Ukraine-Krieg: Ich räume offen ein, dass ich große Angst habe!

Eine Tupolew Tu-16. Quelle: Wikipedia, Lizenz: Gemeinfrei

So schnell kann das also gehen. Hielten viele von uns bis vor wenigen Tagen noch die Corona-Pandemie für das vielleicht beängstigendste und wichtigste Thema der Gegenwart, sind wir alle seit dem 24. Februar eines besseren belehrt. Ungeachtet der Bedrohung durch das Virus hat der Angriffskrieg den Russland unter der Führung von Wladimir Putin vom Zaun gebrochen hat nahezu alle unsere Gedanken schlagartig auf das Schicksal der überfallenen Ukraine und den sich daraus aufbauenden weltweiten Konflikt gerichtet.

Es entstand bzw. entsteht noch immer eine Situation, wie sie viele von uns in ihrem Leben noch nicht mitmachen mussten. Das Schicksal der ganzen Welt scheint aktuell auf dem Spiel zu stehen, wenn die Militärs weltweit ihre Muskeln spielen lassen und plötzlich unglaubliche Drohungen im Raum stehen, die einen als mitdenkendem Europäer große Sorgenfalten auf die Stirn treiben müssen.

Auch wer, wie ich, den Militärs aller Länder Zeit seines Lebens grundsätzlich eher zurückhaltend bis ablehnend gegenüber eingestellt war, selber deshalb auch den Weg eines Ersatzdienstes statt der Wehrpflicht wählte, der findet sich plötzlich ebenfalls in einer äußerst misslichen Lage wieder, die wir alle bisher in den allermeisten Fällen bisher nur aus Erzählungen unserer Großeltern oder Eltern kannten.

Sich gegen ein aggressives politisches Regime zu wehren, das nicht einmal vor einem Angriffskrieg auf einen Nachbarn zurückschreckt, ist sicherlich unbestritten grundsätzlich völlig richtig, aber wie weit soll man es im Atomzeitalter damit treiben, wenn die Welt am Ende aus dem Ganzen möglichst unbeschadet hervorgehen soll?

Ich räume hier offen ein, ich habe gerade zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder sehr viel Angst um uns alle und unsere Zukunft hier in Europa und darüber hinaus. Die derzeitige Lage erinnert mich fatal an die Kuba-Krise im Jahre 1962, als die Welt schon einmal über knapp zwei Wochen den Atem anhielt, am Ende nur knapp einer nuklearen Katastrophe entging.

Liedtexte wie ‚In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm‘ von Udo Lindenberg zählten für mich spätestens seit den 1990er-Jahren und dem Ende des kalten Krieges nur noch zu den klassischen Partysongs, die einen an den kalten Krieg erinnerten, ohne dass ihr Inhalt einem noch immer wirklich präsent oder gar bedrohlich wäre. Jetzt hat der Text urplötzlich eine längst überwunden geglaubte Ernsthaftigkeit und Aktualität zurückgewonnen.

Schon meine Großeltern haben mich nach ihrem leidvollen Erleben des zweiten Weltkriegs in meiner Kindheit in den 1980er-Jahren stets vor der Gewaltspirale einer solchen kriegerischen Auseinandersetzung gewarnt. Ihre Erzählungen von angsterfüllten Nächten im Luftschutzbunker habe ich auch nach knapp 40 Jahren noch sehr präsent.

Und auch wenn uns allen hier sicherlich der Aggressor dieser Auseinandersetzungen völlig klar zu sein scheint, dass jetzt gefühlt die große Mehrheit der Weltgemeinschaft geschlossen gegen Putin und sein Regime in Aktion tritt, mag in der Sache richtig sein, es ist aber eben auch sehr gefährlich.

Wie erreicht man diesen scheinbar komplett unberechenbaren Präsidenten noch, der in den letzten Tagen wiederholt mit seiner Atommacht gedroht hat? Was passiert, wenn er sich von ‚unserem‘ Widerstand und auch ausgeübtem wirtschaftlichen Druck so sehr in die Ecke gedrängt fühlt, dass er seine Drohungen in die Realität umsetzt?

Der aktuell demonstrierte Zusammenschluss des ‚Westens‘ mag moralisch richtig und auch sehr beeindruckend sein, aber es ist zugleich eben auch ein Spiel mit dem Feuer und der Zukunft von Millionen. Und das macht mir Angst!

Sehe ich eine echte Alternative? Leider auch nicht. Sich nicht gegen Putins Großmachtträume zu stellen wäre sicherlich in jedem Falle fatal. Es jetzt mit dem Druck auf ihn und seine Gefolgsleute zu übertreiben, könnte sich aber auch als ‚unsere‘ letzte Fehleinschätzung erweisen.

Das laute Geschrei, welches in den vergangenen Tagen quer durch die Medien schallte, hat mich in diesen Fragen eher noch weiter verunsichert. Mich erinnerte das alles fatal an die Erzählungen, die mir meine Großeltern in meiner Kindheit ans Herz gelegt haben. Ist die Gewaltspirale erst einmal in Gang gesetzt, ist sie nur schwer wieder zu stoppen.

Ich verstehe aktuell jedenfalls schon ein ganzes Stück weit besser, welche Sorgen und Nöte meine Großeltern damals schon mit sich herumtragen mussten. Und das, obwohl wir hier in Deutschland aktuell ja fast alle noch das große Glück haben, an diesem Tage größtenteils friedlich und gut versorgte an unseren Schreibtischen und Arbeitsplätzen zu sitzen, unserem gewohnten Alltag ungehindert nachgehen zu können.

Hoffen wir, dass das auch weiterhin so bleibt und Putin durch sein Umfeld noch rechtzeitig aufgehalten wird, bevor er der Erde womöglich in Gänze ein unrühmliches Ende bereiten kann! Angst davor habe ich jetzt gerade schon, ehrlich gesagt. Und das hätte auch ich vor rund einer Woche nicht ansatzweise zu meinen Lebzeiten noch für möglich gehalten. Da habe auch ich mich in erster Linie noch mit Corona beschäftigt und mit aller Entschlossenheit und Konsequenz versucht eine Infektion zu vermeiden, oder aber mich über den schleichenden Niedergang des BVB geärgert. Probleme und Sorgen, die heute geradezu belanglos auf mich wirken und gefühlt schon eine halbe Ewigkeit weit entfernt zu sein scheinen… Was für irre Zeiten!

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Berthold Grabe
Berthold Grabe
2 Jahre zuvor

Wir leben in selbst verursachten Schicksalszeiten.
Selbst mit Atomdrohung gibt es keine Alternative als die jetzt beschlossene Kehrtwende der Bundesregierung, wollen wir nicht letztlich Putin erlauben zu siegen.
Wir haben uns erlaubt einen "lupenreinen Diktator", der immer mehr erschreckende Ähnlichkeit mit Hitlers Handeln entwickelt (nur ohne direkten Massenmord), groß werden zu lassen und mit seinen Übergriffen nachsichtig zu sein, die ihn wie Hitler nur in seinem Handeln bestätigt haben.
Wieder einmal beweist die Geschichte, das sich das grundsätzlich rächt.
Sollte diese Drohung tatsächlich wahr werden würde Putin sich historisch direkt neben Hitler stellen und das russische Volk ebenso wie das Deutsche eine historische Belastung dafür tragen müssen, das es gegenüber einem verrückten Ursurpator versagt hat.
Auch mit einem Atomeinsatz könnte Putin nicht gewinnen, allein die Drohung damit zeigt deutlich wie nah er der Hitlerschen Cholerik und Hysterie bereits gekommen ist.
Noch gehen alle davon aus, das es vor allem ein Einschüchterungsversuch ist, nicht verstehend, das und das noch mehr als bisher zu einer unnachgiebigen Haltung verpflichtet.

Persönlich bin ich sehr wütend, das eine zwar gut gemeinte, aber nicht rückversicherte Politik, uns diesem vermeidbaren Risiko ausgesetzt hat.

Berthold Grabe
Berthold Grabe
2 Jahre zuvor

Ich kann Menschen gut verstehen, die wegen solcher Drohungen angst haben, cih selbst hatte immer angst vor Übergriffen Dritter, ob am Schulhof oder auf der Strasse, ich gehörte nie zu denjenigen, die sich wirklich wehren konnten.
Aber genau deshalb war mir auch immer klar, das ich nur dann in Frieden leben kann, wenn die Übergriffigen, die es immer gibt, ob persönlich oder als Staaten glaubhaft Gegengewalt fürchten müssen. Keine andere Sprache verstehen Gewalttäter, ob persönlich oder staatlich, wenn sie vorher Argumenten nicht zugänglich sind.
Und schon gar nicht, wenn sie mit Gewalt Erfolg hatten.
Ich war auf dem Schulhof dankbar für diejenigen, die den Gewalttätigen Grenzen setzten und es war mir auch peinlich, es selbst nicht zu können.
Weil das wirklich wichtig ist, habe ich damals nicht verweigert und bin zum Wehrdienst angetreten, obwohl die damalige Öffentlichkeit Dienst an der Waffe denunzierte.
Aber die Arroganz der Gewaltlosigkeitsvertreter hat mich deshalb immer erbost, weil sie einseitig zu Gunsten der Täter wirkte, wenn sie clever genug waren, nicht belangt werden zu können.

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

Atomkrieg? Was ist mit China? Eine kaputinierte Erde wollen die sicher auch nicht. Oder ist alles im grünen Bereich, und ich mach mir zu viele Gedanken?

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

@Robin, ich wollte dir nur etwas Hoffnung machen. Denn was nützt es, wenn wir die letzten Tage oder Stunden ängstlich sind. Ändern können wir garnichts. Denk einfach beim Karnevalsruf:. "Wolle wir ihn reinlassen?" laut "Nein" tött tött tööö.
Narrhallamarsch. Kaputin darf nicht in die Bütt.
Was besseres fällt mir im Moment nicht ein.

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

@Werntreu Golmeran, Sie sollten mal in Mülheim in der Ruhrgallery auf der Ruhrstraße 3 die Ausstellung "Freiheit" besuchen. Besuchszeiten sind m.W. flexibel u. tel. zu erfragen. Den Ausstellungsbesuch können Sie bei schönem Wetter mit einem Spaziergang an der Ruhr verbinden. In der Ausstellung finden Sie die Werke von etwa 70 Künstlern aus 17 Städten des Ruhrgebiets . Ich bin mit einem Bild auch dabei. Sie sind ja an Malerei interessiert, soweit ich mich erinnere. Mein Bild habe ich auch auf meiner FB-Seite und irgendwo auf meiner Homepage. Aber bitte, nehmen Sie kein Blatt vor den Mund, falls Sie planen, darüber zu sprechen. Ich kann einiges aushalten.

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

Robin, wenn eingestürzte Brücken den möglichen russischen Vormarsch auf Westdutschland aufhalten, brauchen wir uns überhaupt keinen Kopp zu machen. Wir könnten in den Urlaub fahren und abwarten. Die fallen schon um. Da gibts Garantien drauf. Und aufgebaut werden die dann aus Sicherheitsgründen nicht. Jetzt quält man sich um andere Ausreden.

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

@Werntreu Golmeran, Sie sehen die Sache sehr düster, und ich weiß es leider nicht besser.

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[…] Landes bekennen und seinen bisherigen Russland-freundlichen Kurs verlassen? Es ist doch einfach nicht zu verstehen, wie ein Mann, der einst Millionen von ‚kleinen Leuten‘ in diesem Lande schon durch die von ihm […]

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[…] ist, zuletzt auch bedingt durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg, hierzulande inzwischen mächtig in den Hintergrund geraten. Auch hier bei uns im Blog der […]

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