Ehrenamtliche Arbeit ist ein hohes Gut. Solange ich denken kann haben immer zahlreiche freiwillige Helfer einen Großteil der gesellschaftlichen Aufgaben zu stemmen geholfen.
In letzter Zeit habe ich allerdings häufiger den Eindruck, die Gesellschaft hat den Punkt überschritten an dem noch genügend Freiwillige für diese diversen Aufgaben zur Verfügung stehen.
Doch woran liegt das? Sinkt die Bereitschaft der Leute sich ehrenamtlich zu engagieren, oder überfordert unsere Gesellschaft die Bereitschaft der Leute durch rückläufige städtische Leistungen und vermehrten Bedarf an unentgeltlichen Arbeitskräften?
Für beide Punkte sehe ich in letzter Zeit bereits zahlreiche Hinweise.
Wenn man einmal über einige Wochen aufmerksam die Lokalzeitung liest, dann stellt man fest, dass inzwischen nahezu alle sozialen Einrichtungen scheinbar einen Mangel an aktiven Mitgliedern haben. Egal ob die Freiwillige Feuerwehr, der Technische Hilfswerk, das Deutsche Rote Kreuz, die ‚Tafeln‘ usw.. Überall wirbt man vermehrt um Nachwuchs, um weitere Helfer.
Früher gab es, zumindest in einigen Bereichen, häufig noch regelrechte Wartelisten. Als ich z.B. vor gut 20 Jahren Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr an meinem Wohnort wurde, da kam man ohne ‚Beziehungen‘ dort gar nicht erst dazwischen.
Wenn dort nicht schon Freunde und Verwandte jahrelang mit dabei gewesen wären, man hätte mich damals wohl gar nicht, oder zumindest erst wesentlich später, in die örtliche Feuerwehr aufgenommen. Niemand dort wäre damals auf die Idee gekommen aktiv um neue Mitglieder zu werben bzw. aktiv an Schulen zu gehen und dort Jugendliche für die Jugendfeuerwehr ‚anzuwerben‘. Das hatte man damals schlicht gar nicht nötig. Heute ist das komplett anders. Doch woran liegt das?
Ist ein soziales Engagement in einer Hilfsorganisation bei der Jugend ‚uncool‘ geworden, hat sich der Egoismus in der Gesellschaft so sehr ausgebreitet? Ein wichtiger Punkt ist sicher auch, gerade bei Feuerwehr und THW, dass der Wehr- bzw. Zivildienst inzwischen entfallen ist. Diejenigen, welche schlicht ihren Ersatzdienst dort ableisten wollten, gibt es nun offenkundig nicht mehr. Aber ist das wirklich der einzige Grund für die Nachwuchssorgen in diesem Bereich?
Hinzu kommt auch, dass an zahlreichen anderen Stellen in der Gesellschaft auf Freiwilligkeit der Bürger gesetzt wird, wo früher der Staat bzw. die Stadtverwaltung noch selber tätig waren und mit bezahlten, regulären Arbeitskräften ‚am Werk‘ waren.
Gerade auch in den finanziell gebeutelten Kommunen sucht man inzwischen für unzählige, ehemals städtische Aufgaben Mithelfer: Besentage setzen auf freiwillige Entrümpler und Gärtner im Stadtgebiet, wo früher noch das Grünflächenamt regelmäßig professionell tätig war. In der Bücherei verteilen zukünftig nun ehrenamtliche Kräfte die Bücher, was früher noch ein ‚regulärer‘ Angestellter der Stadt übernahm. Im Schwimmbad werden nun auch Bürger als Aufsichtspersonal und Rettungsschwimmer ausgebildet, um den Betrieb sichern zu können. Auch die Pflege der Anlage obliegt hier am Ort den Bürgern.
Diese Liste ließe sich problemlos fortsetzen.
Offenbar sind aber all diese Versuche inzwischen auch mit großen Schwierigkeiten verbunden. So wird hier in Waltrop beispielsweise ein ‚Minijob‘ für Helfer im ‚Bürgerbad‘ angeboten, da es an wirklich ehrenamtlich Tätigen ganz offenbar mangelt. Doch auch mit Stundenlohn auf Mindestlohnniveau findet man offenkundig noch immer nicht genügend ‚Freiwillige‘ für all die zu verteilenden Aufgaben im Bad.
Hat die Gesellschaft hier den Bogen bereits überspannt? Es sieht ganz so aus!
Ein gewisser Teil der Leute ist sicherlich bereit sich unentgeltlich für andere zu engagieren, aber kann es gutgehen wenn zukünftig an so vielen Stellen in einer Stadt ‚Ehrenamtliche‘ benötigt werden?
Ist die Bereitschaft der Leute sich zu engagieren also nun in den letzten Jahren deutlich gesunken, oder sind die Aufgaben die von ‚Ehrenamtlern‘ nun übernommen werden sollen bzw. müssen nicht viel zahlreicher geworden? Der Ersatzdienst für die Bundeswehr ist entfallen, die Aufgabenbereiche haben sich aber wohl nicht nur auf städtische Aufgaben verlagert, sondern haben sich ausgeweitet.
Macht es in Zukunft also Sinn ständig noch mehr Freiwillige für die diversen Besentage, Schwimmbäder, Büchereien, Feuerwehren usw. zu suchen, wenn die Städte nicht mehr genügend finanzielle Möglichkeiten für regulär Beschäftigte Mitarbeiter haben?
Senkt dieses Vorgehen aber nicht auch den Standard der angebotenen Leistungen dramatisch?
Ganz ehrlich, ich würde meine Kinder nur relativ ungern in ein Schwimmbad gehen lassen, welches nur von wenigen ausgebildeten und normal entlohnten Mitarbeitern betrieben wird, stattdessen mit vielen Schülern und Studenten, welche dort ihr Taschengeld etwas aufstocken wollen.
Ich beobachte diese Tendenzen in den verschiedenen Bereichen nun schon länger, und ich muss sagen, die Entwicklung hat inzwischen leider offenbar ein Ausmaß angenommen, dass man für die Zukunft eigentlich sehr, sehr skeptisch sein muss.
Das Problem dabei: Ich sehe auch keinen wirklich Ausweg aus der Misere! Die Städte der Region sind inzwischen fast ausnahmslos pleite und die an Ehrenamtliche zu vergebenden Aufgaben wachsen dadurch scheinbar explosionsartig…
Natürlich wird einerseits das Ehrenamt immer mehr
umgewandelt in die Form eines sehr billigen Arbeitsverhältnisses,
mit dem man Kosten einsparen will. Darunter leidet das Ansehen des
Ehrenamts und zudem übersteigt die Nachfrage die Kapazitäten des
Marktes. Andererseits ist mir kürzlich mal von einer Organisation,
die seit Ewigkeiten auf ehrenamtliche Helfer angewiesen ist,
erklärt worden, dass das Problem auch eines der
Wohlstandsgeneration sei. Die Argumentation ging so: Die Generation
unserer Großeltern war ehrenamtlich tätig, weil sie die Schrecken
des Krieges erlebt habe. Unsere Eltern wären in einer Phase der
sozialen Revolution und des bürgerlichen Engagements groß geworden
(68er, Öko-Bewegung). Wer hingegen nach 1970 geboren sei, der sei
in einer Zeit des relativen Wohlstandes groß geworden, wo sich kein
Bewusstsein für Mangel oder ehrenamtliches Miteinander habe
entwickeln können. Es fehlt meiner Generation – so der Vorwurf –
das Gefühl dafür, dass man anderen etwas geben muss, weil wir
ständig alles bekommen haben. So ganz unrichtig scheint mir diese
Idee nicht zu sein…
Vielleicht liegt es auch daran, daß viele Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, erleben daß trotz ihres Engagements sie keinerlei Einfluss auf Entscheidungen haben.
Da engagiert man sich vielleicht im Schwimmbad oder in der Bücherei ehrenamtlich um diese zu erhalten, aber dann werden Schwimmbad und Bücherei eben doch geschlossen, weil die Gemeinde sparen muss. Ohne das die Ehrenamtlichen mal gefragt werden, ob sie evtl. noch Vorschläge haben.
So habe ich neulich von einem Bahnhof (irgendwo in Brandenburg) gehört, der von der Bahn seit Jahren sträflichst vernachlässigt wird, gehört. Die Gemeinde hat mehrfach die Bahn auf den Zustand des Bahnhofs angesprochen und entsprechende Leistungen gefordert. Die Gemeinde war auch bereit einen Teil der Kosten zuzuschießen. Aber nichts ist geschehen.
Dann hat sich eine Bürgerinitiative dort als Genossenschaft gegründet und betreibt dort das lange verwaiste Bahnhofscafé. Mit Erfolg.
Und was macht die Bahn? Verlegt demnächst die Gleise und baut einen neuen Bahnhof. Der neue Bahnhof wird natürlich weit genug vom alten Gebäude stehen, so daß das Café und das Engagement der Leute vor die Katz war, weil niemand einen Umweg von mehreren hundert Metern machen wird, nur um dann einen Kaffee zu trinken.
Ich denke, wenn man dazu mal recherchiert, wird man eine ganze Menge Beispiele finden, wo am Ende die Ehrenamtlichen die Arschkarte gezogen haben.
Verarschen können sich die Bürger alleine billiger und mit geringerem Zeitaufwand.
Ein guter Artikel, der nachdenklich macht …
Es scheint sich in der aktuellen Gesellschaft ein Wandel bzgl. des freiwilligen Engagement in der Freizeit zu vollziehen, auch diverse Vereine beklagen einen akuten Rückgang ihrer Aktiven. Es scheinbar nicht mehr hipp, sich in reeelle Vereine einzubringen. Im Gegenzug steigt da die Bedeutung der sogenannten „sozialen“ Netzwerke, in Blick auf das aktuelle Straßenbild mit Unmengen von in sich gekehrten Smartphone scheint diese These zu bestätigen.
Weiterhin sind die umworbenen Freiwilligen sich ihrer Bedeutung durchaus bewusst, die dann auch entsprechend handeln. Aus meinem Umfeld hat sich ein befreundetes Ehepaar für das Engagement in einem Verein entschieden und gegen ein Engagement für die Stadt Bochum als freiwilliger Helfer.
Die Begründung für deren Entscheidung:
„Wenn die Stadt Bochum noch Geld für ein Konzerthaus als Prestige-Objekt hat, dann kann es um die Finanzen der Stadt nicht so schlecht bestellt sein. Wir unterstützen dann lieber einen Verein, der jede helfende Hand braucht.“
Robin,
das von Dir angesprochene Thema ist sehr komplex und bedarf einer sehr differenzierten Betrachtung.
„Ehrenamtliche Arbeit“
ist in den Inhalten außerordentlich vielschichtig und bedarf deshalb einer
differenzierten Betrachtung
-im Sportverein, im Kulturverein, in Parteien, in Gewerkschaften, in Kindergärten, in Schulen, in Non-Profit-Organisationen, im Krankenhaus, im Altenheim, in Kirchen, in kirchlichne Organisationen, in der Jugendarbeit, im Altenheim u.a.mehr-
in der Motivation der Menschen sehr verschieden und bedarf auch deshalb einer differenzierten Betrachtung
-Eltern an Kindergärten, an Schulen „ihrer“ Kinder,
-in einer Partei aus politischer Überzeugung,
-in einer Gewerkschaft als Arbeitnehmer, weil der betr. Arbeitnehmer als solcher extrem negative Erfahrungen im Beruf gesammelt hat,
-aus pers.Erfahrung mit Kranken,Behinderten, z.B. in der eigenen Familie,
-aus religiösen Gründen -Nächstenliebe,
-aus Langeweile,
-weil „man“ sich über den Zustand im Wohnquartier -Sauberkeit,Sicherheit-sorgt.
Wenn sich, Robin, nach Deiner Wahrnehmung nicht mehr genügend Menschen
in den verschiedensten Bereichen und aus ganz unterschiedlichen Motiven ehrenamtlich engagieren, dann ist das m.E. in dieser generalisierenden Form
nicht zutreffend.
Unbestritten ist, daß junge Menschen aufgrund ihrer extremen Belastung im Beruf, im Studium (wesentlich intensiver als zu meiner Zeit) nach
meiner Erfahrung aus Zeitgründen keine ehrenamtliche Arbeit verrichten können,
nicht deshalb, weil sie diese grundsätzlich nicht wollen oder sogar prinzipiell ablehnen.
Ebenso unbestritten ist aber auch, daß immer mehr ältere Menschen -Rentner,Pensionäre-bereit sind,sich ehrenamtlich zu engagieren, nicht zulezt deshalb, weil sie sich häufig langeweilen und/oder weil sie beweisen wollen, daß sie noch „zu etwas Nutze“ sind.
Unbestritten ist, daß die jeweils Verantwortlichen (-in Kindergärten,Schulen,Krankenhäusernusw.,daß
die Verantwortlichen für alle „öffentliche Produkte und Dienstleistungen-) sorgfältig prüfen müssen, ob das Produkt, ob die Dienstleistung, wenn sie von Ehrenamtlichen und nicht von beruflich Tätigen erbracht wird, den „Kunden“ qualitativ zuzumuten sind.
Es ist allerdings nach meiner Erfahrung keineswegs so, daß das von beruflich Tätigen erstellte Produkt oderdie von beruflich Tätigen erbrachte Dienstleistung a priori qualitativ besser ist als das von einem Ehrenamtliche erbracht Produkt bzw. eine von einem Ehrenamtlichen erbrachte DienstleistungÖ; es kommt auf die Qualifikation und die Einsatzbereitschaft an, und die sind nicht zwingend bei den hauptamtlich/hauptberuflichen Tätigen besser als bei den Ehrenamtlern, auch wenn das,verständlicherweise, stets und ungeprüft von der betr.Gewerkschaft behauptet wird.
Ich gehe davon aus, daß es zum Thema „ehrenamtliches Engagement“ der Bürger -konkret in der örtlichen Gemeinschaft- mittlerweile einige Untersuchungen, wissenschaftliche Gutachen u.ä.mehr gibt.
Die sollten die Grundlage für weitere Diskussionen zu diesem Thema sein, auch deshalb, und davon geht Robin zurecht aus,weil immer mehr Kommunen, also die Bürger (!!) in den Kommunen,aufgrund der komm.Finanzsituation
auf die Arbeit weitgehend unentgeltlich tätiger Ehrenamtler bauen (müssen).
Insgesamt sehe ich in der Bürgerschaft noch eine Menge nicht genutzter Ressourcen an Wissen, an Verstand, an Erfahrungen, an Können und vor allem an einer grundsätzlichen Bereitschaft,sich ehrenamtlich zu engagieren, überwiegend, wie angesprochen, bei den älteren Menschen.
In vielen Städten wird mit unterschiedlichen Mitteln und Methoden versucht, dieses Potential in der Bürgerschaft zu mobilisieren.
Da ist noch Einiges zu bewegen
Ich bin insgesamt in Sachen „ehrenamtliches Engagement“ nicht so kritisch wie Robin bzw.wie einige Mitdiskutanten.
Ganz konkret erfahre ich immer wieder , daß vor allem in den Dienstleistungsbereichen, in denen Hand(werkliche)Arbeit ansteht, Ehrenamtliche nur schwer zu gewinnen sind, und zwar nicht deshalb, weil die betr.Arbeiter, jetzt Rentner, das nicht wollen, sondern deshalb, weil sie nicht, weil sie „nicht richtig“ angesprochen werden. „Warum hat mich denn keiner gefragt“, höre ich immer wieder von Vielen, wenn eine Hand(werkliche)Arbeit, z.B. in öffentlichen Grünflächen der Stadt,nicht erbracht werden konnte und
dieser Mißstand dann lauthals beklagt wird.
Speziell darüber lohnt es sich m.E. ‚mal in den Kommunen, in Vereine,Verbänden usw.nachzudenken, zumal in vielen Kommunalverwaltungen das Thema „Ehrenamt/ehrenamtliche Tätigkeit“mittlerweile durch eine spezielle Fachkraft oder sogar eine Organisationseinheit bearbeitet wird und dort diesen und ähnlichen Ideen nachgegangen werden kann.
Eigentlich müsste das Ruhrgebiet mit seinen vielen Arbeitslosen, Frührentnern und Rentnern eine Hochburg des Ehrenamtes sein. Das ist aber nicht der Fall. Es ist häufig ein Desinteresse oder eine Desillusion. „Arsch vom Dienst“ zu sein, umgeben von vielen Menschen mit Vollvorsorgungsqualität mag keiner auf Dauer. Es ziehen zu wenig Menschen mit. In den umliegenden Dörfern erlebt man noch mehr Gemeinschaftssinn. Es ist ja auch sonst nichts da, und es existiert ein gesellschaftlicher Druck.
Ein weiteres Problem sehe ich in der Klagewut der Menschen. Kann man noch Jugendarbeit machen, wo man doch bei jeder Fahrt mit einem Bein vorm Richter steht, wenn etwas passieren sollte. Kann man noch etwas reparieren, ohne sofort an Haftungsfragen etc zu denken?
Wer will das Risiko noch eingehen?
Unverbindlichkeit ist Trumpf. Die Fitness-Studios haben auch mit ihrer Flexibilität , die die egoistischen Einzelinteressen bedient, Erfolg. Der Sportverein ist bisher weniger flexibel und verliert.
Ferner muss natürlich beachtet werden, dass viele auch meine unterqualifiziert zu sein, wenn heute schon für die U3-Versorgung ein Hochschulabschluss gefordert wird.
Zusammenfassend würde ich folgende Dinge als Probleme beim Ehrenamt ebenfalls sehen:
– trotz Engagements keinerlei Einfluss auf Entscheidungen
– Gefühl des “Arsch vom Dienst”, umgeben von vielen Menschen mit Vollvorsorgungsmentalität
Die Klagewut sehe ich allerdings so nicht. Eigentlich wird fast nie geklagt. Aber es wird den Leuten viel Angst gemacht, dass sie für alles haften müssen und für jeden Mist verklagt werden könnten. Überhaupt werden immer gerne die Probleme die ggf., wenn evtl. das passieren könnte, was eigentlich gänzlich unwahrscheinlich ist in den Vordergund gerückt, gerne auch von Behörden. Die, wie ja auch schon gesagt wurde, gerne Anforderungen stellen, die keiner wirklich erfüllen kann und die nicht selten nur absurd sind.
Hinzu kommt, dass viele mit Strukturen in Vereinen schlechte Erfahrungen gemacht haben. Sei es, dass sie z.B. unter einem „selbstgerechten“ Vorstand zu leiden hatten oder als Vorstand alleine da standen, weil andere Mitglieder alle Aufgaben an den Vorstand deligiert wissen wollten.
Auffällig ist auch, dass vermehrt „Charity“-Projekte initiiert werden, bei denen es eigentlich nicht in erster Linie darum geht, Aufgaben ehrenamtlich zu übernehmen und etwas für das Gemeinwohl zu tun, sondern sich die Träger solche Projekte damit ein gewisses Image zulegen wollen und dass das der eigentliche Zweck ist, um den es dabei geht.
Z.B. „Marketing Club organisiert Galadiner. Aus dem Erlös wird Schaukel für Dschungelspielplatz finanziert.“ Lieber wäre mir, die Beteiligten täten sich zusammen, organisierten die Materialien und würden die Schaukel gleich vor Ort unter fachkundiger Anleitung aufbauen.
Ich denke nicht, dass die Qualität der Arbeit eines Ehrenamtlichen geringer ist als bei einem Hauptamtlichen. Oft steckt da Herzblut hinter, was viele ehrenamtliche Projekte erst erfolgreich macht.
Das größte Problem unserer Gesellschaft ist, dass wir immer weniger Zeit haben. Deshalb findet man bei manchen Organisationen, die auf ehrenamtlicher Arbeit basieren, auch überwiegend ältere Menschen, die die Arbeit stemmen. Auf der anderen Seite stelle ich aber auch fest, dass viele ältere keine Lust mehr haben, weil sie dieses ehrenamtliche Engagement schon seit Jahrzehnten durchführen und nun etwas anderes tun wollen und mal mehr an sich selbst denken wollen.
Aber der Nachwuchs fehlt in vielen Organisationen. Jugendliche und junge Menschen sind durch Schule und Studium viel stärker eingebunden als früher noch. Wer aus Schule und Ausbildung raus ist, kümmert sich zumindest in der Woche dann auch mehr um seinen Job, da er bei seinem befristeten Arbeitsvertrag immer Höchstleistung bringen muss. Das ist auch ein Grund dafür, wieso immer weniger junge Menschen ein Kind bekommen. Es fehlt die Zeit und die finanzielle Absicherung.
Ferner kommen natürlich dann die o.g. kulturellen Veränderungen (Wohlstandsgesellschaft), aber auch konkurrierende Angebote (kommerzielle Freizeitangebote, Internet).
Dass die Kommunen ihre Angebote zurückfahren (müssen?!) ist bei der aktuellen Finanzdiskussion eigentlich nachvollziehbar. Sie werden sich fragen müssen, inwiefern man verstreute Angebote bündelt und wo man Schwerpunkte setzt. Beispiel: Mir sind zwei, drei gut ausgestattete Bibliotheken in der ganzen Stadt wesentlich lieber als Zweigstellen in jedem Vorort, wo ich aber nur alten Schrott bekomme. Kommunale Jugendarbeit muss vor allem dort ansetzen, wo soziale Probleme die positive gesellschaftliche Entwicklung von Jugendlichen hemmt, anstatt im reichen Einfamilienhausvorort, wo es uncool ist, sich im städtischen Jugendheim zu treffen und man stattdessen in die Stadt fährt, um sich zu amüsieren.
Aber nochmal auf das Ehrenamt zu sprechen zu kommen: rechtliche Barrieren müssen abgebaut werden, ehrenamtliche Strukturen müssen vor allem bei der persönlichen Betroffenheit ansetzen (an meiner Schule, in meiner Nachbarschaft) und die Stadt muss organsiatorische Strukturen vorhalten, die den ehrenamtlichen Menschen Hilfe bei rechtlichen, finanziellen und städtischen Fragestellungen anbieten.
Nein.
Nur um die Eingangsfrage zu beantworten.
Ein Ehrenamt übernimmt man freiwillig und führt es auch freiwillig aus. Frei und willig, wer nicht will macht es nicht und er oder sie macht auch nicht, was er oder sie nicht will.
Versalzen wird diese eigentlich leckere Suppe einmal durch Klugscheißer, die zwar genau wissen, was der/die Ehrenamtliche zu tun hat aber ganz bestimmt niemals irgendeine „Schüppe“ mal selbst in die Hand nehmen und andererseits durch Ehrenamtliche selbst, die ein fishing for compliments auf der Mitleidsschiene betreiben.
Eine Falle in die man als Ehrenamtlicher gerne tritt, ist es nicht häufig genug „Nein“ zu sagen – insbesondere zu den oben genannten Klugscheißern.
Die Angst vor dieser Falle, die man sich vor allem selber stellt, aber als Mißbrauch durch die Klugscheißer erlebt, hindert m. E. viele daran zu einem Ehrenamt „ja“ zu sagen.
Als Gesellschaft die sich ganztagsbetreute Kinder und Jugendliche wünscht, müssen wir uns auf die fräuleinprusseliesierung eben dieser Generation einstellen. Jugendliche sind entweder betreut oder engagiert, beides ist in der Anstaltspraxis (sei es Kindergarten oder Schule) nicht vereinbar. Nicht zu vergessen ist, es sind einfach immer weniger Kinder da.
Die kritischen Bemerkungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit sind zwar im einzelnen zutreffend, aber sie sprechen insgesamt nicht gegen das ehrenamtliche Engagement bzw. gegen dessen Ausdehnung -auf mehr Menschen, auf mehr Aufgaben-.
Wolfgang Obermanns -8-:
Ja,
freiwillig war und ist auch mein ehrenamtliches Engagement.
Und für dieses Engagement gab es und gibt es unterschiedliche Motive, je nach dem Inhalt der Tätigkeit, z.B. als aktiver Jugendfußballer zugleich „Geschäftsführer“ der Jugendabteilung meines Vereines, als aktiver Gewerkschafter der jüngste ÖTV-Vorsitzender in Deutschland -mit 19-, als aktiver SPDler Parteivorsitzender,Ratsmitgliede,Fraktionsvorsitzender, als kulturell und kultur-historischer Interssierter Mitbegründer einer Bürgerinitiative und später eines Vereines, der ein Kulturdenkmal -neugotische Krankenhauskapelle- in meiner Heimatstadt Waltrop vor dem Abrisss bewahrt und renoviert/restauriert hat und es jetzt für kulturelle Zwecke nutzt.
Ich denke, so oder so ähnlich könnte die Motivation vieler Menschen sein, die sich ehrenamtlich engagieren. Hinzukommt bei den meisten Ehrenamtlern, daß sie generell gerne etwas tun, gerne aktiv sind und sie gerne mit anderen Menschen zusammen sind -nicht ständig, aber gelegentlich-.Das ist nicht bei allen Menschen so und deshalb ist das Ehrenamt auch nicht jedermanns Ding und das soll es und das muß es auch nicht sein.
Ja,
viele, die ständig mehr ehrenamtliche Tätigkeit fordern, haben sich selbst nie engagiert -„Klugscheißer“?-.
Ja,
und gelegentlich nerven mich manche ehrenamtlich Aktive durch das ständige Bemühen, ihr Engagement in der Öffentlichkeit darzustellen und stetes Lob und permante Anerkennung einzufordern.Für mein Engagement stand z.B. die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande fest -nebst Einladung zur Verleihung-. Das war ohne mein Wissen durch „Gutwillige“ beantragt, geplant und vorbereitet. Ich habe die Annahme abgelehnt -nicht zum ersten Male-, weil ich meine, ein ehrenamtliches Engagement bedarf nicht des besonderen Lobes, der besonderen Anerkennung durch den Staat;das muß aber letztlich jeder Ehrenamtler für sich entscheiden.
Ich bleibe also dabei:
Es gibt noch ein großes Potential in der Bürgerschaft für ehrenamtliche Tätigkeiten aller Art. Es bedarf möglicherweise noch mehr Informationen, besser noch mehr persönliche Ansprachen der Bürger, sich zu engagieren.
Allerdings muß vermieden werden, die ehrenamtliche Tätigkeit seitens der Komm.verwaltungen zu stark zu organisieren und zu „überziehen“ mit einem Wust an Regeln, an Betreuung, letztlich an Bürokratie;die Gefahr besteht.
Als Ältere noch eine Anmerkung:
Einerseits haben wir Älteren mehr Zeit als die jüngeren berufstätigen bzw. noch studierenden Menschen. Und das hilft, wenn man sich ehrenamtlich engagieren will.
Anderseits ist es bedauerlich, daß bei uns Älteren diese freie Zeit deshalb gegeben ist, weil mit 6o/65 grundsätzlich Schluß ist mit jeder hauptberuflichen Beschäftigung, anders als z.B. in den USA und manchmal frustrierend für Ältere, die noch gerne hauptberuflich tätig sein wollen und tätig sein könnten (!!), aber nicht dürfen und die deshalb Zeit haben für das ehrenamtliche Engagement.
„Es gibt noch ein großes Potential in der Bürgerschaft für ehrenamtliche Tätigkeiten aller Art. Es bedarf möglicherweise noch mehr Informationen, besser noch mehr persönliche Ansprachen der Bürger, sich zu engagieren.“
Sicher.
Ein individuelles Hemmnis ist manchmal auch Perfektionswahn. Die Vermittlung von und Werbung für etwas ehrenamtliche Lässigkeit im Unterschied zur normierten und standardisierten Profession würde auch helfen.
Einverstanden.
„Mehr Information, mehr pers.Ansprache“, ja, ich bleibe dabei.
Beide bedürfen keineswegs der Perfektion, erfordern keineswegs eine normierte und standardisierte Profession. Ob Solches schadet, lasse ich ‚mal dahin gestellt.
Im Wohnquartier, in einer kleinen Kommune, dort „wo jeder jeden kennt“, kann das Gespräch der Bürger miteinander tagtäglich Bedarfe für ein ehrenamtliches Engagement offenbaren -zufällig, ungeplant-, und zugleich tagtäglich dazu führen, daß jemand erklärt: „Ich mache das. Ich mache damit. Ich kenne jemanden,der…….“ -zufällig,ungeplant,spontan-.
Ich bin also weiterhin der Meinung, daß das Potential in der Bürgerschaft für ein ehrenamtliches Engagement nach wie vor groß ist.
Ob und wie es aktiviert werden sollte, ob und wie es aktiviert werden könnte, darüber mag man streiten.
Hilfreich dabei sind die eigenen Erfahrungen mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit zu reflektieren und zu nutzen.
Meine Erfahrungen zeigen mir beispielsweise, daß im persönlichen Gespräch -im Wohnquartier, in der kleinen Kommune, da wo man sich kennt-oftmals -spontan,ungeplant- Bedarfe für ein ehrenamtliches Engagement formuliert werden und ebenso oft -spontan,ungeplant-jemand bereit ist, sich zu engagieren oder im Bekanntenkreis dafür jemanden zu finden.
Wie so oft im Leben gilt auch hier:
Man kann einen Prozeß perfekt organisieren, z.B.den, mehr Bürger für ein Ehrenamt zu gewinnen.
Das geht unbestritten auch anders, vielleicht sogar besser.
Es kommt auf die Menschen an, auf Menschen, die unorganisiert, spontan,ungeplant Bedarf für eine ehrenamtliche Tätigkeit erkennen und sich dann selbst um ein ehrenamtliches Engagement ihre Mitbürger bemühen. Ich weiß, daß das sehr oft und sehr erfolgreich funktioniert.
Wie so oft im Leben gitl auch hier:
Es kommt auf „Dich und mich“ an;
nicht auf die anderen, auf Organisationen, auf Prozesse, auf den „richtigen Preis“ -Aufwandsentschädigung, zu erwartende öffentliche Belobigungen oder Ähnliches.