Überraschungs-Eier alla romana

Während N24 gerade im Livestream überträgt, wie der amtierende Papst seine Ostermesse auf dem Petersplatz zelebriert, hinke ich mal wieder geistig wie geistlich drei Tage hinterher.

24 Füße und zwei Hände in Unschuld gewaschen
Das muss einem auf großer Weltbühne – auch dies von allen Medien gehypet – erst einmal gelingen:
Zwölf minderjährigen Inhaftierten die Füße zu säubern, zu küssen und dabei ausgerechnet diese Ärmeren der Armen mehr als nur rein symbolisch tüchtig einzuseifen.
Franziskus, der neue Heilige Vater, trat genau mit dieser faszinierenden Magic Show am Gründonnerstag in Rom auf. Und damit gelang es ihm wohl endgültig, sich zum „Papst der Armen“ zu stilisieren, sich zum Oberhaupt einer „armen Kirche für Arme“ ausrufen zu lassen.

„Mit Hoffnung könnt ihr immer weitermachen“
In einer römischen Gefängniskapelle wusch er jugendlichen Straftätern die Füße und küsste ebendiese sogar. Unter den Häftlingen waren auch – alles raunt und staunt: „Tabubruch!“ –, waren also auch: zwei Frauen. Die RP-Online schreibt dazu: „Bei den beiden jungen Frauen handelte es sich nach Angaben aus dem Gefängnis um eine katholische Italienerin und eine muslimische Serbin.“
Und ein Happy End mit päpstlich-pädagogischer Heilsbotschaft gab‘s von Franziskus als Give-away für seine eingezäunten Schäfchen obendrauf. „Anschließend schenkte er allen Häftlingen ein Osterei. ‚Gebt die Hoffnung nicht auf. Versteht ihr? Mit Hoffnung könnt ihr immer weitermachen‘, sagte Franziskus.“

Kein Waschzwang?
Es soll sich übrigens um „ausgewählte“ Häftlinge gehandelt haben.
Wie bitte? „Ausgewählt“? Von wem genau? Wie denn unter welchen Gesichtspunkten? Wer hat die Vorgespräche zur Auswahl mit wem geführt? Dazu wird nirgends recherchiert, darüber wird in den Medien vor allem eins: geschwiegen.
Also sei hier nachgefragt:
Heißt „ausgewählt“, dass die Häftlinge von den Justizbehörden und/oder dem Vatikan ausgesucht wurden oder konnten sich die Häftlinge selbst für die Fußwaschung bewerben?
Wer hat das wie im Vorfeld organisiert? Und es wurde ja viel organisiert, schließlich unterliegt die Arbeit mit Minderjährigen einigen Auflagen. Konnten die Häftlinge halbwegs überschauen, ob und wie sichtbar sie bei der rituellen Waschung ins öffentliche Bild gerieten und dass sie so Teil einer religiösen Inszenierung/eines globalen Events werden würden? (Dem Vatikan und den Justizbehörden jedenfalls muss dies bewusst gewesen sein. Auf www.focus.de kann man nachlesen: „Aus dem Gefängnis gab es keine TV-Übertragung, um die Privatsphäre der jungen Insassen zu schützen.“ Was den Vatikan nicht daran hinderte hinterher ein Video und Fotostrecken aus der Kapelle zu veröffentlichen/zu autorisieren.)
War den Häftlingen halbwegs gegenwärtig, in welch christlicher Apostel- und Abendmahl-Tradition diese Waschung stand? Wurden sie außerkirchlich pädagogisch betreut und medien-beraten?
Und, von der katholischen Italienerin zunächst einmal abgesehen: Wie angemessen ist es, dass der bedeutendste christliche Kirchenfürst eine junge inhaftierte Muslima fußwäscht und fußküsst – und vor allem: dies vor globaler Öffentlichkeit tut? Was genau bedeuten solche Gesten für  das christlich-muslimische Verhältnis, was bedeuten sie vor allem aber für die junge Muslima in deren sozial-religiösem Umfeld? Was bedeutet die gefeierte ‚Demuts‘-Geste Franziskus‘ abseits eines eingeschränkten christozentrischen Weltbildes überhaupt?

Perspektivwechsel
Für den Papst jedenfalls sieht es bei solchen Berührungen gemäß Koran, Sure 4 (43) nicht allzu gut aus – vorausgesetzt, man sieht ihn auch aus der Sicht des Islam als „Gläubigen“:
„Ihr Gläubigen! Kommt nicht betrunken zum Gebet, ohne vorher (wieder zu euch gekommen zu sein und) zu wissen, was ihr sagt! Und (kommt auch) nicht unrein (zum Gebet) es sei denn, ihr (kommt nicht eigentlich zum Gebet, sondern) geht (nur zufällig am Gebetsplatz) vorüber ohne euch vorher zu waschen! Und wenn ihr krank seid (und deshalb nicht die regelrechte Waschung vornehmen könnt) oder (wenn ihr euch) auf einer Reise (befindet) oder (wenn) einer von euch vom Abort kommt oder (wenn) ihr mit Frauen in Berührung gekommen seid und kein Wasser findet (um die Waschung vorzunehmen) dann sucht einen sauberen (oder: geeigneten, w. guten) hochgelegenen Platz auf und streicht euch über das Gesicht und die Hände! Gott ist bereit, Nachsicht zu üben und zu vergeben.“

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Arnold Voß
Arnold Voß
11 Jahre zuvor

Demut als mediale Show. Armutsbekämpfung aus dem Palast. Mir ist als hörte ich den heiligen Franziskus laut und herzlich lachen.

paule t.
paule t.
11 Jahre zuvor

Problem wo?

discipulus senecae
discipulus senecae
11 Jahre zuvor

Ich bin immer wieder beeindruckt, wie das Thema Katholizismus auch vorgeblich aufgeklärte Geister so zu beschäftigen scheint, daß sie darüber mehr oder weniger kluge Artikel verfassen. Wenn ich ich zu jedem Mist, der mich zwar nicht im geringsten interessiert, aber im privaten oder öffentlich-rechtlichen TV gesendet wird, einen Artikel schreiben würde, hätte ich viel zu tun.

Davon abgesehen wird bei der Fußwaschung am Gründonnerstag traditionell nur der rechte Fuß gewaschen, so daß anders gezählt werden muß.

Und was die zitierte Stelle im Koran damit zu tun haben soll, habe ich nicht verstanden. Denn der Papst ist zwar vieles, aber bekanntlich weder eine Frau noch ein Klo.

Helmut Junge
Helmut Junge
11 Jahre zuvor

@Schüler Senecas,
Der bekannteste Schüler Senecas war Nero, der sich als Künstler einen Namen gemacht hatte. Vorzugsweise war das die Schauspielerei. Er war offenbar durchaus beim Volk beliebt. Nur hatte er beim Adel viele Feinde, was sein schlechtes Image bis heute prägt. In den Augen des Adels hat er sich als Kaiser, weil er auch Frauenrollen spielte, sehr erniedrigt, während Nero selber dachte, dass ihn solche Rollen eher noch populärer machten. Ob er allerdings in seiner aktiven Schauspielerphase auch Füße gewaschen hat, weiß ich nicht. Man stelle sich mal solch eine Szene der Fußwaschung durch den Kaiser vor! Die bleibt im Gedächtnis hängen.
Nach dem (überwältigenden) Applaus, ist es damals allerdings nicht hinter den Vorhang, sondern immer hoch in den Palast gegangen.
Seine Schauspielerei hat Nero nicht viel eingebracht. Vor seinem erzwungenen Selbstmord soll er gesagt haben, daß die Welt in ihm einen begnadeten Künstler verliert.

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