Ukraine: Zwischen Bomben und Kerzenschein

Nur wenn kurzzeitig Strom und Gas zur Verfügung stehen kann gekocht werden Foto: Christian Gruber

Unser Gastautor Christian Gruber ist Freiwilliger und Chief correspondence eastern Europe bei Freedom Today. Er ist seit Kriegsbeginn in der Ukraine. Seine Arbeit könnt ihr via Paypal unterstützen.

In den vergangenen vier Wochen nimmt Russland verstärkt ukrainische zivile Infrastruktur ins Visier. Darunter Heizkraftwerke und die Wasserversorgung. Das Ergebnis ist, dass weite Teile des Landes immer wieder von Strom und Wasser abgeschnitten werden. In der ukrainischen Hauptstadt Kyiv ist die Versorgung mit Strom und Wasser mittlerweile rationiert. In weiten Teilen des Landes sieht es ähnlich aus. Beides ist nur zeitweise verfügbar und die Angst der Bevölkerung vor dem Winter ist merklich spürbar. Wie wird es weiter gehen? Ein vorstellbares Szenario ist die Evakuierung der Metropole, aber einen Masterplan scheint es noch nicht zu geben. Dies ist auch dem Kriegsverlauf und der Willkür der russischen Angriffe verschuldet.

Die Evakuierung der Hauptstadt brachte der Bürgermeister Vitali Klitschko ins Gespräch. Im Falle eines Blackouts, wenn die Versorgung der Stadt über einen längeren Zeitraum nicht gewährleistet werden kann, scheint sie alternativlos. Schon jetzt werden Bürger angehalten Kyiv temporär zu verlassen. Je weiter westlich man schaut, desto sicherer scheint die Versorgung im Moment zu sein. Ob und wie diese Empfehlung angenommen wird ist aktuell nicht abzusehen. Ein großer Flüchtlingsstrom aus der Stadt ist zumindest nicht bemerkbar. Für kurze Ausfälle werden deshalb öffentliche Räume eingerichtet, die autonom versorgt werden. Dort steht Strom und Wärme für Bürger zur Verfügung. Beides ist ein enormer logistischer Aufwand und es bleibt zu hoffen, dass die Planungssicherheit der ukrainischen Politik ausreichend ist. Auch ohne einen Krieg wäre es eine Herausforderung.

Russland ist die humanitäre Situation derweilen egal. Die Bombardierung ukrainischer Städte hält an und die Intensität nimmt merklich zu. Immer mehr Berichte von katastrophalen Schicksalen tauchen auf. Das Ziel Russlands ist explizit die ukrainische Zivilbevölkerung. Sie soll in ihrem Widerstand gebrochen werden. Dieser Taktik des Terrorismus gegen die Zivilbevölkerung darf nicht tatenlos zugeschaut werden. Einem Aggressor, der die Bevölkerung ausbluten lassen will, muss alles erdenkliche entgegen gehalten werden.

Abhilfe schaffen könnten westliche Waffenlieferungen. Luftabwehrsysteme wie das deutsche IRIS-T können die ukrainische Zivilbevölkerung effektiv schützen. Gerade im Winter, wenn die Temperaturen das Geschehen an der Front verlangsamen werden, ist von einer erhöhten Gefahrenlage für ukrainische Städte auszugehen. Bis jetzt reichen die Lieferungen nicht aus, um dem massiven Beschuss auf die kritische Infrastruktur wirksam zu unterbinden. Zu groß ist der angerichtete Schaden. Zu langwierig und aufwendig die Reparatur der Strukturen.

Die Menschen in der Ukraine gehen bis jetzt gelassen mit der Situation um. Bilder von improvisierten Kochstellen und Lebensmittelkammern machen die Runde. Sie sitzen gemeinsam bei Kerzenschein zusammen. Zeigen wollen sie, dass sich die Zivilbevölkerung nicht besiegen lässt. Weder durch Bomben auf ihre Häuser noch auf die kritische Infrastruktur. Die Zeit wird zeigen, inwieweit dies im Winter noch möglich sein wird. So oder so muss die ukrainische Politik eine Antwort auf den russischen Terrorismus finden.

 

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