Um Eines vorweg zu nehmen: es ist gut, wenn jetzt parteiübergreifend über die Zukunft des Ruhrgebietes diskutiert wird. Ausdrücklich freue ich mich, dass Oliver Wittke meinen Impuls aufgenommen und den konstruktiven Vorschlag einer so genannte Ruhrgebietskonferenz gemacht hat – partei- und ebenenübergriefend. Allerdings glaube ich, dass wir die Dinge in der richtigen Reihenfolge angehen müssen. Unser Gastautor Frank Baranowski ist der Vorsitzender der Ruhr-SPD und Oberbürgermeister von Gelsenkirchen.
Deswegen schlage ich drei konkrete Schritte für das weitere Vorgehen vor:
- Wir schaffen gute Voraussetzungen!
- Wir planen gute Zukunft!
- Wir setzen Projekte gut um!
Wir müssen gemeinsam in die richtige Richtung denken. Die Zukunft des Ruhrgebiets ist entweder eine gemeinsame oder gar keine. Und: Wir brauchen keine Hilfe nach Himmelsrichtung, sondern eine, die Kriterien der Bedürftigkeit entwickelt. Diese Haltung vertrete ich seit vielen Jahren. Richtig ist aber auch: Mit dieser Marschrichtung lösen wir nicht überall Begeisterungsstürme aus. Deswegen müssen wir mit guten und umsetzbaren Ideen überzeugen.
Der Umbau Ruhr hat bereits begonnen
Bewegung passiert und das ist gut so. Bereits im Sommer haben auf Initiative der RuhrSPD drei Parteien im Ruhrgebiet, SPD, CDU und Grüne, einen gemeinsamen Koalitionsvertrag für den Reginonalverband Ruhr ausgehandelt. Und ich glaube, damit haben wir ein gutes Programm geschaffen, das wir in den kommenden Jahren abarbeiten werden.
Bereits im vergangenen Jahr hat die RuhrSPD zusammen mit CDU und Grünen im Ruhrgebiet einen konkreten Vorschlag zur Überarbeitung des RVR-Gesetzes vorgelegt. Auf dieser Grundlage ist ein Gesetzentwurf erarbeitet worden, der sich jetzt in den abschließenden Beratungen befindet. Auch das ist ein großer Erfolg für das Ruhrgebiet, weil wir auf dieser Basis mehr und bessere Möglichkeiten der Zusammenarbeit haben.
Darüber hinaus ist das RVR-Gesetz das notwendige strukturelle Fundament, um jetzt mit Bundes-, Landes- und europäischer Ebene weitere Schritte zu diskutieren.
Im Sommer hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eine Forderung der RuhrSPD aufgegriffen und wissenschaftliche Institute mit einer Ruhrgebietsstudie beauftragt. Dort soll untersucht werden wie die Bedingungen für gelingenden Strukturwandel aussehen können.
Diese Vorarbeiten führen dazu, dass wir bereits heute besser aufgestellt sind als noch vor wenigen Jahren. Wir fangen nicht bei Null an. Vor diesem Hintergrund sollten wir selbstbewusst das Glas auch einmal als halb voll und nicht ständig als halb leer betrachten.
Jetzt ist kluges Vorgehen gefragt.
In diesem Sinne ist es aus meiner Sicht zwingend, dass wir zunächst unsere Stärken in den Blick nehmen sollten. Denn nur darüber werden wir uns echte Chancen erarbeiten können, werden wir Bund, Land und Europa überzeugen können. Es geht nicht darum, lediglich die Hand aufzuhalten, es geht darum, dass wir bestehende Stärken weiter entwickeln und ausbauen und hierzu die nötige Unterstützung erhalten.
Was steckt hinter den drei Schritten?
- Wir schaffen gute Voraussetzungen!
Bevor wir eine Ruhrgebietskonferenz veranstalten, müssen zwingend weitere Voraussetzungen geschaffen werden! Der Bund muss die im Koalitionsvertrag zugesagte Entlastung in Höhe von fünf Milliarden Euro für die Kommunen vorziehen. Es darf nicht sein, dass die Koalition eine Entlastung verspricht, diese aber erst in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden soll. Hier setze ich auch auf die Unterstützung von Oliver Wittke, dass er seinerseits auf die Bundeskanzlerin und den Bundesfinanzminister zugeht und den Druck auch dort noch einmal erhöht.
- Wir planen gute Zukunft!
Im zweiten Schritt veranstalten wir eine Ruhrgebietskonferenz. Hierzu können wir auf bereits erarbeitete Papiere zurückgreifen (Link zum Umbau-Ruhr-Papier). Darüber hinaus werden wir den Regionalverband Ruhr (RVR) und die Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr (wmr) aktiv mit in die Vorbereitung einbinden, denn sie verfügen über notwendige Daten sowie das dazugehörige Wissen. Ergänzend werden wir einen Dialog mit unseren Partnern aus Wirtschaft und Verbänden führen. Im Zusammenspiel werden wir die konkreten Vorschläge weiterentwickeln, um sie politisch zu diskutieren und sie letztlich gemeinsam auf den Weg zu bringen. Eine solche Konferenz sollte im Sommer 2015 durchgeführt werden.
- Wir setzen Projekte gut um!
Haben wir uns auf ein solches Vorschlagspaket verständigt, werden wir mit Bund, Land und Europa die Prioritäten festlegen und gemeinsam mit den zuvor genannten Partnern die Umsetzung angehen.
So kann es uns gelingen, das Ruhrgebiet innerhalb der nächsten Dekade zu einer Innovationsregion mit hoher Lebensqualität umzubauen. Dazu brauchen wir Geduld, Beharrungsvermögen und ein gemeinsames, abgestimmtes Vorgehen. Die RuhrSPD ist hierzu bereit. Ich würde mich freuen, wenn uns andere Parteien folgen.
Mehr zu dem Thema:
Wichtig is auf’m Platz – Konkrete Projekte statt Marshallplan für das Ruhrgebiet
Welche Parteien müssen denn jetzt noch ihren Senf dazugeben, damit zum x-ten Mal der falsche Eindruck erweckt wird, man habe das Heft des Handelns mal wieder fest in der eigenen Hand?
Wittke und Baranowski sollten zunächst uns Ruhrbürger über die echten Gründe aufklären, warum ihre Banalvorschläge in den letzten 20 jahren noch nicht mal ernsthaft versucht wurden. Die (Noch-)Wählerstimmen im Ruhrgebiet sind für die Altparteien zahlenmäßig einfach zu groß, um sie in einer konzertierten Aktion an den alten Block-Gegner zu „verschleudern“.
Bis sich die Politik auf gute Schritte und Strukturen für das Ruhrgebiet geeinigt hat, waren die Chinesen auf dem Mars, stehen in Indien Fusionsreaktorenm und die USA nutzen ausschließlich regenerative Energiequellen.
Schafft es wirklich keine der großen Parteien, ein paar Vorschläge öffentlichkeitswirksam in den Ring zu werfen?
Was ist mit den kleinen Parteien?
Lieber SPD-Bereichsleiter Ruhrgebiet:
Erst lese ich: „drei konkrete Schritte“. Dann lese drei Sinnsprüche vom Motivationskalender Leitbild 1994 der HUK Generalvertretung West:
Wir schaffen gute Voraussetzungen!
Wir planen gute Zukunft!
Wir setzen Projekte gut um!
Und dann steht da noch, der Umbau Ruhr laufe bereits. Lass das bitte nicht den Jochen hören. Das ist der Emscher-Umbau!
Hat jemand noch andere schöne Stellen, die zu lesen lohnt, entdeckt?
Noch mal zur Erläuterung. Konkret wäre:
Wir senken die Gewerbesteuer.
Wir fusionieren Bogestra mit der Vestischen.
Wir verbieten den RVR die Teilnahme an lächerlichen Wettbewerben, Europas Schnittblumenhauptstadt, IQCity und sowas.
Wir schaffen gute Voraussetzungen!
Wir planen gute Zukunft!
Wir setzen Projekte gut um!
Das ist doch von Roberto die Matteo, nicht von Herrn Baranowski, oder?
Schalke scheint es finanziell wieder besser zu gehen. Vier Jahre nachdem die Stadt Gelsenkirchen ihre letzten Millionen in den Fußball investierte, entdeckt ihr politisches Spitzenpersonal, dass es im Ruhrgebiet auch außerhalb der Bundesliga Projekte gibt, für die man irgendwie an Geld kommen muss.
Na denn: Narhalla Marsch!
Diesen Sprech kenne ich von der „Innovationskonferenz“ der Berliner SPD. Da hatte Mc Kinsey der SPD ins Stammbuch geschrieben, dass Berlin re-industrialisiert werden müsste. Da kam die SPD nicht selbst drauf, auch nicht nach 10 Jahren im Regierungsamt.
„Gute Projekte“ fordert immer der, der die Strukturen nicht ändern will und die Kritiker mit irgendwas beschäftigen will. Im Ruhrgebiet ist nichts „gut so“, Mut zur Wahrheit wäre der erste Schritt, Herr Baranowski..
http://www.ruhrbarone.de/ruhrgebiet-sparen-kann-man-nur-gemeinsam-und-parteiuebegreifend/43065
http://www.ruhrbarone.de/pottemkin-ein-fass-ohne-boden-namens-ruhrgebiet/92762
Also auf den Punkt gebracht: „Gebt uns fünf Milliarden Euro, und unser Arbeitskreis liefert Euch dafür qualitativ hochwertige heiße Luft“? Falls ich mich nicht irre – ich wohne noch nicht so lange im Ruhrgebiet – scheint das das Rezept der letzten 30 Jahre gewesen zu sein. Nur die genannten Summen variieren.
„Gute Zukunft“ könnte man z.B. auch einfach schaffen, indem man von Regionen lernt, die erfolgreiche Strukturwandel vollzogen haben. Bayern zum Beispiel. Oder in der jüngeren Vergangenheit Sachsen. Und die ersten „gut umgesetzten Projekte“ sollten darin bestehen, die für den heutigen und künftigen Wohlstand notwendige materielle Infrastruktur (Straßen, Brücken, Schulen, Universitäten usw.) in einen Zustand zu versetzen, der gewährleistet, dass Bürger und Unternehmen sie nutzen können und gleichzeitig die nicht notwendige bürokratische Infrastruktur deutlich zu reduzieren bzw. die notwendige effizienter zu gestalten. Z.B. durch die Zusammenlegung überschuldeter Kommunen, die Abschaffung des Ruhrparlaments, die Fusionierung kommunaler Unternehmen, die dann gleichzeitig unter externe Aufsicht – von Leuten ohne irgendein Parteibuch – gestellt werden, um künftige Veruntreuung, Verschwendung und das Versickern von Steuergeldern zu verhindern. Ich schlage vor, man kauft sich als externe Berater ein paar erfolgreiche Mittelständler von außerhalb ein. Bislang versteht man sich – siehe die jüngsten Beispiele aus Duisburg und Bochum – leider allenfalls darauf, erfolgreiche Mittelständler aus der Region zu vertreiben bzw. zumindest nicht halten zu können. Wenn dieser Trend umgekehrt wird, kommen auch schnell die angesprochenen 5 Milliarden zusammen, die in die weitere „gute Zukunft“ investiert werden können. Aber ein paar praxisferne Politiker, die sich zum Palaver treffen, werden nicht herausfinden können, was dazu nötig ist. Also: Lasst Euch helfen, Leute! Das ist keine Schande, und wir würden alle davon profitieren.
Es ist bezeichnend für die Probleme im Ruhrgebiet, dass ein Politiker schon die Erfüllung von Formalien wie „eine Koalition bilden“ oder auch nur die Fast-Erfüllung „neues RVR-Gesetz ist auf dem Weg“ als Erfolg hinstellt. Nur weil ich mir morgens erfolgreich die Schnürsenkel gebunden habe, wird es noch lange kein guter Tag.
Danach kommen unter 1./2./3. nur noch Worthülsen aus dem letzten Motivationsseminar. Macht aber nichts, dank der großen Koalition ist sichergestellt, dass man im Ruhrgebietsrahmen so lange weiterwursteln kann, wie die Ablehnung der Wähler nicht über 80% steigt.
[…] Ruhr: Umbau Ruhr – 3 Schritte für die gute Zukunft des Ruhrgebiets (Ruhrbarone) – Gastbeitrag von Frank Baranowski, Oberbürgermeister von Gelsenkirchen und Sprecher der […]
Der Link zum Umbau-Ruhr-Papier fehlt.
Die hier zu lesenden Reaktionen zeigen eins recht deutlich, Herr Baranowski – die Ungeduld eines Teils der Bürger wächst stark an und ist mit der üblichen politischen Dosis an Valium nicht mehr zu dämpfen. Hinter den meisten Aussagen kann ich ein Haken machen – sie könnten meine sein. Meine Frustration als Bürger und Unternehmer im Bezug auf unsere Region ist riesengross. An manchen Tagen würde ich sogar den „Deckel draufmachen“. Aber noch ist es Heimat.
@Franz: Herr Baranowski liest hier vermutlich nicht. Ich habe den Eindruck, dass Politiker sich bei den Ruhrbaronen gern auslassen, das aber als „Fire and forget“-Beitrag. Was schade ist.