Update: Der Aalhäcksler oder – Viel Spaß mit Greenpeace

Montage: Weserkraftwerk in Betrieb. Links die Turbinen

Ich habe vergangene Woche über das Weserkraftwerk im Staat Bremen berichtet und darüber, dass die Anlage Kritik von Fischforschern heraufbeschwört. Im Kern ging es darum, dass die Kritiker glauben, die Anlage werde die Wanderungen der vom Aussterben bedrohten Aale beeinträchtigen, die durch eine EU-Richtlinie geschützt sind. Dabei kam auch Kritik an Greenpeace auf, da Planer der Greenpeace-Energy-Tochter Planet Energy maßgeblich an dem Projekt beteiligt sind. Es hieß, Greenpeace kümmere sich um Wale, aber nicht um Aale.

Soweit die Vorgeschichte. ich habe die Geschichte in der Welt und auch hier im Blog veröffentlicht.

Danach bekam ich jede Menge Gegenwind. Mir wurde vorgeworfen, ich hätte Fakten falsch dargelegt. Auch hier im Blog. Dazu haben mich auch mehrfach Greenpeace-Sprecher angerufen und zwischen den Blumen bedroht. Ich habe die Greenpeace-Leute gebeten, mir zu sagen, welche Fakten falsch sind, damit ich das schnell ändern kann. Denn ich habe kein Interesse daran, hier im Blog eine falsche Berichterstattung stehen zu lassen. Ich weiß, man kann Fehler machen – man muss nur bereit sein, sie zu korrigieren.

Hier im Blog kann ich das schnell und unkompliziert tun. Bei der Welt ist das anders, da dort die Prozesse länger sind und die Verwantwortlichkeiten anders aussehen. Wie dem auch sei. Bevor überhaupt die Möglichkeit bestand, mit der Welt zu reden, hat Greenpeace einen Rechtsstreit dort vom Zaun gebrochen. Darüber wird an anderer Stelle zu reden und entscheiden sein. Denn ein Rechtsstreit ist wie ein Rechtsstreit zu führen.

Hier geht es allerdings um meinen Beitrag im Blog hier:

Auf meine Bitte, mir mitzuteilen, was daran falsch sein soll, hat mir ein Greenpeace-Sprecher eine Email geschickt, in der er folgende angeblich falsche Fakten auflistet. So soll ich geschrieben haben: 

In Bremen entsteht das größte Wasserkraftwerk der Republik, mitentwickelt von der Öko-Organisation.

Diese Behauptung ist unwahr. Richtig ist hingegen: Es entsteht nicht das größte Kraftwerk der Republik.

Nur, das hatte ich in meinem Blogbeitrag überhaupt nicht geschrieben. Ich hatte geschrieben, das Weserkraftwerk ist das größte Kraftwerk im Land Bremen.

Dann der zweite Fehler nach Meinung von Greenpeace:

An der Entwicklung war nicht die Öko-Organisation, sondern allein der unabhängige Ökostromanbieter Greenpeace-Energy e.G. mittelbar beteiligt.

Diese Argumentation finde ich ziemlich unredlich. Es scheint, als wolle sich Greenpeace hinter Greenpeace Energy verstecken, so als sei das eine völlig fremde Firma.

Deshalb kläre ich hier kurz die Verflechtungen zwischen Greenpeace und dem "unabhängigem" Ökostromanbieter Greenpeace-Energy auf.

Greenpeace Energy eG wurde auf Initiative des Greenpeace e.V. ins Leben gerufen. In einer Selbstdarstellung zur Gründung heißt es: Kein Energieanbieter könne die Greenpeace-Qualitätskriterien hinsichtlich „Versorgung, Transparenz und Neubau von Anlagen komplett realisieren. Es reift der Entschluss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und ein eigenes Unternehmen zu gründen, das den hohen Anspruch an eine zukunftsfähige Energieversorgung erfüllt.“

Sowohl der Verein als auch die Genossenschaft verwenden ein und dieselbe Marke. Rechtlich sind sie von einander getrennt. Aber man kann kaum sagen, dass Greenpeace Energy unabhängig von Greenpeace ist. Der Versorger wird nämlich ideologisch und geschäftlich von der Umweltschutzorganisation dominiert. Die Namens- und Logoverwendung durch die e.G. ist vertraglich vereinbart und soll aufzeigen, dass Greenpeace Energy die vom Greenpeace e.V. aufgestellten Qualitätskriterien für „sauberen Strom“ erfüllt. Die entsprechende Verpflichtung zum Abschluss eines Lizenzvertrages mit dem Greenpeace e.V. ist bereits in der Satzung der Genossenschaft unter Paragraph 2 „Zweck und Gegenstand“ der e.G. Absatz 4 definiert. Demnach darf sich die Firma nicht unabhängig von Greenpeace entwickeln, sondern ist den Zielen von Greenpeace verpflichtet.

Als Gründungsmitglied hält der Greenpeace e.V. heute einen symbolischen Anteil von 55 Euro an der Genossenschaft.

Auch personell sind Greenpeace und Greenpeace Energy eng miteinander verflochten.

Operativer Vorstand der Greenpeace Energy ist Robert Werner (*1967). Noch vor dem Studium der Geografie (Dipl.) und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim arbeitete Robert Werner von 1990-1991 als Juniorcampaigner im Energiebereich von Greenpeace e.V. zum Thema Atomkraft. Im Jahr 2000 übernahm Robert Werner bei Greenpeace e.V. als Referent für Ökosteuer und Energiepolitik Aufgaben an den Hauptstadtstandorten Bonn und Berlin. Seit Juli 2001 ist er Vorstandsmitglied bei Greenpeace Energy eG und führt das operative Geschäft. Im Jahr 2002 trat er auch als Mitgeschäftsführer der Leitung von Planet energy GmbH bei und wurde im Jahr 2005 Mitglied der Geschäftsführung der Weserkraftwerk Bremen GmbH.

Der Aufsichtsrat der Greenpeace Energy besteht aus fünf Personen. Die Vorsitzende des Aufsichtsrates ist Brigitte Behrens, zugleich Geschäftführerin von Greenpeace e.V. Ihr Stellvertreter ist Volker Gaßner, zugleich leitet er in Personalunion den Bereich Presse, PR und NewMedia bei Greenpeace.

ich führ die Greenpeace-Argumentation mal fort. Was sollen Konzerne wie E.on oder RWE dazu sagen, wenn Greenpeace dort Müll vor die Tür kippt? Sollen die sagen, wir haben gar kein Kraftwerk? Das gehört einer Kraftwerkstochter von uns? Der Gundremmignen GmbH und CoKG? Das soll einer glauben?

Ich betrachte Greenpeace, Greenpeace Energy und Planet Energy hier schon als Einheit von Mutter, Tochter und Enkel. Und nur so kann das der Leser verstehen. Zumal ich im folgenden Text auch genau aufgeschlüsselt, dass sich die Greenpeace-Energy-Tochter Planet Energy um die Planungen für das Kraftwerk gekümmert hat.

Den nächsten Fehler stellt Greenpeace so dar. Demnach hätte ich im Blog geschrieben:

Hier errichten Planer von Greenpeace zusammen mit dem Stadt-Staat Bremen und mit Partnern aus der Öko-Branche das größte Wasserkraftwerk im Land?

Diese Behauptung ist unwahr. Richtig ist hingegen: Planer von Greenpeace sind ebenso wenig wie der Stadt-Staat Bremen an der Errichtung des Wasserkraftwerks beteiligt.

Die Nummer mit den Planern hatte wir schon. Ansonsten hatte ich im Blog geschrieben:

Hier errichten Planer von Greenpeace unter dem Schutz des Staates Bremen gemeinsam mit Partnern aus der Ökobranche und den kommunalen Stadtwerken das größte Wasserkraftwerk im Land.

Der Schutz des Stadt-Staates ist durch die massive politische Unterstützung gegeben.

Schließlich sagt Greenpeace:

In dem Artikel wird weiter behauptet:

Für das Wasserkraftwerk wurde ein neues Wehr quer durch den Fluss gelegt, damit die Turbinen laufen können. Dadurch wird der Zugang zum Meer versperrt. Kein Fisch kommt vorbei.

Auch diese Behauptung ist unwahr. Richtig ist hingegen: Für die geplante Wasserkraftanlage wurde kein neues Wehr quer durch den Fluss gelegt, sondern lediglich ein bereits seit 1906 vorhandenes Wehr genutzt. Der Zugang zum Meer wird nicht versperrt. Fische kommen an dem zukünftigen Kraftwerk und am Wehr vorbei.

Die Aussage von Greenpeace ist nachweislich falsch. Das Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Wehr gibt es nicht mehr. Es wurde vor Jahren abgerissen. Das Weserkraftwerk soll an dem 1993 eröffneten neuen Wehr 200 Meter den Fluss runter gebaut werden.

Allerdings habe ich mich hier tatsächlich mißverständlich ausgedrückt, wie ich bereits in den Kommentaren zum ersten Artikel bestätigt hatte. Ich meinte mit neuen Wehr das neue Wehr von 1993, das das alte Wehr von vor 100 Jahren ersetzt hatte. Am 93-er Wehr sollte damals schon ein Kraftwerk gebaut werden. Dies wird erst jetzt mit der Greenpeace-Energy-Anlage realisiert.

Der Zugang zum Meer wird versperrt, wenn die Stauklappen geschlossen sind, um die Turbinen des Kraftwerkes zu fluten.

Zudem finde ich blöd, dass Greenpeace in seiner Fehlerzusammenfassung das Zitat aus dem Zusammenhang reisst: Denn in dem folgenden Absatz habe ich die Position von Greenpeace zur Sache beschrieben:

 

Die Planer der Greenpeace-Firma Planet Energy haben das Problem erkannt. Gemeinsam mit der Firma Tandem wollen sie ein neues Schutzsystem im Weserkraftwerk installieren. Fische, die vom Meer in den Fluss aufsteigen, sollen über eine so genannte Fischtreppe das Wehr passieren. Arten, die in die See abwandern, sollen über moderne Rechen, Röhren und Abflussrinnen einen Weg an den Turbinen im Kraftwerk vorbei finden. Ein Sprecher von Planet Energy sagt: „Ich glaube, dass dieses Kraftwerk einen beispielhaften Fischschutz für ganz Europa hat.“

Erst danach habe ich die Kritik der Fischforscherin Dr. Adam an dem Projekt ausgeführt.

 

Zum Kern der Geschichte hat Greenpeace keinen Fehler ausgeführt, nur die oben angeführten Kleinigkeiten zu Randaspekten. Besonders ärgerlich finde ich das Versteckspiel, da dies von der Kritik ablenkt.

Ich habe Greenpeace die angeblichen Fehler zurückgeschickt und geschrieben, dass ich die angesprochenen Sachen nicht im Blog geschrieben habe oder keine Faktenfehler erkennen kann. Wenn sie echte Fehler benennen würden, wäre ich bereit diese zu korrigieren.

Als Antwort kam die telefonische Aufforderung, einen Link auf die Greenpeace-Seite zu setzen, mit der Darstellung von Greenpeace oder aber die Stellungnahme von Greenpeace zu meinem Welt-Artikel in einen Kommentar zu setzen.

Ok, das mache ich gerne. Denn ich finde es schade, dass Greenpeace bei so wenig Kritik von Fischforschern barscher mit Vernebeln und Ausweisen reagiert, als manch einer der angeblich bösen Konzerne.

Vielleicht liegt das nervöse Handeln an dem finanziellen Eigeninteresse der Organisation. So will Greenpeace Energy rund 50 Prozent an dem Weserkraftwerk als Bürgeranteile verkaufen. Da kommt die Aal-Kritik vielleicht nicht gut.

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zoom
15 Jahre zuvor

@David
wenn du das „mimosenhaft“ nicht nur einfach dahin geschrieben hast, sondern es dich wirklich stört, schreit es doch geradezu nach journalistischer Aufarbeitung. Und dann noch deine Bemerkung: „Ich hab eigentlich nichts gegen Greenpeace – im Gegenteil. Aber …“
Die Dissonanz scheint aus dem Widerspruch zwischen den hehren Zielen von Greenpeace und ihrem diesen Zielen scheinbar widersprechenden Handeln herzurühren. Soll heißen, dass dies mal jemand(Du!?) aufarbeiten müsste, so es noch nicht geschehen ist. Mit aller Vorsicht gesagt: Greenpeace scheint, nachdem, was ich allerdings nur von einer einzigen ehemaligen Mitarbeiterin gehört habe, eine „Kaderorganisation“ zu sein, die ehrenwerte idealistische Ziele verfolgt. Das waren n.b. die Jakobiner auch einmal gewesen ;-> Kurz und gut: Ich denke bei Organisationen wie Greenpeace, muss man mal irgendwann diesem Widerspruch journalistisch, recherchierend nachgehen.

Torti
Torti
15 Jahre zuvor

Was hier mal wieder deutlich wird: Jede noch so idealistische Idiologie interessiert bei Widerspruch oder Fehlern nie Fakten oder auch nur andere Meinungen sondern einzig und allein der Erhalt der Ideologie.

Ich habe schon vor Jahren aufgehört an Greenpeace zu spenden. Nicht weil ich deren Ziele falsch finde, im Gegenteil. Aber Greenpeace ist eine mit stalinistischen Kadermethoden geführte Organisation.

Auch vor David Schravens Artikel gab es bereits mehrfach Pressekritik am Führungsstil der Organisation. Auch die von David Schraven aufgezeigte Verflechtung und Entstehung von Greenpeace nahestehenden Firmen die meistens den Namen Greenpaece nutzen dürfen ist vielen Unterstützern von Greenpeace ein Dorn im Auge.

Ob berechtigt oder nicht jedenfalls wurde und wird gegen Kritiker immer schweres Geschütz aufgefahren.

Bleibt zu hoffen, das noch weitere Journalisten sich nicht mundtot machen lassen und durch saubere Recherche überzeugen.

PS: Und denn Prozess wird David Schraven gewinnen, er hat nichts falsches berichtet. Darum geht es auch gar nicht. Organisationen versuchen so kritische Berichterstattung zu unterbinden. Frei nach dem Motto: Sei nett, sonst verklagen wir dich, selbst wenn Du gewinnst hat du eine lange Zeit damit sehr viel Arbeit. Macht der DFB gerade mit einem Blog-Journalisten genauso….

Martin Murphy
Martin Murphy
15 Jahre zuvor

Am meisten stört mich bei dieser Geschichte die Reaktion von Greenpeace. Die sollten lieber auf wirklich Mißstände aufmerksam machen, als gegen Journalisten vorzugehen. Nun frage ich mich, ob dieses Verhalten bei dem Verein System hat. Bitte dranbleiben.

Frontbumpersticker
15 Jahre zuvor

Um einen Spruch aus der Zeit vor meiner Geburt leicht abzuwandeln: „Die größten Kritiker der Elche werden manchmal selber welche.“

Wenn das die Art ist in der Greenpeace PR macht kann man sie nur bemitleiden. Die schießen sich selber ins Knie.

tombra
tombra
15 Jahre zuvor

Wie wird man denn Vorstand mit Anfang 30 und so wenig Berufserfahrung wie dieser Robert Werner? Oder ist der nur ein Platzhalter?

moderliese
moderliese
15 Jahre zuvor

meine Güte, was ist denn das für eine gegenseitige Einseiferei?
bleibt doch mal beim Thema: ist das modernste Laufwasserkraftwerk wirklich ein Aalhäcksler oder hat sich da in den letzten 20 jahren vielleicht was getan? Grade wenn auch greenpeace mit drin hängt, oder erwartet ihr mehr von EON, Vattenfall und Co? Irgendwie enttäuscht in irgendeiner linken Vergangenheit? Immer noch Abnabelungskämpfe?

Alexander
Alexander
15 Jahre zuvor

Lieber David,

um als zukünftiger Journalist(?) nicht all zu oft in Rechtshändel zu geraten, solltest Du den rat beherzigen etwas präziser zu arbeiten.
Du schreibst zum Beispiel:
[quote]Nur, das hatte ich in meinem Blogbeitrag überhaupt nicht geschrieben. Ich hatte geschrieben, das Weserkraftwerk ist das größte Kraftwerk im Land Bremen.[/quote]

Und das ist schlicht unrichtig.
Du hattest in Deinem Blog geschrieben und so steht es noch immer:

[quote]Hier errichten Planer von Greenpeace unter dem Schutz des Staates Bremen gemeinsam mit Partnern aus der Ökobranche und den kommunalen Stadtwerken das größte Wasserkraftwerk im Land.[/quote]

Du schriebst eben nicht, im „Land Bremen“.
Und es ist als Leser schon wichtig zu wissen, in welcher Größenordnung man sich die vermeintliche Aalhäxelei vorzustellen hat, zumal ohne MW-Angabe.
Ich z.B. dachte promt an Deutschland und nicht an das Land, den Stadtstaat Bremen.

Eine Frage noch: sind denn die netten Fisch-Haché-Fotos von Frau Adam aus beschriebenem Kraftwerk an der Weser? Oder woher stammen sie?

Gruß Alexander

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