Heute ist der Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2013 vorgestellt worden. In der dazugehörigen Pressemitteilung geht Innenminister Jäger ausführlich auf die Gefahren durch Salafisten, deren Zahl sich in NRW erhöht hat, und Rechtsextremisten ein. Zwei Besonderheiten, die sich im Bericht des Verfassungsschutzes finden, werden in der Pressemitteilung nicht erwähnt. Der Verfassungsschutz hat „Konsequenzen“ aus der Aufdeckung des „Nationalsozialistischen Untergrund“ gezogen, und erläutert diese im aktuellen Bericht. Außerdem äußert sich der Dienst im Kapitel „Spionageabwehr“ zum Themenkomplex NSA und Überwachung.
Die Lehren der Verfassungsschützer aus dem NSU-Skandal sind äußerst dünn und werden in blumigen Worten dargestellt. Es soll eine verbesserte parlamentarische Kontrolle des Geheimdienstes erfolgen, es wurden (endlich) Regelungen für den Einsatz von V-Leuten festgelegt, und in Zukunft sollen Polizei und Verfassungsschutz intensiver zusammen arbeiten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll dabei eine „Zentralstellenfunktion“ einnehmen. Gerade der letzte Punkt ist äußerst bedenklich, so waren Geheimdienste und Polizei in Deutschland doch mit guten Grund über Jahrzehnte getrennt. Im Zuge der Antiterrorgesetze nach dem 11. September 2001 fand schon eine schleichende Verschmelzung auf diesem Gebiet statt. Das breite Reformbedürfnis, das nach der Aufdeckung des NSU-Skandals an die Sicherheitsbehörden heran getragen wurde, scheinen diese in ihrem Sinn nutzen zu wollen. Die deutschen Sicherheitsbehörden bedürfen noch immer einer umfassenden Reform, bei der kein Stein auf dem anderen bleibt.
Die zweite Besonderheit im Verfassungsschutzbericht betrifft die Aufdeckung, der Spionagemaßnahmen durch NSA und GCHQ. Kurz wird berichtet, was der VS aus der Presse über den Spionageskandal erfahren hat, um dann seine eigenen Informationen preis zu geben:
Der Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen verfügt über keine eigenen Informationen zu den in den Medien gegenüber der NSA und anderen Nachrichtendiensten erhobenen Vorwürfen, insbesondere über technische Details zu den Angriffen. Die Landesregierung hat das Bundesministerium des Inneren zudem wiederholt auch zu der Frage angeschrieben, inwieweit dort Erkenntnisse zu einer Überwachung der Parlamentskommunikation oder der Kommunikation der Landesverwaltung in Nordrhein-Westfalen durch ausländische Nachrichtendienste vorliegen. Diese Schreiben sind jeweils in der Weise beantwortet worden, dass dem Bundesministerium des Inneren keine Erkenntnisse vorliegen.
Das ist wirklich schwach! Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen weiß nichts über Spionagemaßnahmen aus den USA und Großbritannien und flüchtet sich in Anfragen beim Bund.
Die Spionageabwehr gehört zu den Aufgaben, die in NRW von dem Nachrichtendienst wahrgenommen werden sollen. Wenn der Dienst keine Erkenntnisse besitzt, ist er nicht arbeitsfähig und bedarf auch an dieser Stelle einer umfassenden Reform. Wenn der Verfassungsschutz etwas weiß, dies aber nicht an die Bevölkerung weitergeben möchte, dann ist offensichtlich, wie weit die Bemühungen um Transparenz gehen. Den Einwohnern, Unternehmen und Organisationen die in Nordrhein-Westfalen ansässig sind, kann man angesichts der Spionageabwehr, die vom Land betrieben wird, nur dazu raten, sich selbst um ihre Sicherheit im Internet zu kümmern. Angebote des Verfassungsschutzes scheinen unter dem Eindruck des aktuellen Berichts nicht sehr vertrauenswürdig.