Auf der verzweifelten Suche nach einem Wahlkampfthema ist die SPD mal wieder in die abgesoffenen Schächte gestiegen. Das macht ein Interview wieder aktuell, dass ich vor ein paar Wochen mit Dr. Manuel Frondel und Prof. Dr. Christoph M. Schmidt vom RWI geführt habe.
Manuel Frondel und Christoph M. Schmidt. Foto: RWI
Frage: Immer lauter werden die Forderungen nach einem Ausstieg aus dem Kohleausstieg. Steht die deutsche Steinkohle vor einer Renaissance?
Christoph M. Schmidt: Nein, ganz sicher nicht. Die Rahmenbedingungen für die deutsche Steinkohle haben sich nicht entscheidend geändert und werden es aller Voraussicht nach auch in der Zukunft nicht tun: Deutsche Steinkohle ist und wird nicht rentabel zu fördern sein. Es gibt keinen Grund, den Ausstiegsbeschluss vom vergangenen Jahr zu revidieren.
Frage: Aber war nicht Kokskohle aus deutscher Förderung in den vergangenen Monaten teilweise preiswerter als auf dem Weltmarkt?
Manuel Frondel: Man sollte sich nicht von Hinweisen auf die hohen Spotmarktpreise für Kokskohle in die Irre führen lassen. Die Umsätze, die zu diesen Preisen getätigt werden, sind sehr gering. Tatsache ist: Eine Tonne Steinkohle zu fördern, kostet in Deutschland inklusive der Ewigkeitskosten rund 280 Euro. Die neuen, seit Mitte 2008 geltenden Preise für eine Tonne Kokskohle dürften inklusive Frachtraten im Durchschnitt bei rund 240 Euro liegen. Es gibt aber keine Garantie, dass die Marktpreise für Kohle dauerhaft auf hohem Niveau bleiben werden. Viel eher ist davon auszugehen, dass sie wieder sinken werden: Die Förder-Kapazitäten werden laufend erhöht, neue Anbieterländer mit besseren Abbaubedingungen kommen hinzu. Das Hauptproblem ist im Augenblick nicht ein Mangel an Kohle, sondern fehlende Förder- und Transport-Kapazitäten. Dieses Defizit wird sich mittelfristig auflösen.
(Anmerkung: Die Kohlepreise sind zusammen mit den Ölpreisen in den vergangenen Wochen wieder drastisch (rund 20 Prozent) gefallen)
Frage: Aber gibt es nicht eine generelle Tendenz zu steigenden Rohstoffpreisen?
Schmidt: Im Augenblick sinken die Preise – sogar beim Öl. Und bei der Kohle sind die Lagerstätten weltweit gut verteilt und in den Vergangenheit wurden immer mehr Länder zu Kohle-Exporteuren. So haben Länder wie Indonesien früher keine Rolle gespielt, ergänzen aber heute die Angebote aus Australien, den USA und Polen, die heute zu unseren Hauptlieferanten zählen. Kohle ist nicht knapp und der Kohlepreis wird noch sehr lange auf einem günstigen Niveau bleiben. Wir sollten mit dem Abbau der deutschen Reserven warten, bis der Preis in vielleicht hundert Jahren so hoch ist, dass der Abbau gewinnträchtig sein wird. Allerdings glaube ich, dass wir dann andere Technologien zur Energie-Gewinnung haben und niemand mehr Kohle verfeuern wird.
Frage: Aber plant die RAG nicht den Kokskohle-Abbau auf dem Feld Donar in Hamm?
Frondel: Die dafür nötigen Verfahren liegen derzeit alle auf Eis.
Schmidt: Für mich gehört alles, was mit Donar zu tun hat, ohnehin eher in den Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Es gibt offenbar keine Investoren und keinen Bedarf an der Kohle aus diesem Feld. Kurzum: Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass dort eine neue Zeche entstehen wird.
Frage: Warum kommt dann die Kohlediskussion wieder auf?
Schmidt: Das müssen sie diejenigen fragen, die sie wieder aufleben lassen. Ich sehe keinen Bedarf, darüber neu zu diskutieren. Die Fixierung auf den Erhalt der Steinkohle hat hier sehr lange viele Kräfte gebunden, aber seit der Entscheidung über das Aus für die Steinkohle-Förderung stehen heute andere Themen wie die Kulturhauptstadt, der Ausbau der Hochschulen oder die Erfolge bei den Ansiedlungen von Unternehmen im Vordergrund.
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