…und schon wieder ein Ranking

Gladbecker Innenstadt

Ein neues Ranking – eine neue Pleite für das Ruhrgebiet.

Auch beim neuen Ranking der Top 100 Städte der Wirschaftswoche schneiden die Städte des Ruhrgebiets fast alle schlecht ab. Gerade einmal Mülheim (Platz 34) und Bottrop (Platz 41) haben sich nicht bis auf die Knochen blamiert.  Gelsenkirchen liegt auf dem letzten Platz – hinter Gera. Das Elend in Auszügen: Oberhaus 98, Duisburg 97, Dortmund 89,Essen 87, Bochum 63.

Man kann über den wert solcher Rankings streiten – aber wer ein wenig herumkommt, spürt rein Intuitiv, dass es fast überall im Land besser ist als im Ruhrgebiet. In anderen regionen wird mehr gebaut, ist das Straßenbild oft ansehnlicher und wirken die Menschen wohlhabender. Kein Wunder: Die Arbeitslosigkeit ist ja  auch fast überall geringer.

Fachkräfte ins Ruhrgebiet zu bekommen ist schwer. Allein aus meinem Bekanntenkreis werden zwei Unternehmer bald Aussenstellen in Berlin errichten. Der Versuch, IT-Kräfte von dorthin ins Revier zu locken scheiterte. Nach Hamburg, Köln oder Düsseldorf wären sie gekommen. Nach Bochum und Essen nicht.

Man kann sich das alles schönreden. Man kann auf die erfolge der Kulturhauptstadt verweisen, darauf dass die Städte heute besser zusammenarbeiten als vor  zehn Jahren und dass das Ruhrgebiet noch immer unter einem Strukturwandel leidet.

Alles richtig – doch was nutzt es? Der einzige Maßstab ist der Erfolg. Wer stellt schon jemanden ein, in dessen Arbeitszeugnis steht. „Er gab sich stets vielMühe?“ Niemand. und wer zieht in einer Region die von sich sagt: „Wir strukturwandeln uns noch immer und brauchen Hilfe?“ Offensichtlich auch nicht allzu viele.

Kann das Ruhrgebiet die Situation noch einmal drehen? Ich glaube in weiten Teilen nicht mehr. Hier wurden über die Jahre zu viele Fehler gemacht. Selbst so etwas selbstverständliches wie einen gemeinsame Nahverkehrsgesellschaft gibt es nicht. Eigentlich eine Kleinigkeit.

Der Abstand zu den anderen Städten und Regionen wird immer größer. Erfolgreiche Ansätze, dass zu verändern sind nicht zu sehen. Hier fällt man immer noch auf PR-Dampfplauderer rein und drückt sich um strukturelle Veränderungen.  Das Bohren dicker Brette mag man nicht. Das Jammern um Hilfe beherrscht man perfekt. Im Wettbewerb der Regionen ist das kein Vorteil.  Der kleine, dicke Junge wurde im Sportunterricht immer als Letzter in die Mannschaft gewählt, auch wenn er so traurig guckte. Der kleine dicke Junge ist das Ruhrgebiet und die anderen wissen: Er schießt keine Tore.

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Bibo
Bibo
13 Jahre zuvor

Dafür brauche ich keine Studie und kein Ranking. Das sieht man doch Alles auch schon mit dem Auge und spürt man bei normalem Menschenverstand. Es ging, gerade in den letzten Jahren, kräftig abwärts in der Region. Daran kann auch die viele, oftmals arg verdummende Medienberichterstattung a la ‚der Aufschwung ist da‘, nichts ändern. Es sieht aus ganz unterschiedlichen Gründen sehr trübe aus in der Region ….. auch ohne Ranking!

Michael Döring
Michael Döring
13 Jahre zuvor

Die Krise des Ruhrgebietes ist auch eine deutsche Krise.
Längst haben die Probleme auch die vermeintlich starken südlichen Bundesländer erreicht, nur ist sie dort noch nicht so sichtbar. Wir alle befinden uns erst am Anfang von Massenarbeitslosigkeit und Depression.
Ausgelöst durch eine vollkommen desolate staatliche Umverteilungs- und Verschuldungspolitik. Die Sozialversicherung ist bis heute ein Schneeballsystem – obwohl der Pillenknick bald 50 Jahre alt werden wird.
Folge der Umverteilungspolitik ist das der Staat für uns das Geld ausgibt. Nach Sozialversicherung, direkten und indirekten Steuern bleibt kaum noch Geld übrig um in der Stadt einzukaufen. Deswegen sterben die Innenstädte.
Deutschland ist kein Land von Technikern und Unternehmern mehr, es ist eines von Beamten, Managern und Gewerkschaften geworden. Alle drei haben eines gemeinsam:
Kein Risikobereitschaft und die Affinität zum Verwalten fremden Geldes, vorzugsweise durch Griffe gegen die sich die anderen nicht wehren können. So konnten keine Bergwerke gegründet und keine Stahldynastien aus der Taufe gehoben werden!

Was ich nicht verstehe:
Warum man im Pott so depressiv ist.
Berlin ist mindestens so pleite, hat mindestens so viele Arbeitslose und trotz dem noch eine große Schnauze.
Die Pseudointellektuellen im Pott dagegen zerfleischen sich und die Region selbst.
Ich sage ganz selbstbewußt:
A40 – woanders ist auch Scheiße!

Urmelinchen
Urmelinchen
13 Jahre zuvor

Als Rheinländerin habe ich das Ruhrgebiet als eine Region erlebt, die vor allem einen großen Minderwertigkeitskomplex hegt und pflegt, von der Jammerattitüde ganz zu schweigen.
Man vergleicht sich gern, möchte so sein wie … . Dazu kommt allerorts noch eine absolut verfehlte Stadtpolitik, die zur Verödung der Innenstädte geführt hat. Dass ein sogenanntes Talent nicht gerade beglückt ist von dem Gedanken, die nächsten Jahre seines Dasein in Essen oder Bochum zu verbringen, zumal es hier auch kaum Stellen für Besserqualifizierte gibt, liegt auf der Hand.
Hinzu kommt noch die finanzielle Situation der Städte, die dem Bürger wieder einmal bei dem aktuellen Schneewetter vor Augen geführt wurde. Räummaßnahmen? Fehlanzeige! In München dagegen waren um 9 Uhr bereits auch die Fahrradwege geräumt. Gut, Bochum hat kaum welche ;-)!

PS: Vielleicht ist man aufgrund dieser ganzen desolaten Lage hier auch so empfänglich für die Heilsbotschaften (Kreativwirtschaft) eines Herrn Gorny.

Nicolai
Nicolai
13 Jahre zuvor

„Kernberlin“ ist voll mit jungen, gut qualifizierten oder sich gerade qualifizierenden Menschen. Oder mit Leuten, die die Stadt eindeutig lebenswerter machen (um den ganzen Party/Drogen/Musik/Kunst-Menschen gerecht zu werden).

Sobald du dich aus Mitte, Prenzaluer Berg, Friedrichshain, Neukölln und Kreuzberg wegbewegst sieht das ganz anders aus. Aber von denen redet auch niemand, wenn er „Berlin“ sagt. Höchstens Sozialstatistiker. Und dann sieht Berlin ungefähr genauso mies aus, wie das Ruhrgebiet. Aber keiner, der bei Verstand ist, bewegt sich außerhalb des S-Bahn-Rings (Dahlemer Villen mal ausgenommen). Es redet ja auch keiner von Köln Mehrheim, wenn er „Köln“ sagt

Wert ist ein soziales Verhältnis sagt Marx. Da hat er recht. Aber es ist nicht das einzige.
Es gibt auch so Dinge wie soziales, kulturelles und symbolisches Kapital (de.wikipedia.org/wiki/Bourdieu).

Und da ist das Ruhrgebiet ganz anders aufgestellt als „Kernberlin“.

Erdgeruch
Erdgeruch
13 Jahre zuvor

Nahverkehr und Zentralverwaltung wird auch nicht die Wende bringen. Das sind auch nur Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung.

Teilweise haben die Städte und Regionen auch Wachstumsbranchen und bemühen sich auch ernsthaft um diese. Bestes Beispiel ist Dortmund. Aber das alles hilft auch nicht, um die durch den Strukturwandel verlorenen Arbeitsplätze zurückzuholen. Teilweise gibt es in den einzelnen Städten auch sehr unterschiedliche Schwierigkeiten. Die besseren Mülheimer haben beispielsweise zwar eine bessere Gründungskultur, können aber – wegen der Besitzverhältnisse von Großflächen – keine größeren Standorte mehr entwickeln. GI-Flächen haben sie schon keine mehr.

Oder besser gefragt: Was empfiehlt Herr Laurin konkret dem Ruhrgebiet als Wachstumsstrategie? Technologieparks? Gründungscenter? Forschungsinstitute ansiedeln? Reindustrialisierung durch Industriestromtarife mit der neuen STEAG? Kostenlose Kindergärten?

Erika
Erika
13 Jahre zuvor

„Der Versuch, IT-Kräfte von dorthin ins Revier zu locken scheiterte.“
Wozu auch? Wer zu dumm ist hier ITler zu rekrutieren hat es auch nicht anders verdient!

Jürgen Klute
13 Jahre zuvor

In seinen Artikeln zum Ruhrgebiet erweist sich Stefan Laurin immer wieder als gutes Kind des Ruhrgebiets: Denn mehr als Jammern fällt ihm da auch nicht ein – auch wenn viele der von ihm benannten Kritikpunkte sicher nicht gänzlich falsch sind.

Ede Zimm
Ede Zimm
13 Jahre zuvor

@Erika

Eben, IT-Kräfte werden im Pott in einer Qualität ausgebildet die in der Form und Masse ihres gleichen sucht. Wir haben die TU in Dortmund, in Bochum die RUB mit einigen Ikonen und in Essen gibt es das frisch gegründete Paluno.
Alle mit unterschiedlichen Ausrichtungen und abwechselnder Wirtschaftsnähe.

Wo ist also das Problem?

Mario Herrmann
Mario Herrmann
13 Jahre zuvor

Na danke schön auch, Stefan! Musstest du einen depressiven Artikel über das Ruhrgebiet ausgerechnet mit einem Bild der Gladbecker Fußgängerzone illustrieren? Ich will wirklich nichts schönreden, aber ich wette mein linkes Ei, dass du dieses Bild an einem Sonntagvormittag aufgenommen hast. Bei eiskaltem Winterwetter… So leer ist es dort nämlich während der Ladenöffnungszeiten NIE! Natürlich gibt es auch hier Probleme mit dem Geschäftsbesatz, wer würde das leugnen? Aber alle Umfragen belegen, dass Gladbeck zumindest dem Einäugigen entspricht, der ja bekanntlich unter den Blinden König ist. Nicht umsonst haben wir gegenüber Nachbarstädten ein positiven Saldo in Sachen Einkaufskundschaft. Aber unstreitig zerstören Einkaufsmolochs wie der Limbecker Platz nicht nur die eigenen Innenstädte, sondern kannibalisieren auch kleinere Nachbarstädte. Ganz zu schweigen von verändertem Verbraucherverhalten durch das Internet.

Erika
Erika
13 Jahre zuvor

„die Programmierung an einem sozialen Netzwerk“
„um spezielle Publikationslösungen“

das sagt doch nichts aber auch gar nichts aus

Michael Döring
Michael Döring
13 Jahre zuvor

@Stefan Laurin

In konsequenter Umsetzung Ihrer Analyse müßten Sie Ihre unternehmerische Tätigkeit in Bochum beenden und nach Berlin umsiedeln.
Warum unterlassen Sie das?
Weil Ihnen in Berlin die Insider-Kenntnisse fehlen um fundiert zu jammern?
Sehr ernsthaft:
Sie machen sich selbst etwas vor und stehen sich primär selbst im Wege!
Bewegen sie etwas – und zwar etwas positives.
Hören Sie endlich auf der fünfte sein zu wollen, der versucht ein gescheitertes Konzept zum Erfolg zu bringen und entwicklen Sie statt dessen etwas Neues, Erfolgversprechendes.
Das lachen kommt dann auch in Ihr Gesicht zurück!

Rollbrettfahrer
Rollbrettfahrer
13 Jahre zuvor

Ich poste an dieser Stelle einfach mal, was ich im deutschen Architekturforum zum Ranking gepostet habe:

„Tja so ist das nunmal wenn alle denken, die Städte im Ruhrgebiet seien dreckig, langweilig und ohne Zukunft. Gut finde ich an der Studie, dass endlich auch einmal das schlechte Image als Faktor für die doch sehr schleichende wirtschaftliche Neuaufstellung genannt wird. In meinen Augen, und das habe ich auch schon öfter erwähnt, krankt die Region extrem unter diesem schlechten, klischeebehafteten Image. Mich persönlich macht das rasend und ich kann es nicht fassen, dass meine Heimatstadt (bin Dortmunder) mit annähernd 600Tausend Einwohnern oder auch Essen oder auch Bochum, wo im europäischen Vergleich ja nunmal auch ziemlich viele Menschen leben, so dermaßen unbekannt ist und wenn es jemand kennt, es höchstens als Großstadt zweiter Klasse gesehen wird, während sich einige arrogante Rheinländer einen Weltstadt-Anstrich (zu hören und zu sehen in einigen Imagefilmen aber auch in manchen verquerten Köpfen der Menschen) geben und der Braten dann auch noch gefressen wird. Das zeigt doch deutlich, dass ein gutes Image und Bekanntheit und auch Attraktivität in großem Maße von einer positiven Selbstreflexion abhängen.

Ich finde die Kulturhauptstadt hat uns einiges gebracht. Man ist inzwischen eher in der Lage, seine Vergangenheit und die architektonischen und auch sozialen Reste dessen, zu akzeptieren und auf Grundlage dieser eine neue, charmante Identität zu konstruieren. Wenn man dort ansetzt und in diesem Sinne weitermacht, dann wird das auch etwas mit der Ausstrahlung nach Außen. Ich wehre mich dagegen, eine zu subjektive Sicht meiner Heimat zu haben. Ich lebe momentan in Montpellier am Mittelmeer, habe vorher in Toulouse gelebt. Beides Städte mit einer unglaublichen Dynamik und Attraktivität, die sicherlich ihre Vorzüge haben, aber gegen das Leben im Ruhrgebiet können die schlicht nicht anstinken. Da drängt sich doch die Frage auf: Warum ist Toulouse cool und kein Franzose kennt Dortmund oder Essen? In Europa gibt es aus städtebaulicher Sicht momentan kaum eine Region die so interessant ist wie das Ruhrgebiet. Wo sonst in Europa entsteht gerade eine neue Metropole mit mehreren Millionen Einwohnern? Leider sehen dies viele Menschen nicht (schaut euch mal die Kommentare bei derwesten.de an) und reden ihre Heimat selbst schlecht, statt Teil des Ganzen sein zu wollen und sich über positive Veränderungen zu freuen.

Gleichzeitig habe ich aber auch die Erfahrung gemacht, dass beispielsweise Studenten, die von außerhalb ins Ruhrgebiet kamen, letztlich doch ganz glücklich dort waren auch wenn sie vorher soviel lieber in Hamburg studiert hätten. Das Problem ist nur, dass das Anwerben junger Leute mit Perspektive in noch viel zu kleinem Umfang geschieht. Warum werben die Städte mit Hochschulen nicht intensiver um die Gunst der zukünftigen „creative class“? Das Stadtmarketing der Ruhrgebietsstädte verpasst in meinen Augen einiges oder ihm wird einfach nicht ausreichend Bedeutung beigemessen. Das wäre nicht einmal teuer aber hier passiert, abgesehen von Ruhr2010, praktisch nichts. Das muss sich ganz dringend ändern, denn auch Unternehmen fällen ihre Entscheidungen für Neuansiedlungen ganz sicher nicht ausschließlich auf Grundlage nackter Zahlen, sondern auch auf persönlichen Eindrücken der Entscheidungsträger.“

Thorsten
13 Jahre zuvor

Wenn man über Rankings spricht, sollte man sich auch mal mit den Faktoren auseinandersetzen, auf denen diese statistischen Kennzahlen beruhen und sich dann ansehen wie diese Faktoren gewichtet werden. Die durch den Strukturwandel bedingte hohe Arbeitslosigkeit, die hohe Abhängigkeit von staatlichen Transferzahlungen und damit auch geringe Kaufkraft sind die Items, die in der Regel überproportional in den Rankings von Wirtschaftswoche und Co. bewertet werden. Und dann darf man sich doch nicht wundern, das Good Old Ruhrpott County sich immer am Arsch wiederfinden. Und um das Bild mit dem dicken Jungen aufzugreifen. Manchmal gibt es da auch Ausnahmen: Asamoah, Ailton…

Aquii
13 Jahre zuvor

Dem Artikel kann ich nur bedingt zustimmen. Schaut man mal in die Absolventenliste der Folkwang und der Bochumer Schauspielschulen, liest sich das wie das who ist who der deutschen Schauspielerdgarde. In diesem „Kreativbereich“ ist der Pott also eindeutig vorne. Sicher, die ÖPV sollte dringen mal neu strukturiert werden, zu wenig flexibel, deutlich zu teuer. Die Koordinierung der einzelnen Städte muss sich noch erheblich verbessern, damit Investitionen besser abgestimmt werden.

Aber für mich der wichtigste Punkt gegenüber den allen Topmetropolen Deutschlands. Es gibt hier Freiräume, Projekte zu beginnen und die Mieten sind hier für Normalverdiener bezahlbar, frag mal einen Wohnungssuchenden in HH oder M.

Vielleicht sollte man den Provinzfürsten von Politiker mal kräftig in den Allerwertesten treten und mehr hinterfragen, warum was so gemacht wird. Aber das Ruhrgebiet so negativ zu sehen finde ich reichlich unfair.

Arnold Voß
Arnold Voß
13 Jahre zuvor

@ All

1. Wenn einen die weitaus überwiegende Zahl von Städtrankings in Folge auf den hinteren Plätzen sehen, sollte man anfangen darüber nachzudenken, ob das was mit der Realität zu tun haben könnte.

2. Wer jemanden, der die Realität so sieht wie sie ist, als depressiv beschreibt, hat zumindest von Psychologie keine Ahnung.

3. Wer behauptet, dass die Verbesserung/Zusammenlegung des Nahverkehrs im Ruhrgebiet nur mehr Arbeitsplätze in der Verwaltung schaffen würde, hat überhaupt keine Ahnung wovon er schreibt.

3. Wer behauptet, dass in diesem Blog nur gejammert und keine Lösungsansätze für die Probleme und die Zukunft des Ruhrgebiets diskutiert werden, der hat ihn bislang nicht gelesen oder sich noch nie die Mühe gemacht hier den Suchbutton zu benutzen.

4. Wer schon seit längerem dem Ruhrgebiet komplett den Rücken zugekehrt hat und es trotzdem über den Klee lobt, hat mindestens ein Glaubwürdigkeitsproblem.

5. Spätestens wenn die Erfolgreichen gehen und die Fußkranken bleiben hat die betroffene Region nicht nur ein Glaubwürdigkeits-, sprich Imageproblem, sondern eins mit ihrer Substanz.

Und zum Schluss noch ein Leitsatz für alle die, die mit Fug und Recht von einer besseren/neuen Zukunft für das Ruhrgebiet träumen: Der beste Weg seine Träume zu realisieren besteht darin, endlich aufzuwachen.

Jürgen Klute
13 Jahre zuvor

@ Stefan Laurin

Also Stefan, in vielen Ihrer Kritikpunkte stimme ich Ihnen ja zu. Gleichwohl klingen Ihre Beiträge zum Thema in meinen Ohren nach der gleichen Larmorjanz, die sie zurecht kritisieren.

Sie fragen nach Lösungsansätzen. Zumindest gibt es ein praktiziertes Modell, an dem man sich orientieren und abarbeiten kann. Das ist die niederländische Stadt Masstricht. Vor rund 25 Jahren befand Maastricht sich in einer ähnlichen Situation wie die Herne-Wanne-Eickel noch heute.

Die politisch Verantwortlichen in Maastricht haben vor knapp 25 Jahren einen Stadtplanungsprozess in Gang gebracht, der die Stadt zu einer prosperierenden Stadt gemacht hat. Das hat allerdings fast 2 Jahrzehnte gebraucht, bis die Früchte des Umbauprozesses in vollem Umfang zu sehen waren.

Im Zentrum des Prozesses stand ein politisches Konzept, dass mit sehr viel Fachkompetenz, einer sehr hohen Transparenz und starker Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an dem Stadtplanungskonzept verknüpft war. Aufgrund dieses Charakters war es möglich, singulären Interessen großer Unternehmen, die den Planungsprozess konterkariert hätten (Stichworte: Verkehrskonzepte, Einzelhandelsfläche und Einkaufszentren, Nutzung von Brachen, Gastronomie) zu widerstehen und sie dazu zu bewegen, sich auf die Vorgaben des politisch ausgehandelten Stadtplanungsprozesse einzulassen. Von dem Erfolg dieses Vorgehens kann man sich mittels eines Besuches in Maastricht überzeugen.

Da die politische Struktur und die politische Kultur in den Niederlanden eine andere ist als in der BRD, kann man den Stadtplanungsprozess von Maastricht nicht ein zu eins auf das Ruhrgebiet übertragen (auch wegen der Größe und der Charakteristika des Ruhrgebiets nicht). Gleichwohl kann man von dem Modell Maastricht lernen und konkrete Handlungsstrategien für das Ruhrgebiet ableiten.

Die Internationale Bauausstellung / Emscherpark (IBA / Emscherpark) aus den 1990er Jahren und die Kulturhauptstadt (an der ich heftige Kritik habe und auch geäußert habe) haben aber doch auch Spuren hinterlassen, die man aufnehmen kann. Mit anderen Worten: Mit leeren Händen steht das Ruhrgebiet nicht da. Und Modell, an denen es sich für eine weiter Entwicklung orientieren kann, gibt es auch.

Jürgen Klute
13 Jahre zuvor

@ Stefan Laurin: Ja, ja, so ein Gefühl der Enttäuschung kenne ich auch. Es beschleicht mich fast jedes mal, wenn ich aus Brüssel oder Strasbourg ins Ruhrgebiet zurückfahre. Aber andererseits habe ich den Eindruck, dass – trotz aller berechtigten und nötigen Kritik an der KH Ruhr.201 – durch dieses Projekt Diskussionen angestoßen worden sind, die den Weg für die nötigen Änderungsprozesse im Ruhrgebiet mit vorbereiten. Und dann sehe ich auch, dass in der Generation meines Sohnes das Ruhrgebiet – ganz anders als in der Generation der heute aktiven PolitikerInnen – viel mehr als Ganzes gesehen und genutzt wird, also das alte Kirchturmdenken einfach keine Rolle mehr spielt. Soziale Prozesse – und darum handelt es sich hier ja auch – brauchen (viel) Zeit. Und schaffen damit auch Ent-täuschungen.

Rollbrettfahrer
Rollbrettfahrer
13 Jahre zuvor

Jürgen, was deprimiert dich denn, wenn du von Brüssel oder Strasbourg ins Ruhrgebiet kommst? Wohin genau im Ruhrgebiet gehst du? Nach Essen oder nach Herne? Das ist doch ein riesiger Unterschied. Die Gladbecker Fußgängerzone ist mit der Dortmunder oder Essener absolut nicht zu vergleichen aber genau so nährt man die schlechte Außenwirkung. „Haha“ sagen sich die Leute „Das soll eine Metropole mit mehr als 5 Millionen Einwohnern sein?“ wenn Sie in den Medien die Gladbecker Fußgängerzone an einem Sonntag Vormittag sehen. In Berlin zeigt man doch auch nicht die Einkaufszone irgendeines verschlafenen Vororts, wenn man über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Stadt Berlin berichtet. Darüber hinaus werden sich die kleinen Städte im Revier langfristig ohnehin nur sehr schwer halten können. Ich persönlich tippe auf eine Eingemeindung vieler kleinerer Kommunen auch wenn das hier und da wehtut aber offensichtlich schafft es die Politik nicht, eine Einheit zu schaffen und den einzelnen Kommunen gleichzeitig ihren eigenen Kirchturm zu lassen.

Im Übrigen, ich bin vielleicht noch ein bisschen jung und grün hinter den Ohren, lasse mich daher vielleicht eher vom Ruhrgebiet beeindrucken als jemand, der schon in was weiß ich für welchen Städten war, aber einen großen Unterschied zwischen meiner Generation und vielen hier wortführenden Menschen gibt es ganz offensichtlich (ich nehme jetzt einfach einmal an dass auch Stefan Laurin nicht mehr Anfang 20 ist): Die jüngeren Generationen kennen das Ruhrgebiet als dreckigen Industriestandort gar nicht mehr. In vielen unserer Augen wächst hier etwas großes zusammen und nicht wenige möchten Teil des Ganzen sein. Ich persönlich spreche daher auch ohne ganz ohne Scham von den sozialen Altlasten der vergangenen Jahre, die ihrer eigenen Frustration geschuldet ihre alte Heimat schlechtreden wo sie nur können, nur weil sie nach ihrer Hoesch-Karriere heutzutage eben keinen Job mehr finden. Das sollte man sich gleichzeitig auch bei der Betrachtung der Arbeitslosenzahlen in Städterankings vor Augen führen. Diejenigen Bewohner des Ruhrgebiets, die einst hier massenhaft gearbeitet haben, sind doch nicht mit Hoesch nach China gegangen, sondern leben noch immer hier. Nur halt leider oft ohne berufliche Perspektive. Das treibt natürlich auch die Arbeitslosenzahlen in die Höhe.

Warum zieht ihr nicht nach Essen, Bochum oder Dortmund und macht dort ne geile Kneipe mit nem Kumpel auf? Im Gegensatz zu mir und meinen Leuten, die teilweise gerade erst ihr Studium begonnen haben, sollten die Mittel für so etwas bei vielen hier doch eigentlich schon eher vorhanden sein.

zersenser
zersenser
13 Jahre zuvor

Zum Thema IT-Jobs: Als Fachinformatiker bekommt man fast überall Jobs, nur im Ruhrgebiet muss man suchen. Bei Stellenangeboten aus dem Köln/ Bonner Raum und selbst Düsseldorf ist inzwischen ein gesunder Realismus bei den Stellenanzeigen zu lesen. Wenn man denn welche im Ruhrgebiet findet, dann kann man von Glück reden wenn sich jemand erbarmt vorab per Telefon für Detailfragen zur Verfügung zu stehen.
Ich meine auch noch eine Stellenanzeige für “die Programmierung an einem sozialen Netzwerk” gelesen zu haben. Ein Paradebeispiel, bei der nur die erforderliche Promotion als Einstiegsqualifikationsvoraussetzung fehlte. Anspruch und Wirklichkeit korrelieren da nicht ungedingt. Zumal im Verhältnis mit der Entlohnung.

Von meiner Berufsschulklasse wohnen noch ein paar hier, aber selbst die Leute nehmen eine längere Pendelzeit hin.

Das ist doch das verrückte: Das Ruhrgebiet ist toll! Was interessierts mich da, ob es irgendwo noch was tolleres gibt. Wenn jetzt noch die Jobs da wären, dann ist die A3 morgens endlich mal leer! 😉

Erika
Erika
13 Jahre zuvor

„bekommt man fast überall Jobs, nur im Ruhrgebiet muss man suchen“
nein, im Ruhrgebiet sind die Personaler/Personalcheffes geistig beschränkt!

„“die Programmierung an einem sozialen Netzwerk” – eine Aussage ohne Wert und Anspruch. Leider liebt Stefan Laurin solche Primessen..

Erika
Erika
13 Jahre zuvor

@ #23 | zersenser
ähhm Fachinformatiker mit einer zwei jährigen Ausbildung is auch nicht der Brüller und ich würde Ihn auch nicht zu den ITlern zählen.

Nicolai
Nicolai
13 Jahre zuvor

Ich glaube, und das muss mal in aller Schärfe gesagt werden, wenn von guter Ausbildung die Rede ist, dann ist damit eine Universität gemeint. Und zwar mindestens ein MA oder MSc (=Diplom für die Älteren). Noch eher eine Promotion.

zersenser
zersenser
13 Jahre zuvor

@Erika: „Fachinformatiker mit einer zwei jährigen Ausbildung“ gibts so nicht.

Aber immer wieder niedlich was man so über das Thema liesst. 🙂

Ede Zimmerman
Ede Zimmerman
13 Jahre zuvor

@Zersenser
OT: Eine zweijährige wirds, wenn man mit Abi abkürzt.

Aber ich glaube versteh das Problem. Die Infrastruktur für nicht so toll bezahlte IT-Jobs im Ruhrgebiet ist einfach nicht vorhanden.
Es fehlt hier die kritische Masse der kleinen Agenturen und „Web-Klitschen“, welche sich im Normalfall keine voll ausgebildeten Informatiker leisten können, und dann eben auf den vielleicht sehr gut codenden Fachinformatiker fAE oder den Bachelor ausweichen.

Und dann wirds imho wie von Stefan beschrieben zu einem Henne-Ei-Problem und eine Agentur muss in Berlin oder Köln nach Web-Entwicklern suchen.
(Wobei sich in Berlin die Sache schon wieder andersherum darstellt und spezialisiertere Leute nach München gehen müssen, da das Gehaltsniveau in der Hauptstadt miserabel ist.)

Für hochqualifizierte ITler gibt es im Ruhrgebiet dafür ganz große Firmen (RWE, Krupp) oder kleine, hochspezialisierte wie Itemis in Lünen.

zersenser
zersenser
13 Jahre zuvor

@Ede: Genau genommen sind es dann nur 2,5 Jahre. Aber die IHK drückt auch mal gerne alle Augen zu. Aber genau da ist das Problem: Es klappt halt nicht mit jeder Firma bzw. jedem Azubi jemanden 1 Jahr schneller auszubilden. Mal ganz zu Schweigen von der „Qualtitätsbandbreite“ der unterschiedlichen Ausbildungsbetriebe. Aber das ist wirklich ein ganz eigenes Thema.

Rollbrettfahrer
Rollbrettfahrer
13 Jahre zuvor

Wenn ich groß bin, dann gründe ich mein eigenes soziales Netzwerk mit Sitz im Westfalentower in Dortmund. Dann bekommen die Hochqualifizierten von mir besser bezahlte Stellen als in München und die zweijährig ausgebildeten ITler nehm ich auch. Abends gehn wir dann alle zusammen ein paar Hansa-Export am Brückstraßenkiosk trinken und danach in Jürgen Klute’s Bar im Kreuzviertel, die er bis dahin hoffentlich eröffnet hat.

Mir kommen die urbanen Preferenzen ein wenig vor wie die Entscheidung, welchen Fußballklub man unterstützt. Da hat man auch die Wahl zwischen der alten Liebe, also dem Klub in oder in der Nähe seiner Heimatstadt, oder halt dem FC Bayern weil der soviele Erfolge feiert. Fragt euch mal was schöner ist.

Die Standortvorteile Düsseldorfs gegenüber Dortmund beispielsweise sind nicht so groß. Nun ist Düsseldorf aber cool, wie der FC Bayern halt, und Dortmund stinkt daher, denkt man in Deutschland. Ich zweifle die Standortwahl besonders von kleinen und mittleren Unternehmen deutlich an. Vieles basiert da einzig und allein auf dem Faktor Image. Da bin ich lieber Rot-Weiß-Essen-Fan und suche meine Motivation in der Konstruktion des zukünftigen Erfolgs, statt mich auf den Lorbeeren anderer auszuruhen. Das ist doch pure Stagnation!

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13 Jahre zuvor

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