Es war einer der wenigen ausführlichen, und daher mit Spannung erwarteten TV-Auftritte des Michael Zorc in den letzten Jahren. Als der Sportdirektor des BVB am Sonntag bei der TV-Fußball-Talkrunde ‚Sky90‘ zu Gast war, da hätte der Zeitpunkt kaum günstiger gewählt sein können. Zahlreiche Ereignisse und Spekulationen rund um die Borussia warteten bei Moderator Patrick Wasserziehr und seiner Gesprächsrunde darauf aufgehellt und näher erläutert zu werden. Doch das Ergebnis war nach den rund 90 Minuten, von denen rund die Hälfte ausschließlich dem Thema BVB gewidmet waren, vergleichsweise bescheiden.
Zwar war die Atmosphäre unter den insgesamt fünf Debattenteilnehmern sehr aufgeräumt und entspannt, ließ sich der Runde durchgängig gut zuhören, doch tatsächliche Neuerungen bot die Gesprächsrunde für Leute die sich ohnehin einigermaßen regelmäßig mit dem Schicksal der Schwarzgelben beschäftigen am Ende aber kaum.
So blieb als kurzes Fazit: Fast alles ist derzeit vorstellbar, quasi nichts wirklich ausgeschlossen, bei Michael Zorc und seinen Mitstreitern im ‚Verein‘ vom legendären Dortmunder Borsigplatz.
Doch ein wenig genauer möchte ich die Aussagen zum aktuellen Tabellenneunten und DFB-Pokalfinalisten dann hier doch noch einmal zur Diskussion stellen:
Tatsächlich wurden viele Spekulationen und ‚Knackpunkte‘ rund um den BVB von Moderator Wasserziehr, Christoph Metzelder und dem stellvertretenden Chefredakteur der BILD, Matthias Brügelmann, diesmal ergänzt durch einen Zuschauer, den Gewinner eines Wettbewerbs, Christian Strassburger, tatsächlich thematisiert, doch ‚mauerte‘ Michael Zorc bei der Beantwortung entweder, oder aber er vermied zumindest eindeutige Aussagen.
Was am Ende zumindest ganz klar war zum Thema BVB, das war, dass auch diese Runde eindeutig der Meinung war, dass der angekündigte Klopp-Abgang im Sommer für die Borussia in erster Linie eine große ‚Chance zur Veränderung‘ darstellt.
In Sachen des in der Vorwoche angekündigten Abschieds von Ilkay Gündogan, spätestens zum Sommer 2016, gab sich Zorc auch bei sky90 gestern gesprächsbereit. Ilkay habe sogar den Wunsch geäußert den BVB schon in diesem Sommer verlassen zu können. Aktuell lägen dem Verein für den Nationalspieler aber ebenso wenig konkrete Angebote vor, wie auch im Falle Mats Hummels, den der BVB lt. Zorc allerdings auch nicht abgeben möchte. Zorc sprach daher aktuell von einer reinen „Phantomdiskussion“.
Grundsätzlich sei der Verein aber bei faktisch jedem Spieler gesprächsbereit, wenn ihm entsprechende Angebote ins Haus kämen. Wörtlich sagte der Funktionär: „“Schmerzgrenzen gibt es bei jedem Spieler“, heißt im Klartext wohl ‚Alles ist in Sachen möglicher Spielerabgänge aktuell grundsätzlich denkbar‘.
Mit dem am Vormittag im Sport1-‚Doppelpass‘ erstmals (und eher scherzhaft) aufgeworfenen Transfer Gerücht Mario Götze könne ja im Tausch mit Ilkay Gündogan, bei einem durchaus denkbaren Abgang des 24-jährigen zum FC Bayern, auch im Gegenzug zurück nach Dortmund transferiert werden konfrontiert, zeigte sich der Sportdirektor überrascht: „Das höre ich jetzt zum ersten Mal. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es beim Gespräch von Aki Watzke und Karl-Heinz Rummenigge in der Vorwoche in München um so etwas gegangen sein soll. Dabei ging es wohl erst einmal nur darum überhaupt wieder direkt miteinander zu sprechen.“, so Zorc. Gänzlich ausschließen wollte er diese Möglichkeit aber wohl auch nicht, auch wenn „Mario aktuell ein Spieler des FC Bayern München“ sei.
Der Sportchef der Schwarzgelben räumte ein, dass beim BVB im Sommer tatsächlich ein größerer Umbruch ins Haus stehen werde. Mit Respekt vor den Aufgaben der letzten Wochen der Saison wolle man dies allerdings erst nach der Saison näher thematisieren. Auch die entsprechenden Gespräche mit den Spielern im aktuellen Kader sollen erst dann geführt werden, so Zorc.
Was z.B. die sportlich eher schwache Leistung von Ciro Immobile in seinem ersten Jahr in Dortmund betrifft, sah der Funktionär einen Großteil der ‚Mitschuld‘ auch bei den Mitspielern des Italieners, welche ihn auch nicht so wie geplant mit ins Spiel einbezogen hätten. Überhaupt sei ein Hauptgrund für die schwache Bundesligasaison nicht die vielkritisierte Einkaufspolitik gewesen, sondern eben auch die Tatsache, dass ein Großteil der Mannschaft über Monate weit unter Form gespielt habe, nicht nur die ‚Neuen‘ enttäuscht hätten, jeder somit sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen sein, zudem viele Spieler langfristig verletzt ausfielen. Zwölf Spieler seien, so Zorc, beim BVB in dieser Saison jeweils länger als sechs Spiele lang ausgefallen, dass könne keine Mannschaft der Welt dauerhaft auffangen. Die Saisonvorbereitung sei zudem auch schon sehr schwierig gewesen. All das hätte sich aufaddiert. Erst in der Winterpause habe man dann auch wieder gezielt trainieren können, da der Spielrhythmus zuvor einfach zu hoch gewesen sei um an den Grundlagen zu arbeiten.
Er selber habe sich aber natürlich auch kritisch hinterfragt. An einen Rücktritt habe er aber nicht gedacht. Er sei ‚zu beschäftigt‘ gewesen um das in diese Richtung intensiver zu ‚reflektieren‘, so Zorc gestern.
Für den nun nahenden Klopp-Rücktritt fühle er sich aber schon auch ein wenig mitverantwortlich, zumindest indirekt. Der Wunsch nach einer vorzeitigen Trennung des Trainers von der Mannschaft sei allerdings alleine von Jürgen Klopp ausgegangen. Überrascht habe ihn das am Ende nicht mehr wirklich, hätte sich dieser Eindruck doch bereits durch mehrere Gespräche in kleinen Kreis zuvor verfestigt gehabt.
Eine Rückkehr des Meistertrainers der Jahre 2011 und 2012 zum BVB kann auch Michael Zorc sich eines Tages dabei offenbar durchaus vorstellen: „Ja, das halte ich für durchaus möglich. Jürgen ist ja noch relativ jung, und so etwas wäre ja auch kein Novum, das hat es in der Bundesligageschichte ja durchaus schon gegeben. Warum also nicht.“, so der Dortmunder.
Im Rückblick auf die auslaufende, schwierige Spielzeit gab Zorc nun Platz 7 in der Bundesliga als Ziel aus.
Zu Thomas Tuchel gab sich Zorc gestern erwartet wortkarg. Dieser werde, wie bereits vermeldet, erst nach dem Pokalfinale offiziell vorgestellt. Dann könnten auch Detailfragen zu ihm und der Geschichte gestellt werden. Bis dahin wolle man das Thema aber noch ausklammern. Nur so viel ließ er dann doch durchblicken: „Thomas Tuchel war unsere 1a Lösung!“
Was bleibt also von den gut 40 Minuten intensiver Debatte über den BVB? Eines wurde ganz klar, der BVB steht wohl tatsächlich vor einer schweren Zäsur, ein größerer Umbruch steht im Sommer ins Haus. Dabei erscheint aktuell vieles denkbar zu sein. Tabus scheint es dabei eigentlich keine zu geben. Grundsätzlich steht jeder Spieler zum Verkauf, wenn das Geld stimmt. In Sachen Neuverpflichtungen herrscht aktuell noch ‚eisiges Schweigen‘.
Es kommt eine spannende Zeit auf die BVB-Fans zu. Allerdings wird es zur neuen Saison erst nach dem Pokalfinale weitere Infos geben. Bis zum 30. Mai gebührt Jürgen Klopp und seinem aktuellen Team noch die volle Aufmerksamkeit. Zumindest die der Clubverantwortlichen bei ihrer öffentlichen Darstellung. Was hinter den Kulissen abläuft, dass soll bis dahin ausschließlich und weiterhin im Verborgenen geschehen…