In dieser Geschichte geht es um ein Parkhaus in Bottrop und um die Frage, wie wirkungsvoll die Kontrolle der Steuergelder in Nordrhein-Westfalen eigentlich ist.
Bild: Parkhaus-Zeichung mit Bullshit-Stempel. Quelle des Bildes hier:
Das Parkhaus steht am Bottroper Hauptbahnhof. Es hat 396 Plätze. Neun Stockwerke in Beton und Gitterstahl. Das Land NRW förderte die Anlage mit 3,8 Mio Euro. Das Parkhaus wurde für Pendler gebaut, die mit dem Auto zum Bahnhof fahren wollen, um weiter mit dem Zug zur Arbeit zu reisen.
Wirtschaftlich ist das Parkhaus ein Desaster. Nach meinen Informationen liegt die Auslastung nach der letzten offiziellen Erhebung der Stadt Bottrop bei 30,5 Prozent. Es werden nach Angaben der Stadt im Jahr rund 20.000 Euro erlöst. Die Kosten liegen bei 90.000 Euro. Ich habe mir die Akten des Parkhauses durchgesehen. Detailliert.
Normalerweise müssten diese Daten für die klamme Stadt ernste Folgen haben. Den nach dem Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 15. Juni 2005, sollte die Stadt bis 2008 eine Auslastung von 80 Prozent nachweisen. Da dieser Wert nicht erreicht wird, müsste die Stadt laut Bescheid eigentlich rund 2,4 Mio Fördermittel an das Land zurückzahlen. Doch trotz der klaren Regel ist diese Zahlung in diesem Jahr nicht fällig geworden. Die Stadt konnte die zu unrecht bezahlten Millionen behalten.
Um zu verstehen, warum das so ist, muss man einen Blick auf die Kommunalaufsicht in NRW werfen. Ursprünglich war die Bezirksregierung Münster für die Überwachung der Fördermittel verantwortlich. Eben jene Behörde, von der die Auslastungsauflage stammt. Doch im Zuge der Veraltungsreform in NRW unter Jürgen Rüttgers bekam der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) die Aufsicht über die Nahverkehrsprojekte im Ruhrgebiet.
Und genau dieser VRR war mitverantwortlich für die drastische Fehlplanung in Bottrop. Einer der Schuldigen soll sich also selbst kontrollieren.
In den Planungsunterlagen zum wahrscheinlich überflüssigsten Parkgelände in NRW findet sich vor dem Bau kein einziges unabhängiges Gutachten, das Auskunft über den zu erwartenden Bedarf gibt. Stattdessen gibt es eine Eigenberechnung der Stadt Bottrop, in dem sich die Gemeinde selbst bescheinigt, dass sie am Bahnhof einen Bedarf für 363 Stellplätze sieht. Dazu schreibt der Verkehrsverbund Rhein Ruhr an die Stadt in einem Brief, dass er einen Bedarf von rund 400 Parkplätzen für mögich hält. Es werden Untersuchungen erwähnt. Doch diese sind nirgendwo in den Akten zu finden. Nur Hinweise darauf, dass der VRR auch gerne ein paar Fahrradboxen am Bahnhof gerne sehen würde. Die Stadt stimmt zu. Dabei unterhält ein gemeinnütziger Verein zur Arbeitsbeschaffung nur 40 Schritte weiter eine Fahrradwache.
Schon kurz nach der Eröffnung des Parkhauses wurde klar, dass die Anlage überdimensioniert ist. Nur einmal für kurze Zeit wurde eine Auslastung von 42 Prozent erreicht. Im Jahr 2007. Ein in diesem April nachträglich erstelltes Gutachten der Firma EcoValue kommt zu dem Schluss, dass es für eine größere Auslastung im Parkhaus Bottrop „kaum noch Potenzial“ gebe. Selbst wenn man die kostenlosen Parkplätze im Umfeld des leeren Parkhauses dichtmache, würde das die Auslastung nicht steigern, schreiben die Gutachter. Stattdessen würden die Autofahrer einfach den Bahnhof meiden und damit auch den VRR. Nach Meinung der Gutachter sei das Parkhaus nur zu füllen, wenn das Parken dort kostenlos sei. Doch das geht nicht, weil die Stadt Bottrop dann nach eigenen Angaben Ärger mit dem Finanzamt bekommen würde.
Statt die Fehlplanung einzugestehen, macht der Bottroper erste Beigeordnete Bernd Tischler für die mangelhafte Belegung in einem Schreiben an den VRR vor allem äußere Gründe verantwortlich. So gebe es zu viele kostenlose Parkplätze in der Umgebung. Die Betreuung durch die Angestellten sei zu schlecht, und es habe Streiks bei der Bahn gegeben. Sprich: Alle anderen waren schuld, nur nicht die Stadtverwaltung.
Der VRR geht auf die Beschwerden von Tischler ein. Am 4. September unterschreiben VRR-Chef Martin Husmann und Bottrops erster Beigeordneter Tischler eine windelweiche Vereinbarung. Demnach wird die letzte Rate der Fördergelder in Höhe von 220.000 Euro nicht an die Stadt Bottrop ausgeschüttet. Im Gegenzug verzichtet der VRR als Aufsichtsbehörde auf eine Rückzahlung der 2,4 Mio Euro. Gleichzeitig soll bis Mitte 2010 nicht mehr die Auslastung des Parkhauses kontrolliert werden. Und die Stadt hat bis maximal 2012 Zeit eine Auslastung von 80 Prozent nachzuweisen.
Bis dahin, so darf man annehmen, fragt keiner mehr nach, was aus 3,8 Mio Euro Steuern geworden ist, die in einem fast leeren Parkhaus in Bottrop verbrannt wurden.
Und noch etwas wird in Vergessenheit geraten. Die Stadt Bottrop machte im Jahr 2004 und 2005 Druck auf die Förderbehörden, um das Parkhaus schnell bauen zu können. Das überflüssige Ding sollte zeitgleich mit einem benachbarten Einkaufszentrum fertig werden. So steht es in den Akten. Aus einem Plan, der in den Akten zu finden war, geht hervor, dass die Stadt auch die Einfahrt zu dem Einkaufszentrum aus Fördermitteln bezahlt hat. Das hat ungefähr 100.000 Euro gekostet. Man könnte das als Wirtschaftsförderung eines reichen, in Bottrop sehr bekannten Mannes auslegen, oder? Der hat für seinen Bau nebenbei nochmal ein paar Scheine eingespart. DANKE BOTTROP hat er nicht an seine Hallen gesprüht.
Das neue Bahnhofsambiente von Bottrop ist eh ein völliger Witz.
Man könnte sich vorstellen, daß das ein defizitäter Regionalflughafen ist, nachts, so großzügig, so überdimensioniert ist die PKW-Zubringerschaft, so überflüssig ist die Nachttanke, so überflüssig ist der Mc Donald’s Drive-thru unter der Woche. Übrigens stylisher eingerichtet als die vergleichbare Klopsebude am Hbf Köln.
Wieviel Touries zum Tetraeder und zur Skishalle sind da wohl erwartet worden? Millionen?
Der Bottroper „Hauptbahnhof“ krankt eh seit je her an seiner Lage. Irgendwo auf halber Strecke nach Essen, weit weg von der Innenstadt, kaum Wohngebiete in der Nähe – wer soll den benutzen?
Saugeiler Stempel und sehr treffend 🙂