Dass auch das moderne Sportgeschehen natürlich nicht gänzlich unpolitisch ist, auch wenn das von vielen Beteiligten gerne mal betont wird in der Öffentlichkeit, wenn man eine Positionierung in politischen Fragen wohl gerne lieber vermeiden würde, das erlebt man gerade mal wieder sehr plastisch in den USA, wo Präsident Donald Trump in einem sich scheinbar täglich weiter ausweitendem Konflikt mit diversen Sportlern aus unterschiedlichen Ligen und auch Sportarten steckt.
Worum geht es da? Footballspieler Colin Kaepernick hatte den Stein vor rund einem Jahr ursprünglich einmal ins Rollen gebracht. Der damalige Quarterback der San Francisco 49ers, Sohn eines weißen Vaters und einer schwarzen Mutter, blieb vor einem Testspiel seines Teams im August 2016 während der Nationalhymne einfach sitzen, statt sich dabei zu erheben.
Damals war es in den USA kurz zuvor zu Unruhen gekommen, nachdem Schwarze in mehreren Städten von weißen Polizisten erschossen worden waren. Im Zuge der sogenannten „Black Lives Matter“-Bewegung war dies damals Kaepernicks hilflos wirkender, stiller Protest gegen die ihn umtreibende Problematik der Polizeigewalt und Diskriminierung Farbiger.
Die Reaktionen darauf waren erwartbar uneinheitlich in Nordamerika: Die Kritiker sahen in dem Profisportler fortan einen üblen ‚Vaterlandsverräter‘, die Unterstützer hingegen in erster Linie einen mündigen und selbstbewussten Sport-Profi, der entschlossen gegen eklatante Missstände der US-amerikanischen Gesellschaft protestierte, der nur seine Bürgerrechte wahrnahm.
Dem fortan mehr als umstrittenen Footballer folgten nach einiger Zeit weitere Aktive und Kollegen. Der Protest wandelte sich zudem, wurde im Fortlauf zu einem demonstrierten Kniefall, statt eines simplen Sitzenbleibens. Auch NFL-Star Marshawn Lynch von den Oakland Raiders kniete beispielsweise jüngst als politisches Zeichen zur US-Hymne.
Inzwischen haben sich auch bereits Baseballspieler aus der MLB, und diverse Basketballer aus der NBA, dem friedlichen Protest gegen die Zustände in einigen Gesellschaftsbereichen angeschlossen, wollen auf die ihrer Meinung nach deutlichen Rassenprobleme im Lande aufmerksam machen.
Und schon die ersten öffentlichen Reaktionen darauf zeigten, in welch offensichtlich große offene Wunde dieser Protest damit gestochen hatte.
Selbst Teile der eigenen Fans beschimpften den Protestler in den Tagen und Wochen danach. Polizisten drohten der Liga teilweise sogar, Spiele des Teams aus San Francisco zukünftig nicht länger beschützen zu wollen, sofern Kaepernick sich nicht für sein in ihren Augen respektloses Verhalten öffentlich entschuldige.
Donald Trump, damals noch Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf, legte dem Spieler sogar nahe, sich doch bitteschön besser „ein anderes Land“ zu suchen.
Dieser gar nicht neue Konflikt brach nun wieder frisch und sehr stark auf, entwickelt derzeit eine offenbar noch immer nicht abzusehende Dynamik, richtet sich inzwischen auch zu einem breiten Protest von Sportlern und Funktionären gegen Donald Trump aus.
Vor Anhängern im Bundesstaat Alabama sagte Trump nämlich kürzlich bei einer öffentlichen Rede, das Hinknien bei der Hymne sei eine „riesige Respektlosigkeit“ gegenüber amerikanischen Traditionen. Sein Ausbruch dort mündete dann sogar in der Spitze: „Würdet ihr es denn nicht gerne sehen, dass ein NFL-Teambesitzer sagen würde: ‚Nehmt den Hurensohn vom Feld. Weg mit ihm, er ist gefeuert‘, wenn jemand die Hymne nicht mitsingt und die Flagge nicht respektiert?“ Trumps Anhänger jubelten.
Danach forderte der amtierende US-Präsident die Fans der NFL auf, sofort das Stadion zu verlassen, wenn sich auch nur ein Spieler aus Protest in Zukunft erneut als Zeichen seines Protests beim Abspielen der Hymne hinknien sollte.
NFL-Commissioner Roger Goodell rüffelte den Präsidenten daraufhin im Gegenzug sehr scharf. „Kontroverse Kommentare wie dieser zeigen mangelnden Respekt gegenüber der NFL, unserem großartigen Sport und all unseren Spielern.“
Es entstand hier somit inzwischen eine offene Konfrontation, ein Riss in der Sportszene und in der Gesamtgesellschaft, deren Ende aktuell noch gar nicht ansatzweise abzusehen ist.
Immer mehr Sportler und Vereinsvertreter positionieren sich derzeit in diesem Zusammenhang scharf gegen Trump, wollen sich in einem eigentlich doch so freiheitsliebenden Land wie den USA, dessen Flagge ursprünglich doch genau für diese Werte der Meinungsfreiheit und persönlichen Freiheit steht, nicht länger von ihrem eigenen Präsidenten vorschreiben lassen wie sie sich in dieser Frage zu verhalten haben, wollen sich schon gar nicht in ihrem Recht zum friedlichen Protest Vorschriften machen lassen.
Basketballstar LeBron James aus der NBA bezeichnete Trump in diesem Zusammenhang jüngst gar als „Penner“. „Ins Weiße Haus zu kommen, war eine große Ehre, zumindest bis du aufgetaucht bist“, twitterte James zudem wüst in Richtung Trump.
Am vergangenen Wochenende solidarisierten sich mehrere Teams und Vertreter ihrer Franchises abermals mit den so Protestierenden, zeigten in wachsender Anzahl selber den umstrittenen Kniefall beim Erklingen der Hymne.
Wie man sich in der Sache auch persönlich positioniert, es ist unbestritten extrem spannend, was da gerade in Übersee passiert. Und es beweist uns allen hier in der Ferne auch wieder einmal, dass natürlich auch etwas scheinbar so Banales wie Sport, der ja in erster Linie der Körperertüchtigung und der Unterhaltung dienen sollte, alles andere als unpolitisch ist.
Mexiko, Olympische Spiele 1968. Zwei schwarze Läufer aus den USA demonstrieren während der Siegerehrung: ausgestreckter Arm, geballte Faust im schwarzen Handschuh. BLACK POWER!! Sie wurden flugs nach Hause geschickt. Wenn`s um die Hymne geht, werden die US-Bürger schnell grundsätzlich, da geht`s ans Eingemachte.
Heute scheint die "Antihymnenfraktion" bedeutend stärker als die vor fast 50 Jahren. Gut so.
Eine solche -dutchaus mit persönlichem Risiko verbunden- politische Positionierung ist von den allermeisten unserer angepassten und stromlinienförmigen in den Bundesligen Fussball spielenden deutschen Schnullis kaum zu erwarten.
Erstaunlich ist doch, das die, die immer am lautesten nach Meinungsfreiheit schreien und die politische Korrektheit über Bord werfen wollen, wenn es um das eigene braune Gesülze geht, jene sind, die als erstes Sanktionen fordern, wenn es um ihnen mißliebige Meinungen geht.