Veranstaltung: „Das Problem heißt Antisemitismus. Duisburg, die Linke und die „Israelkritik“.“

Wir haben ja über die Probleme berichtet, die es machte, im Internationalen Zentrum Duisburgs eine Veranstaltung zum Thema Antisemitismus durchzuführen. Nun findet sie statt. Und zwar morgen. Hier die Einladung:

Gibt es in der Linkspartei Antisemitismus? Mit einem schlichten „Nein“ antwortete Gregor Gysi noch im Juni auf diese Frage. Da war die Debatte um den ausgeprägten Antizionismus in seiner Partei – nach Boykottaktionen einzelner Kreisverbände und der Veröffentlichung der jüngsten wissenschaftlichen Studie zur Israelfeindschaft in der Linkspartei – auf dem Höhepunkt. Sein „Nein“ spiegelt auch die mehrheitliche Meinung in der bundesdeutschen Linken nach 1945 wider, die sich stets von jedem Verdacht freisprach, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Indess bewegte sich ihre Haltung zu Israel zwischen der offenen Unterstützung seiner Feinde einerseits und einer wohlfeilen, vermeintlich pazifistischen „Israelkritik“ andererseits – beides aus einem völlig falsch verstandenen Antifaschismus heraus: Verpflichte doch gerade Auschwitz die Deutschen dazu, „Israel mit Lob und Tadel moralisch beizustehen, damit das Opfer nicht rückfällig werde“, wie der Publizist Wolfgang Pohrt einst treffend analysierte.

Die aktuellen Fragen, etwa ob Feindfahrten gegen Israel auf dem Frauendeck und Boykottaktionen gegen israelische Waren antisemitisch sind oder nur dem Antisemitismus zuarbeiten, degradiert die Linkspartei zu einer Sache der Definition. Teile der radikalen Linken sind da schon weiter: Im Bündnis mit Islamisten und Verschwörungstheoretikern wird nicht nur Israel delegitimiert, sondern auch für nahezu jedes Unglück in der arabischen Welt und darüber hinaus verantwortlich gemacht. Dabei wird der Staat der Holocaustüberlebenden zum rassistischen Aggressor und alle seine Feinde werden zu willkommenen Genossen im antifaschistischen Widerstand. Kritik an abweichenden Meinungen wird schnell unter dem Kampfbegriff „antimuslimische Hetze“ abgestempelt, wobei populäre Wissenschaftler wie Wolfgang Benz und andere als Stichwortgeber agieren, wenn sie die Muslime zu den neuen Juden und letztlich die Palästinenser zu den eigentlichen Opfern des Antisemitismus, an dem wiederum die Juden selbst schuld sein sollen, verklären.

Duisburger Zumutungen

Eine Stadt, in der sich all diese Entwicklungen seit Jahren besonders ausgeprägt zeigen, ist Duisburg. Bundesweit bekannt wurde schon 2004 der Verein „Initiativ“, als er mit der Kampagne „10 Euro für den irakischen Widerstand“ den Überbleibseln der faschistischen Diktatur Sadam Husseins zur Seite sprang. Auch der Vorfall rund um eine Demonstration, die sich während des Gazakrieges 2009 ereignete, war Thema in der internationalen Presse. Damals stürmten Polizisten unter dem Jubel von 10.000 Demonstranten eine Wohnung, um eine Flagge Israels herunterzureißen. Wenig später rief der linke Oberbürgermeisterkandidat, Hermann Dierkes, zum Boykott israelischer Waren auf und brüskierte sich über das „läppische Existenzrecht“ Israels. Und auch im Jahr 2011 war Duisburg wieder bundesweit präsent, als auf der Hompage des Kreisverbandes der Linkspartei ein antisemitisches Flugblatt auftauchte. Hohe Mitarbeiter aus Politik, Verwaltung und Polizei agierten wiederholt als Steigbügelhalter der Hetzer. Und im Fahrwasser solcher Skandale marschieren die Rackets von der „Roten Antifa“ oder „Zusammen Kämpfen“. Den Soundtrack dazu liefert die berüchtigte Schlagerkombo „Bandbreite“, die vor allem die Verschwörungsfans hinter sich sammelt.

Die Referenten

Wenn wir über Antisemitismus von Links reden wollen, sollten wir in Duisburg damit anfangen. Über die Zumutungen und ihre Akteure vor Ort informiert daher Sebastian Mohr,  Vorstandsmitglied des Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB) und Mitbegründer des Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg.

Über Ursprünge und Kontinuität des linken Antisemitismus spricht der Hamburger Geschichtswissenschaftler Olaf Kistenmacher. Er ist Mitglied im Villigster Forschungsforum und war Pädagoge in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Er hat über antisemitische Stereotype in der Linken der Weimarer Republik promoviert und publiziert zu Antisemitismus und Antizionismus in der politischen Linken.

„Die Agenda der Israelkritiker“ gehört zum Vortragsrepertoire von Alex Feuerherdt. Er ist freier Autor und lebt in Köln. Feuerherdt schreibt regelmäßig für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften zum Thema Nahost, unter anderem für die Jüdische Allgemeine, Konkret, den Tagesspiegel und die Jungle World. Feuerherdt wird als Moderator durch den Abend führen.

Zudem freuen wir uns auf Sebastian Voigt, der kürzlich gemeinsam mit Samuel Salzborn die Studie „Antisemiten als Koalitionspartner? Die Linkspartei zwischen antizionistischem Antisemitismus und dem Streben nach Regierungsfähigkeit“ veröffentlicht hat. Voigt ist Doktorand an der Universität Leipzig.

Nach den Vorträgen der Referenten wird es Gelegenheit zur Diskussion geben. Die Veranstaltung ist Teil der Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung rund um den 9. November. In diesem Jahr stehen die Aktionswochen unter dem Oberbegriff „Israelfeindschaft“.

 Mittwoch, 5. Oktober, 19 Uhr

Internationales Zentrum, Flachsmarkt 1

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Max Adelmann
Max Adelmann
13 Jahre zuvor

Die Formulierung „Wenig später rief der linke Oberbürgermeisterkandidat, Hermann Dierkes, zum Boykott israelischer Waren auf und brüskierte sich über das „läppische Existenzrecht“ Israels.“ ist mehr als unglücklich.
Eine Formulierung wie „OB-Kandidat für die Linkspartei“ wäre da weitaus treffender gewesen.
Es gibt nunmal auch viele Menschen die sich selbst als Linke verstehen und selbstverständlich gegen Antisemitismus antreten. Für solche Menschen ist der Herr Dierkes nicht tragbar.
Wohl weiß ich das es Antisemitismus unter Linken gibt, aber dies kann man nicht so generalisiert ausdrücken wie es hier hoffentlich versehentlich passiert ist.

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Dr. Seltsam
Dr. Seltsam
13 Jahre zuvor

Gääähn…
Mal wieder wird alles in einen Topf geschmissen, kräftig umgerührt, und danach ist „Die Linke“ antisemitisch. Oder antizionistisch. Egal.
Feindfahrten gegen Israel?!?
„Sein „Nein“ spiegelt auch die mehrheitliche Meinung in der bundesdeutschen Linken nach 1945 wider, die sich stets von jedem Verdacht freisprach, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.“ (aus dem Artikel oben)
Kann es nicht sein, dass nicht jeder, der die rechtsgerichtete und zionistische Politik der aktuellen israelischen Regierung kritisiert, ein Antisemit ist?
Es gibt rechtsnationale in der Union. Ist „die Partei“ deshalb rechtsnational?
Es gibt Ökofaschisten bei den Grünen. Sind „dDe Grünen“ deshalb faschistisch?
Usw.
Ist „Die Linke“ antisemitisch, weil einige Mitglieder antizionistisch ist?
Bin ich gegen Israel, weil ich die Siedlungspolitik katastrophal finde?
Ich kann diesen intellektuellen Dünnpfiff bald nicht mehr hören.
Antideutsches Gefasel.
Sorry, diese tendenziöse Stimmungsmache fide ich einfach nur (noch) peinlich.

Gute Nacht,

Dr. Seltsam

Arnold Voß
Arnold Voß
13 Jahre zuvor

@ Dr. Seltsam

Weil man die Siedlungspolitik katastrophal findet, muss man nicht gleich gegen Israel sein, oder? Höchstens gegen die israelische Regierung die das macht bzw zulässt. Deswegen aber gleich gegen den ganzen Staat Israel zu sein ist so wie:

„Mal wieder wird alles in einen Topf geschmissen, kräftig umgerührt, und danach …“

Gäääähn!

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