid and how far from religion are they , they said that I did this because I am afraid . No I am not . I was under the live bullets when you did not dare to reveal your ideologies and beliefs and when you did not dare to have your beards and total veils so I won’t be afraid of cowards.
Leena wird mit dem Tod bedroht, weil sie mit Koran-Zitaten versucht den Salafisten zu beweisen, dass ihre radikale Auffassung des Islams nicht im Einklang mit dem Koran steht. Die Träume vieler Menschen die vor einem Jahr in Tunesien und anderen arabischen Ländern auf die Straße gegangen sind, um für Freiheit und Demokratie zu kämpfen, wurden enttäuscht. Aber das Frauen wie Leena trotz der Gefahr nicht aufgeben zeigt wie wichtig es ist, dass wir sie unterstützen und ihnen unsere Solidarität zeigen.
# Mutige Frau. Doch kann der Versuch, Gläubigen zu beweisen, dass sie sich vom wahren Glauben entfernt haben, nur zu Bullshit führen, weil man in absurden religiösen Zusammenhängen sinnfrei argumentieren muss.
Aber ich denke, dass es Leena Ben Mhenni darum geht, überhaupt über Glauben (oder Nichtglauben) frei, offen und öffentlich diskutieren zu können, ohne von religiösen Fanatikern bedroht zu werden. Das ist im Zusammenhang mit der Arabellion sicher einer der wichtigsten Schritte zu Meinungsfreiheit und staatlich garantierten Menschenrechten.
Und gar nicht so fern von uns. Auch in Deutschland gibt es noch Blasphemie-Paragraphen und besonderen gesetzlichen Schutz religiöser Weltanschauungen sowie jede Menge Privilegien, Subventionen oder gar Sondergerichtsbarkeit für sie.
es ist fatal, aber es ist nicht verwunderbar, dass die arabellion nichts mit unseren westlichen vorstellungen zu tun hat. die unmöglickeit, die dortigen prozesse aus unserer position auch nur ansatzweise nachzuvollziehen, können viele „wissende“ einfach nicht akzeptieren.
ihr mut allein ist uns ein spiegel dessen, was dort wirklich passiert und hoffentlich können wir uns von unserem gutmenschgedümpel mal befreien und erkennen,welch lebensbedrohliche gefahr dort allgegenwärtig ist.
wir haben derzeit mit vielen bedrohungen zu tun, einzig ein klarer geist und wacher verstand werden uns dadurch bringen.
ihr wünsche ich das allerbeste und zolle respekt vor ihrem mut.
Guten Tag!
Die Meldung ist erschütternd, weil man angesichts der Bedrohung erstmal hilflos ist.
Öffentlichkeit hilft aber immer, deswegen der Hinweis auf unser Interview mit Lisa:
https://www.rheinneckarblog.de/2011/02/07/tunesische-bloggerin-lina-ben-mhenni-das-internet-spielt-eine-fuhrende-rolle-fur-die-revolution/
Leider ist es in der Tat so, dass die Islamisten im gesamten arabischen Raum als bekannteste Oppositionsbewegungen den größten öffentlich Zuspruch erhalten: https://wp.me/pNjq9-3k0.
[…] von Zine el-Abidine Ben Ali zu protestieren, klärte sie in ihrem Blog A Tunisian Girl über… Weiterlesen bei den Ruhrbaronen… Gefällt mir:LikeSei der Erste, dem dieser post gefällt. Dieser Beitrag wurde unter Iran […]
[…] Von Stefan Laurin, Ruhrbarone […]
[…] Tunesien: Islamisten bedrohen Bloggerin Leena Ben Mhenni … ruhrbarone […]
Als Intellektueller wird mir immer ganz anders, wenn die Religionen erstmal los legen.
Schon merkwürdig, die Islamisten sind an der Macht und die Revolutionäre sind auf facebook. Toll.
Das sind also die Früchte der so vollmundig im Presseclub benannten Twitter- und Facebook-Revolution ?
Noch nie hat eine Revolution so schnell ihre Kinder gefressen…
🙁
Über das, was in den arabischen Ländern passiert – nämlich dass dort Islamisten die Macht übernehmen – wird kaum kritisch hier in den Medien berichtet. Man spricht immer noch vom „arabischen Frühling“.
Die große Mehrheit der Wähler in diesen Ländern sind als Gläubige tief im Islam verankert. Was hätte also bei einer freien Wahl anderes herauskommen können als eine islamistische Regierung. Hat da Jemand etwas anderes erwartet?
Aber selbst die Islamisten haben nicht überall die absolute Mehrheit, müssen also mit moderateren und demokratisch gesinnteren Parteien koalieren/kohabitieren. Sie werden auch nicht ohne weiteres die Demokratie risikieren in dem sie religiöse Diktaturen errichten, wie z.B. im Iran.
Es könnte am Ende in diese Ländern sogar ein moderater Islam entstehen, der wie in der Türkei, seinen Frieden mit der Demokratie und den Menschenrechten macht und die Trennung von Staat und Religion akzeptiert. Aber das ist ein schwieriger und konfliktreicher Weg wie man an der Entwicklung der Türkei gut studieren kann.
@Arnold Voss
„Es könnte am Ende in diese Ländern sogar ein moderater Islam entstehen, der wie in der Türkei, seinen Frieden mit der Demokratie und den Menschenrechten macht und die Trennung von Staat und Religion akzeptiert.“
Sie haben offensichtlich nicht aufmerksam verfolgt, was in der Türkei passiert. Nur weil wir dort gerne Urlaub machen wurden seit Jahrzehnten alle Schweinereien dort ignoriert.
Nur mal ein paar Einblicke:
– noch immer besetzt(!) die Türkei, entgegen UN, EU und zypriotischen Aufrufen, den Norden der Insel Zypern. Dort wurden seit der Besetzung 1974 tausende Kirchen und Klöster geschändet oder ganz zerstört, diverse Stätten christlichen Glaubens umgemünzt für den Islam (und das war zu Zeiten des säkularen Militärregimes).
Heute versucht die Türkei mit der Entsendung von Kriegsschiffen das noch freie Zypern davon abzuhalten, Ressourcen in ihrem eigenen Seehoheitsgebiet auszuloten und abzubauen (Erdgas) und droht unverholen mit Krieg. Gleichzeitig bricht sie die Kontakte mit der EU für die Dauer der turnusmäßigen Ratspräsidentschaft Zyperns in der EU ab.
– Weder die katholische noch die evangelische Kirchengemeinschaft sind bis heute in der Türkei als Glaubensgemeinschaften oder Kirchen anerkannt. Trotzdem stehen diverse Pfarrer und Versammlungsorte unter Polizeiüberwachung und / oder -schutz.
– Diverse Klöster in der Türkei, deren Gründungsdaten i.d.R. noch auf die zeit des byzantinischen (und somit christlichen) Reiches fallen kämpfen mit massiver Diskriminierung, Mobbing oder wie immer man es nennen will. Vielen wurde ihr Land, dass sie zur Versorgung nutzten, aberkannt oder befinden sich in Prozessen darum. Andere mussten die Kreuze an der Aussenseite entfernen, da dies als Provokation galt. Das bekannteste ist wohl Mor Gabriel, dass durch Entführungen des Abtes, Anschläge, Enteignung und drohende Auflösung immer wieder in die Schlagzeilen kommt. Nun ja, nicht bei uns. Dabei geben sich Staat, Gemeinde und Privatleute die Klinke in die Hand.
– Der türkische Staat hält hunderte Journalisten, zumeist kritisch berichtende, in Haft. Viele auch nach Monaten oder gar Jahren, ohne Prozess. Gleiches gilt für einen großen Teil der Offiziere.
– Der Umgang mit Kurden dürfte an anderer Stelle oft genug thematisiert worden sein, Übergriffe über die irakische Grenze (also über die Grenze eines Nachbarstaates ohne Erlaubnis oder Entschuldigung) waren in letzter Zeit öffentlich zu verfolgen.
– Die „kleine“ Hagia Sophia, jahrzehntelang als Zeichen der Versöhnung als Museum genutzt, da sie eigentlich einen wichtigen Ort der christlichen Kirchen darstellt aber auch durch die Eroberer als Moschee genutzt wurde, ist er jüngst auf Druck von Politikern und gegen den Wunsch der ansässigen Bevölkerung als Moschee wiedereröffnet worden. Der großen Hagia Sophia von Istanbul steht dies ebenfalls bevor.
Man könnte stundenlang so weiter machen, bspw. mit dem Thema häusliche Gewalt, Zwangsheirat, Vertuschung usw.. Für ihren, oben zitierten Satz, sehe ich da keine Grundlage, vielmehr habe ich den Eindruck, dass die Türkei eine Annäherung an die Staaten vollzieht, in denen Menschenrechte, vor allem die Andersdenkender, Andersglaubender und Anderslebender einen Dreck wert sind.
Ob es uns gefällt oder nicht, ob es für alle Menschen dort angenehm ist oder nicht: Die Demokratie in den islamischen Kulturen muss ihren eigenen Weg gehen, und die Masse der Menschen dort muss langsam aber sicher überzeugt werden, dass jede Demokratie nur eine säkulare sein kann. Natürlich ist zu hoffen, dass Extremisten wie die Salafisten nicht zu viel Macht bekommen.
Die Tunesier haben so gewählt und das müssen wir eben akzeptieren.
Mich wundert aber, dass man kaum noch etwas aus Libyen hört !?!