Also, wenn es denn überhaupt noch eines (weiteren) Beweises bedurft hätte, dass in der Bundesliga häufig nur die Kleinigkeiten entscheidend sind, den Unterschied zwischen Glück und Unglück ausmachen, dann könnte der laufende 4. Saison-Spieltag hierfür mal wieder als so eine Art Paradebeispiel dienen.
In einer Liga in der man zum Glück immer noch relativ häufig große Überraschungen auf dem Spielfeld erlebt, die Leistungsdichte im Vergleich zu manch anderer ausländischen Liga, und vielleicht auch mit Ausnahme des großen Titelfavoriten FC Bayern München, aktuell an einem guten Tag immer noch jeder jeden schlagen kann, bleibt das ja ohnehin zwangläufig nicht aus. Aber gerade auch an diesem Wochenende wurden die Zuschauer mal wieder Zeugen einiger ganz bemerkenswerter und irgendwie ‚merkwürdiger‘ Entwicklungen und Ereignisse.
Auffälligstes Beispiel in einem konkreten Spiel aktuell natürlich die heiß diskutierte Elfmeterentscheidung von München. Da spielt der bisher noch sieglose FC Augsburg eine äußerst couragierte Begegnung in der Allianz-Arena in München, kann bis zur 88. Spielminute ein beachtliches 1:1 halten, doch wird ihm die Chance auf einen Punktgewinn dort dann von einer Schiedsrichterfehlentscheidung geraubt, als der ‚Unparteiische‘ Knut Kircher einen Zweikampf zwischen Bayerns Douglas Costa und dem Augsburger Spieler Markus Feulner, durch Anraten seines Assistenten Robert Kempter, völlig überinterpretierte, fälschlicher Weise auf den Elfmeterpunkt zeigte. Eine Entscheidung, welche den Bayern den Sieg quasi schenkte, den Augsburgern ihr so schwer verdientes gutes Resultat in München kurz vor Spielende noch kaputtmachte.
So manch ein Kritiker sahen hier nun schon wieder üble Mächte am Werk, unterstellten den Bayern hier mehr als nur Glück. Soweit möchte ich an dieser Stelle nicht gehen, schließlich drückten die Bayern zu diesem Zeitpunkt des Spiels schon ordentlich auf den Führungstreffer, und nur wer etwas riskiert kann auch das Spiel am Ende noch gewinnen, doch zeigt diese Fehlentscheidung, für die sich Kircher nach dem Spiel bemerkenswerter Weise auch öffentlich entschuldigte, wie eng Erfolg und Misserfolg in der Bundesliga häufig nur auseinanderliegen.
Wie üblich fragt vermutlich allerdings auch wohl schon in wenigen Tagen dann niemand mehr danach, ob der FC Bayern diese drei Punkte für den Sieg gestern eigentlich verdient gehabt hat. So ist das halt.
Von diesen Kleinigkeiten auf andere Art betroffen ist derzeit u.a. der traditionsreiche VfB Stuttgart. Der VfB kassierte gestern zwar im vierten Spiel die vierte Niederlage, doch waren die Leistungen der Schwaben bisher in allen Begegnungen recht ansprechend, hätte das Team von Alexander Zorniger eigentlich bis auf die 1:4 verlorene Heimpartie gegen Eintracht Frankfurt, in jedem Liga-Spiel durchaus verdient gehabt zu punkten. So auch gestern in Berlin, als ein wunderbarer Volleyschuss der Berliner durch Fabian Lustenberger (45.) die Begegnung letztendlich gegen die Zorniger-Elf entschied. Die vor Saison in Stuttgart vorherrschende Aufbruchsstimmung ist damit wohl endgültig wieder verflogen.
Mit anderen Kleinigkeiten kämpft derzeit die Gladbacher Borussia, welche ebenfalls noch immer auf ihren ersten Punktgewinn der Saison wartet. Und das Merkwürdige daran: Während der VfB sich, trotz seines Saisonstarts ohne sportliche Erfolgserlebnisse, spielerisch durchaus im Vergleich zur letzten Spielzeit erkennbar verbessert zeigt, ist bei den Borussen derzeit genau das Gegenteil der Fall. Hier klappt plötzlich scheinbar gar nichts mehr. Und niemand weiß offenbar warum. Ein paar Verletzungsprobleme und Kaderumstellungen im Sommer können eigentlich nicht im Ansatz erklären warum das Team von Lucien Favre plötzlich irgendwie kein Bein mehr auf den Boden zu bekommen scheint.
Wer sich am Freitag das peinliche 0:3 gegen den Hamburger SV angesehen hat, dem blieb eigentlich nur ein ahnungsloses Schulterzucken. Und entsprechen fielen nach dem Spiel auch die Reaktionen von Trainer Favre und Manager May Eberl aus. Abläufe und Reaktionen, welche viele Beobachter schon an den BVB in der Vorsaison erinnerten. Doch dieser Vergleich hinkt bei näherer Betrachtung doch recht gewaltig. Zwar ‚versemmelte‘ der BVB in der Tat die Vorrunde der Vorsaison bekanntlich als Mitfavorit der Liga völlig, doch damit enden auch schon die möglichen Parallelen zwischen beiden ‚Borussias‘.
Während die Gladbacher nämlich schlecht spielen und null Punkte auf Ihrem Konto haben, spielte der BVB zu Hinrunden-Beginn im Vorjahr sogar noch recht gut, dominierte seine Gegner häufig, hatte nach Spieltag Vier auch immerhin schon zwei Siege und sechs Punkte auf dem Konto, war zu diesem Zeitpunkt als Tabellenzehnter im Mittelfeld platziert. Die völlige Verunsicherung bei den Dortmundern setzte dann erst in den Wochen danach so richtig ein.
Die Gladbacher haben sie derzeit scheinbar schon. Und dabei hat für sie die eigentlich als problematisch empfundene Dreifachbelastung mit der Champions League noch nicht einmal angefangen. Ein Vergleich mit dem BVB ist also (derzeit noch) weitestgehend unpassend.
Es müssen daher wohl auch andere Kleinigkeiten sein, die die Gladbacher von ihrem Erfolgsweg in der Sommerpause so deutlich abgebracht haben. Was sie wieder dorthin zurückführen kann? Schwer zu sagen, so verunsichert und irgendwie ratlos wie sich Trainer und Team am Freitag schon öffentlich gezeigt haben. Diesen Status hatte der BVB im Vorjahr dann auch erst im November, gegen Ende der Hinrunde, in ähnlichem Ausmaß ‚erreicht‘.
Ganz anders der aktuelle BVB. Der neunte Sieg im neunten Pflichtspiel, ein 4:2 Arbeitssieg in Hannover, welcher einen neuen Vereinsrekord darstellt, war augenfällig ein Produkt des neuen Selbstvertrauens der Schwarzgelben. Die Tuchel-Truppe zeigte in der Defensive einige Schwächen, siegte am Ende trotzdem verdient bei den Niedersachsen.
So ist das halt häufig, wenn man einen positiven Lauf hat. Auch hier fällt es aktuell schwer die Gründe für den Umschwung so richtig zu benennen. Thomas Tuchel scheint jedenfalls erfolgreich an so einigen Rädchen im Getriebe der Borussen gedreht zu haben. Wie lange das so bleibt? Niemand weiß es. Und genau das macht die Liga ja, trotz der ständigen Bayernerfolge, noch immer so unterhaltsam.
Auch für den anderen großen Revierclub, den FC Schalke 04, wird es heute Nachmittag vermutlich auf Kleinigkeiten ankommen, wenn dieser im Heimspiel gegen Mainz 05 beweisen muss, dass seine Tendenz in die richtige Richtung geht. Ein Sieg ist für die Gelsenkirchener eigentlich Pflicht, wenn man den Kontakt zu den Champions League-Plätzen behalten will.
Einer Region, aus der sich die Gladbacher vorerst ja schon einmal verabschiedet zu haben scheinen. 12 bzw. 8 Punkte Rückstand für die Fohlen erscheinen doch schon bedrohlich groß. Die Schalker haben aktuell zwar schon vier Zähler, doch eine Niederlage heute und auch in Gelsenkirchen würde man nach Kleinigkeiten suchen, warum es aktuell in der Liga nicht so recht laufen mag…
Es bleibt also auch heute Nachmittag spannend. Den derzeit mal wieder so vielen unberechenbaren Kleinigkeiten in der Liga sei Dank dafür!