UBP-Landratskandidat wegen Betrugsvorwurfs zurückgezogen

Na sowas, die Unabhängige Bürger-Partei (UBP) zieht ihre Landratskandidatur für den Kandidaten Carsten Müller nach nur vier Tagen zurück, obwohl sie ihn doch „langfristig an der Parteispitze aufbauen“ wollte – ihm wird nämlich Betrug vorgeworfen. „Der geschäftsführende Vorstand des UBP-Kreisverbandes Recklinghausen hat in einer Sondersitzung am gestrigen Abend über die bekannt gewordenen Vorwürfe gegen Carsten Müller beraten. Müller hat ebenfalls an der Sitzung teilgenommen und zu den Vorwürfen Stellung bezogen“, heißt es in der Pressemitteilung der Partei.

 

„Die Vorwürfe gegen Herrn Müller sind so prägnant, dass wir als Kreisvorstand die Entscheidung von Herrn Müller für richtig halten“, gibt selbst die UBP zu. Der 38-Jährige war erst vor vier Tagen von der UBP als Landratskandidat und Kandidat für den Castrop-Rauxeler Stadtrat vorgestellt worden. Nun fand man heraus, dass gegen den gebürtigen Castrop-Rauxeler in Kassel ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf „Stoßbetrügereien“ läuft.

Als Verantwortlicher einer Kasseler Niederlassung eines Computerhandelsunternehmens mit Sitz in Österreich soll er zusammen mit anderen in großem Stil Computerzubehör bestellt, nicht bezahlt, aber direkt wieder umgesetzt haben. Der Lieferant könne dann bei Nichtbezahlung seine Ware nicht mehr einziehen, da sie nicht mehr vorhanden sei, hat laut der WAZ der Kasseler Oberstaatsanwalt Michael Geidies erklärt. Insgesamt soll es um einen Schaden von bis zu 750.000 Euro gehen.

Im Sommer 2008 wurde Müller verhaftet, kam aber demnach gegen Kaution wieder frei. Müller rechtfertigt sich: „Fakt ist, dass ich nicht vorbestraft bin, gegen mich keine Anklage vorliegt und ich auch sonst in meinem Leben niemals jemandem bewusst schaden wollte.“ Sein polizeiliches Führungszeugnis sei „einwandfrei“. Gleichwohl bedaure er „außerordentlich den Schaden, den ich der UBP zugefügt habe, und ziehe meine Kandidatur für das Amt des Landrates und auch für den Rat der Stadt Castrop-Rauxel zurück.“

Die UBP betont, dass „es sich um kein Schuldeingeständnis handelt“, doch Müller müsse auch an seine Familie und seine berufliche Zukunft denken“ Es wäre fatal, wenn Herr Müller auf diesem Pulverfass bis zur Wahl sitzen bleibt.“ Die Partei geht davon aus, „dass die Vorwürfe zum Jahresende erledigt sind und Herr Müller rehabilitiert wird.“

Der Kreisvorstand hat einstimmig beschlossen, dem schillernden und stadtbekannten Dr. Dr. Joachim Seeger seinen Seegen zu erteilen. Dem UBP-Kreisparteitag soll am 12. Februar nicht wie eigentlich geplant Müller, sondern der „berühmte“ 49-jährige stellvertretende Vorsitzende der UBP Recklinghausen – er war im Oktober 2008 beigetreten – und Vorsitzende der Alten Bürgerschützengilde sowie der Karnevalsgesellschaft Poahlbürger als neuer Kandidat für den Posten des Landrats vorgeschlagen werden.

Seegers Lebensplanung sah eigentlich anders aus (der Vorsitzende der Alten Bürgerschützengilde Recklinghausen von 1387 gab im August bekannt, dass er „aus beruflichen, zeitlichen und familiären Gründen auf der Jahreshauptversammlung im April 2009 nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden kandidieren wird“): Aber „die UBP ist programmatisch so gut aufgestellt, dass ich nach kurzer Beratung mit meiner Familie zugesagt habe und das Amt mit großem Engagement erfüllen werde.“ Er freue sich auf die nächsten Monate und die Auseinandersetzung mit den politischen Gegnern. „In einem offenen und fairen Wettstreit will ich sachlich um die besten Konzepte streiten und für die UBP ein gutes Wahlergebnis erreichen.“

UBP-Kreisvorsitzender Tobias Köller ist „froh, dass wir so schnell und so einmütig zu einem guten Ergebnis für alle Beteiligten gekommen sind. Aber auch Krisen sind Chancen und wenn sie in der Form gemeistert werden, macht mich und die UBP das zuversichtlich.“

Der Castrop-Rauxeler ist damit freilich noch nicht aus der Geschichte heraus: „Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind“, soll der Staatsanwalt der WAZ gesagt haben. Müller selbst sieht sich dagegen als Opfer. „Ich bin da in eine ganz unglückliche Sache hineingeraten.“ Jeder mache mal Fehler und müsse eine zweite Chance bekommen. Er geht davon aus, dass er nicht verurteilt wird. „Ich bin ein Mensch des öffentlichen Lebens und eine Unternehmerpersönlichkeit und will dem Kreis und Castrop-Rauxel helfen, um Arbeitsplätze hier anzusiedeln."

Müller, langjähriges CDU-Mitglied, war erst im letzten Monat zur UBP gewechselt. Er sei sogar ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden, weil er mit Leuten zusammengekommen sei, „die wegen Körperverletzung, Urkundenfälschung und Mordes hinter Gittern sitzen“, so der kurzzeitige Landratskandidat. Falls  es doch zu einer Verurteilung kommen sollte, könne er sich vorstellen, „dass ich die Kandidatur zurückziehen würde.“

Dem ist die UBP jetzt zuvorgekommen. Warum? Für sie war Müller doch „keine Lösung bis zum 7. Juni, sondern weit darüber hinaus“. Der Castrop-Rauxeler, so hieß es noch vor wenigen Tagen in einer Pressemitteilung, „soll durch seine verbindliche Art langfristig an der Spitze der UBP aufgebaut werden und auch in kommenden Wahlkämpfen an exponierter Stelle kandidieren.“

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
7 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
tina
tina
15 Jahre zuvor

Unglaublich. Dabei war Herr M. auch immer ein Vorbild, wenn es darum ging, sich nicht unterkriegen zu lassen, nach einer gescheiterten Unternehmung gleich in die nächste zu investieren.

jan
jan
15 Jahre zuvor

Er gibt sich wirklich, auf seine so verbindliche Art, große Mühe zu vergessen! Sonst wäre ihm sicherlich seine Bewährungstrafe wegen Insolvenzverschleppung nicht entfallen.

jens
jens
15 Jahre zuvor

Lieber Jan,

war es nicht Steuerhinterziehung? Die Ruhrnachrichten jedenfalls schreiben: „In Bochum war er vor gut einem Jahr wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten verurteilt worden.“

Demnach verbüßt er zur Zeit noch eine Bewährungsstrafe.

jan
jan
15 Jahre zuvor

Asche auf mein Haupt! Bei div. Insolvenzen geht da allerdings neben der Steuerhinterziehung, soweit mir bekannt, noch so ein kleiner Betrug mit einem verschwundenen BMW voraus. 1999 oder 2000. Hatte aber laut seiner Aussage keinerlei Einfluss auf sein blütenreines polizeiliches Führungszeugnis. Da fragt man sich doch, ob er im Zeugenschutzprogramm war oder die Zeugen vor ihm geschützt werden sollten.

Klausi
Klausi
15 Jahre zuvor

Scheinbar ist die UBP das Auffangbecken für Verbrecher und gescheiterte Existenzen.
Herr Köller hat schon früh erkannt, dass man mit einer Partei eine Menge Gelder und gute Kontakte abzocken kann.
Das nun auch ein Herr Müller seinen Weg dorthin gefunden hat, kann Niemanden wundern.
Man sollte alle Mitglieder der UPB genau überprüfen.

Kathi
Kathi
15 Jahre zuvor

Mann, Mann, Mann, das ist ja sehr interessant, was der Herr Müller so alles treibt… Mich würde ja mal interessieren, was es mit dem gestohlenen BMW auf sich hat! Habt Ihr da vielleicht noch nähere Infos?

Jürgen Wiggermann
14 Jahre zuvor

Grundsätzlich schädigen solche Leute wie Müller die Demokratie. Abzocker haben wir doch leider wirklich genug! Unglaublich, wie dieser Stratege das Unschultslamm spielt! Weg mit ihm aus der politischen Landschaft!

Werbung