In einem Entwurf für ihr Grundsatzprogramm, das die Junge Union (JU) Anfang Oktober auf ihrem „Deutschlandtag“ beschließen will, wird die Abschaffung des Allgemeinen Studierendenausschusses(Asta) gefordert. Das kommt selbst beim eigenen Klientel schlecht an. Die Gründe für die Forderung bleiben eher vage – alte Feindbilder könnten eine Rolle spielen.
„Ich bin seit meinem 14. Lebensjahr Mitglied der Jungen Union, also 6 Jahre. In dieser Zeit war ich noch nie so enttäuscht von einer Entscheidung des Verbandes wie nun und sage auch: Vielen Dank für eine Ohrfeige an mich und alle, die ehrenamtlich christ-demokratische Interessen an Unis zu vertreten versuchen.“
So oder so ähnlich lauten die Reaktionen vieler JU-Mitglieder auf den Programmentwurf. Verwunderung mischt sich mit Unverständnis über den abenteuerlichen Vorstoß des Jugendverbandes. Deren bildungspolitische Sprecherin, Astrid Wallmann (MdL), und die hochschulpolitische Sprecherin, Kristina Scherer, erklärten zu dem Entwurf, der die verfassten Studierendenschaften abschaffen will:
„Die Junge Union setzt sich (…) für die Abschaffung der Verfassten Studierendenschaften ein und fordert außerdem eine Reform der Mittelverwendung im Bezug auf Semestertickets, deren Erwerb künftig freigestellt werden sollte. Hochschulen waren schon immer ein Ort des politischen Diskurses und das soll auch so bleiben. Hierzu braucht es jedoch keinen AStA. Es ist höchste Zeit, verkrustete Strukturen aufzubrechen!“
JU sorgt für Kopfschütteln
Die Jungunionistinnen argumentieren etwa, die Verwendung studentischer Beiträge sei „oftmals nicht im Sinne der Studierenden“. Sie sprechen von „Ineffizienten“ und „veralteten“ Strukturen an deutschen Hochschulen. Auch die Wahlbeteiligung sei zu gering.
Kopfschütteln, nicht nur an der Basis. Dietmar Schulmeister, JU-Vorstand aus Leverkusen, schreibt in einem Facebook-Kommentar:
„Das ist eine Diskreditierung der EIGENEN Mitglieder!
Ich möchte diese Personen sehen, die das Messer in den Rücken ihrer Freunde rammten und mit gefährlichem Halbwissen über die studentische Situation vor Ort die Arbeit ihrer Kollegen herabsetzten.
Es ist mir unverständlich, wie man unbegründete und unvernünftige Annahmen über die Hochschulpolitik aufstellen und diese noch in einem Grundsatzprogramm der größten politischen Jugendorganisation zusammentragen kann.“
„Linke Gammelstudenten“
Durchkommen wird der Entwurf daher voraussichtlich nicht. Doch hinter dem scheinbaren Engagement für mehr Effizienz könnte etwas ganz anderes stecken: Die tief sitzende Abneigung gegenüber linken Studierenden, die nach konservativer Lesart die Unis und Hochschulen mindestens seit Achtundsechzig fest im Griff haben.
Das fängt bei der Bebilderung der JU-Erklärung zum Entwurf auf der Website an: Gezeigt wird ein Bild des Astas der Universität Trier. Die dortige Studierendenvertretung trägt – gut sichtbar – Karl Marx in ihrem Logo. Der dortige Asta setzt sich für eine Umbenennung der Uni in „Karl-Marx-Universität“ ein (Marx ist gebürtiger Trierer). Gerade diesen Asta nun als exemplarisch für hochschulpolitische Realitäten in Deutschland heranzuziehen, verrät viel über konservative Befindlichkeiten.
Dies wird auch im Statement eines Holger R. auf Facebook deutlich, der Einblicke in die Sicht vieler Konservativer auf ihre (vermeintlich) linken Kommilitonen gibt: „Die Frage ist doch vielmehr, ob die Studentenvertretung ein politisches Mandat braucht und somit als Spielwiese für linke Gammelstudenten, Soziologen und Juristen dienen muss.“
Verzweifelter Schnellschuss
Auch in Bochum scheint das Bild vom „linken Gammelstudenten“ verbreitet zu sein. Anfang dieses Jahres wurde der linke Asta der Ruhr-Universität unter dubiosen Umständen von einer „Mitte-Rechts“- Koalition abgelöst. In der Folge landeten in der Mensa regelmäßig Flyer auf den Tischen, die die Studierenden unter anderem über die Menge an Müll, der angeblich aus den Räumen des Asta weggeschafft wurde, informierten. Dies wurde dann im Internet genüsslich mit Fotos dicker blauer Müllsäcke und akribisch geschrubbten Büros garniert.
Es wurmt die Konservativen, vielerorts die Lufthoheit über den Mensatischen verloren zu haben (falls sie die je besaßen). Schnellschüsse wie der aktuelle wirken bestenfalls verzweifelt (im schlechtesten Fall dreist und antidemokratisch). Die chaotischen Zustände scheinen das konservative Lager erreicht zu haben.
Ich habe mich während meines Studiums auch oft gefragt, wozu wir eigentlich einen Asta und ein Studierendenparlament brauchen. Die Arbeit von beiden hat mich nicht wirklich angetan, für mich waren die meisten linke Spinner, die ihre ideologischen Machtkämpfe dort spielten. Aber deswegen die studentische Mitbestimmung abschaffen, darf in meinen Augen nicht sein. Die bürgerlichere/konservativere Seite muss es einfach nur mal schaffen, den Normalstudenten eine Motivation zu schaffen, auch wählen zu gehen.